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Einladungswettbewerb | 09/2010

Bistumshaus St. Ludwig - Umbau und Umstrukturierung

Stadteingang Bibliothek. Blick zum neuen Haupteingang

Stadteingang Bibliothek. Blick zum neuen Haupteingang

Anerkennung

Preisgeld: 6.000 EUR

Wandel Hoefer Lorch

Architektur

Schweitzer GmbH, Beratende Ingenieure

Tragwerksplanung

Erläuterungstext

Die heutige Situation und Substanz des Hauses ist geprägt von vielen An- und Umbauten, die in ihrer heutigen Erscheinung weder zukunftsfähig noch typologisch und formal klar erkennbar und lesbar sind. Die wesentlichen Problemstellungen liegen in einer ungeklärten Eingangssituation und einem Gesamtbaukörper, der sich in diverse Seitenflügel mit scheinbar endlosen Erschließungen und Fluren fragmentiert. Im Sinne eines qualitätvollen Weiterbauens gilt es durch wenige gezielt gesetzte Schnitte und Ergänzungen das Gebäude auf eine klare, verständliche Geometrie zurückzuführen, alte Qualitäten wieder herauszuarbeiten und durch wenige zeitgenössische Neubauten angemessen zu ergänzen. Die Gesamtmaßnahme versucht nah am Bestand zu
bleiben.

Der Schlüssel des Entwurf ist, gleich der Zerschlagung des Gordischen Knotens, der Rückbau des Nordostflügels (Gebäudeteil D) bis auf den Sockel, der in mehrfacher Hinsicht nicht erhaltenswert ist. Durch diese Transformation ergibt sich eine selbstverständliche Neuordnung der Eingänge. Mit der Einfügung des Neubaus für das Priesterseminar in der Verlängerung der Kirche entsteht ein klares Karree und ein qualitätsvoller, geschützter Hof. Die städtebaulich wichtige Besetzung der Ecksituation zur Johannesstraße erfolgt durch den klaren Baukörper der neuen Bibliothek und des Lernzentrums, die auch als separates Bauteil errichtet werden kann. Das Haus ist über den Sockel und die Pergola mit Lesegarten an die bestehenden Funktionen angebunden und als öffentliche Bibliothek über eine separate Freitreppe direkt mit Speyer verknüpft.
Als weiterer Baustein werden mit dem naheliegenden Thema des Kreuzgangs und einer
eingestellten, neuen Fassadenhülle mehrere Fragen gelöst. Zum einen wird ein Ort und Aufgabe angemessenes Erschließungssystem für die unteren Stockwerke geschaffen, die Verknüpfung zwischen Innen und Außen wird gestärkt durch die Loggien wird der Hof zum Kommunikationsraum. Weniger aus Sicht einer formalen Einheit als vielmehr aus energetischer Sicht ist diese neue Gebäudehülle mehr als gerechtfertigt.
Stadtseitig wird über den Kirchgarten die offene Loggia unter dem neuen Priesterseminar erreicht. Diese wird zum zentralen Verteiler für den Aufgang in das Priesterseminar, zur Eingangssituation in die Kirche, zum erweiterten Teil des Kreuzgangs und Schutzbau für die zu erwartenden archäologischen Funde und Zeitschichten und Fundamente in diesem Bereich. Vis-à-vis wird der heute verschlossene ehemalige Haupteingang an der Großen Greifengasse wieder geöffnet und erhält seine ursprüngliche Funktion als repräsentatives Entree der Gesamtanlage wieder zurück. Dahinter schließen sich das Foyer und die wesentlichen, öffentlichen Funktionen des Hauses sowie die Haupterschließung an. Durch den Ringschluss mit dem Kreuzgang ist eine innere, charakterbildende, orientierungsgebende Durchwegung des Gesamtkomplexes geschaffen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit hat einen städtebaulich sehr interessanten Ansatz mit hoher Freiraumqualität. Besonders überzeugen hier der Lesegarten und der großzügig erhaltene Innenhof mit der Thematisierung des Kreuzgangs und der fußläufigen Verbindung zur Korngasse und Fußgängerzone.

Die Vielzahl der oberirdischen Stellplätze und die Funktion des Wirtschafthofes in unmittelbarer Nachbarschaft zum Lesegarten und den Speisesälen wird dabei ebenso kritisch gesehen wie der direkt angeschlossene Erweiterungsbau des Kirchenschiffes, der dem historischen Baukörper der Kirche nicht gerecht wird. Die teilweise hohe gestalterische Qualität der einzelnen Baukörper fügt sich leider nicht zu einem harmonischen Ganzen. Die historisierende Gestaltung des Kreuzganges kann dabei ebenso wenig überzeugen wie die Einhausung des gotischen Maßwerkfensters. Der Gebäudebestand wird nachhaltig in seinen Nutzungen und baulichen Strukturen verändert.
Der Zugang zum Kirchenraum innerhalb des Gebäudes erscheint ebenso kritisch wie die Ausführung des Kreuzganges, der nur U-förmig nutzbar ist.

Die Mitarbeiterräume der Bibliothek befinden sich auf drei Ebenen übereinander. Eine
Kommunikation der Mitarbeiter ist nicht mehr möglich. Die Küchenfunktion ist äußerst schlecht und zu klein. Die Anlieferungsproblematik über die Tiefgarage mit eigenen, kleinen Fahrzeugen besteht. Allerdings besteht eine zweite Anlieferungs-
möglichkeit im Erdgeschoss, deren fahrtechnische Erschließung und Straßenführung das Be- und Entladen jedoch problematisch erscheinen lässt. Die ArbStätt-VO ist in einigen Teilen nicht beachtet, dies ist bei einer weiteren Planung zu beachten.

Die Nutzungen im Untergeschoss (Bierstube, Veranstaltungen, kleiner Speisesaal) erscheinen nicht pragmatisch und schlecht belichtet. Die horizontale Schichtung der Funktionsbereiche im Bibliotheksgebäude lässt keine befriedigenden Arbeitsabläufe erwarten. Die übrigen räumlichen Qualitäten des Entwurfes und die Belichtung der einzelnen Funktionsbereiche sind gut gelöst. Aus brandschutztechnischer Sicht bestehen im Bereich der Rettungswege an einigen Stellen Mängelpunkte. Die notwendigen Treppenräume verfügen teilweise nicht über direkte Ausgänge.
Diese wären zu schaffen.

Die zweiten Rettungswege sind meist über die Rettungsgeräte der Feuerwehr sicherzustellen. Im Bereich der Räume der Seminaristen nahe der Kirche sind die Fenster derzeit zu schmal für anleiterbare Fenster. Im 3.OG und im DG (Wohnung Regens) ist ein Anleitern nicht mehr möglich. Hier stehen somit keine 2 Rettungswege zur Verfügung. Der Baukörper (Bibliothek) verfügt nur über einen baulichen Rettungsweg. Hier muss der zweite Rettungsweg über die Rettungsgeräte der Feuerwehr sichergestellt werden. Dies ist aufgrund der Vielzahl an Personen eigentlich nicht möglich. Die Unterteilung in Brandabschnitte ist möglich.

Der Entwurf ist wirtschaftlich und klar aufgebaut – die Kennwerte liegen dabei im unteren Mittelfeld und lassen einen wirtschaftlichen Betrieb und angemessene Investitionskosten erwarten. Trotz guter Lösungsansätze lässt sich der Entwurf ohne Überarbeitung nicht zur Ausführung empfehlen.
Modell M 1:500

Modell M 1:500

Erdgeschoss

Erdgeschoss

Schnitt

Schnitt

Ansicht Nord mit neuer Bibliothek

Ansicht Nord mit neuer Bibliothek

Kreuzgang

Kreuzgang

Kapelle

Kapelle