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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2011

Gesamtsanierung und Ausbau Schulanlage Felsberg in der Stadt Luzern

Kindergarten

Kindergarten

2. Preis

MET Architects

Architektur

ErlÀuterungstext

Gesamtsanierung und Ausbau Schulanlage Felsberg, Neubau Kindergarten

"kleiner Onkel"
Das 1948 von Emil Jauch und Erwin BĂŒrgi vollendete Felsbergschulhaus ist ein wunderschönes Beispiel wie verschiedenartig und charaktervoll auch aus der heutigen Betrachtung ĂŒberzeugend die Aufgabe des Schulhausbaus gelöst werden kann.
In ihrer architektonischen und landschaftlichen Fassung besticht die Gesamtanlage vorallem durch die Anordnung der Pavillons und des Singsaal an der nördlichen Grenze des GrundstĂŒcks und deren bogenförmige Rahmung des sĂŒdlich gelegenen Parks. Die Markierung des Haupteingangs zwischen Turnhallenkamin und der Bollensteinwand des Singsaals zeigt die Ausdruckskraft der architektonischen Setzung.
Die Architekten haben darauf verzichtet, die Klassenpavillons nach der an und fĂŒr sich bestechenden Aussicht ĂŒber Stadt und Gebirge zu orientieren. Sie haben dafĂŒr die leicht gebogene Pavillonreihe in enge Beziehung zum wundervollen Park gebracht.
Genau an an dieser Stelle setzt der Neubau mit Kindergarten und Tagestuktur an. Seine freie Form und die Setzung des neuen Baukörperswurde so gewĂ€hlt, dass das Zentrums des bestehenden Parks weiterhin seine maximale Offenheit behĂ€lt, der Ausblick nach SĂŒden bzw. SĂŒdwesten uneingeschrĂ€nkt bestehen bleibt und ein gebĂŒhrender Abstand zu den geschĂŒtzten BĂ€umen und deren Wurzeln eingehalten werden kann.
Die aus den örtlichen Bedingungen entstandene spezifische Aussenkontur des Neubaus mit seiner vielseitigen Orientierung eröffnet weitlĂ€ufige Blicke in den Park und bietet zusammen mit den beeindruckenden BĂ€umen in der Nachbarschaft eine der Nutzung angemessene MassstĂ€blichkeit und in ihrer Gestik einen geschĂŒtzten Raum fĂŒr Kinder.
Der Eingang des Kindergartens bzw. der Tagesstruktur liegt wie heute an der Felsbergstrasse. Über einen kleinen Vorplatz wird man entlang der Höhenlinien in den grosszĂŒgigen Eingangsbereich gefĂŒhrt. Von hier gelangt man direkt in die höhenmĂ€ssig leicht versetzt angeordneten Kindergartengruppen, die Tagesbetreuung, oder zum nördlich gelegenen Parkzugang, ĂŒber den eine von der Strasse abgewandte ZugĂ€nglichkeit der GrĂŒnrĂ€ume ermöglicht wird und sich der dem Neuabu zugeordnete Aussenraum befindet.
Die innere Raumstruktur sowohl im Kindergarten wie auch in der Tagesbetreuung bieten in ihrer einfachen Anordnung klare Orientierung und gute Übersichtlichkeit. Das Angebot reicht von offenen RaumzusammenhĂ€ngen bis zu Nischen. Alle RĂ€ume in denen sich Kinder aufhalten sind merhfach orientiert und offerieren neben dem hohen Tageslichtanteil offene Ausblicke in den Park und die umgebende Landschaft.
Ebenfalls in der Tragstruktur wird diese rÀumliche Klarheit fortgesetzt. Ein aus Holz bestehendes Tragwerk schafft zusammen mit den zum Teil farbig gestalteten Wand- und DeckenoberflÀchen und den Linoleumböden eine angenehme AtmosphÀre und Geborgenheit.
Der Fussbodenheizung im Neubau wird an die bestehende Heizzentrale angeschlossen und mit einer kontrollierten LĂŒftung ausgestattet.



Umgang mit den Pavillons
Neben den herausragenden QualitÀten der Altbauten in ihrer topographischen Einbettung in die Landschaft beindruckt im Innern die raffinierte Erschliessung, die rÀumlich typologische Klarheit z.B. der Klassenzimmer, sowie die eindeutige Ausrichtung der RÀume und die romantisch anmutende, sehr liebevolle Verwendung von Materialien, wie z.B. die BodenbelÀge in den EingÀngen aus Granit, Quarzit und Serpentin, sowie die farbigen Mosaikplatten nebst den Planztrögen aus Stein. Die QualitÀt des Bestehenden ist einzigartig, deshalb sollte bei allen Eingriffen zwischen betrieblichem Mehrwert und historischer Bedeutung der Gesamtanlage genau abgewogen werden.
Die gewĂŒnschte Anzahl von GruppenrĂ€umen und deren Zuordnung zu den Klassenzimmern ist ohne einen Pavillon zu benachteiligen nicht möglich und somit betrieblich wenig sinnvoll. Deshalb wurden durch Achsverschiebung der KlassenzimmertrennwĂ€nde neu neun Klassenzimmer und neun GruppenrĂ€ume zur VerfĂŒgung gestellt. Diese optimale Zuordnung ermöglicht es 90m2 frei zu bespielen. Es wird genĂŒgend Platz fĂŒr Gemeinschaftsunterricht, Gruppenarbeit, oder neue Unterrichtsformen zur VerfĂŒgung gestellt.
Es bleibt der Lehrperson ĂŒberlassen ob die unterschiedlichen Raumzonen offen bleiben, oder mit akustisch wirksamen VorhĂ€ngen abgetrennt werden. Jedem steht es frei die Raumgrössen zu wĂ€hlen, die dem jeweiligen Unterricht am besten entspricht.
Das geforderte zehnte Klassenzimmer wird wie alle anderen Klassenzimmer auf dem 1.Obergschoss an der Nahtstelle zwischen Pavillon 1 und dem Singsaal untergebracht. Neben der guten Anbindung ĂŒber die Haupterschliessung entsteht im Erdgeschoss ĂŒber einen Freisitz ein direkter Zugang in den nördlich gelegenen Aussenbereiche, die so erstmals einer intensiven Nutzung z.B. durch die benachbarte Bibliothek zugefĂŒhrt werden können.
Ansonsten werden im Innern des Altbaus bestehende Raumanordnungen beibehalten. Lediglich die OberflĂ€chen werden in der MaterialitĂ€t des historischen Vorbildes ĂŒberarbeitet bzw. aufgefrischt.

Sanierung GebĂ€udehĂŒlle
Die Fassaden der Altbauten sind sehr einfach gehalten und strahlen in ihrer MaterialitĂ€t eine grosse Bescheidenheit aus. Dennoch schafften es die Architekten durch Anreicherung mit geradezu romantischen Details, wie z.B. den BollensteinwĂ€nden am Haupteingang, den GranitstĂŒtzen bei den Pausenhöfen, den Fensterlaibungen aus Granit oder aber einfach durch die Kombination von strukturellen Elementen wie z.B. die Verbindung von BetontrĂ€gern mit der Backsteinausfachung bei der SĂŒdfassade der KlassenrĂ€ume einen interessanten plastischen Eindruck zu erzielen.
Die geplante Sanierung der GebĂ€udehĂŒlle sollte diese Grundanlagen als konzeptionelle Basis fĂŒr alle Massnahmen betrachten. Dennoch können die energetischen Anforderungen der Stadt Luzern bzw. die Grenzwerte nach Minergie Modernisierung fĂŒr den HeizwĂ€rmebedarf (250MJ/m2/a) mit folgenden Massnahmen erreicht werden.
+ neue Holzfenster mit 3 fach Verglasung, Profilierung und Fensterteilung gleich wie im Bestand
+ DÀmmung aller DachflÀchen im Zuge der geplanten Dacherneuerung
+ DĂ€mmung aller Erdgeschossböden gegen Erdreich, entweder ĂŒber Matten oder durch einbalsen von DĂ€mmstoffen
+ AussendĂ€mmung aller verputzten AussenwĂ€nde und neuer Verputz in der Bestandskörnung. Dies gilt auch fĂŒr die Decken in den Pausenhöfen. Zu beachten ist hierbei, dass einzelne Punkte durch die Zunahme der AussenwandstĂ€rke und die damit einhergehende VerĂ€nderung des Erscheinungsbildes nicht gedĂ€mmt werden können und als KĂ€ltebrĂŒcken in die Berechnung einfliessen.
+ InnendĂ€mmung aller KlassenzimmersĂŒdfassaden da deren Ă€usserer Eindruck massgeblich fĂŒr das Erscheinungsbild der Anlage ist.
+ Erneuerung aller Stoffausstellmarkisen und eventuell deren Motorisierung (gĂŒnstiger Unterhalt, Beschattung auch an schulfreien Tagen)

Beurteilung durch das Preisgericht

Das vorliegende Projekt hat eine klare Strategie. Einerseits sollen die Eingriffe
in die bestehende Schulanlage die verĂ€nderten betrieblichen BedĂŒrfnisse
der Schule optimal erfĂŒllen, und andererseits wollen die Verfasser
den wunderbaren Park samt dem neuen Bauvolumen möglichst original
erhalten. Beides ohne Wenn und Aber. Entsprechend konsequent werden
diese beiden Ziele umgesetzt, und mit wenigen Abstrichen gelingt dies
auch voll und ganz.
Dank einer einfachen, architektonisch durchaus vertretbaren Idee, nÀmlich
an der Nahtstelle von Singsaal und Schulhaus ein neues Klassenzimmer
einzuweben, gelingt es, alle Klassenzimmer in der „privaten" Obergeschossebene
anzuordnen - oder anders gesagt, das Erdgeschoss wird
voll und ganz den sozialen, respektive öffentlichen Funktionen zur VerfĂŒgung
gestellt. So liegen der Lehrerbereich, das Werken und die Bibliothek
sehr schön je in einem Pavillon. Einzig die neue offene Pausenhalle unter
dem Klassenzimmer ist nicht nötig, wĂ€re aber ein guter Ort fĂŒr NebenrĂ€ume
des Singsaales.
Die bestehenden 3 x 4 Klassenzimmer werden in gut funktionierende 3 x 3
+ Gruppenraum Einheiten transformiert. Dies ist, falls die alten TrennwÀnde
keine statische Funktion haben, durchaus möglich, auch wenn der innere
Aufbau nicht mehr exakt dem Àusseren Fassadenraster entspricht.
Der bauliche Aufwand, vor allem bei den an die WĂ€nde anschliessenden
Bauteilen, ist allerdings betrÀchtlich. Die energetische Sanierung folgt dem
Konzept des BĂŒros RSP. Die zwingend nötige kontrollierte LĂŒftung fehlt.
Unter der strengen PrÀmisse, jeden Baum im Park (auch in diesem Baubereich)
zu schĂŒtzen, wird aus dem Kindergartenpavillon, der eigentlich
gerne eine schlichte Ellipse wÀre, eine mathematisch resultierende
Schnittmengenfigur von Oval und Wurzelschutzradius. Die Verfasser bauen
quasi einen Holzpavillon um die Baumwurzeln, allerdings mit ĂŒberraschend
interessanten konkaven und konvexen Linien, respektive RĂ€umen.
Die Ausbuchtungen orientieren den Innenraum zum Park hin, die Einbuchtungen
weichen von den BĂ€umen zurĂŒck und jeder Kindergarten erhĂ€lt so
einen eigenen Baum geschenkt.
Auch im nur zweigeschossigen Pavillon sind die Nutzungen richtig verteilt.
Zwei KindergÀrten liegen, ohne sich gegenseitig zu stören, im Erdgeschoss
und die Tagesbetreuung mitsamt der KĂŒche befindet sich im Obergeschoss.
Dies ist betrieblich optimal. Beide Nutzungen sind sowohl von
unten öffentlich, als auch ĂŒber das Splitlevelpodest der Treppe vom
Schulhaus her, gut erschlossen (nicht behindertengÀngig).
Der architektonische Ausdruck ist leider, wohl als Resultat der formalen
Herleitung, etwas zu expressiv. Nicht der Pavillon, sondern die Gesamtanlage
ist der Star. Formale BeschrÀnkung ist zwingend, nur schon aus konstruktiven
GrĂŒnden, wenn dieser Pavillon als reiner Holzbau erbaut werden
soll (was sehr schon wÀre). Die totale Transparenz ist im Kindergarten
nicht ĂŒberall erwĂŒnscht, sondern vielmehr das subtile Spiel von Ein- und
Aussicht.
Die "Reinigung" der Anlage von allerlei Mobiliar ist der richtige Ansatz und
kongruent zur minutiösen Restaurierung der Bauten. Mit dem Erhalt aller
BĂ€ume, dem genauen Spiel von Hart- und GrĂŒnflachen, sowie der prĂ€zisen
Setzung des Pavillons, schaffen die Verfasser wieder einen atmosphÀrischen
Park, wie ihn Architekt Jauch wohl einst ertrÀumt hat. Das
Verteilen der SpielgerÀte im ganzen Park passt dann aber so gar nicht in
dieses stimmige Konzept. Eigentlich haben die GerÀte gar keinen Platz
mehr, den Jedes brauchte ja einen Zugang und HartflÀchen.
Der „kleine Onkel" verbessert die funktionalen BedĂŒrfnisse der Schule in
allen Bereichen optimal. Der vorsichtig zwischen die Baume "eingepflanzte"
Pavillon funktioniert zwar sehr gut, hat aber architektonisch einige
MÀngel. Ohne diese hÀtte das Projekt das Potential, die Elemente Schule,
Park, Turnhalle und Kindergarten in ein harmonisches Ganzes von beispielhafter
QualitÀt zu bringen.
Damit wĂŒrde das hohe Ziel erreicht, diese beispielhafte Schulanlage an einer
grossartigen Lage fĂŒr die nĂ€chsten Generationen zu sichern.
Innenraum

Innenraum

Situation

Situation

Erdgeschoss

Erdgeschoss

Obergeschoss

Obergeschoss

SĂŒdansicht

SĂŒdansicht

Ostansicht

Ostansicht