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Einladungswettbewerb | 11/2010

Mitte Altona

3. Preis

AS+P Albert Speer + Partner GmbH

Architektur

Erläuterungstext

Gesamtkonzept
Ausgehend vom Rathaus des Bezirks Altona entwickelt sich in Nord-Süd-Richtung das Bild einer urbanen und maßstäblich gegliederten Achse gebildet aus unterschiedlichen Stadtbausteinen im Wechsel mit grünen und steinernen Freiräumen. Stadträumlich betrachtet spannt sich dieses verbindende Element zwischen Elbufer im Süden und die grüne Mitte des Wettbewerbsgebiets im Norden. Die östlich und westlich angrenzenden Quartiere werden über Trittsteine angebunden, wodurch sich die Achse zum grünen Rückgrat des Bezirkes entwickelt. Die grüne Mitte übernimmt zudem die Funktion eines Gelenks, das optional auch ein langfristiges Weiterbauen in Richtung Norden sichert.

Die räumlichen Leitplanken der Eisenbahnlandschaft, geprägt durch raumgreifende Bahntrassen, Brückenbauwerke und Überwerfungen sowie die Langhäuser des ehemaligen Güterbahnhofs, bestimmen heute den Charakter des Wettbewerbsareals. Das Entwurfskonzept besteht darin, diesen Gestus mittels linearer Siedlungsfelder aufzunehmen und schichtenartig an das bestehende Gefüge des Stadtraums von Altona anzuschmelzen. Damit legt sich ein Gefüge aus orthogonalen und teilweise schalenartig geschwungenen Baufeldern, den Gleistrassen folgend, um eine grosszügige, gemeinsame grüne Mitte. Wo immer möglich, soll auch der umgebende Stadtraum an der Gunst dieser grünen Mitte teilhaben.

Daher nimmt die Gliederung der neuen Baufelder in ihrem strukturellen Aufbau so viele bestehende Quartiersachsen wie möglich auf und fügt damit den Stadtraum homogen zusammen. Prägendes Freiraumelement für das neue Quartier ist der neue Bürgerpark mit seinen charakterIstischen Parkflügeln. Über urbane, baumbestandene Plätze, die an den wichtigen Parkzugängen liegen, wird der zentrale Freiraum einladend erschlossen.

Die offenen Innenbereiche, strukturiert durch einzelne Baumgruppen, gestatten Blicke auf besondere Bezugspunkte durch die gesamte Weite des Parkraums. Dichtere Baumschalen legen sich an die Ränder des Parks und bilden mit Gehölzstrukturen einen deutlichen vegetativen Saum zwischen den privaten Grünbereichen und den weiten Parkwiesen. In dieser Überganszone liegen die Rückhaltemulden, die Wasser als einen wichtigen Baustein des Parks thematisieren. Die historischen Eisenbahnrelikte wie Wasserturm, Hallengerüst, Kleiderkasse und der Güterbahnhof selbst, werden als wichtige Bezugspunkte und Identität stiftende Elemente in die Gesamtstruktur des Parks eingebunden. Intensive Spielzonen und grüne Fugen mit Obstbaumreihen finden sich diametral angeordnet in den Flügelspitzen des Parks. Das bestimmende Thema des Gesamtprojektes wird nicht nur in etappenweisem Bauen sondern in einer simultanen schrittweisen Umsetzung landschaftsplanerischer, verkehrlicher und technischer Aspekte bestehen. Damit verfügt nicht nur der gesamte Teilbereich I über einen grosszügigen Grünraum, sondern auch jede seiner drei Teilflächen (Ia,Ib,Ic). Dies könnte in Bezug auf eine frühzeitige Adressenbildung von Wohn- und Bürogebäuden von besonderer Bedeutung und Attraktivität sein.

Oberstes Ziel ist es, den Teilbereich I gestalterisch und funktional so auszustatten, das bei einer sehr viel späteren Entwicklung der Teilbereiche II und III oder gar im Falle eines möglichen Ausbleibens dieser Elemente kein Torso sondern ein in sich schlüssiges Modul entstehen kann.


Das engere Wettbewerbsgebiet

Teilfläche Ib
Der ehemalige Güterbahnhof könnte in seinem Duktus als ursprünglich verkehrlich bestimmtes Bauwerk so umfassend wie möglich erhalten bleiben. Eine Nutzung als besonderes Ausstellungsbauwerk mit integrierten Adressen für Kunst, Kultur und Handwerk wäre die ideale Nutzung im Sinne einer ganzheitlichen Entwicklung der weitläufigen Anlage. Der An- und Verkauf historischer Pkw, deren didaktische Lagerung und Präsentation sowie die professionelle Restaurierung und Wartung wäre ein ideales Konzept, um insbesondere die einmalige räumliche Wirkung und Stimmung der Anlage zu erhalten. Bereits realisierte Beispiele in Berlin, Düsseldorf, Stuttgart und künftig auch in Zürich belegen die Verträglichkeit und Synergie einer Lage in teilweise klassischen Stadtquartieren. Hierbei sind vielmehr Adressen stiftende Effekte denn Konflikte mit den neuen Wohnnachbarschaften zu erwarten.

Das östliche Langhaus soll nur in geringem Maße angetastet werden, indem sich eine Kette von vier gläsernen Dachreitern mit ihren Erschließungskernen in den Hallenraum einfügt. Die damit schwebend wirkenden Glasvolumen sollen bewusst in einer an Industriearchitektur angelehnten Konstruktion und schlichten Gestaltung ausgebildet sein. Damit ergibt sich ein spannungsvolles Ensemble gebildet aus historischen und zeitgenössischen Elementen. Die nördliche Halle der Anlage wird nur in ihrem ursprünglichen Umriss bzw. Footprint ablesbar bleiben. Dieser Bereich, der die ehemals schienenseitige Bahnhofserschließung übernommen hatte, soll künftig als Hoch- und Parkparterre mit einem Ensemble aus drei baulichen Skulpturen als Mitte und Gelenk des neuen Parks wirken.

Als Ergänzung zum möglichen neuen Nutzungskonzept der Hallen würde sich hier eine Kombination der drei Sonderwohnformen Hotel, Boarding- und Appartementhaus anbieten. Der Raum unter dem Parterre ermöglicht die wirtschaftliche Lösung einer unterirdischen Parkierung. Eine Komposition aus Materialien von Stahl, Beton, Pflastersteinen, Wasser, Licht und nicht zuletzt Grün soll als Textur des Parterres an die ursprüngliche Linearität und Nutzung erinnern. Während das Hochparterre einen steinernen urban geprägten Raum repräsentiert, wandelt sich dessen Charakter zum Parkparterre hin immer mehr zu einer grünen Parkmitte. Gartenartige Rückzugsbereiche, Rasenflächen mit Verweilangeboten, Fragmente der Bahnsteige sowie Spiel- und Freizeitangebote bilden das Programm dieses aktiven Parkkerns. Die Vegetation erobert auch einige Rudimente des historischen Tragwerks und transformiert diese zu einer grünen Parkloggia.

Das Raumgerüst als verbindende Struktur zwischen baulichen Skulpturen und Parkraum würde nicht zuletzt durch eine Illumination ein spannungsvolles nächtliches Erscheinungsbild für die Parkmitte erzeugen. Die Teilfläche Ib ist auch damit prädestiniert für einen Identität stiftenden Entwicklungsimpuls bzw. Projektstart.

Teilflächen Ia und Ic
Im Mittelpunkt der Entwurfsidee steht die Entwicklung urbaner Parkadressen. Der Entwurf der Wohnbebauung folgt generell dem Ziel, möglichst allen Wohneinheiten den Blick auf die neuen Freiräume zu eröffnen bzw. deren unmittelbare Erreichbarkeit zu sichern. Im Sinne einer Entwicklung in realisierbaren, d.h. handhabbaren Größenordnungen wurde der Ansatz einer generell kleinteiligen, teilweise aufgelösten Blockstruktur gewählt. Im Sinne einer Lärm abweisenden Wirkung legen sich die Teilflächen Ib und Ic mit gemischt genutzten Blockfiguren an die Harkortstraße. Grüne Eingangshöfe erschließen auch die Wohneinheiten der westlichen Blockränder. Im Bereich der ehemaligen Kleiderkasse, die überwiegend Wohnfolgeeinrichtungen (KITA) aufnehmen könnte, soll einer der zentralen Parkeingänge entwickelt werden, da sich hier eine optimale Vernetzung mit den
Wegebeziehungen in die Nachbarquartiere anbietet.

Der geschwungene Nordrand von Teilfläche Ia reagiert sowohl durch besondere passive als auch durch aktive Maßnahmen auf die erhöhten Anforderungen an den Lärmschutz. Die hermetische Wirkung großformatiger und sperriger baulicher Abschirmungen würde in diesem Bereich den Dimensionen anonymen Wohnens sehr nahe kommen. Die drei vorgeschlagenen Blockeinheiten folgen daher der Maßstäblichkeit der übrigen Bebauung und legen sich in ihrem mäandrierenden Habitus um Wohnhöfe mit unterschiedlicher Ausrichtung und Belichtung. Die bahnseitigen Höfe sollen mittels einer fassadenhohen gläsernen Abschirmung auf den Bahnlärm reagieren während sich die bahnseitigen Fassadenteile durch Wintergärten und/oder Laubengangerschließungen abschirmen. Diese Lösungen sind bereits erfolgreich erprobt und finden immer häufiger in sensiblen Innenstadtbereichen Anwendung. Die beiden Blockzwischenräume werden wiederum durch Lärmschutzwände unmittelbar am Gleisrand (aktiv) geschützt. Damit wird das Bild einer klassischen innerstädtischen Bebauung erreicht.

Die verkehrliche Erschließung erfolgt überwiegend über die bestehenden Straßenräume sowie eine schlaufenförmige Lösung im Bereich der Teilfläche Ia. Die Teilfläche Ib verfügt über eine eigene stichartige Erschließung entlang ihres östlichen Randes. Die Notbefahrbarkeit der Parkwege entlang der Blockränder ist über besondere Mischflächen gegeben. Mit Ausnahme des autoarmen Wohnens erfolgt die Parkierung in Tiefgaragen. Im Straßenraum sind die erforderlichen Stellplätze für Besucher sowie autoarmes Wohnen verortet.

Teilbereich II
Die langfristig zu erwartende Entwicklung von Teilbereich II ist - etwa dem Bild eines Jahresringes folgend - an die Teilfläche I angeschmolzen. Sowohl das Thema des zentralen Parks als auch das Motiv der bandartigen Siedlungsfelder würde sich damit logisch fortsetzen und arrondieren. Die verkehrliche Erschließung bildet hier ebenfalls ein eigenes Modul, das insbesondere von Westen über die Bahnareale geführt wird. Hierdurch soll das östliche Wettbewerbsumfeld entlastet werden wobei eine Verbindung dieser bogenförmigen Erschließung mit dem östlichen Umfeld dennoch wünschenswert ist.

Die lineare Schiene der Siedlungsfelder vom Bahnhof Altona ausgehend bis hin zur grünen Mitte muss die Thematik des Niveausprunges durch den ehemaligen Bahndamm behandeln. Hierbei werden die westlichen Blockränder so an den Bahndamm herangeführt, dass eine Erschließung über die Blockinnenräume (grüne Erschließungshöfe) möglich wird. Der Niveausprung wird in den Erdgeschossen der westlichen Gebäudeteile durch Verkehrs- und Nebenflächen ausgeglichen.

Teilbereich III
In Bezug auf eine Bebauung eignet sich die allseitig durch Bahndämme eingeschlossene Insel nur begrenzt. Eine besondere Begabung könnte aber gerade in der Robustheit des Areals liegen, die für besonders unkonventionelle und teilweise lärmintensive Nutzungen sprechen kann. Der Vorschlag betrifft daher die Entwicklung einer möglichen Akademie der Jugendkulturen, in der von bildenden Künsten über Tanz bis hin zur Popmusik Produktionsmöglichkeiten und Lehrveranstaltungen angeboten werden. Eine besondere Variante könnte in der gelegentlichen Nutzung des Innenraumes für öffentliche Schauproduktionen bestehen.

Hochattraktive Beispiele so genannter Low-Budget-Architekturen, wie der Laban Dance-School im Londoner Gewerbegebiet Creekside, der Popakademie Baden Württemberg nebst Musikpark im Mannheimer Industriehafen belegen die ökonomische Machbarkeit solcher unkonventionellen Projekte. Entscheidend für das Maß solcher Nutzungen ist jedoch die begrenzte Verfügbarkeit und Realisierbarkeit von Flächen für den ruhenden Verkehr.


Regenwasserkonzept
Durch die gebogene Form der westlichen Parkränder kann die vorhandene Topographie optimal dazu eingestzt werden, ein durchgehendes System aus zentralen und semizentralen vernetzen Regenrückhaltemulden zu realisieren. Durch die gegebene Gefällesituation können nahezu alle Flächen (Dächer, versiegelte Flächen) in den bebauten Bögen (BA Ia und II) und der nördlichen Spange über offene Zuleitungen (Gräben, Rinnen, Mulden) in die Muldensysteme abgeleitet werden. Über die einzelnen Mulden wird der Niederschlagsabfluss dezentral und unmittelbar am Entstehungsort, gedrosselt. Die Weiterleitung des Wassers bis zur Übergabe an das Kanalsystem erfolgt über parallel geschaltete Ableitungselemente (Graben, Rigole, Rohrstrecke).

Wie bereits erläutert, stellen die vorgesehenen naturnahen Bewirtschaftungsmaßnahmen für das Regenwasser kein notwendiges technisches Übel dar, sondern integrieren diese logisch in die Gesamtkonzeption des Parks. Die Bepflanzung und Gestaltung dieser Bereiche beleben den umlaufenden Parksaum. Vereinzelt, beispielsweise im stark versiegelten Hofbereich des ehemaligen Güterbahnhofs, kommen unterirdische Rückhaltesysteme (Rohr-/Blockrigolen) zum Einsatz. Generell wird der Einbau von Regenwasserzisternen zur häuslichen Nutzung empfohlen. Diese Volumina sind für die Rückhaltewirkung allerdings nicht angesetzt worden.

Das Konzept eröffnet Spielräume für den konsequenten Einsatz von Dachbegrünung und wasserdurchlässigen Belägen. Durch diese Maßnahmen und durch die Flächen schonende Bebauung sowie eine insgesamt reduzierte Versiegelung konnte das Rückhaltevolumen, nach den Berechnungen der Fachberater, deutlich gesenkt werden. Das System funktioniert angesichts der grosszügigen räumlichen Verhältnisse jedoch auch noch sehr gut, wenn nur eine Teilbegrünung der Dächer durchgeführt wird.