modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 12/2010

Entwicklung des olympischen Dorfes und des Mediendorfes für die Olympischen und Paralympischen Winterspiele 2018 in München

5. Preis / Städtebau und Landschaftsarchitektur

Preisgeld: 5.000 EUR

steidle architekten, Gesellschaft von Architekten und Stadtplanern mbH

Architektur

Auböck + Kárász Landscape Architecture Design

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Erläuterung

Städtebau
Die Konzeption des Olympiageländes von 1972 am Oberwiesenfeld als gestaltete Parklandschaft, in deren Topographie die großmaßstäblichen Gebäude räumlich und formal integriert sind bestimmt in hohem Maße unseren Entwurfsvorschlag. Insbesondere die nach allen Seiten hin offene Haltung, zur Stadt, zum Ring, zu den benachbarten Stadtbereichen bestimmt die Qualität dieser Stadtlandschaft. Grenzen durch Lärmschutzwälle, Lärmschutzbebauungen und andere Hindernisse wurden konsequent durch eine geschickte Situierung der jeweiligen Funktionen vermieden und somit ein wunderbares Maß an Transparenz erreicht.

Unser Vorschlag für das Olympische Dorf setzt hier an und führt das Prinzip des offenen und großmaßstäblich zusammenhängenden „olympischen Raumes“ konsequent fort. Der bestehende Olympiapark wird aus der bestehenden Konfiguration heraus weiter bis hin zur Dachauer Straße im Westen entwickelt. Die südliche Raumkante des Parks wird durch die Komplettierung der Bebauung um den ehemaligen Exerzierplatzes mit den bestehenden denkmalgeschützten Militärbauten gebildet (Wohnregal), im nord-westlichen Bereich durch die dichte raumbildende Bebauung des Kerngebietes auf dem Bundeswehrgelände. Zur Dachauer Straße hin bleibt der Park offen und ermöglicht so eine direkte und bisher in dieser Form nicht existente Integration und Zugänglichkeit des Olympiaparks in das urbane Gefüge der Stadt.

Die Bauten des Olympischen Dorfes selbst stehen in der Kontinuität der Gebäude der Olympiaparkarchitektur als Solitäre im Landschaftsraum, dessen Charakteristik hier durch die bestehende Baumbepflanzung bereits stark vorgeprägt ist. Das Olympische Dorf ist nicht nur eine reine Bauaufgabe die es zu lösen gilt sondern es ist gleichzeitig eine der wichtigsten Visitenkarten für die Winterspiele. Das Bild des Dorfes wird weithin wirken und für lange Zeit im Stadtbild als Symbol für die Ausrichtung der Winterspiele 2018 stehen. Welche Bedeutung und Wirkung die bauliche Gestaltung einer herausragenden Aufgabe wie Olympia auf die Bildung von Identität und Selbstbewusstsein einer Stadt hat kann man nicht zuletzt am Beispiel der Münchner Olympiabauten selbst ablesen. Die Inkunabel des modernen, weltoffenen und fortschrittlichen Münchens ist das Olympiagelände, dessen faszinierende Wirkung bis heute ungebrochen ist.

Dementsprechend ist es nicht vorstellbar in direkter Nachbarschaft zum zukünftigen Olympischen Dorf einer untergeordneten Einrichtung der Landesverteidigung aus einem Problem des Flächennachweises heraus deutlich profilüberragende Gebäude zu ermöglichen während sich das Olympische Dorf im benachbarten Wald versteckt. Gleichzeitig wird durch die angefertigte Höhenstudie deutlich, dass in diesem Stadtumfeld hohe Häuser nicht nur vertretbar sondern auch sinnvoll sind. Eine Verschiebung der Hochpunkte in das Gebiet des Olympischen Dorfes hinein ist die Konsequenz.

Es können sich somit zwei Aspekte verbinden: Die Zeichenhaftigkeit des Turmes in der Stadt mit der Solitärbebauung des gesamten Olympiaparks. Durch das vertikale Stapeln der Baumasse wird die Durchlässigkeit und Transparenz des Olympiaparks ermöglicht und verstärkt während gleichzeitig ein Gebäudeensemble geschaffen wird das seiner gesamten Ausprägung ein hohes Maß an Erkennbarkeit und Identität besitzt. Olympia 2018 wird als weithin sichtbares Zeichen im Stadtbild verankert und damit elementarer Bestandteil des Stadtgefüges.

Die gestapelten Häuser werden in unterschiedlicher Höhe ausgeführt und in freier Anordnung im Park angesiedelt, sodass der Eindruck eines bewegten Ensembles entstehen kann. Nicht das einzelne grandiose Haus sondern die Stadt der olympischen Häuser ist das Ziel. Durch das Abfallen der Höhen hin zu den Rändern wird das Ensemble in den Übergang zwischen Stadtraum und Stadtlandschaft hinein modelliert. Der große Abstand der Gebäude zur Dachauer Straße schafft sowohl einen parkbetonten Übergang als auch genügend Abstand um auf Lärmschutzmaßnahmen außerhalb der Gebäude verzichten zu können.

Die Architektur der Wohntürme wird stark körperhaft ausgebildet. Im Bereich über den Bäumen umhüllt ein umlaufendes, einfach verglastes Balkonband das Gebäude. Hierdurch entstehen wohnungsbezogende Außenbereiche mit hoher Aufenthaltsqualität, insbesondere der Schutz vor dem Wind wird durch die zweite Haut gewährleistet. Die Fassadenöffnungen in der tragenden massiven Wand werden sparsam gesetzt, in Kombination mit der stehenden Luftschicht im Fassadenzwischenbereich erreicht der Turm Passivhaus Standard. Die Energiepaneele werden ebenfalls in die äußere Fassadenschicht integriert. Die Erschließung des Gebäudes erfolgt über ein innen liegendes druckbelüftetes Treppenhaus, das gleichzeitig die Aussteifung des Gebäudes übernimmt. Die Grundrisse im nahezu stützenfreien Raum können flexibel zwischen 2, 4 und 5 Wohnungen variiert werden. Gestaltung siehe Mediendorf.
Im Zusammenspiel mit dem stark horizontal lagernden Bau für die temporären Nutzungen wie Olympic Village Plaza, Welcome Plaza, Operational Zone, Sports Facilities etc. entsteht eine spannungsreiche Anlage in welcher das Olympische Schauspiel stattfinden kann. Teile der temporären Nutzungen werden in den unteren Geschossen der Wohntürme nachgewiesen. Die macht einerseits funktionalen Sinn, andererseits wird hierdurch der temporäre Aufwand stark reduziert. Nach den Spielen können dann auf in diesen Bereichen Wohnungen entstehen.

Die temporären Nutzungen des Olympischen Dorfes werden in einer sehr klaren und räumlich wirksamen Figur zusammengefasst. In ein Stützenfeld von 340x80m auf der Basis einer Konstruktion deren Vorbild ein Hopfenfeld ist werden die unterschiedlichen Funktionen kompakt gefasst und zu einem ähnlich starken Element herausgebildet wie das Turmensemble. Somit ordnet sich dieser Bereich trotz seiner Kurzlebigkeit zu den großen Einzelobjekten wie Olympiastadion, Olympiahalle etc. der Gesamtanlage ein. Nach den Spielen kann dann geprüft werden in wie weit diese Figur Tollwood Nutzungen aufnehmen kann und dadurch einen eventuell längere Stadtzeit erreichen kann. Größere Zelte könnten dann temporär hinzukommen. Im Falle einer Nichtnutzbarkeit für diesen Fall bleiben zwei Stützenreihen als Pergola stehen und erinnern als Park-Folie an die ursprüngliche Nutzung.

Im Wohnregal entlang der denkmalgeschützten Bauten bildet sich das Programm des öffentlich geförderten Wohnungsbaus ab. Um die kommunikativen Treppenwege herum, zu denen die einzelnen Wohnungen auch kleine Fensteröffnungen haben, orientieren sich die kleinen Wohnungen ausschließlich nach Süden, die großen Wohnungen werden durchgesteckt. Eine über die gesamte Wohnungsbreite führende Loggienzone bildet im Sommer einen konstruktiven Sonnenschutz und bietet auch kleinen Wohnungen eine sehr hohe Außenraumqualität. Die Fassade zeichnet das Grundraster der Wohnungen nach, der Aufbau entspricht der Fassade des Mediendorfes (siehe unten)

Das Mediendorf wird als Vervollständigung der bereits angelegten Bebauung entwickelt. Die drei Baukörper mit großzügigen Innenhöfen fügen sich in ihrem Maßstab und Höhenentwicklung in das Stadtgefüge ein, bilden jedoch durch ihre differenzierte Geometrie und architektonische Ausbildung einen eigenständigen, ablesbaren Baustein. Auch in diesem Bereich wird der Olympiapark offen bis hin zur Schwere-Reiter-Straße geführt, die Bebauung besetzt nicht die gesamte Baufeldtiefe.

Die gewerbliche Nutzung ist in den südlichen Baukörper entlang der Straße integriert, und schafft so den notwendigen Schallschutz für die Wohnungen. Die Wohnhöfe werden über 2 großzügige, in der Diagonalen angeordnete Durchgänge erschlossen und sind für die Öffentlichkeit zugängig.

Zwischen den Häusern entstehen öffentliche Freiflächen , die eine Verbindung des angrenzenden Wohnquartiers mit dem Park ermöglichen, und als Fortsetzung des angrenzenden Parks interpretiert werden.

Geplant ist ein vielfältiges Wohnungsangebot von 2, 3, und 4-Zimmer-Wohnungen, sowie einzelnen 5-Zimmer-Wohnungen an den Gebäudeecken. Auf eine ökonomische Erschließung der Wohnungen wurde dabei Wert gelegt. Charakteristisch sind durchgesteckte Wohnungen, die über große eingezogene Loggien zu beiden Wohnseiten verfügen. Diese 2-seitige Orientierung ermöglicht einen differenzierten Außenraumbezug, vom Hof zum Park, oder vom Hof zum Wohnweg, je nach Wohnlage.

Die Fassaden sind als 2-schalige, hinterlüftete Konstruktion vorgesehen. Die äußere Schale besteht aus großformatigen Faserzementplatten, die eine differenzierte Farbgestaltung ermöglichen, und als besonders nachhaltig angesehen werden. Die Farbgestaltung bildet bewusst nicht die Gliederung der Wohnungen ab sondern entwickelt sich als freies Spiel aus farbigen Flächen und horizontalen Bändern. In den Wohnhöfen ist die Farbigkeit deutlich zurückhaltender und beschränkt sich auf eine Farbe der Palette sowie die Töne weiß und grau.

Mitarbeit: Matthias Löhlein, Patrick Sill, Ulrike Anzenberger, Sonja Lundquist, Jan Kretschmer, Simone Maniscalco, Audrey Shimomura, Wolfgang Staudt, Hermann Kohloeffel

Beurteilung durch das Preisgericht

Dorf Signifikanz und Wahrnehmbarkeit im Stadtraum. Die Wohntürme sind in eine baumgeprägte Parklandschaft eingestellt und lassen einen offenen transparenten Freiraum entstehen. Das markante Raumensemble wird durch zwei klare Baukanten gefasst: Im Südwesten das „Wohnregal“ mit 6 Geschossen und im Nordosten die 5 Büroblöcke mit 7 Geschossen. Diese Kerngebietszone ermöglicht eine gute Teilbarkeit in verschiedene Nutzer, wenngleich eine Herausbildung besonderer Orte nicht erfolgt.
Alle sehr wertvollen Bestandsbäume können erhalten werden. Hainartige Baumstrukturen ergänzen zudem den Bestand. Dieser städtebaulichen Anordnung gelingt es, den Olympiapark bis zur Dachauer Straße erlebbar und gut zugänglich zu machen. Diese Offenheit und Durchlässigkeit ist allerdings mit Nachteilen beim Lärmschutz erkauft. Der straßennahe Freiraum und die ersten Wohnhäuser sind dem Straßenlärm schutzlos ausgesetzt, da nur im Nordost-Bereich eine abschirmende Bebauung vorgesehen ist.
Wesentliches Gestaltungsmerkmal der Parklandschaft ist eine vom Nymphenburg-Biedersteiner-Kanal ausgehende lang gezogene Wasserfläche. Das Tollwood-Gelände bedarf einer differenzierten Gestaltung.
Die Erschließung des Olympischen Dorfes ist extrem reduziert: Das autofreie Gebiet wird durch Fußwege erschlossen, die vorgelagerte große Tiefgarage kann nur „rechts rein – rechts raus“ erreicht werden und die Ampelkreuzung Dachauer Straße / Hedwig-Dransfeld-Allee bleibt ungenutzt. Besonders problematisch ist die unzureichende Erschließung der Büronutzungen im Nordosten.
stellt der Vorschlag von 8 Wohntürmen im offenen Parkraum ein interessantes Konzept für ein olympisches Dorf dar, das vom Preisgericht als tragfähige städtebauliche Lösung gewürdigt wird.
Das Wohngebiet ermöglicht eine flächenmäßig großzügige Unterbringung der Athleten/-innen, wie wohl im Sinne des olympischen Gedankens die zwei unterschiedlichen Wohnqualitäten (Wohnturm-Wohnregal) als ungünstig gelten müssen. Einzelne Funktionen des Technical Manuals sind nicht exakt nachgewiesen, aber im Kontext leicht unterbringbar. Die etwas dezentrale Verortung der Dining Hall könnte in der weiteren Bearbeitung verbessert werden. Der Lärmschutz an der Dachauer Straße muss verbessert werden.
Für die Unterbringung des Großteils der Sportler im Olympischen Dorf wird eine zeichenhafte Gebäudeform gewählt. Die Solitärtürme im Park werden von der Jury für ihre markante Bauform und effiziente Organisation gewürdigt. Das innen liegende Treppenhaus ist als dunkle Haupterschließungsfläche nicht sehr einladend, ermöglicht jedoch flexible und überzeugende Gliederungsmodule. Der Typus 4-Spänner ist sowohl im olympischen wie postolympischen Modus überzeugend, da die Hauptaufenthaltsbereiche sich in jeweils zwei Himmelsrichtungen orientieren können. Die 6-Spännerlösung ist nur in wenigen Türmen sinnvoll, da sonst zu viele ausschließlich nordorientierte Einheiten entstehen. Die Ausbildung der vorgelagerten Wintergartenzone oberhalb der Baugrenze ermöglicht das Wachsen und Schrumpfen des Wohnraumes und macht die Schwelle zum ungebenden Grünraum erlebbar. Die Überlagerung der Fassade mit Solarpanelen in der Außenhaut ist ohne Einschränkungen für die Nutzung nicht möglich.
Die bewusste Ausbildung einer weiteren Bauform für einen Teil der Sportler entspricht nicht der Idee eines gleichwertigen Wohnangebotes. Die Probleme der Außengangerschließung sind in der gewählten Gebäudetiefe schwer lösbar und sind insbesondere für die postolympische Nutzung kaum realisierbar.
Im Mediendorf antworten die drei Großblöcke auf das städtebauliche Spannungsfeld von klassischer Rundplatzanlage und offenem Parkzugang nicht wirklich überzeugend, allerdings wird ein separater südlicher Parkzugang neben der Tramschleife angeboten. Die soziale Infrastruktur wird mit drei Kindertagesstätten an plausiblen Standorten gut nachgewiesen.
Das Projekt berücksichtigt überwiegend die Forderungen der Nachhaltigkeit. Die Punkthochhäuser sind sehr kompakt; allerdings trägt die Doppelfassade zu einem erhöhten Ressourcenaufwand in der Erstellung bei. Zudem ist sie nicht nach Himmels-richtungen differenziert. Der Energiebedarf liegt im mittleren Bereich.
In Folge der geringen Solartechnikflächen in Dach und Fassade basiert die Versorgung der Gebäude auch auf Fernwärme; die Forderungen nach dem Plusenergiestandard sind ohne maßgebliche Projektänderungen nicht realisierbar.