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Einladungswettbewerb | 09/2010

Gemeindehaus an der Alten Kirche Heiligenhaus

1. Preis

KASTNER PICHLER SCHORN ARCHITEKTEN

Architektur

studio grüngrau Landschaftsarchitektur GmbH

Landschaftsarchitektur

Lichtplanung A. Hartung Planungsbüro für Kunstlicht / Tageslicht

Lichtplanung

Erläuterungstext

Vorgefundene Situation
Die Alte Kirche bildet als Ensemble mit der benachbarten Schule und der am Eingang stehenden Luthereiche einen architektonischen Höhepunkt der Stadt Heiligenhaus – nicht nur aus denkmalpflegerischer Sicht.
Das ehemalige Gemeindehaus soll durch ein neues Alten– und Pflegeheim ersetzt werden.
Das zweigeschossige Gebäude Hauptstrasse 206a ist nicht in die neue Nutzung zu integrieren. Der bestehende Anbau versperrt zudem die Südostecke des Grundstückes.
Durch die Entfernung des Anbaus werden Wege frei.
Städtebauliches Konzept
Der Baukörper des neuen Gemeindezentrums wird im Süden der Kirche platziert, die Längsseiten von den Giebeln des historischen Baus zurückversetzt.
Durch die Form und seine Position gelingt eine eindeutige Zuordnung und Gliederung der freiräumlichen Bereiche in der angemessenen Proportion auf besonders unaufwändige Weise.
Es wird nun möglich, alte Wegebeziehungen im Westen zu belassen und zu stützen und neue Wege im Osten zu öffnen. Neue Adressen werden mehrfach generiert.
Eine besondere, allseitige Herausstellung der Alten Kirche – dem für Heiligenstadt so bedeutenden Denkmal und zukünftigen Zentrum mehrerer Gemeinden – wird ermöglicht.
Ein neuer Baustein wird im Kanon des bestehenden Ensembles Kirche-Schule-Luthereiche eingefügt.
Das neue Gemeindezentrum greift den Gebäudetypus der Alten Kirche in seiner Form auf und wird ergänzt mit großzügig einladender, allseitig gläserner Offenheit im Erdgeschoss. Darüber hinaus werden Materialität und Haptik aus den angrenzenden historischen Bauten abgeleitet und modern mit reduktiven Mitteln interpretiert.
Der neue Baukörper steht in angemessener Distanz zum Kirchhaus. Kirche und Gemeindehaus behalten so ihre Eigenständigkeit im städtebaulichen Kontext und damit ihre jeweilig besondere Stellung für die Gemeinde und in der Gemeinde.
Durch die gemeinsame Dachform wird gleichwohl die Beziehung und Zugehörigkeit beider Häuser formuliert. Durch seine höhere Trauf-und Firsthöhe bleibt die Kirche erstes Haus.
Funktion
Der gläsern geöffnete Saal im Erdgeschoss bildet ein neues multifunktionales Zentrum im Gebäudeensemble in Synergie mit den neu proportionierten Außenräumen.
Die kurze bauliche Verbindung zur Kirche bildet die Brücke zum Gemeindehaus und mündet unmittelbar im Foyer. Die erdgeschossigen transparenten Fassaden zeigen zu allen Tageszeiten die Lebendigkeit des Gemeindelebens und laden ein, teilzunehmen.
Zu besonderen Anlässen lässt sich das Foyer durch Verschieben der Trennwände und Öffnen der Säle beliebig vergrößern. Durch zusätzliche Öffnung der Fassaden mittels großflächiger Schiebeelemente können Außen – und Innenraum, Säle, Kirchgarten und Kirchplatz zu einem großen bespielbaren Garten umgewandelt und für Feste und Veranstaltungen der Gemeinde und seinen Mitgliedern zur Verfügung gestellt werden. Die im Erdgeschoss angrenzenden und dienenden Funktionen wie Küche und WC können unkompliziert einbezogen werden.
Im Obergeschoss ist die Verwaltung funktional eingerichtet. Die Satteldachform erlaubt im Firstbereich unter dem unausgebauten belüfteten Regenschutz „Reserveraum“ herzustellen, der im ersten Schritt zu einem geringen Anteil ggf. Technik z.B. für Lüftung oder Solaranlagen aufnehmen kann. Dieser Raum bietet spätere Ausbaumöglichkeiten ohne große Investitionskosten im Erstellungszeitraum.
Der Festraum im Untergeschoss kann von zwei Seiten separat erschlossen werden. Er erhält an der Platzseite im Westen eine mögliche interne Adresse. Im östlichen Kirchgarten wird zusätzlich eine offene Treppe ergänzt, die gleichzeitig für natürlich Belichtung und Belüftung genutzt werden kann. Durch die Lage neben dem Gemeindehaus ist eine Belichtung von oben zusätzlich denkbar.
Freiräume
Die Qualität der Freiräume um das neue Gemeindezentrum stellt sich offen und kommunikativ das Gemeindeleben fördernd dar.
Kirchvorplatz
Eingefasst von überschaubaren Natursteinmauern und abgeschirmt zur Straße dominiert die vorhandene Luthereiche die Eingangssituation. Hier trifft man sich vor und nach dem Kirchgang, feiert und verabredet sich zu gemeinsamen Aktivitäten.
Kirchplatz
Der Kirchplatz ist großzügig und offen gestaltet, so dass ein vielfältiges Miteinander für Feste und Aktivitäten der Gemeinde kultiviert werden kann. Räumlich wird der Platz in grünen Rändern durch eine Baumreihe aus Winterlinden dominiert. Die notwendigen Besucherstellplätze sind oberirdisch angeordnet und erschließen auf kurzem, barrierefreiem Weg das Gemeindezentrum.
Natursteinmauern definieren den Kirchhof als Platzfläche. Sitzstufen schaffen Aufenthaltsqualität.
Kirchgarten
Der Kirchgarten ist ein Ort der kontemplativen Entspannung. Im Gegensatz zum Kirchplatz wird er von üppigem Grün in Form von Blütenstauden definiert, deren Charakter zum Schauen und Verweilen einladen.
Kirchhof
Als dem historischen Gemeindehaus zugeordneter kleiner Platz entwickelt der laubenumgebene Freiraum eine eigenständige Identität mit Charme. Er bildet mit seinen Möglichkeiten zum Sitzen und Verweilen unter Wein das Entree für den sich anschließenden Kirchgarten.
Lichtkonzept
Dem Kirchplatz wird eine einzelne Lichtstele zugeordnet. Durch ihre Proportion und harmonische Formensprache in Abstimmung mit der Architektur ist sie gleichzeitig Leuchte als auch gestaltendes Element für den Kirchplatz. Diese Lichtstele spendet dem Kirchplatz ein weiches, räumliches Licht.
In Ableitung von der Gestaltung der Lichtstele des Kirchplatzes wird der Kirchhof mit filigranen, niedrigeren Leuchten bestückt. Dieses Motiv wiederholt sich an den Eckpunkten im Kirchgarten.
Da die Außenräume in vielerlei Bezug zueinander stehen und auch in der Weitsicht interessant sind, werden einzelne Objekte in Licht gesetzt. Dazu gehören die Hauptfassade der Kirche, sowie die Akzentuierung einzelner Bäume. Die Akzentuierung dieser Objekte ist auch wesentlicher Bestandteil der Lichtatmosphäre am Abend.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf sucht das Zusammenspiel unterschiedlich gewidmeter Freiräume mit dem Neubau des Gemeindehauses und der Alten Kirche. So wird gewährleistet, dass der solitäre Charakter der Alten Kirche erhalten bleibt, dass die Kirche sich zur Stadt über die Freiräume und das neue Gebäude gleichermaßen öffnet und das neue Altenheim wie das Schulgebäude in das Ensemble einbezogen werden. Mit einem weitgehend gläsernen
Erdgeschoss reagiert das Gebäude auf diesen Anspruch der Offenheit.
Auch im Inneren des Gebäudes zeigen sich Bezüge zu diesem Anspruch. Die Bewegungsräume liegen an den Außenfassaden. Insgesamt ist der Entwurf klar und einfach zugleich angelegt. Das gilt für die Fassadengestaltung und für die einfache Form des Satteldaches. Für den Entwurf spricht auch seine Kompaktheit, die unter Nachhaltigkeitsaspekten und wirtschaftlichen Gesichtspunkten bedeutsam ist. Positiv ist auch zu erwähnen, das relativ hohe Maß an Flexibilität, das die klar strukturierten Grundrisse zulassen. Insgesamt sind alle Programmanforderungen fast punktgenau gelöst. Hervorzuheben ist sicherlich noch der separate Zugang zum Jugendraum,
der in einen eigenen Freiraum an der Ostseite des Gebäudes eingebettet ist.
Die städtebauliche Disposition, der im Inneren wie im Äußeren eindeutig strukturierte Baukörper und seine Durchlässigkeit zu den Freiräumen sind die wesentlichen Pluspunkte des Konzeptes.