modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 12/2010

Freiräume an der Akademie Jüdisches Museum Berlin

Anerkennung

club L94

Landschaftsarchitektur

mvm+starke

Architektur

Erläuterungstext

Situation
Der Arbeitsbericht „Südliche Friedrichstadt“ sieht den südlichen Teil der Berliner Friedrichstadt als ein Gebiet mit Weiterentwicklungsbedarf. Dem Bereich um die ehemaligen Blumengroßmarkthalle zwischen Friedrich- und Lindenstraße mit dem angrenzenden Besselpark wird dabei eine städtebauliche Schlüsselfunktion zugesprochen. Unter Anderem werden Ziele wie der Aufbau einer Verbindung zwischen Friedrichstraße und Lindenstraße, eine stärkere räumliche Fassung des Besselparks sowie die Dokumentation des Normal-Höhepunktes von 1879 an der ehemaligen Sternwarte formuliert.
Die Umnutzung der Blumengroßmarkthalle durch das Jüdische Museum Berlin in eine Akademie als eines der wichtigsten Forschungs-und Bildungszentren zur Geschichte und Kultur des deutschsprachigen Judentums erfüllt ein weiteres Ziel des Arbeitsberichtes, den Standort südliche Friedrichstadt als Wohn- und Arbeitsort inmitten gesamtstädtisch bedeutender Kultureinrichtungen zu stärken. Die mit der Umnutzung einhergehende städtebauliche Neuordnung des Areals sieht als Schlüsselmaßnahme zur Aufwertung des öffentlichen Raumes eine Platzfolge um die Halle vor, die eine verbesserte Durchlässigkeit des Raumes zum Ziel hat und ein Scharnier zum benachbarten Jüdischen Museum und den angrenzenden Stadtquartieren darstellt.

Konzept
Dem freiraumplanerischen Konzept für die Platzabfolge an der Akademie und dem neuen Stadtquartier zwischen Friedrichstraße und Lindenstraße liegt das formulierte Ziel eines hochwertigen öffentlichen Raumes mit übergeordneter Verbindungsfunktion und verbesserter Durchlässigkeit zugrunde. Ein einheitlicher Belag für alle befestigten Flächen des neuen Quartiers stiftet Identität und verbindet die zwei Platzflächen mit den angrenzenden Bereichen. Die durch ihren baulichen Rahmen heterogenen Platzräume sollen als eine zusammenhängende Fläche erkennbar werden. Das Anheben des jeweiligen mittleren Platzbereiches und seine Rahmung durch eine Treppenanlage verleiht den Räumen eine klare Struktur. Die Treppenanlagen bilden eine Barriere für den motorisierten Verkehr, ermöglichen aber gleichzeitig eine maximale Durchlässigkeit für Fußgänger und Radfahrer. So entsteht ein Ort, der sich zu den angrenzenden Bereichen öffnet, gleichzeitig die Sicherheitsanforderungen des Museums berücksichtigt und durch seine zurückhaltende aber identitätsstiftende übersichtliche Gestaltung einen gebührenden Rahmen für die neue Architektur von Daniel Libeskind bildet.

Entwurf
Mit Hilfe des Dreiecks als formales Element werden drei Themenkomplexe, die das Quartier historisch sowie aktuell beeinflussen aufgenommen und stilisiert. Das Dreieck als abstrakte Form wird als Gestaltungsmittel verwendet und verleiht dadurch dem Platz eine eigene Identität.
- Als Teil des Davidsterns nimmt es das Thema Jüdische Kultur auf und stellt damit einen Bezug zur neuen Nutzung der Halle durch die Akademie des Jüdischen Museums her.
- Nicht nur im Davidstern, sondern auch in der symbolischen Darstellung eines Sterns als Himmelskörper verbirgt sich das Dreieck und erinnert somit auch an den historischen Standort der Berliner Sternwarte.
- Letztendlich bildet das Dreieck die Grundlage eines Vermessungsnetzes zur Landesaufnahme mithilfe des mathematischen Prinzips der Triangulation und greift auf diese Weise das Thema der Preußischen Landesvermessung und ihrem Normal-Höhepunkt auf.
Ein netzartiges Raster aus dreieckigen großformatigen Betonplatten bildet den Teppich, auf dem das Akademiegebäude steht, und der über die Platzgrenzen hinaus dem Quartier seine neue Identität verleiht. Aus diesem Grundraster entwickeln sich die Ausstattungselemente des Platzes. Kleine Sitzgruppen aus dreieckigen Beton-Hockern bieten den Besuchern und Nutzern der Akademie die Möglichkeit zum Verweilen, zum Ausruhen, dienen als Treffpunkt oder laden zum Beobachten des Treibens auf dem Platz ein. Im Bereich der Zufahrten bilden, z.T. versenkbare, dreieckige Poller aus Stahl einen massiven Anfahrschutz. Fahrradständer in Dreiecksform werden in Gruppen aus 5-6 Bügeln an den Platzrändern verteilt. Zusammen mit den Sitzgruppen und den Masten zur Beleuchtung und Sicherheitsüberwachung bilden sie eine Reihe aus Ausstattungselementen, deren Anordnung entlang der Randbebauung zusammen mit den Treppenanlagen die offene Platzmitte betont und eine klare Raumaufteilung erreicht.
Die Markierung des Preußischen Nullpunktes erfolgt ebenfalls in Anlehnung an das Belags-Grundraster. Eine sechseckige Säule aus Stahl hebt sich an der Stelle aus dem Boden, an der der nördliche Flügel der ehemaligen Sternwarte den Normal-Höhepunkt des preußischen Vermessungswesens aufnahm. Auf der Oberfläche der Säule wird mit einer Inschrift an diesen geschichtlich bedeutsamen Punkt erinnert.
In Anlehnung an die Holzverkleidung des zukünftig den Platz dominierenden Einganskubus von Daniel Libeskind könnte die Farbgebung der Materialien auf dem Platz in warmen erdfarbenen Tönen gehalten werden. Der Beton des Platzbelags und der Sitzobjekte in hellen Beige-Nuancen erzeugt ein freundliches und einladendes Bild. Das Metall der Absperrpoller, Masten, Fahrradbügel und der Markierung des Preußischen Nullpunktes in Messing-Optik setzt besondere Akzente.
Zur Steigerung der Aufenthaltsqualität auf dem Platz und als Ergänzung des bestehenden Schnurbaums werden weitere Schnurbäume locker über den Platz verteilt. Sie verleihen dem Platz mit ihrem malerischen Wuchs und auffälligen gelben Herbstfärbung eine besondere Atmosphäre.

Besselpark
Die heutige Gestalt des Besselparks weist durch seine unvollständige Umsetzung verschiedene funktionale, gestalterische und vor allem räumliche Defizite auf. Zur Weiterentwicklung und Aufwertung des Parks wird im vorliegenden Entwurf auf die ursprüngliche Planung von Halfmann Zillich und Liefke zurückgegriffen. Vordergründig ist dabei die räumliche Fassung ergänzend zur neuen städtebaulichen Situation. Dazu wird der vorhandene Baumbestand größtenteils aufgegriffen und ergänzt, um die Ränder des Parks zwischen Friedrich- und Markgrafenstraße mit einem rechtwinkeligen Baumrahmen zu fassen. Die Parkmitte wird wie im ursprünglichen Entwurf freigelassen, hier bietet eine großzügige Wiesenfläche Raum für verschiedene Freizeitaktivitäten. Die Fläche unter den Bäumen, mit einer wassergebundenen Decke belegt, verleiht dem Ort den Charakter einer Parkpromenade, die die Anwohner des Quartiers zum Flanieren einlädt. Auf der Fläche verteilte Parkbänke und kleine Spielgeräte ergänzen das Freizeitangebot.
Die neue Wegeführung im Park entwickelt sich aus den geplanten städtebaulichen Gegebenheiten heraus. Zwei Ost-West Verbindungen und, zusammen mit der Enckestraße, drei Nord-Süd Verbindungen ermöglichen eine optimale Erschließung und eine gute Anbindung an die Platzfolge an der Akademie.
Die Grünfläche vor dem Kreuzberg-Tower bekommt einen eigenständigen Charakter. Sie steht in enger Beziehung zum Gebäudeensemble und soll deshalb in Erinnerung an den Architekten John Hejduk in seiner Formensprache gestaltet werden. Die Zufahrt zur Tiefgarage erfolgt künftig von der Charlottenstraße.

Querung Lindenstraße
Für die räumliche und funktionale Verknüpfung zwischen der Akademie und dem Jüdischen Museum ist eine klare und sichere Querung der Lindenstraße wesentlich. Um den räumlichen Zusammenhang zwischen den Gebäuden über die Trennung der Straße hinweg herzustellen, sieht der Entwurf die Weiterführung des dreieckigen Belagsrasters auf dem Mittelstreifen und dem Vorbereich des Kollegiengebäudes vor. Darüberhinaus sollen die dreieckigen Poller zum Anfahrschutz entlang der Lindenstraße auf der Seite des Jüdischen Museums fortgeführt werden. Die fußläufige Querung mit Lichtsignalanlage in Ergänzung zur Querung an der E.T.A.-Hoffmann-Promenade könnte am nördlichen Platzrand erfolgen. Denkbar wäre auch statt zwei getrennten Überwegen, die für den Verkehrsfluß auf der Lindenstraße problematisch sein könnten, nur einen großzügigen lichtsignalgesteuerten Überweg über die volle Breite des Platzes auf die andere Seite zu führen. Gerade zu Besuchs-Stoßzeiten des Jüdischen Museums und der Akademie könnte diese Lösung eine bequeme und sichere Querungsmöglichkeit der Lindenstraße darstellen. Die Markierung der Querungsfläche könnte statt aus den herkömmlichen Streifen auch aus Dreiecken im Belag bestehen, die wie eine Spur aus kleinen Trittsteinen über die Straße führen. Auf diese Weise würde auch der Straßenraum als Teil der Platzabfolge wahrgenommen werden und eine verstärkte optische Verbindung zwischen den Einrichtungen Akademie und Museum entstehen.