modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 01/2011

Neubau Förderschule Emotionale und Soziale Entwicklung auf der Bult

1. Preis

Preisgeld: 18.000 EUR

ahrens & grabenhorst architekten stadtplaner PartGmbB

Architektur

Torsten Schwarz Passivhauskonzepte GmbH

TGA-Fachplanung

Erläuterungstext

1. Städtebau / Entwurfskonzept

Die neue Schule reagiert im weiteren Umfeld auf vorhandene Maßstäblichkeit und städtebauliche Körnung: Von der Lindemannallee im Westen kommend und im räum-lichen Zusammenspiel mit dem DB-Netz-Gebäude bildet die neue Schule den Auftakt zum Gelände und vermittelt zwischen Großform und Solitären. Sie definiert eine prägnante und ruhige Kulisse hinter den großen Platanen aus. Gleichzeitig verengt sie den westlichen Zugang zum campusartigen Quartier entlang der Janusz-Korczak-Allee (Kinderkrankenhaus, Aegidiushaus, Teen Spirit Island) und schafft eine torartige Entreesituation. Das Quartier erhält eine klare, Identität stiftende stadträumliche Fassung.

Eingestellt in die vorhandene, parkartig baumbestandene Umgebung besetzt das Schulgelände ein rechteckiges Plateau - die „künstliche Lichtung“ - auf der alle Baukörper und Freiflächen der Schule als Ensemble angeordnet sind. Das dreige-schossige, 110m lange Schulgebäude begrenzt an der Nordwest-Grenze das Plateau und definiert unterschiedlich formulierte Außenräume: der großräumige zusammen-hängende Naturraum/Grünzug im Nordwesten steht im Kontrast zur belebten, artifi-ziell angelegten Nutzfläche des Schulhofes im Südosten. Schulgebäude, vorhandene und neue Sporthalle werden in ein präzise austariertes räumliches Spannungsverhält-nis gesetzt. Auf dem Plateau entstehen unterschiedliche Außenräume für die Nut-zung als Schul- und Erschließungshof, als Werkhof sowie für Sport- und Spielakti-vitäten.



2. Erschließung / Funktion / Gebäudetypologie

Der Haupteingang in das Schulgebäude liegt im südlichen Bereich an der Vorfahrt, ein zweiter Eingang erfolgt vom Schulhof. Gemeinschaftliche, halböffentliche Nut-zungsbereiche sowie Musik- und Werkräume befinden sich im Erdgeschoss. Die Jahr-gangsgruppen sind im 1. und 2. Obergeschoss untergebracht. Das kompakte, drei-bündig organisierte Gebäude wird in der Kernzone durch überdachte Hallen mit frei eingestellten Haupttreppen/Aufzügen erschlossen. Zwei unterschiedlich dimensionierte, grüne Innenhöfe sowie Medien-, Computer- und Bibliotheksräume gliedern die Ge-bäudestruktur. Das horizontale Erschließungssystem wird durch vielfältige Sicht-beziehungen und Innen-/Außenbezüge vernetzt.

Vorhandene und neue Sporthalle werden über den Schulhof sowie über einen Sei-tenzugang im Osten erschlossen. Eine bauliche Verbindung der Sporthallen ist über ei-ne überdachte Pergolenkonstruktion angedacht.


3. Pädagogik und Raum

Das Schulensemble versteht sich als eigenständiger und selbstbewusster Einzel-körper im städtebaulich-landschaftlichen und gesellschaftlichen Kontext. Dabei sorgt die Übersichtlichkeit der vielfach verwobenen und markant gegliederten Raumstruk-tur für eine einfache und gute Orientierung.

Gesetzte Raumeinheiten schaffen Geborgenheit und erzeugen Zuverlässigkeit. Ganzheit und Einzelförderung, Gesellschaft und Individuum, Agora und Cella, Natur und Mensch werden räumlich thematisiert und lassen Spielraum zur Entdeckung eige-ner Fantasiewelten. Natur und Landschaft werden in das Gebäude integriert - Archi-tektur mit einer „grünen Seele“ (harte Schale, weicher Kern) wird als pädagogi-sches Konzept verstanden: nach außen kraftvoll gefügt und verbindlich, im Inne-ren präzise Leichtigkeit. Das gemeinsame Haus - „unsere Schule“ - vermittelt durch architektonische Mittel Klarheit und Orientierung. Das Haus als Vorbild, eine Lernwelt mit Identität.



4. Außenanlagen

Der großzügige, Ruhe vermittelnde Charakter des platanenbestandenen Grünrau-mes im Nordwesten wird durchgängig herausgearbeitet, Untergehölze werden entfernt. Die fussläufige Wegeführung wird modifiziert. Der öffentliche Park ist die grüne Ku-lisse der Schule - bewusst nicht vorgesehen ist die schulische Nutzung der Fläche.

Das Plateau wird leicht von der natürlichen Geländeoberfläche angehoben und be-grenzt das genutzte Schulgrundstück. Die Oberflächenmaterialität folgt den nut-zungsbedingten Anforderungen. Versiegelte Flächen am Schul- und Werkhof, geglie-dert von grünen Inseln, Sitzmöglichkeiten, Einzelbäumen und Spielelementen. Unter-schiedliche Rasenflächen und durchlässige Beläge sind für Sport- und Spielaktivitäten vorgesehen.



5. Konstruktion / Material / Nachhaltigkeit

Das Gebäude ist in Stahlbeton-/Mauerwerk-Massivbauweise konzipiert. Tragende Außen- und Flurwände leiten die Lasten der einachsig gespannten Geschossdecken über Streifenfundamente in den Baugrund. Die Gebäudeausteifung erfolgt über innen-liegende Kerne und vereinzelt aus Stahlbeton ausgebildete Querwände. Zugunsten ei-ner größtmöglichen Flexibilität sind Klassen- und Raumtrennwände überwiegend nichttragend ausgebildet.

Die Fassaden bestehen aus vorgehängten, durchgefärbten Betonfertigteilelemen-ten, die über eine geringe Anzahl von Edelstahl-Ankern geschossweise mit den Stahl-beton-Außenwänden verbunden werden. Konstruktiv bedingte Wärmebrücken werden hierdurch erheblich minimiert. Eine Mineralische Kerndämmung gewährleistet den er-forderlichen U-Wert der Außenwände.

Fensterflächen bestehen aus einer Pfosten-Riegelkonstruktion aus hell lasiertem Brettschichtholz und einer Leichtmetall-Aufsatzkonstruktion, in die eine Dreifach-verglasung und Öffnungsflügel eingespannt sind. An den NW- und NO-Fassaden ist aufgrund der Ausrichtung und dem vorhandenen Baumbestand kein zusätzlicher sommerlicher Wärmeschutz erforderlich, die SO- und SW-Seiten erhalten außenlie-gende, verdeckt montierte Raffstoren. Die SO-Fassade wird durch die konstruktive Ausbildung mit einer tieferliegenden Fensterebene zusätzlich verschattet.

Die Pfosten-Riegelfassaden der Innenhöfe erhalten einen zusätzlichen Sonnen-schutz aus einer feststehenden (zu Reinigungszwecken reversibel montierten) Holzlat-tung, deren Lichtanteil entsprechend Ausrichtung und Eigenverschattung von unten nach oben abnimmt.

Die Dachfläche wird als extensiv begrüntes Warmdach mit Gefälledämmung ausge-bildet; Lastplatten zur Aufnahme der Photovoltaikanlagen werden wärmebrückenfrei und die Dachabdichtung nicht durchdringend ausgebildet.

Decken erhalten i.d.R. abgehängte Akustikdecken mit integrierter Beleuchtung. Zur Nutzung der Beton-Speichermasse werden die Akustikdecken hinterlüftet ausge-führt.
Als Fussbodenbelag sind in den Verkehrs- und Gemeinschaftsflächen im Erdgeschoss großformatige Kunst- oder Naturwerksteinplatten vorgesehen, in den übrigen Räu-men ist die Verlegung von Industrie-/Naturkautschuk-Bodenbelägen geplant.

Sämtliche Materialien werden nach Aspekten der Umweltverträglichkeit, Dauerhaftig-keit und Wiederverwertbarkeit ausgewählt. Das Entwurfskonzept wird durch ein diffe-renziertes Licht- und Farbkonzept unterstützt.



6. Energetisches Konzept / Haustechnik

Das Energiekonzept beruht auf Vereinfachung der technischen Gebäudeausrüs-tung. Dabei kommen vorwiegend einfache passive Techniken mit vertretbarem Auf-wand zum Einsatz. Grundvoraussetzung für eine langfristig kostengünstige Bewirt-schaftung ist ein optimierter Gebäudeentwurf. Die weitgehend wärmebrückenfreie Konstruktion minimiert Bewirtschaftungskosten und bauphysikalische Schäden, zudem steigert sie die Behaglichkeit für die Nutzer.

Das A/V-Verhältnis ist mit 0,24 kompakt und damit günstig. Wegen der intermittieren-den und zeitweise sehr hohen inneren Lasten wird für das Schulgebäude eine hohe innere Wärmespeicherkapazität vorgesehen. Die mit massiven Innenbauteilen (In-nenwände, Decken, Fußböden) erreichbaren Kapazitäten reichen aus, um auf andere aktive Systeme zur sommerlichen Kühlung weitgehend ver¬zichten zu können (Ver-schattung auf der Südost-Seite und gegebenenfalls eine Nachtlüftung reichen aus). Ein bei Passivhaus-Schulen einfacher und effizienter Weg bestünde zudem noch in der Verwendung eines Luftheizregisters als Kühlregister, das z.B. über eine Erdbohrung rückgekühlt werden kann.

Die Lüftungsanlage (Zuluftsystem mit Wärmerückgewinnung ohne Heizregister) über-nimmt im Winter die Funktion der Heizung. Bedingt durch die luftdichte und hochwär-megedämmte Gebäudehülle ist der Raumwärmebedarf im Gebäude sehr gering. Der Abluft wird dabei die Wärme zu etwa 90 % entzogen und der Zuluft zugeführt. So bleibt die Wärme im Gebäude, während die Luft ausgetauscht wird. Die thermische Behag-lichkeit lässt sich mit Wärmerückgewinnung leichter einhalten. Der Energiebedarf der Passivhaus-Schule reduziert sich um ca. 60 % gegenüber einem Referenzentwurf.

Über Zulufteinlässe in abgehängten Deckenbereichen wird die vorerwärmte Zuluft weit in den Raum hinein geworfen. Eine Temperatur-Einzelraumregelung ist dabei nicht vorgesehen, da das Temperaturniveau im gesamten Gebäude aufgrund der wärmebrü-ckenfreien Konstruktion weitgehend gleich ist.

Durch die Anordnung der Überströmöffnungen mit Entlüftung über die Flure ist eine Querströmung durch die Räume und damit eine hohe und gleichmäßige Lüftung effi-zient im gesamten Raumvolumen sichergestellt. Ablufträume sind z.B. WC, Computer-räume (hohe interne Wärmelasten), Lehrmittelsammlungen und Umkleideräume (feuchte Kleidung), in denen die Luft abgesaugt wird.

Zur Be- und Entlüftung des Gebäudes werden entsprechend der Anzahl der Brandab-schnitte zwei Lüftungsanlagen im 2. Obergeschoss untergebracht (kurze Wege für Frisch- und Fortluft über Dach), die als Zuluftsystem mit Wärmerückgewinnung ohne Heizregister ausgelegt werden. Die Wärmeübertrager der Wärmerückgewinnung müs-sen über einen Bypass verfügen (für den Sommerbetrieb). Die Luftverteilung (Rohr-durchmesser ca. 100-150mm) erfolgt in den abgehängten Decken der Flure.

Die Zuführung der Restwärme (Heizung) erfolgt dann konventionell über kleine, standortunabhängige thermostatisch regelbare Heizflächen je Raum. Durch die gute thermische Gebäudequalität und die Komfortlüftung ist ein Heizkörper pro Klasse aus-reichend.

Als Quelle für die Nacherwärmung werden zwei Wasser-Wasser-Wärmepumpen (Er-dwärme) mit bis zu je 22 kW eingesetzt. Hierzu ist anzumerken, dass eine vertiefende Untersuchung der Wärmebedarfe mit der bestehenden und der neuen Sporthalle erfol-gen sollte, da dort größere Warmwassermengen gedeckt werden müssen (Duschen), die im Schulgebäude nicht angefordert werden.

Der Abstand zur Grundwasseroberfläche beträgt nur ca. 5 Meter, so dass das Grund-wasser als Energieträger (Erdwärme) kostengünstig über etwa 6 Bohrungen er-schlossen werden kann.

Die Warmwassererzeugung der Wärmepumpen erfolgt nur für die im Erdgeschoss der Schule gelegenen Zapfstellen (Küche, Waschbecken, Putzräume). Die restlichen Waschbecken im Schulgebäude werden durch direkt-elektrische Warmwassergeräte bedient, da die Entfernung zur Warmwasserbereitung sehr groß ist und damit die Lei-tungsverluste zu hoch wären.

Als Bestandteil der energetischen Optimierung und als nach außen sichtbares Zeichen ist die Nutzung regenerativer Energiequellen wird die Nutzung der Sonnenstrahlung zur solaren Elektrizitätserzeugung vorgesehen. Ca. 30 kWp solare Elektrizitätserzeugung (aus ca. 250 m² Kollektorfläche) auf dem Flachdach generiert den Jahresbedarf für den Strombezug der Wärmepumpen und den zu erwarteten elektrischen Verbrauch der Zu- und Abluftventilatoren der Lüftungsanlagen (vorausberechnet mit ca. 20.000 kWh/Jahr, Einspeisevergütung; Betriebskosten).

Die (bilanzielle) CO2-Neutralität des Objekts wird dadurch erreicht.

Vorgesehen ist das Gebäude mit einer Regenwassernutzungsanlage auszustatten. Das Regenwasser wird von den extensiv begrünten Dachflächen über Fallrohre und einen Sammelschacht mit Reinigungsfilter in den Regenwassertank geleitet. Der Spei-cher der Regenwassernutzungsanlage ist mit einer Belüftung und einem Überlauf ver-sehen. Das überlaufende Regenwasser wird über Sickerschächte/-rigolen in den Un-tergrund versickert. Eine automatisch geregelte Pumpe fördert bei Bedarf das Wasser mit ausreichend Druck zu den Verbrauchsstellen (WC-Spülung).