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Offener Wettbewerb | 04/2010

Oberes Albgrün Ettlingen

Anerkennung

Preisgeld: 3.000 EUR

baurmann.dürr Architekten

Architektur

stadt landschaft plus Landschaftsarchitekten GmbH

Landschaftsarchitektur

stuchlik3d

Visualisierung

Erläuterungstext

Vorbemerkt_ Ettlingen / Energie-Cité
Energie-Cités ist ein Verband europäischer Städte, Kommunen und Netzwerke mit dem Ziel, eine nachhaltige lokale Energiepolitik zu fördern; die Stadt Ettlingen ist eines der neun deutschen Mitglieder. Der folgende Vorschlag ist vor dieser erklärten politischen Zielsetzung nachhaltiger Stadtentwicklung zu verstehen.



01 Vorgefunden_ Baustruktur
Das gegenwärtig überbaute Grundstück ist geprägt von angrenzenden charakteristischen Baustrukturen: Richtung Stadtzentrum schließen dichte mittelalterliche Blockstrukturen an; Gassen führen von der Hauptstraße zur Alb. Richtung Schwarzwald folgen große Industriegebäude; der Weg ins Albtal wird von ihnen begleitet.



02 Für notwendig befunden_ Durchblicke/Lärmschutz
Qualitäten der Situation resultieren aus der Lage zwischen Stadt und Natur: die Innenstadt wie der ÖPNV-Anschluss sind fußläufig erreichbar, die Alb, der Watthaldenpark wie der Schwarzwald bieten schnell erreichbare naturnahe Freiräume. Der Fluss im Norden des Grundstücks erfordert Durchblicke und Durchgänge zu Alb und den Bergen, die Industrie im Osten dagegen Abriegelung aus Schallschutzgründen.



03 Eingefügt _ Nachhaltige, kompakte Stadt
Neue Baufelder nehmen die Struktur der dichten mittelalterlichen Stadt auf und orientieren sich in ihrer Dimension an der Maßstäblichkeit der benachbarten Industrie. Gassen erlauben Durchgänge, Durchlüftung und Durchblicke zur Alb und auf die Ausläufer des Schwarzwaldes. Das östliche Feld grenzt akustisch wie optisch zur Industrie ab.



04 Hinübergerettet _ Nachhaltige Stadt mit Geschichte
Stellvertreter der Vergangenheit schaffen Identität: ein verschütteter Kanal, ein historisches Gebäude der Holz- und Papierindustrie – erzählen von der alten Stadt. Der Kanal wird wieder sichtbar gemacht, indem er in Fortsetzung der Kanalstraße als die Baufelder durchquert. Gekennzeichnet als Wasserlauf (vgl. Freiburger Bächle) führt er von der Kirche St. Martin über einen Spielplatz hinein auf den ins Quartier. Er verbindet damit bestehende und neue Stadt. „Bretterstapel“ erinnern an die Flößerei auf der Alb, die Namensgebung bildet gedankliche Brücken zu vergangenen Aktivitäten. Das historische Ziegelgebäude - Cafe, Quartierszentrum und Gästehaus - bestimmt die Lage des Quartiersplatzes mit Blick auf den Kirchturm, übernimmt aber auch die Rolle eines Ausflugszieles an der Alb.



05 Angepasst_ Nachhaltige vernetzte Stadt / zwei Entrees
Im Norden wie im Süden bilden „Vorplätze“ Puffer zur Umgebung und die Vernetzung zur Stadt: an der Schöllbronner Strasse weichen die Gebäude zurück, ein städtisches Entree mit Läden, Büroflächen, Supermarkt und Jugendaktivplatz auf dem Dach öffnet sich. Im Norden liegt zwischen Quartier und Alb ein grünes Foyer, eine leicht abfallende, von Bäumen bestandene Grünfläche, Rastplatz auf der Paddeltour oder Erholungsraum für die Bewohner. Der von der Stadt kommende Albwanderweg führt über eine Brücke, überquert die grüne Insel und wird fortgesetzt auf einem Steg, der an der Mauer von Bardusch verankert über der Alb schwebt.
Die vier Baustreifen reagieren auf die unterschiedlichen Randbedingungen in Funktion, Typologie Bebauungshöhe. Die wertvollen und besonderen Randlagen - zur Stadt und zum Fluss - werden viergeschossig, die Regel dazwischen dreigeschossig bebaut.



06 Behütet von der Stadtplanung_ Gassen, Plätze, Albgrün
Qualitätvoller öffentlicher Raum umgreift verkehrsfrei die dicht bebauten Baufelder. Die Gassen verbinden die städtische Straßenwelt im Süden mit dem Albufer und dem Weg in die Landschaft. Sie werden je nach Ziel, Ausblick oder Frequentierung geöffnet und verengt; Materialität (Kontinuität Altstadt), Ausstattung und vor allem der Gassenraum im Profil wird gesteuert. Jede Gasse hat einen charakteristischen Querschnitt: die , vom Supermarkt zum Holzplatz häufig frequentiert, öffnet sich zum Himmel durch private Erschließungswege im 1. OG. Die Wohngebäude in der springen im 1. OG in den Straßenraum, verengen das Wegprofil und schaffen einen intimen Charakter. Die dritte Gasse, teilweise nur einseitig bebaut weitet sich zum Fluss, die Gebäudekanten fassen ruhig den Raum. Um die Freiräume allgemein nutzen zu können, ist der ruhende Verkehr in die Baukörper integriert.



Vergeben an Investoren / Baugemeinschaften_ Baufelder
Baufelder mit verschiedenen Rahmenbedingungen können an unterschiedliche Investoren vergeben werden; Vorgaben betreffen Höhe, Dichte, Material oder Gassenprofile. Alle Baufelder werden dicht und gemischt genutzt bebaut: grüne Zimmer - Höfe, Atrien, Loggien und Dachterrassen - ersetzen Privatgärten. Plätze, Gassen, Freiflächen an der Alb, der Park wie der Schwarzwald bieten weiteren Ausgleich. Die Parkierung ist situationsorientiert unterirdisch, halbgeschossig eingesenkt oder ebenerdig anfahrbar. Belebte Zonen – Wohnküchen, Arbeitsräume, behindertengerechte kleine Wohneinheiten – umhüllen die Stellflächen zu den Gassen. Der halbgeschossige Versatz erlaubt Varianz der Raumhöhen in den Wohneinheiten.



Baufeld A / B / C _ Von Straße zum Wasser / Vielfalt
Neben den Geschäfts- und Bürobauten an der Schöllbronner Straße bestimmt ein breites Wohnungsangebot das Quartier: betreutes Wohnen orientiert sich zum belebten Holzplatz. Die beiden viergeschossigen Gebäude an der Alb enthalten Geschosswohnungen: zweiseitig orientiert gruppieren sie sich um eine zentrale Treppe, die leicht zur Alb geöffnete Erschließungszone ist gemeinsamer Hof. An den Gassen reihen sich Partiohäuser in Varianten auf, behindertengerechte Wohneinheiten als Einliegerwohnung können zugeschaltet werden.



Baufeld D_ Schallschutzzwitter / nachhaltige, gemischt genutzte Stadt
Dieser Streifen ist in Reaktion auf die Nachbarschaft funktional vielgesichtig: hinter der zur Industrie orientierten Fassade liegen Gewerbeeinheiten. Sie werden von einer Sackstraße erschlossen. Zum Quartier gewandt befinden sich Wohn- und Arbeitsraumangebote - im Erdgeschoss Ateliers, Büros und Ausstellungsräume, in den Obergeschossen Maisonettewohnungen, die über einen auf die Gasse blickenden Laubengang erschlossen werden. Hervorgehoben durch Funktion und Volumen sind der Supermarkt im Süden und das Werkstattgebäude an der Alb. Der Nahversorger als Puffer zwischen der Industriezufahrt und dem öffentlichen Platz wird durch umnetzte Jugend-Spielfelder auf dem Dach noch mehr zum Treffpunkt. Die Dachnutzung wie die Aufsockelung zur Belichtung der Parkierung erhöhen das bauliche Volumen.



Versorgt_ Vergangenheit und Zukunft Holz
Nachhaltigkeit wird neben der energiesparenden Gebäudeanordnung auch in der Bewirtschaftung verfolgt: eine zentrale Wärmeversorgung, gespeist aus lokal verfügbaren biogenen Kraftstoffen wird im Quartier aufgebaut. Die Größe des Ettlinger Stadtwaldes wie die Erinnerung an das Holz verarbeitende Gewerbe auf dem Areal legen auch den Bau einer Holzschnitzelheizanlage in Feld A (gesicherte Vorfahrt) nahe. Wasserkraft kann modellhaft das historische Gebäude als Quartiersmitte energetisch unterstützen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit begeistert und irritiert gleichermaßen. Zunächst wollen die ungewöhnlich ausformulierten Großformen der vorgeschlagenen Wohngebäude nicht so recht zur Kleinmaßstäblichkeit der Ettlinger Altstadt passen. Drei- bzw. viergeschossige Gebäude mit Innenhöfen durchschneiden das Areal von Nord bis Nord-Süd. Wie in der Altstadt werden die Bodenflächen vollständig durch Kopfsteinpflasterbeläge gebildet und erzeugen somit den steinernen Eindruck von mittelalterlichen Gassen, mit wenigen Bäumen. Die Wohndichte könnte allerdings noch um ca. 30 % erhöht werden, damit das Gesamtareal optimaler ausgenutzt werden kann. Die Quartiersöffnung im Süden könnte durch weniger stark zurückspringende Gebäude ausgebildet werden, um den Straßenraum der Schöllbronner Straße nicht zu sehr zu öffnen. Im Westen gestaltet sich die Anbindung an die Friedrichsstraße zu unentschieden. Zu dominant wirkt an dieser Stelle die Tiefgaragenabfahrt und zu zufällig endet hier der Mühlenbach. Auch fehlt hier die direkte fußläufige Anbindung zur neuen Uferpromenade, die dem Gesamtkonzept entsprechend sehr diszipliniert ausfällt. Unter jedem Gebäude liegt die gut erreichbare Tiefgarage. Zu den in nicht ausreichender Zahl vorhandener Stellplätze gesellen sich fehlende Keller- und Abstellräume. Insgesamt ein städtebaulich sehr überzeugendes Konzept, dass einen mutigen Investor braucht, der zusammen mit der Stadt Ettlingen eine besondere Wohnform realisieren möchte.