modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 08/2010

Freianlagen Blasiikirchplatz Nordhausen

2. Preis

lohrer.hochrein landschaftsarchitekten und stadtplaner gmbh

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Leitgedanke | Die Innenstadt von Nordhausen ist geprägt von den zwei Bildern – den Resten der historischen Altstadt sowie den modernen Strukturen des Wiederaufbaus. Mit den nun anstehenden städtebaulichen Maßnahmen wird an besonderer Stelle eine der noch trennenden Narben beseitigt. Großflächiger Einzelhandel besetzt den Ort. Die europäische Stadt jedoch lebt von ihren erfahrbaren öffentlichen Räumen, von Plätzen, Strassen und Gassen. Stadt lebt durch die Menschen, die sie benützen. So soll rund um den Blasiikirchplatz historisches erhalten, großflächiges eingebunden und mit neuem sinnvoll ergänzt werden. Ein spannendes Wechselspiel urbaner Räume füllt zukünftig die heutige Leere. Der motorisierte Verkehr wird funktionelle aber dezent integriert. Der Passant, der Flaneur und seine individuelle Perspektive stehen im Mittelpunkt der Wahrnehmung.

Städtebau | In Anlehnung an die historischen Strukturen werden die Baufelder nördlich und südlich der Kirche gefüllt. Vorhandene Relikte werden aufgenommen und in ein neues urbanes Netz integriert. Herzstück des nördlichen Baufeldes bildet das zukünftige Gemeindezentrum. Neue innerstädtische Wohnformen für betreutes Wohnen und für Familien mit Kindern werden darum ergänzend platziert.
Das südliche Baufeld steht für Einzelhandel und Dienstleistungen zur Verfügung. Läden in Ergänzung zum Sortiment des neuen Einkaufszentrums finden sich umlaufend im Erdgeschoss und bilden die „Brücke“ vom Center in Richtung Altstadt. In den Obergeschossen ist Raum für Dienstleister und modernes Wohnen.
Im Westen bleibt die Bebauung zurückgesetzt und öffnet sich zum neuen Blasii-Marktplatz.

Verkehr | Das vorhandene System Rossmarkt – Kranichweg wird für die MIV optimiert und mit breiten Gehwegen zudem auch einladend für den Fußgänger dimensioniert. Die historischen Bereiche werden als verkehrsberuhigte Geschäftsbereiche ausgewiesen. Dauerparken konzentriert sich auf das neue Center bzw. die Tiefgaragen unter den zukünftigen Neubauten. Die restlichen neuen Bereiche stehen für Kurzparker zur Verfügung - auch um störenden Park-Suchverkehr zu unterbinden.

Freiraum | Eine Abfolge von drei Platzräumen bildet die Verbindung vom neuen Center zur historischen Altstadt. Die Plätze Kirchplatz, Markt und Kranichweg gehen – gegliedert durch Engstellen – fließen ineinander über. Sie haben jeweils ihren eigenen, individuellen Charakter – mal baumüberstanden und kontemplativ, mal offen und lebendig, mal längsgestreckt und verbindend. Passagen und schmale Wegeverbindungen vernetzen ergänzend diese Raumfolge eng mit dem angrenzenden städtischen Kontext.

Materialität | Das bestehende Nebeneinander von tradierter und moderner Materialität wird aufgegriffen und ortsangemessenen wie repräsentativ weiterentwickelt. Kleinsteinpflaster und randseitige Großplatten prägen den westlichen, historisch Bereich. Platten aus Werkstein und Flüsterasphalt bestimmen das Bild im östlichen, modernen Bereich.
Verbindenden ist ein betont freundlicher beige-gelblicher Farbton und eine durchgängige wie formschlüssige Materialität bis hin zu Platten und Muldensteinen.

Ausstattung | Die öffentliche Ausstattung ist zurückhaltend sowie im Hinblick auf zukünftig mögliche Änderungswünsche und eine gute Nutzbarkeit des Raumes flexibel konzipiert.
Die Elemente entwickeln sich als schlichte einfache Stahlkonstruktionen in einer glimmeranthrazithen Beschichtung. Die Holzroste der Sitzelemente sind aus Red Cedar, eine Holzart, die naturbelassen einem freundlich silbrigen Farbton verwittert.

Beleuchtung | Das Lichtkonzept soll den Charakter des Raumes bei Dunkelheit unterstützen und steht für Sicherheit, Orientierung, Energieeffizienz und das Wohlbefinden des Menschen. Auch abends wird ein angenehmes Ambiente geschaffen, das zum Betrachten und Verweilen einlädt.
Bedeutende und historische Fassaden, das Gesicht des Platzes, werden als raumbildende Maßnahme beleuchtet. Dabei werden spezielle „Gobo“-Strahler mit Metalldampflampen verwendet, die exakt auf Fassaden und Fenster eingestellt werden, um störende Strahlung in die Fenster zu vermeiden. Durch die hellen, vertikalen Flächen entsteht ein heller und freundlicher Eindruck des Platzes.
Es soll ein Optimum von Gestaltung und Lichtkomfort, sowie Wirtschaftlichkeit durch geringen Stromverbrauch und geringe Wartungskosten erreicht werden. Je nach Raummöglichkeit werden abgehängt Leuchten, Wandleuchten oder Mastleuchten verwendet.
Auf dem neuen Blasii-Marktplatz nimmt die Beleuchtungsstärke zur Mitte hin allmählich ab, um die Brunnen mit einer Akzentbeleuchtung deutlich hervorzuheben.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit stellt eine klare gesamträumliche Konzeption dar. Der Stadtgrundriss erfährt durch die neue Bebauung Kranichstraße 8 eine schlüssige maßstäbliche Ergänzung. Eine klare räumliche Kante bilden die Ergänzungsbauten nördlich der Blasiikirche. Bezogen auf die Beschattung sind sie im Bereich der Blasiikirche zu dicht.

Großzügig werden über Baumreihen, insbesondere auch auf der Seite des Einkaufszentrums, die jeweiligen Stadtquartiere angebunden und verknüpft. Die lockeren Baumgruppen vermitteln im Gegensatz dazu ein gelungenes Wechselspiel bis hin zum Markt und Rathaus. Die erhaltenen Bäume um die Blasiikirche werden gewürdigt, bewirken jedoch mittelfristig einen zu dunklen und geschlossenen Charakter um die Kirche herum.

Die Beläge und ihre Materialität folgen diesem klaren Prinzip nicht. Hier wird unterschieden zwischen einfachen Belagsarten auf der östlichen Seite und den mehr tradierten Belägen westlich mit Kleinsteinpflaster und Großplatten.Dies erscheint ein innovativer Ansatz für die Nutzung und Orientierbarkeit, jedoch nicht unter dem Gesichtspunkt eines gewünschten homogenen Stadtbodens. Die Granitplatten, die als Band die Häuser und den neu gestalteten Bereich umsäumen, verleihen diesem einen eigenen Charakter und sind gut vorstellbar.

Trotz der eingestellten Bebauung stellt der Blasiikirchplatz und der Blasiimarkt dank der einheitlichen topographischen Situation ein zusammenhängendes durchgängiges Gefüge dar, um an die Umgebung anzuknüpfen.

Der Brunnen bildet einen spielerischen Auftrakt in den Kirchenplatzbereich. Ansonsten wird sehr sparsam mit Möblierung und Einbauten umgegangen, was sicherlich einerseits den Vorteil hat, den Raum flexibel zu nutzen und anzunehmen, andererseits jedoch eine kreative Ergänzung vermissen lässt.
Die Gedenkstätte ist am bestehenden Standort würdevoll gestaltet und erfährt eine Aufwertung.

Der ruhende Verkehr ist logischerweise überwiegend östlich angeordnet, der westliche Teil vermittelt verkehrsberuhigten Charakter. Auch die privaten Stellplätze sind über Tiefgaragen gelöst. Grundsätzlich ist negativ anzumerken, dass keine behindertengerechten Parkplätze angeboten werden.

Das Beleuchtungskonzept betont die Fassaden der Kirche und über die Wohngebäude soll außerdem das Licht von innen auf den Platz wirken.

Insgesamt ist die Idee großzügig vorgetragen, sie lässt jedoch eine atmosphärische Stimmung im Detail vermissen.
lageplan 1:200

lageplan 1:200

lageplan 1:500

lageplan 1:500

blick auf den blasiimarkt

blick auf den blasiimarkt

blick zum blasiikirchplatz

blick zum blasiikirchplatz

visualisierung nacht

visualisierung nacht