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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2010

Umfeldgestaltung Eisenbahnüberführung Magdeburg - Ernst-Reuter-Allee

Anerkennung / für das städtebauliche Gesamtkonzept

lohrer.hochrein landschaftsarchitekten und stadtplaner gmbh

Landschaftsarchitektur

ambrosius blanke verkehr.infrastruktur

Verkehrsplanung

Erläuterungstext

Leitgedanke | Vor hundert Jahren besaß Magdeburg von Westen kommend eine eindrucksvolle Stadteinfahrt - Freigeräumtes Glacis, gestalteter Grünring, verengende Festungstore und dicht gedrängte Altstadt.
Kriegszerstörungen und Dominanz des Straßenbaues verunklärte diese prägnante Bilderfolge und schuf stattdessen eine fast gleichförmig wirkende Abfolge von Verkehrsräumen.

Mit dem aktuellen Projekt bietet sich die Möglichkeit, nicht nur einzelne Plasterdetails zu lösen, sondern darüber hinaus, eine für das Erleben von Stadt reizvolle Raumabfolge neu zu inszenieren. Leitgedanke ist so ein Konzept der drei Zonen.
Nach Verlassen des gründerzeitlichen Stadtfeld sollen so zukünftig:
• Die „Parktangente“ – eine offen gestaltete Parklandschaft mit dezent eingelegten Verkehrsanlagen,
• die „Bahnpassage“ - eine steinerne torartige Verengung und schließlich
• die grünen wie urbanen Straßen und Plätze der Innenstadt
die Bilderfolge der westlichen Stadteinfahrt prägen.


Städtebau | Die Areale westlich der Bahn sollen bebaut werden, um den Toreffekt der Bahnpassage zu verstärken.
Die wieder aufgebaute Ulrichkirche bildet zukünftig den markanten Blickfang am Beginn des Zentrums. Sie wird durch die beiden Turmhäuser flankiert und von einer Reihung von Baumhallen gefasst. Diese Baumhallen verdeutlichen einerseits die ehemals enge räumliche Lage der Kirche. Andererseits bilden sie eine grüne Nartex und ermöglichen Fußgängern wie Autofahrern unter dem lichten Kronendach hindurch den Blick auf das Westportal.


Verkehr | In der Bahnpassage wird das bisherige sehr funktional ausgelegte Konzept wird unter dem Aspekt einer eher spielerischen Interpretation der funktionalen Erfordernissen weiterentwickelt.
Zu klar getrennte Funktionszuordnungen in einem so dicht überlagerten Raum erzeugen eine trügerische Sicherheit und damit eine potentiell gefährliche Situation. So soll auch in der Bahnpassage mit ihrem speziellen Verkehrsmix der Gedanke des „Shared Space“ mit einem gleichberechtigten Nebeneinander aller Verkehrsteilnehmer zugrunde gelegt werden.
Dies erlaubt es einen homogenen wie barrierefreien Stadtboden zu entwickeln, Querungen zu entschärfen, die erforderliche Andienung zu gewährleisten, Aufenthaltsqualität anzubieten und trotzdem die erforderliche verkehrliche Kapazität sicherzustellen.
Die Andienung des Bahnhofsplatzes erfolgt von Süden. Im Bearbeitungsgebiet werden keine PKW Stellplätze ausgewiesen. Auf dem Kölner Platz werden dichte Pakete geschützter Fahrradstellplätze ausgewiesen. (Diese Stelle könnte zudem mittelfristig ein Fahrradparkhaus entstehen).


Freiraum | Die Entwicklung der Freiräume folgt dem Leitgedanken der differenzierten Bildern.
Im Bereich der „Parktangente“ liegen die notwendigen Verkehrsanlagen in einer offenen Parklandschaft. Dazu werden die versiegelten Flächen auf das wirklich notwendige zurückgebaut und als Rasenflächen dem Grünring zurückgegeben. Die bestehenden Gründickichte werden ausgelichtet, aufgeastet und einsichtig entwickelt.
Neben dem klassischen Parkbild erzeugt die so geschaffene Offenheit zudem eine bessere Einsichtigkeit und somit eine höhere gefühlte Sicherheit und soziale Akzeptanz.
Die Bahnpassage ist steinern und durch einen einheitlichen wie ebenen Belag geprägt. Grün ragt perspektivisch von den Seitenräumen in Form von dichten Baumpakten herein.
Die Innenstadt wird durch einen einheitlichen Belag sowie durch alternierend gesetzte Baupakete geprägt.
Der Baumhain auf dem Kölner Platz wurzelt auf einer etwas gestreckten Wannenrampe in einer vegetationsfähigen Tragschicht.


Stadtboden / Materialität | Zur Stärkung der Zusammengehörigkeit und Identifikation findet die freundlich hellgraue Magdeburger Pflasterplatte auch im Wettbewerbsgebiet einheitlich ihre Verwendung. Die Radwege werden mit dunkleren Platten farblich im Belag abgesetzt. An den Kreuzungsbereichen verdeutlichen gepixelte Plattenbilder die Gleichrangigkeit der Nutzer und fordern die notwendige Aufmerksamkeit ein.
Der Belag wird eben ohne trennende Bordsteine und somit barrierefrei ausgelegt. Lediglich die Haltestellen werden durch entsprechend taktil nachvollziehbare Hochborde zur Tram hin angehoben und aus dem Plattenflächen heraus entwickelt.
Die Oberfläche von Stufen wird in Anlehnung an den Plattenbelag entwickelt. Die Absturzsicherung zu den Tunnelrampen erfolgt in Glas, was den Blick auf die Parklandschaft ermöglicht.


Ausstattung | Das Wettbewerbsgebiet ist im wesentlichen Transferraum. So ist die Ausstattung zurückhaltend und konzentriert sich im Wesentlichen auf das Umfeld der Haltestellen. Auf dem Kölner Platz finden sich ergänzend Ruhe- und Wartezonen im lichten Schatten.
Zur witterungsgedecken Verbindung vom Bahnhof zu den Tramhaltestellen werden auf dem Kölner Platz glasgedeckte Pergolengänge angeboten.


Beleuchtung | Das Beleuchtungskonzept spiegelt das Konzept der drei Zonen wieder. Das Lichtkonzept soll den Charakter des Raumes bei Dunkelheit unterstützen und steht für Sicherheit, Orientierung, Energieeffizienz und das Wohlbefinden des Menschen. Auch abends wird ein angenehmes Ambiente geschaffen, das zum Betrachten und Verweilen einlädt.
In der Parktangente werden die Verkehrsräume durch locker gestellte Punktleuchten mit gezielter Lichtkonzentration auf die eigentlichen Verkehrswege beleuchtet.
Die Raumkanten der Bahnpassage, das Gesicht des Raumes, werden als raumbildende Maßnahme beleuchtet. Dabei werden spezielle „Gobo“-Strahler mit Metalldampflampen verwendet, die exakt auf die Mauerstrukturen eingestellt werden, um störende Strahlung für die Verkehrsteilnehmer zu vermeiden. Durch die angenehmen Ziegelfarbtöne entsteht ein heller und freundlicher Eindruck in der Bahnpassage.
Im der Innenstadt wird unter dem Aspekt der Zusammengehörigkeit das bisherige Lichtkonzept weitergestrickt
Es soll ein Optimum von Gestaltung und Lichtkomfort, sowie Wirtschaftlichkeit durch geringen Stromverbrauch und geringe Wartungskosten erreicht werden. Je nach Raummöglichkeit werden abgehängt Leuchten, Wandleuchten oder Mastleuchten verwendet.


Nachhaltigkeit | Die Vorschlag ist unter dem Aspekt der Resourcensparsamkeit entwickelt. Vertretbare Unterhaltskosten wurden ebenso berücksichtigt wie die Recyclingfähigkeit der verwendeten Baustoffe.
In die gedeckten Flächen von Haltestellen und Verbindungspergola werden zudem Solarpanele integriert.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit ist gekennzeichnet durch ein klares überzeugendes Konzept zur Ordnung eines zurzeit eher heterogenen und schwierigen Stadtraumes. Über die „Punkttangente“ und „Bahnpassage“ gelangt man zur Innenstadt. Trotz dieser vorgegebenen Zonierung gelingt es dem Verfasser, eine prägnante gestalterische Aussage für den gesamten Planungsbereich zu entwickeln. Durch rasterförmige Baumpflanzungen werden Freiflächen markiert, werden Raumbeziehungen geschaffen, freiräumliche Qualitäten erzeugt und damit eine Aufwertung der Stadträumer erreicht.

Die Arbeit bezieht ihre Qualitäten aus einem durchgängigen Gestaltungsthema und ihrer unspektakulären, aber angenehmen Umsetzung. Die Idee des „Shared Space“ ist auf ihre generelle Umsetzbarkeit zu überprüfen. In jedem Fall wird die Vorfahrtberechtigung zu berücksichtigen sein. Ebenfalls wird die Dichte der Bepflanzung und die Bepflanzbarkeit und Begrünung verschiedener Flächen aufgrund der Leitungs- und Verkehrssituation zu klären sein. Eine Trennung der Doppelhaltestelle am Kölner Platz ist aus Sicht des Verkehrsträgers nicht möglich. Das Thema alternative Energien wird durch Solarzellen in Verbindung mit vorgesehenen Überdachungen und Haltestellen berücksichtigt.

Insgesamt handelt es sich um einen sehr gut strukturierten Vorschlag, um ein stabiles Gesamtkonzept, das in wirkungsvoller Weise den Stadtraum gestaltet, das aber in Teilbereichen einer weiteren Überprüfung und Detaillierung bedarf.
gesamtkonzept 1:500

gesamtkonzept 1:500

beleutungskonzept 1:1.000

beleutungskonzept 1:1.000

lageplan 1:250

lageplan 1:250

blick in richtung damaschkeplatz

blick in richtung damaschkeplatz

blick vom kölner platz nach norden

blick vom kölner platz nach norden