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Einladungswettbewerb | 06/2010

Museum Sander Mathildenhöhe

3. Preis

raumwerk Gesellschaft für Architektur und Stadtplanung mbH

Architektur

A24 Landschaft

Landschaftsarchitektur

SICKNIFIKANT - Architektur & Mediengrafik

Visualisierung

Erläuterungstext

Leitidee
An Stelle des ehemaligen Meisterhauses soll ein Ausstellungsgebäude für die Sammlung der Familie Sander entstehen. Die besondere Herausforderung der Wettbewerbsaufgabe liegt darin, die öffentliche Nutzung als Museum innerhalb des Bereiches privater Künstler- und Atelierhäuser einzureihen.
Aus dem Spannungsverhältnis dieses Gegensatzes bezieht der Entwurf seine Grundidee: das Gebäude gliedert sich klar in einen öffentlichen und einen privaten Bereich. Während die öffentliche Ausstellung Teil des Hanges wird bildet die private Sammlung die Kubatur des ehemaligen Haus Christiansen nach. Die Ausstellungsfläche richtet sich nach den Ordnungsprinzipien der Mathildenhöhe, der private Bereich reiht sich ein in die südliche Bebauungsstruktur der Meisterhäuser. So entstehen zwei ineinander verschränkte Volumen mit einer eindeutigen Zäsur. Als verbindendes Element ist an der Schnittstelle ein zu allen Seiten hin offenes Eingangsfoyer angeordnet. Hier treffen sich alle Bewegungsströme. Diese Einteilung greift zum Einen die wesentlichen Architekturmerkmale Olbrichs auf und interpretiert sie zeitgemäß: das Sockelgeschoss, das erhöhte Eingangsniveau sowie die großflächige, asymmetrische Fassadengliederung mit den darüber liegenden, markanten Dachflächen. Zum anderen wird mit der Platzierung der Kunst- und Grafiksammlung im Obergeschoss eine Analogie zur ursprünglichen, privaten Nutzung des Künstlers Christiansen hergestellt.

Nutzung
Das erhöhte Eingangsniveau wird über eine Außentreppe vom Alexandraweg aus erreicht. Mit den Bereichen Foyer, Café, Museumsshop und Garderobe ermöglicht es ein angemessenes Ankommen und verschafft eine schnelle Orientierung. Alle angegliederten Nutzungen werden von hier zentral erschlossen: in die Kunstausstellung führt ein großzügiger Luftraum mit einläufiger Freitreppe, das Grafikdepot mit darüber liegendem Büro und Bibliothek wird zugangskontrolliert über eine zweiläufige Treppe erreicht. Die Terrasse mit dahinter liegendem Garten erschließt sich behindertengerecht auf gleichem Niveau. Die großzügige Verglasung bietet Blicke in alle Richtungen.
Für die Anlieferung der Kunstgegenstände wird auf der Westseite zum Alexandraweg ein bodengleicher Aufzug vorgeschlagen. Dieser wird lediglich bei Bedarf herausgefahren und dient gleichzeitig als Sicherheitsschleuse. Die verpackten Gegenstände fahren direkt in den Anlieferungsraum und gelangen von hier aus über den im Luftraum angeordneten Kunstaufzug in alle Geschosse. Als Teil der Ausstellung stellt der Kunstaufzug eine sichtbare Verbindung zum Depot dar.
Der Ausstellungsraum wird zugunsten der Kunstwerke als schlichte, zweigeschossige Fläche ausgebildet und ermöglicht eine flexible Raumgestaltung. Zur natürlichen Belichtung wird im Geländeverschnitt zwischen Terrasse und Hang ein Oberlicht eingefügt. Zusätzlich versorgen zwei nördlich angeordnete, verglaste Dachflächen beide Ausstellungsebenen mit Tageslicht. Hierbei werden für die untere Ebene reflektierende Wandflächen aufgestellt. Das blendfreie Tageslicht gelangt über Mikro-Sonnenschutzraster innerhalb der Oberlichter in beide Ausstellungsbereiche und reduziert signifikant den Strombedarf für Kunstlicht. Der zusätzliche Beleuchtungsbedarf wird über hocheffiziente deckenintegrierte weiße LED-Leuchten gedeckt, deren Strombedarf im Haus selbst erzeugt wird.
Grafikdepot und Bibliothek bilden den gemeinsamen, privat nutzbaren Bereich mit Galerie im Obergeschoß. Die Außenwände sind großflächig und geschlossen. Das Dach wird durch verdrehte, geneigte Flächen gebildet und interpretiert das ursprüngliche Walmdach neu. Zwei verglaste Dachflächen ermöglichen auf der Nord-Ost Seite den Ausblick von der Bibliothek zum Ernst-Ludwig-Haus und auf der Süd-West Seite in die Innenstadt.

Materialität
Das äußere Erscheinungsbild wird geprägt von der Körperhaftigkeit des Bauwerkes. Fassade und Dach werden durch eine tragende, fugenlose Betonkonstruktion gebildet und anschließend wie ein Terrazzo angeschliffen: weißer gebrochener Marmor, farbiger, feinkörniger Flusskies und weiß eingefärbter Zement bilden die Oberfläche. Diese wird mit einem Handschleifgerät bearbeitet, um je nach Lichteinfall verschiedene Eindrücke zu vermitteln. Je nach Standpunkt des Betrachters erfährt der Baukörper entweder eine Entmaterialisierung oder eine Verdichtung der Struktur. In seiner Farbigkeit reiht sich das Gebäude in die weißen Putzfassaden der umgebenden Villen ein, entwickelt aber durch die Veredlung der Oberfläche einen eigenen Stellenwert. Die unterschiedliche Behandlung der Oberflächen (scharriert, gestockt, geschliffen)abstrahiert und interpretiert die ursprüngliche Fassadengliederung des Meisterhauses. Dem gegenüber eröffnet das Erdgeschoss einen Blick in die Farbigkeit des Innenraumes: der grünblau eingefärbte Cafèbereich sowie der rot schimmernde Medien- und Kommunikationsraum formulieren einen weithin sichtbaren und einladenden Eingang.

Freiraum
Der Freiraum greift den ursprünglichen fürstlichen Landschaftspark auf der Mathildenhöhe auf. Eine Wiesenfläche mit lockerem Baumbestand umgibt die wiedererstandene Kubatur des Haus Christiansen. Blüteneschen (Fraxinus ornus) ergänzen den Baumbestand. Stahlwangen umfassen die in der Wiese liegenden Lichtschächte zur Belichtung der Ausstellung. Sie stellen einen visuellen Bezug zu den verborgenen Ausstellungsräumen her. Eine Terrasse für Außengastronomie umschließt den Baukörper. Der geschliffene weiße Asphalt des Terrassenbelags setzt die hellen Fassadenflächen im Außenraum fort. Über eine seitliche Treppe gelangt man direkt auf die Terrasse ohne das Foyer durchqueren zu müssen.

Brandschutz
Das Museum Sander wird durch zwei gestapelte Maisonette-Einheiten gebildet, die getrennt sind in öffentliche / nicht öffentliche Bereiche und über das EG Brandschutz-Technisch abgeschottet werden. Die Rettungswege werden zum einen baulich über einen außenliegenden notwendigen Treppenraum (1. Rettungsweg) und zum anderen über weitere notwendigen Treppen (ohne Treppenraum) im Ausstellungsbereich bzw. über anleiterbare Fenster im Büro- / Depotbereich sichergestellt (2. Rettungsweg).

Klimakonzet
Die Anforderung eines relativ gleichmäßigen Museumsklimas mit einer Lufttemperatur von 18-22°C und einer relativen Feuchte von 45-55% r.F. erfüllt die Außenluft am Standort Darmstadt nur an etwa 190 h/a entsprechend 2 % im Jahr. Dadurch erscheint der Wunsch einer reinen natürlichen Belüftung der Ausstellungsräume schwer umsetzbar.
Die für die Besucher notwendige Frischluftversorgung erfolgt einerseits durch Öffnungsflügel in den Oberlichtern, die bei geeigneter Witterung automatisch öffnen. In allen anderen Zeiten des Jahres wird die frische Außenluft technisch konditioniert. Zur Einsparung von Energie wird eine Wärme- und Feuchterückgewinnung über Sorptionsrad zwischen Außenluft und Abluft eingesetzt, mit der sowohl Wärme als auch Feuchte effizient zurückgewonnen werden kann. Zusätzlich kann die Zuluft durch einen adiabaten Hochdruckbefeuchter oder durch eine sorptive Trocknung konditioniert werden. Thermodynamisch betrachtet werden beide Systeme mit Wärme angetrieben, die vor Ort mit einem sehr geringen Primärenergieaufwand zur Verfügung gestellt wird.
Der weitgehend unterirdisch angeordnete Ausstellungsbereich gewährleistet durch die große thermische Speichermasse der außen gedämmten Betonwände und der Decken eine gleichmäßige Raumtemperatur. Zusätzlich werden flächige Elemente (ca. 1/3 der Deckenfläche) aus Calciumsilikat zur passiven Feuchteregulierung eingesetzt. Die Heizung und Kühlung erfolgt durch eine Bauteilaktivierung, die durch eine mechanische Lüftung als schnell reagierendes System ergänzt wird. Die Zuluft wird dabei über einen Hohlraumboden verteilt und als Quellluft vor den Außenwänden dem Raum zugeführt.
Energie(versorgungs)konzept
Ziel ist es, das Museum Sander als ein Null-Primärenergie-Gebäude zu entwickeln. Die Wärme zur Beheizung und Luftentfeuchtung wird über einen Holzpelletkessel erzeugt und in einem Blockheizkraftwerk (Stirling-BHKW) für Kraft-Wärme-Kopplung umgewandelt, in dem gleichzeitig Strom entsteht. Beide Systeme werden mit Biomasse angetrieben, so dass der Anteil an nicht erneuerbarer Primärenergie sehr gering ausfällt. Die Kälte wird aus dem Grundwasser über die derzeit installierte Brunnenanlage gewonnen, die zum Antrieb nur eine Pumpe benötigt und damit primärenergetisch sehr günstig zu bewerten ist.

Tragwerk
Das Tragwerk besteht aus Betondecken und Betonscheiben, welche eine möglichst transparente Architektur ermöglichen sollen. Das gefaltete Dach wird ebenfalls in Beton hergestellt. Die Aussteifung erfolgt über die an den vier Gebäudeseiten ausgebildeten Tragscheiben. Die Decken spannen über 11 m. Diese werden entweder als vorgespannte Decke oder als Unterzugssystem ausgebildet.
Im Untergeschoss wird in der Decke über UG 1 ein Vierendeelträger zur Abtragung verwandt. Die Decke über UG 2 wird wahlweise als punktgestützte Platte mit einzelnen Stützen oder als Platte auf einem Unterzugssystem ausgebildet.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf verarbeitet bewusst die Spannungsfelder zwischen Haustypus und Museum.
Er wandelt so eine spannungsgeladene Widersprüchlichkeit in Qualität.

Mit dem Thema „verschränkte Volumina“ verbindet der Verfasser HausGarten und
Landschaft und würdigt damit den Ort und seine Entstehung, was überzeugt. Der Entwurf
kreist um die Mischung aus Dach und Skulptur. Die komplizierte Verbindung schafft er über die eingeschnittenen Höfe und Treppen, die das Thema Zugang vom Alexandraweg in eine Entreesituation wandelt. Die Aufweitung des Alexandrawegs zu einem Platz wird negativ gesehen.

Wieder aus Kubatur und Landschaft wird das Thema Licht entwickelt und intelligent in die
Ausstellungsebene, aber auch in das Haus und Büro mit Depot hineingeholt und
zweckmäßig hier gefühlvoll verteilt (Problem: Lichtbänder in der Topografie). Das zentrale
Foyer mit seiner dichten Außenbeziehung verknüpft und verteilt regieartig die öffentlichen
und internen Funktionen in überzeugender Klarheit.

Die Dachform ist eine angemessene Interpretation, die sich aus dem Verständnis des
historischen Ortes entwickelt und im visàvis mit der Gesamtanlage überzeugend einfügt. Sie überhöht vom Alexandraweg die Anlage und bietet von oben als fünfte Fassade eine qualitätsvolle Dachlandschaft.
Das Material der Fassade zeigt energetische und bauphysikalische Schwächen überzeugt aber durch veredelte Oberflächen und unprätentiöse Zurückhaltung.
Perspektive

Perspektive

Grundriss EG

Grundriss EG

Schnitt

Schnitt

Ansicht Süd

Ansicht Süd

Modell

Modell

Modell

Modell

Modell

Modell

Modell

Modell