modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 08/2011

Erweiterung Württembergische Landesbibliothek Stuttgart

Ansicht von Konrad-Adenauer-Strasse, © wulf & partner I Visualisierung: Prof. Horst Sondermann, Stuttgart

Ansicht von Konrad-Adenauer-Strasse, © wulf & partner I Visualisierung: Prof. Horst Sondermann, Stuttgart

2. Preis

wulf architekten

Architektur

Erläuterungstext

Die drei wichtigsten Konzeptideen sind:

1. Die urbane Ausformung des Hangfußes
2. Die Präsenz der Bibliothek als Kulturbau im Straßenraum
3. Die Funktionseinheit von Bestandsgebäude und Erweiterung bei weitestgehendem Erhalt des Bestandes – auch der Tiefgarage.


Städtebauliche und topografische Einbindung

Der Hangfuß wird entsprechend der Idee von James Stirling als bauliche Kante mit Hochbord für Fußgänger fortgeführt. Im Bereich des neuen Haupteingangs zur Bibliothek wird diese Kante durch eine großzügige Treppenanlage unterbrochen.

Die Brücke über die Ulrichstraße landet auf einem kleinen Platz, der sich in urbaner Manier entlang der Kulturmeile fortsetzt und vor dem markanten bestehenden Lesesaalkörper aufweitet. Dieser Ort in der Seitenachse des Neuen Schlosses soll durch eine Großskulptur beim Eingang zur Bibliothek akzentuiert werden.

Von hier aus setzt sich das Hochbord fort bis zum Wilhelmpalais, bzw. hangaufwärts als urban gestaltete Treppenanlage zur Urbanstraße.

Zusätzlich wird auf Straßenniveau der aus Richtung Staatsgalerie kommende Fuß- und Radweg als Allee fortgeführt.

Der Erweiterungsbau der Bibliothek zeigt sich als zweiteiliger hangparalleler Baukörper, der die Bauflucht von den Stirling-Kopfbauten und dem Staatsarchiv aufnimmt und damit den Straßenraum fasst.

Die Zweiteilung entspricht der inneren Struktur der Bibliothek mit Magazin- und Lesebereich. Der neue Lesebaukörper „schwebt“ über dem Hochbord und öffnet sich in angemessener Form Richtung Schlossgarten. Durch das seitliche Vorschieben Richtung Charlottenplatz und City geht er einen baukörperlichen Dialog mit dem bestehenden markanten Lesesaalkörper ein. Altbau und Neubau verstehen sich bezüglich Baufigur und Materialität als Einheit.


Gebäude und Funktionalität

Der Entwurf geht von der Maxime aus, möglichst keine Eingriffe in das später zu sanierende Bestandsgebäude vorzunehmen und die Tiefgarage zu erhalten. Der schwere Magazinbaukörper folgt der Tragwerksgeometrie der Tiefgarage und erhält einen leichten Rucksack, der über einen schmalen Streifen des vorhandenen UG-Magazins schwebt. Der Lesebaukörper ruht mit seinen tragenden Längswänden auf lediglich zwei Kernen, die den straßenseitigen Teil der Tiefgarage durchstoßen.

Das Konzept der Zweiteilung ist Abbild der Funktionsweise der neuen Bibliothek.
Der neue Eingang liegt repräsentativ vorn an der Kulturmeile. Im Erdgeschoss auf Ebene des Hochbords befinden sich ausschließlich attraktive öffentliche Nutzungen wie Buchmuseum und Vortragssaal. Über eine breite forumartige Treppe wird der Besucher ins Zentrum der Gesamtanlage geführt, wo im 1. OG die Leihstelle situiert ist. Von hier aus sind die Freihand-Magazine, der Lesebereich und der vorhandene große Lesesaal direkt angeschlossen.
Ohne nennenswerte Eingriffe in das Bestandsgebäude werden hier die Funktionen des Neubaus mit denen des Bestands zu einer Funktionseinheit verbunden.
Über ein großzügiges internes Foyer auf Ebene +6,50 werden die beiden Lesebereiche sowie der Freihandbereich miteinander verknüpft.
Die bestehende Buchtransportanlage wird durch zwei neue Vertikalerschließungen im Bereich der neuen Leihstelle sowie im Freihandbereich ergänzt. Somit ist auch die Anbindung der Erweiterungsflächen für das geschlossene Magazin an die bestehenden Magazinflächen gewährleistet.
Die vorhandene Buchförderanlage im Bereich der bestehenden Leihstelle kann weiterhin für die Bestückung der Selbstabholregale sowie für Bereitstellung der Bücher für den Lesesaal genutzt werden.
Die bestehenden Foyerflächen auf Ebene +6,50 werden zukünftig für Selbstabholung und Rechercheplätze genutzt.
Die Buchsicherungsanlage befindet sich im Übergang zwischen den Ebenen +6,50 und +3,70. Auf Ebene +3,70 liegen auch sehr zentral und in unmittelbarer Nähe, die der Leihstelle zugeordneten Büroflächen.

Aufgrund der klaren geometrischen Gliederung in die Funktionsbereiche fällt die Orientierung für den Besucher leicht. Das Freihand-Magazin ist in mehreren Ebenen gestapelt, die oberste bildet das zuschaltbare geschlossene Magazin.

Über transparente Brücken wird die Verbindung zum neuen Lesebereich hergestellt, der sich in den Straßenraum exponiert. Aufgrund seiner innenräumlichen Großzügigkeit mit zwei Galerieebenen und der schützenden Wirkung der als Lichtfilter ausgeklügelten Fassade entsteht eine konzentrierte und inspirierende Raumatmosphäre. Diese beruht auf der Ambivalenz von Exponiertheit und Geschütztheit, man kann sich einerseits ohne Ablenkung auf seinen Lesestoff konzentrieren und anderseits den Blick gezielt in den Schlossgarten und den Stuttgarter Talkessel richten.


Fassade und Materialität

Während der Sockel die Materialität der Stirling-Bauten aufnimmt, sucht der Erweiterungsbau die Nähe zum Bestandsbau. Er nimmt die Kupferbekleidung von Lesesaalkörper und den Dächern thematisch auf und transformiert sie in eine zeitgemäße Architektursprache.
Der Magazinbau soll mit schweren großformatigen Tafeln aus einer Kupferlegierung bekleidet sein, die weniger nachdunkelt und eine leicht changierend schimmernde Wirkung hat. Dem gegenüber soll die Schaufassade des Lesebaukörpers bei der gleichen Farbwirkung des Materials die Eleganz vermitteln, die man von einem guten Kulturbau erwartet. Darüber hinaus soll sie eine filigrane Plastizität entwickeln, die im Dialog mit dem Altbau eine spannende Gesamterscheinung ergibt.


Freianlagen

Das stadträumliche Bild der Konrad-Adenauer-Straße ist geprägt durch die markante, straßenbegleitende Raumkante öffentlicher Gebäude auf einer zweiten, erhöhten Erschließungsebene auf der Ostseite des Straßenzuges.
Durch weitere Nachverdichtung mit dem Erweiterungsgebäude auf der Fläche der Landesbibliothek wird diese Raumkante in ihrer Bedeutung gestärkt. Das städtebauliche Gestaltungsprinzip wird durch diesen Abschnitt als durchgängiges, stadträumlich prägendes Element von der Neuen Staatsgalerie bis zum Wilhelms-Palais neu erlebbar.
Die von Stirling initiierte konzeptionelle Ordnung des Wegenetzes, der städtischen Räume und Plätze in Verbindung mit Terrassen - Treppen und breiten Wegen von Neuer Staatsgalerie, Kammertheater, Haus der Geschichte und Musikhochschule wird aufgegriffen und in ihrer Bedeutung als dynamische bespielbare Kultur-Räume gestärkt.

Die erhöhte Hauptwegeachse der Museumslandschaft wird über den Steg der Ulrichstraße hinaus zur Landesbibliothek Richtung Charlottenplatz verlängert und weitergeführt. Übereinstimmend mit der Belagskonzeption der Museumsterrassen setzt sich der großformatige Plattenbelag aus Muschelkalk selbstverständlich fort und mündet in einen großen verkehrsfreien Eingangsplatz und eine Aussichtsterrasse vor der neuen Landesbibliothek.

Der freigelegte Sockel der Tiefgarage der Landesbibliothek wird entsprechend den östlichen Parkgaragen der Museen mit Natursteinplatten aus Weiler Sandstein und Cannstatter Travertin verkleidet.

Das Spiel mit den unterschiedlichen Ebenen innerhalb der Bibliothek setzt sich von innen nach außen fort. In direktem Bezug zum Foyer und Innenraum erstreckt sich eine großzügige Freitreppe, die eine direkte Anbindung an das Niveau der Konrad Adenauer Straße ermöglicht.
Die vorhandene zweite Erschließungsachse - der Rad- und Fußweg auf Niveau der Konrad Adenauer Straße - wird entlang der Landesbibliothek bis zur neuen Überquerung vor dem Hauptstaatsarchiv und dem Charlottenplatz fortgeführt. Die durchgängige Sequenz der östlichen Baumpakete als Filter zur stark frequentierten Hauptstraße wird fortgesetzt und betont als zweireihige Platanenallee die Kulturmeile in der räumlichen Ausdehnung.

Während die Anzahl von Verbindungen über die Konrad-Adenauer-Straße auf wenige Übergänge beschränkt bleiben wird, kann westlich der Landesbibliothek die Fusswegeverbindung zur Archivstraße hangaufwärts axiale betont ausgebaut werden.
Der neue Platz vor dem Lesesaal der Landesbibliothek stellt somit zukünftig nicht nur einen wichtigen Baustein in der Kulturmeile dar, sondern definiert eine wichtige räumliche Gelenkfunktion.
In zentraler Sichtbeziehung zu Schloss und Innenstadt wird das Entree der Neuen Landesbibliothek als eigenständiger kultureller Ort aus allen Blickachsen wahrnehmbar.


Tragwerksbeschreibung


Freihandbibliothek

Wirtschaftliche Ausführung als durchlaufendes, unterzugsloses Flachdeckensystem aus Stahlbeton ca. d = 35 cm mit Stahlbeton- bzw. Verbundstützen mit Stahlkern im Stützenraster ca. 6,75 x 3,75 – 7,50 m.
Die Decken kragen bis zu ca. 4 m aus. Die Aussteifung erfolgt durch Massivkerne und tragende Wandscheiben.





Lesebereich

Brückenartiges Haupttragwerk in Stahl-Verbundbauweise bestehend aus einer auskragenden Stahlbeton-Wandscheibe ca. d = 30 cm im rückwärtigen Bereich sowie aus einem Stahlfachwerkbinder in der Fassadenebene. Die Hauptspannweiten betragen ca. 21 bzw. 35 m bei Auskragungen von bis zu 9 m.
Ausbildung des Fachwerkbinders als Rautenfachwerk aus Rohrprofilen mit Stahlgußknoten.

Die Geschoßdecken werden feuerbeständig als Verbunddecken aus Walzträgern mit Kammerbeton im Verbund mit einer ca. 15 cm starken Betonplatte hergestellt. Die Galeriedecken werden entweder an Zwischenknoten angekoppelt oder über Hängestützen vom Dachtragwerk abgehängt.
Die weitere Lastabtragung, Gebäudeaussteifung sowie Aussteifung der auskragenden Wandscheibe erfolgt über 2 Stahlbetonkerne sowie über 2 Einzelstützen-Paare.


Gründung auf der bestehenden Tiefgarage

Es wird folgendes Vorgehen vorgeschlagen:
Durchkernen der gevouteten Stahlbeton-Massivdecken, Herstellung von Gründungskörpern unterhalb der bestehenden Bodenplatte im Düsenstrahlverfahren oder als Pfahlgründung, Herstellen von Stützen aus hochfestem Beton mit eingestelltem Stahlkern.
Ansicht Konrad-Adenauer-Strasse, © wulf & partner

Ansicht Konrad-Adenauer-Strasse, © wulf & partner

Grundriss EG, © wulf & partner

Grundriss EG, © wulf & partner

Schwarzplan, © wulf & partner

Schwarzplan, © wulf & partner