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Offener 2-phasiger Ideen- und Realisierungswettbewerb | 05/2004

Technisch-städtebaulich-landschaftsplanerischer Wettbewerb Hochwasserschutz

Preisgruppe 1 / Zuschlag

Preisgeld: 35.000 EUR

Studio di Architettura Vittorio Magnago Lampugnani

Architektur

WGF Nürnberg

Landschaftsarchitektur

Wolfgang Weinzierl Landschaftsarchitekten GmbH

Landschaftsarchitektur

Goldbrunner Ingenieure GmbH

Bauingenieurwesen

Erläuterungstext

STADTENTWICKLUNG
Die Maßnahmen zur Hochwasserfreilegung in Regensburg werden als Chance zur städtebaulich-landschaftsplanerischen Aufwertung genutzt. Die Stadt wieder stärker auf den Fluss beziehen, räumliche Verbindungen dort wieder herstellen, wo sie gestört sind und öffentliche Zonen gestalterisch aufwerten und neu formulieren sind die Aufgaben und Chancen. Durchgehend gestaltete Bauwerke wie Mauern, Durchlässe, Tore, Treppen, Platzbeläge in Verbindung mit städtisch geprägtem Grün schaffen neue Qualitäten.
Das Bild der steinernen Altstadt wird durch die von Mauern geprägten Uferpartien verstärkt, Bäume stehen architektonisch in Reihe und markieren die Abschnitte, an denen die Stadt an den Fluss tritt.
Die Wöhrde werden als schwimmende Gärten in der Donau interpretiert. Wie die Altstadt haben sie in Teilen steinerne Kanten oder Deich-Mauer-Kombinationen, an den Rändern auch grün geprägte Deichsituationen.

LANDSCHAFTSENTWICKLUNG
Neben den technischen Hochwasserschutz muss auch eine ökologische Aufwertung der Auenlandschaften treten, um eine zeitgemäße und richtungweisende Gesamtentwicklung zu verwirklichen.
Das Leitbild hierfür wird bestimmt von der Lage Regensburgs im Schnittpunkt dreier Naturräume: Jura, Bayerischer Wald und Tertiäres Hügelland. Im Westen bestimmen offene, parkartig gestaltete oder landwirtschaftlich geprägte Komponenten das Bild, der Regen „bringt den Wald in die Stadt“, welcher flussabwärts als Au-Wald in Verbindung mit dem sich aufweitenden Fluss und wieder hergestellten Nebenarmen landschaftskonstituierend wird.

HOCHWASSERFREILEGUNG
Die Hochwasserfreilegung im Stadtgebiet Regensburg wird als Kombination von Vollschutz und Grundschutz plus mobilen Elementen konzipiert.
Ein stationärer Vollschutz für das HW 100 plus Freibord wird in den Gebieten errichtet, in denen gravierende denkmalpflegerische, städtebauliche und landschaftsplanerische Gründe nicht widersprechen.
In den 'sensiblen Zonen' werden ein stationärer Grundschutz für das HW 20 plus 30 cm Freibord und die Vorrichtungen zum Aufbau mobiler Elemente in Form von Dammbalkensystemen errichtet.
Innerstädtisch werden Mauern und Deich-Mauer-Kombinationen errichtet, während in den Außenbereichen und den grünen Teilen der Wöhrde Deiche zum Einsatz kommen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Gesamtkonzept unterscheidet klar zwischen landschaftlich gestalteten Schutzmaßnahmen an allen Uferabschnitten an Donau und Regen außerhalb der Altstadt sowie weitestgehend an den Ufern der Wöhrde und den – mit äußerster Zurückhaltung – baulich gestalteten Uferbereichen innerhalb der Altstadt.
Der Arbeit gelingt es, mit wenigen strukturierenden Elementen – Mauern und Baumreihen - die Wasserkanten Regensburgs mit einer starken Identität zu versehen.

Das Konzept unterstützt damit das wesentliche Merkmal der Regensburger Stadttopographie der Verschneidung der Landschaftsräume der Flüsse mit dem städtebaulichen Zentralbereich der Altstadt und der Wöhrde. In den Uferbereichen von Reinhausen und Weichs bietet das Konzept baulich-landschaftlich gemischt gestaltete Zonen an.

Die im Detail durchgearbeiteten Abschnitte zeichnen sich durch Grosszügigkeit und mit dem Einsatz weniger Funktions- und Gestaltungselemente durch Zurückhaltung aus und führen damit die Grundhaltung der Gestaltung in der Altstadt auch in den Uferbereichen fort.

Die Verbreiterung des Treidelpfades im Bereich Thundorferstrasse durch Verzicht auf die Böschung begründet sich durch die prinzipielle Haltung und ist konsequent und auch vorstellbar, aber nicht zwingend.
Am Weinmarkt wird das Grundmuster der an der Thundorferstrasse vorhandenen Gestaltung mit Treidelpfad am Ufer, parallel zum Ufer geführter Stützmauer mit Brüstung und grosszügiger oberer Fläche übernommen, und durch die lineare Anordnung einer Baumreihe mit dazwischen gestellten Bänken unterstrichen.
Ohne wörtlich zu wiederholen, wird so eine angenehme Verwandtschaft zweier, die Steinerne Brücke flankierender Uferbereiche der „Steinernen Stadt“ erzielt.
Dennoch bleibt es fragwürdig, die „Steinernen Stadt“ mit gärtnerischen Mitteln auszustatten und die hier vorgeschlagenen Bäume tatsächlich in die Realisierung zu übernehmen, da diese historisch nie vorhanden waren.

Die Flächen sind mit Natursteinpflaster ohne besonderem Muster altstadtpassend belegt.
Die obere Fläche weist zum Fluss zu ein leicht ansteigendes Gefälle auf und ermöglicht damit eine wirtschaftliche Ausformung der aus Brüstung und darauf aufsetzenden mobilen Elementen bestehenden Schutzeinrichtung. Allerdings wird damit die Wirkung der Hinwendung dieser Uferzone zum Fluss verringert.

Auch für die Werftstrasse wird eine angenehm grosszügige und zurückhaltende, im Detail anerkennswert sorgfältige Gestaltung angeboten. Mit der unmittelbar am Ufer vorgeschlagenen Brüstungsmauer und der zu dieser Brüstung leicht ansteigenden Platzfläche wird zwar eine sehr zweckmässige und wirtschaftliche Konstruktion der Schutzeinrichtung erreicht, der offene Charakter der vorhandenen Situation mit der zum Fluss leicht abfallenden Platzfläche ohne Begrenzung am Wasser aber schier ins Gegenteil verkehrt.
Bei einer evtl. Realisierung sollten die technischen Vorteile dieser gestalterischen Sonderbehandlung eines Teils des im übrigen „weichen“ Südufers des Unteren Wöhrds sorgfältig abgewogen werden.
Die sehr schwierige Situation am östlichen Regenufer im Bereich Sallern ist mit dem Vorschlag einer geringfügigen Anhebung der Sattelbogener Strasse, eines Deiches bis zur Sichthöhe aus den anliegenden Grundstücken und Gebäuden und mit den im Hochwasserfall aufgesetzten mobilen Elementen technisch angemessen, gestalterisch zufriedenstellend und für die Bewohner zumutbar gelöst.


Wasserbauliche Beurteilung:

Die Bearbeiter haben das Gesamtkonzept unter Berücksichtigung aller für den Hochwasserschutz maßgeblichen Kriterien bearbeitet. Positiv im Bereich des Freibords ist das einheitliche Maß von 1 Meter.


Die Möglichkeit verschiedener Schutzelemente und ihre Kombinationen haben sie sinnvoll ausgenützt. Beim mobilen Hochwasserschutz wird ein System vorgestellt und dessen Einsatz konsequent durchgehalten. Der Zugang zur Verteidigung einzelner Elemente im Hochwasserfall wurde sicher gestellt.
Bei der Aufstellung mobiler Elemente mit größerer Höhe ist auch der Einsatz von technischem Gerät gewährleistet.
Für sensible Bereiche wurden begrenzt mobile Elemente auch bei einer Aufsetzhöhe von HQ 5 eingesetzt, im wesentlichen aber auf einem Grundschutz, der dem HQ 20 (und höher) entspricht. Damit wurde der sparsame Einsatz von mobilen Schutzelementen in Abhängigkeit von Vorwarnzeit und Aufsetzpunkt berücksichtigt.

Das Ziel Retentionsraum zu erhalten wurde beachtet, ebenso die Verpflichtung verlorenen Retentionsraum auszugleichen. Die rote Linie wurde im wesentlichen beachtet.

Die Planungsaufgabe wurde für den gesamten Bereich bearbeitet.

- Im Bereich Winzer ist durch Konzentration der Bedeichung auf die Bebauung der Retentionsraum
weitgehend erhalten. Im Stadtteil Prüfening ist eine maßvolle Bedeichung vorgesehen.

- Den Bereich des Westhafens im Vorfeld mit einem zu Deich versehen und das Hafenbecken mit einem
Tor zu verschließen vermeidet weitere Eingriffe durch Hochwasserschutzmassnahmen im Hafen.

- Am Ölhafen schließt ein Deich an Hochwasser freies Gelände an, verläuft bis zum Osthafen und schützt
Hafenanlagen und Gewerbebauten. Das angewandte Konzept überzeugt durch Beschränkung auf das
Wesentliche.

- Detailfenster 1
Der Objektschutz umfasst den Bereich der Weinlände bis zum Salzstadel. Detaillierte technische
Aussagen liegen leider nicht vor.
An der Thundorferstrasse sind Dammbalken entlang der Strasse hinter der roten Linie vorgesehen.
Über den verlorenen Rückhalteraum ist leider nichts ausgesagt.
Für die Weinlände sind Dammbalken auf einer Mauer vorgesehen. Auch hier ist über den verlorenen
Rückhalteraum nichts ausgesagt.

- Detailfenster 2
Das positiv zu bewertende Konzept, den HW-Schutz konsequent an die Wasserlinie vorzuverlegen,
ergibt ein konstruktives (statisches) Problem, das noch untersucht werden muss.

- Bereich Regen
Durch Kombination mobiler Element mit einer maximal möglichen Anhebung der Strasse um 1,5 Meter am linken Regenufer gelingt es, die Höhe der mobilen Elemente auf 2,0 Meter zu begrenzen.
Die kurze Vorwarnzeit am Regen wurde durch sehr begrenzten Einsatz mobiler Elemente für den
Bereich des HQ 5 berücksichtigt.
Verengungen des Abflussquerschnitts werden durch Vorlandabgrabungen ausgeglichen. Am rechten
Regenufer sind Flächen wie Sportanlagen vom Hochwasserschutz ausgenommen und als Retentionsraum erhalten.

Die Arbeit überzeugt mit gut durchdachten Möglichkeiten, die vorgeschlagenen Lösungen umzusetzen.
Sie besticht durch die geschickte Kombination verschiedener Schutzelemente und den sparsamen Einsatz von mobilen Elementen.