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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2010

Neubau der Hochschule Ruhr West am Standort Bottrop

3. Preis

h4a Gessert + Randecker Architekten | h4a Gessert + Randecker + Legner Architekten

Architektur

Vögele Architekten

Architektur

K+P Kaufer+Passer GMBH & CO.KG

TGA-Fachplanung

Erläuterungstext

Städtebau

Das Wettbewerbsgebiet in unmittelbarer Nähe zur Bottroper Innenstadt wird geprägt durch das städtebaulich hochwertige Ensemble Hans-Sachs-Platz mit der anschließenden Berufsschule, einer Reihe von Solitären entlang der Hans-Sachs-Straße und durch die durchgrünten Einzelhausbebauungen der Straße an der Berufsschule und der Lützowstraße.
Während die Umgebung der Hans-Sachs-Straße einer starken Verkehrsbelastung ausgesetzt ist, herrscht in den angrenzenden Straßen eher ruhiger Anliegerverkehr.
Diese heterogene städtebauliche Struktur, und der Wunsch die eigenständige Identität der Hochschule nach außen zu zeigen, setzt die Randbedingungen für das funktionale und architektonische Konzept des Neubaus der Hochschule Ruhr West.
Eine Abfolge, langer schmaler Bauten parallel zum Ensemble am Hans-Sachs-Platz adaptiert die starke, städtebauliche Figur und schreibt diese fort. Durch einen ausdrucksstarken Kopfbau an der Kreuzung Hans-Sachs-Straße Lützowstraße wird die Neubaustruktur städtebaulich konsequent zu Ende geführt. Dieser Eckbau gibt der Straßenkreuzung eine klare und eindeutige Fassung, und setzt zugleich ein signifikantes Erkennungszeichen im städtebaulichen Kontext. Folgerichtig befindet sich dort auch der Haupteingang der Hochschule.
Die Giebelflächen der Zeilen greifen den städtebaulichen Massstab der Einzelhäuser entlang der Hans-Sachs-Straße und der Straße an der Berufsschule auf. Mit durchgehend drei Geschossen wird eine verträgliche Höhenentwicklung zur Nachbarbebauung erreicht.
Unter Ausnutzung des Schmalseitenprinzips der Landesbauordnung NRW werden die Abstände zum Grundstück des vorhandenen Wohnhauses eingehalten.
Parkplätze, sowie Ver- und Entsorgung der Hochschule werden von der Hans-Sachs-Straße erschlossen. Weitere Stellplätze sind entlang der Straße an der Berufschule geplant. Neben dem Haupteingang an der Lützowstraße sind Behindertenparkplätze und Besucherparkplätze vorgesehen.
Durch Überbauung der Parkplätze kann im Norden des Grundstücks der zweite Bauabschnitt realisiert werden.


Funktion

Die gewählte Baustruktur ist geeignet, Funktionen in der gewünschten Flexibilität anzuordnen. Im Erdgeschoss sind die öffentlichen, kommunikativen Bereiche wie Eingänge, Information, Bibliothek, Mensa, Hörsäle, und das Technikum um einen großzügigen „Boulevard der Kommunikation“ angeordnet. Ein zweiter Zugang mit einem davor gelagertem, geschützten Außenbereich im Nord-Osten verbindet Hochschule mit der benachbarten Berufsschule. An warmen Tagen kann er als erweiteter Mensabereich unter freiem Himmel genutzt werden.
Das Grundrissgefüge eröffnet Ausblicken ins Freie und bietet ruhige und belebte Orte der Kommunikation. Das ebenfalls im Eingangsgeschoss gelegene Technikum nutzt das Geländegefälle nach Norden aus und erreicht die geforderten Raumhöhen.

Die beiden Obergeschosse sind den Laboren, Büros und Arbeitsplätzen für Lehre und Forschung vorbehalten. Gebäudetiefe Geschosshöhe und Fassadenraster der Zeilen sind so gewählt, dass unterschiedliche Anordnung von Laborflächen, Arbeitsflächen und Einzelbüros flexibel möglich sind. Eine spätere Veränderung der Grundrisse ist so ohne allzu großen Aufwand umsetzbar. Zeilen und Kopfbau werden in den Obergeschossen mit einer Magistrale verbunden, so dass auch hier Nischen und Flächen für Kommunikation und zwanglosen Treffen stattfinden können. Zusätzlich ergänzen verglaste Verbindungsstege das Erschließungsnetz der Hochschule. Treppenhäuser und Aufzüge werden über Dach geführt, um die Dachflächen für Experimente und Versuche im Bereich Energiegewinnung nutzen zu können.
Die notwendigen Technikflächen werden im Untergeschoss angeordnet. Dachaufbauten werden weitgehend vermieden.


Architektur / Identität

Gestaltung und Form der Baukörper entwickeln sich einerseits aus den städtebaulichen Anforderungen der Umgebung, andererseits aus dem Wunsch, die Hochschule mit ihren technisch orientierten Fächern identitätsstiftend in das Bottroper Stadtbild zu integrieren.
Während sich das Gebäudeensemble zur Hans-Sachs-Straße und Lützowstraße klar akzentuiert, und eine harte städtebauliche Kante zeigt, strecken sich die Zeilen wie die Finger einer Hand in die offene, eher diffuse durchgrünte Einzelhausbebauung entlang der Straße an der Berufsschule.

Die in rotbraunem Farbton gehaltenen Fassadenelemente aus Metall im Wechsel mit großzügigen Glasflächen schaffen die optische und architektonische Verbindung zu den dunklen Backsteinfassaden der umliegenden Bestandsgebäude. Der Wechsel von Offen und Geschlossen, Innen und Außen schafft einen spannungsreichen Kontrast, und zeitigt im Ergebnis ein Gebäudeensemble in einer, selbstbewussten Architektursprache.

Die eigenständige Identität mit signifikantem Einfluss auf die Umgebung wird durch die spezielle Ausbildung der Fassade entlang der Hans-Sachs-Straße erreicht. Die Giebel der Zeilen werden mit einer Art Doppelfassade ausgebildet, so dass durch eine semitransparente Metallverkleidung die dahinter liegenden Steigleitungen der einzelnen Medien schemenhaft sichtbar werden.


Die großflächigen Verglasungen der Verbindungsstege zwischen den Zeilen gewährleisten tiefe Einblicke ins Innere der Hochschule und in die Innenhöfe. Die Längsfassaden der Zeilen sind einfach und klar geordnet und dienen ausschließlich der optimalen Belichtung von Laboren und Büros. Funktionsbereiche mit sehr unterschiedlichen Anforderungen an Belichtung und Belüftung führen im Ergebnis zu einem interessanten und abwechslungsreichen Fassadenbild mit einer differenzierten Folge von offenen und geschlossenen Flächen. So sind die Hörsäle eher introvertiert, Mensa, Bibliothek und Eingänge eher offen und extrovertiert.
Das Thema Identität und Eigenständigkeit wird im Sinne der Nutzung des Gebäudes als Lehr und Lernobjekt auch im Inneren der Hochschule konsequent weiter geführt. So wird die Gebäudetechnik wo immer möglich und sinnvoll gezeigt und offen unter ästhetischen Gesichtspunkten geführt.
Die zielgerichtete Belichtung der einzelnen Funktionsbereiche mit Tageslicht schafft eine angenehme und einladende Atmosphäre. Proportion und Dimension der Räume verstärken diesen Eindruck.


Konstruktion

Das Tragsystem aus Flachdecken und Stützen mit aussteifenden Treppenhäusern und Aufzugsschächten, mit durchgehend gleicher Geschosshöhe lässt eine hohe Flexibilität in Grundrissgestaltung und Ausbau zu. Die selbsttragenden Fassaden aus Glas und Metall nehmen Bezug auf die spezielle Funktion, erlauben aber gleichzeitig die geforderte Flexibilität der Grundrissteilung. Der Innenausbau arbeitet mit hellen, und wo immer möglich natürlichen Materialien wie Holz, Naturstein und ähnliches.
Farben werden gezielt und diszipliniert zur Steigerung der Atmosphäre und Orientierung eingesetzt.


Haustechnik / Energiekonzept

Die Haustechnik ist auf eine grösst mögliche Reduzierung des Primärenergieaufwandes ausgelegt. Eine Verwendung der vorhandenen Fernwärme steht für die Spitzenlast im Vordergrund, zumal der Primärenergiefaktor dieser Anlage bei 0,23 liegt und die Wärmebereitstellung zu 93,4 % aus KWK Prozessen erfolgt. Die Nutzung regenerativer Energien im Gebäude erfolgt über den Einsatz einer Luft-Wasser Wärmepumpe. Diese reversible Wärmepumpe deckt die Grundlast für die Beheizung des Gebäudes ab und ermöglicht im Sommer die Kaltwassererzeugung für die Kühlung. Über dieses Konzept kann auf den Aufbau eines zweiten Systemes zur Kälteerzeugung verzichtet werden. Zur Spitzenabdeckung wird das Kaltwasser in Pufferspeicher vorgehalten.

Die Lüftungsanlagen werden mit einer hocheffizienten Wärmerückgewinnung und adiabater Verdunstungskühlung ausgestattet. Die Frischluft soll ausserdem über einen unter dem Gebäude verlaufenden Erdwärmetauscher im Sommer vorgekühlt und im Winter vorerwärmt werden. Über die adiabate Kühlung kann zu einem Grossteil unter dem Jahr die Grundlastkühlung der Zuluft ohne Kältemaschine erfolgen.

Für eine ausgeglichene Energiebilanz bei der erforderlichen Elektroleistung für die Heiz- und Kühlwasserpumpen wird eine Photovoltaikanlage sorgen. Bei der zu belegenden Fläche von ca. 1000 m² kann ein Ertrag von ca. 80.000 kWh/a erwirtschaftet werden.


Freiflächen

Die vorhandenen Bäume werden soweit möglich erhalten. Dies gilt speziell für den Baumbestand zwischen der Wohnbebauung am Hans-Sachs-Platz und dem Hochschulneubau, sowie dem großen Einzelbaum an der Lützowstraße.
Parkplätze und Freiflächen werden durch eine entsprechende Bepflanzung mit Bäumen und Sträuchern aufgewertet und akzentuiert. Zur Hans-Sachs-Straße werden Alleebäume gesetzt, der Bereich zwischen den Zeilen wird großzügig begrünt.
Die platzartigen Freiflächen vor den Eingängen werden mit Natursteinplatten belegt


Fazit

Mit dem vorliegenden Konzept erhält die Hochschule Ruhr West in Bottrop ein in städtebaulicher, funktionaler und wirtschaftlicher Sicht optimales Gebäudeensemble. Die Ausbildung der Fassaden in Verbindung mit der gezielten Zurschaustellung von Technikelementen schafft eine eigenständige und selbstbewusste Identität im Bottroper Stadtbild. Alle Funktionsbereiche sind durch das Konzept der gereihten Zeilen und dem abschließenden Kopfbau gut organisiert und auf kurzen Wegen durch den zentralen Boulevard der Kommunikation untereinander vernetzt. Die klare Baustruktur in Verbindung mit einfachen Grundrissen garantiert sparsame Investitionskosten und einen wirtschaftlichen Betrieb, sowie eine Realisierung in zwei Bauabschnitten.
Bottrop erhält mit dem Neubau der Hochschule Ruhr West ein öffentliches Gebäude, das als Identität stiftender Ankerbau die Innenstadt mit dem heterogenen Wohngebiet verbindet.


Fassadenreinigung

Da eine Fassadenbefahranlage bei der vorliegenden Gebäudehöhe nicht wirtschaftlich erscheint, wird eine Fassadenreinigung mit Hubsteigern, in Bereichen geringer Höhe, 6 bis 8m, aus dem Stand oder mit Rollgerüsten, vorgeschlagen.

Vorteil:
- Reinigung kann an mehreren Stellen gleichzeitig erfolgen
- Keine fest mit dem Gebäude verbundenen Einbauten
- keine TÜV-Abnahme und TÜV-Abstimmung erforderlich
- Keine jährlichen Wartungskosten
- Keine optischen Beeinträchtigungen durch Konsolen, Führungsschienen etc.
- Keine Anschaffungskosten / Investitionskosten
- Keine Dachdurchdringungen

- Die Hubsteiger müssen nicht wie Befahranlagen das ganze Jahr vorgehalten werden, sondern werden immer nur bei anstehender Fassadenreinigung angefordert.


Schallschutz gegen Außenlärm

Das Bebauungsgelände ist durch die Verkehrsgeräuschimmissionen der Hans Sachs-Straße und der Lützow-Straße sehr stark belastet. Die Gebäuderiegel und deren Querverbindungen ermöglichen eine bestmögliche Abschirmung vor den Verkehrsgeräuschen verkehrsreichen Straßen. Damit können möglichst viele der schutzbedürftigen Aufenthaltsräume zu der lärmabgewandten Gebäudeseite orientiert werden. Dies sind insbesondere die Labore und Büros. Aufgrund der Orientierung dieser schutzbedürftigen Lehr- und Aufenthaltsräume auf den lärmabgewandten Gebäudefassaden kann auf aufwändige Schallschutzmaßnahmen verzichtet werden.
Einige wenige, tagsüber genutzte Räume, wie z. B. Multifunktionsräume, Teeküchen, Projekträume und Besprechungszimmer, werden an den Fassaden der Hans-Sachs-Straße ange¬ordnet. Der Schallschutz gegen Außenlärm erfolgt passiv mit entsprechenden Schallschutzfenstern. Bei diesen nur tagsüber und zeitlich begrenzt genutzten Räumen kann eine Stoßlüftung über die Fenster erfolgen.
An der Fassade der Lützow-Straße sind an den lärmzugewandten Fassaden¬berei¬chen ebenfalls nur untergeordnete Nutzungen, wie beispielsweise Medienstellflächen, Großraumbüros und Servicebereiche untergebracht. Bei diesen Räumen können höhere Geräuschpegel durch die von außen eindringenden Verkehrsgeräusche zugelassen werden. Ein zeitlich veränderliches Geräusch entspricht den menschlichen Hörgewohn¬heiten und kann insbesondere in diesen Aufenthaltsbereichen sogar als Verdeckungs¬geräusch zur Vermeidung der Übertragung von informationshaltigen Gesprächsinhalten eingesetzt werden.