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Sonstiges Vergabeverfahren | 02/2010

„Gedenkstätte Friedhof der Märzgefallenen“ Berlin-Friedrichshain

1. Rang / Zur Realisierung empfohlen

SINAI Gesellschaft von Landschaftsarchitekten mbH

Design

ON architektur

Architektur

Mola + Winkelmüller Architekten GmbH BDA

Architektur

Atelier Weidner Händle

Design

Erläuterungstext

maerz_baustelle

Was ist hier?
Was entsteht hier?
Was soll hier sein?


Friedhof der Märzgefallenen in BerlinFriedrichshain

Ausstellungsgestaltung und Infopavillon

Idee:
In einem mehrjährigen gesellschaftlichen Diskussionsprozess soll ein Denkmal für die Märzrevolution entwickelt werden. Als gestalterische Metapher für die Begleitausstellung dieses Prozesses wird die „Baustelle“ vorgeschlagen.

Es ist die Eigenart der Aufgabenstellung, dass nicht allein die Information über den Ort und die Geschehnisse 1848 und seither im Mittelpunkt stehen. Zentrales Ziel ist die Vermittlung einer „DenkmalWerdung“ als Prozess und die Aufforderung, sich an diesem Prozess zu beteiligen. Folgerichtig wird die Ausstellung als temporäres Ereignis konzipiert, die den endgültigen Zustand vorbereitet. Die Bildsprache der Ausstellungsarchitektur verkörpert diesen Zustand des Übergangs und meidet die Anmutung des Fertigen. Gleichwohl besetzt die Ausstellungsinstallation den Ort kraftvoll und dominant. Es erscheint dringend erforderlich, diesen weithin unbekannten Ort für eine gewisse Zeit offensiv nach außen treten zu lassen. Das Denkmal selbst wird auf durchaus provozierende Art und Weise besetzt, ohne es dauerhaft zu überformen.

Die Wissensvermittlung wird in 3 Themenfeldern klar gegliedert. Dem jeweiligen Vermittlungsprozess wird dabei ein eigenes Raumbild und Bewegungsmuster zugeschrieben.

Die Elemente der Installation werden grundsätzlich aus modularen Fertigteilen erstellt wie sie in üblichen Baustelleneinrichtungen verwendet werden. Zwei dominante raumwirksame Elemente treten dabei in einen Dialog auf Zeit:

Der maerz_container.
Seecontainer werden zu einer extrem gestreckten baulichen Figur zusammengefügt. Der maerzcontainer ist die (personell besetzte) Anlaufstation der Ausstellung. Im Bau werden die Geschehnisse des März 1848 mit seinem historischen Vorlauf und seiner politischen Wirkungsgeschichte dargestellt. Im Mittelpunkt steht dabei die Inszenierung des Berliner Trauerzuges. Die Bewegungsform ist dabei linear durch den Raum entsprechend der Topographie Berlins (Gendarmenmarkt, Barrikadenstandorte, Unter den Linden...). Parallel hierzu wird an die Biografien der Opfer erinnert. Den Endpunkt bildet ein großformatiges Projektionsfenster für eine MultimediaProjektion, welches gedanklich den Kontakt zum Stadtraum herstellt.

Die maerz_baustelle.
Auf dem Rasenfeld um den Gedenkstein wird eine Holzbauwand aus Fertigteilen auf einem annähernd kreisförmigen Grundriss gestellt. Der Zentralraum des Friedhofs wird damit bewusst verstellt und aus der schnellen Wahrnehmung genommen. „Was ist hier?“, „Was entsteht hier“ und „Was sollte hier sein?“ sind die Fragen, die die Installation beim Betreten des Friedhofs aufwirft.

Der zweischalige Bauzaun ist innen und außen mit einer grafischen Haut versehen. Die Außenseite stellt dabei die Wirkungsgeschichte der Ereignisse und die Rezeptionsgeschichte des Friedhofs entlang der Chronologie der Eingriffe und Geschehnisse dar. Der Besucher erwandert sich so gegen den Uhrzeigersinn die 8 10 Themenfelder entlang eines gedachten Zeitstrahls von 1848 bis 2010. Prägnante Daten, die Wendepunkte in der Wahrnehmung des Friedhofs darstellen, werden als
Blickfugen in der Wand ausgebildet.

An der Öffnung des Kreises (vom Eingang nicht sofort zu sehen) wird deutlich, dass der Kreis leicht spiralig eingedreht ist; der Besucher wird hier in das Innere des Kreises geführt. Dieser stille, fast meditative Raum dient der Entortung und Konzentration. Die Baustelle für das künftige Denkmal ist schließlich im Kopf zu suchen. Der Innenraum ist mit weißen Wänden gefasst, sehr sparsam gibt es Informationen zu vergleichbaren Gedächtnisorten, Fragen sind zurückhaltend und klein auf die Wand aufgebracht. Ansonsten dient die weiße Wand den Besuchern als „Gästebuch“. Gruppen können den Raum als Forum und Ort der Diskussion nutzen. Die vorgeschlagene Installation stellt damit das Befasstsein und die Partizipation des Besuchers in den Mittelpunkt der Ausstellung.

Die Architekturen
Der maerz_container setzt sich aus 3 gekoppelten Seecontainern (2 x 40ft Container und 1 x 20ft Container) zu einer linearen Ausstellungseinheit zusammen. Die Anwendung eines modularen, industriell vorgefertigten Containersystems unterstreicht den temporären Charakter des Infopavillons und ermöglicht im Bedarfsfall eine Weiternutzung an anderem Orte. Der 20ftContainer nimmt hierbei die Serviceeinheit auf, während in den beiden 40ftContainern die Ausstellung untergebracht ist. Nach außen wirkt der maerz_container plakativ und zeichenhaft. Er macht neugierig, indem er sich weit sichtbar in den öffentlichen Straßenraum schiebt.

Die Containermodule werden von innen gedämmt und mit Schichtstoffplatten bekleidet. Der Zugang erfolgt über ein eingeschobenes Rahmenelement, bestehend aus Festverglasung und Tür. Über den Zugang gelangt man unmittelbar in den Ausstellungsraum. An einem Ende befindet sich das Servicemodul mit Tresenbereich, Arbeitsplätzen und WCBereich. Zur anderen Seite erstreckt sich über die Länge der großen Module die Ausstellung, deren räumlicher Endpunkt von einer vollflächigen MultimediaProjektion als virtuelles Fenster zur Außenwelt geprägt wird. Der Ausstellungsraum wird über Oberlichter natürlich belüftet und belichtet, die in ihrer linearen Anordnung die Proportion des Raumes betonen, ergänzend zu der ausstellungsbezogenen künstlichen Beleuchtung. Die selbsttragende Konstruktion wird punktuell aufgeständert und gegründet. Die Eingriffe in die Wurzelbereiche werden dabei minimiert.

Die Ausstellungselemente

Ausstellungselemente im maerz_container.
Die Ausstellung zur Ereignisgeschichte im maerz_container wird eingeleitet mit dem Prolog, einer allgemeinen Einführung in die Thematik der MärzRevolution, ihrer Vorgeschichte und ihren Folgen. Linear angeordnete beschichtete Tafeln vermitteln im Anschluss in topographischer Abfolge die einzelnen Stationen des Trauermarsches. Die jeweiligen Stationen werden über beschriftete Wegemarken markiert. Vereinzelt befinden sich in den Ausstellungstafeln mediale Einbauelemente, wie Audio und Videostationen sowie Leuchtkästen und Vitrinen.

Die Positionierung dieser Elemente kann entsprechend der Thematik und Quellenvorlage gewählt werden. Auf der gegenüberliegenden Seite erinnern einzelne, an der Wand befestigte Holztafeln an die Biografien der Opfer.

Die Tafelelemente springen auf der Wand leicht plastisch vor und zurück und akzentuieren hierüber unterschiedliche Themen und Aspekte. Sie bestehen aus schwarz gefärbtem MDFHolz und werden auf der Vorderseite mit einem digitalen Foliendruck kaschiert, der gegen Graffitis geschützt ist. Am Ende des Ausstellungsraumes befindet sich unter der Decke ein Videobeamer für die MultimediaProjektion zur Ereignisgeschichte der Märzrevolution und Barrikadenkämpfe.

Ausstellungselemente auf der maerz_baustelle.
Die annähernd kreisrunde Ausstellungswand um den zentralen Gedenkstein besteht aus vorgefertigten gebogenen Segmenten aus Holzwerkstoff auf einer Unterkonstruktion in Gerüstbauweise. Diese werden auf der Außen und Innenseite mit einer bedruckbaren Folie verkleidet.

Die Folie auf der Außenseite vermittelt entlang einer chronologischen Abfolge die verschiedenen Aspekte und Themen der Wirkungsgeschichte zur MärzRevolution. Die 8 10 vordefinierten Themenfelder unter dem Titel „Erinnern / Vergessen“ werden
nachvollziehbar in einen zeitlichhistorischen Zusammenhang gestellt. Die Erzählung beginnt mit den Ereignissen 1848 und endet mit der Initiative des Jahres 2010 zur Entwicklung des Gedenkortes. Die Kreisform kann dabei auch für eine Rückbesinnung auf den Ursprung bestehen, sie ist selbstverständlich nicht geschlossen und zeigt sich bei näherer Betrachtung als Spiralfigur.

Der Raum im Innern des Kreises dient der Diskussion und der Konzentration. Es dominieren die offenen weißen Flächen, die Folie auf der Innenseite gibt nur sparsam Informationen zu vergleichbaren Gedächtnisorten, verbunden mit Fragestellungen an einen Denkort dieser Art. Die Leerflächen dienen wie beschrieben als „Gästebuch“ zur Partizipation des Besuchers bei der Frage nach der Zukunft eines zentralen Gedenkortes. Am Eingang der Kreisöffnung befindet sich eine Audiostation für das Abspielen einer allgemeinen Einführung sowie für die Wiedergabe von historischen Tondokumenten.

Die Grafik
Die Grafik für die Ausstellung orientiert sich an der chronologischen Erzählung der Wirkungsgeschichte (außen) und an den einzelnen Stationen des Trauermarsches (innen).

Die bedruckte Folie auf der kreisrunden DoppelHolzwand erhält z.B. eine Grafik, die als horizontales Erzählband Bezug auf die Kreisbewegung des Besuchers und die chronologisch, thematische Gliederung der Wirkungsgeschichte nimmt. Auf diesem Erzählband befinden sich neben den großformatigen Daten und Überschriften vertiefende Text und Bildinformationen. Ein linear angelegter Streifen dient als Kommentar für die geschichtliche Wirkung der einzelnen Themenbereiche, welche hierüber miteinander verknüpft und in Beziehung zueinander gebracht werden.
Zur farblichen Unterscheidung der einzelnen Erzählbereiche und stationen wurden bewusst unterschiedliche „gebrochene“, leicht gedämpfte Farben ausgewählt, um hierüber auf die Situation des Umbruches und die Vielfalt der hiermit verbundenen Ereignisse Bezug zu nehmen. Der Schriftzug „maerz 1848“ wird dabei zum Wortbild, das die Elemente miteinander verknüpft und auch von Ferne auf sich aufmerksam macht.