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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2011

Neugestaltung der Fußgängerzone in Minden

Perspektive Obermarkt

Perspektive Obermarkt

3. Preis

Preisgeld: 7.200 EUR

barbara willecke planung . freiraum

Landschaftsarchitektur

studio dinnebier+blieske

Lichtplanung

Erläuterungstext

Vielfalt im Alltag - Neue Mitte Minden

Identität - Vision / Prämissen und Prinzipien
Die Hanglage der Mindener Altstadt und ihr gewachsenes Geflecht aus Gassen, Höfen und Plätzen mit teilweise erheblichen Höhenentwicklungen, die von der oberen Altstadt bis in die Fußgängerzone wirken, bietet eine fast südländische Atmosphäre. Wechselnde Perspektiven und Raummaßstäbe, gestaffelte Lagen, die interessante Geschäfte und typisches Kleinhandwerk in den Gassen und Höfen beherbergen, bieten die Chance für ein abwechslungsreiches, generationenübergreifendes und ganz charakteristisches Stadterlebnis für Einheimische und Touristen im Spannungsfeld von Tradition und Moderne. Dieses Charakteristikum soll akzentuiert und als städtisches Netzwerk für die Zukunft weiterentwickelt werden.
Die historischen Prinzipien der weltoffenen und -zugewandten Hanse, die vorhandene Verschränkung sozialer und ästhetischer Kultur, finden weit über die Nutzung als Einkaufszone hinaus an diesem Ort Raum. Sie dienen dazu, den Stadtkern lebendig zu halten, den demografischen Wandlungen einerseits und der Konkurrenz der Städte untereinander andererseits ein charakteristisches, vitalisierendes, urbanes Miteinander entgegenzusetzen. Die Fußgängerzone liegt im Spannungsfeld zwischen zeitgenössischen Malls bzw. Kaufhäusern und mittelalterlicher Stadt- und Bebauungsstruktur. Die Umgestaltung verfolgt das Ziel der individuellen Einbindung der Gegebenheiten auf der räumlich-strukturellen wie auf der Detailebene, um einen Ort des "In-der-Stadt-zu-Hause-Seins", der Identifikation und des Austauschs zu schaffen.

Raumfolgen - Atmosphären
Es entsteht ein stadträumliches Geflecht von Platz- und Bewegungsräumen, das einerseits gemeinsam gelesen werden kann und andererseits seinen jeweiligen Charakter durch spezifische Nutzungen, Aktivitäten im Alltag und zu besonderen Anlässen behält bzw. entwickeln kann. Die Raumfolge von Innenstadt / international orientiertem Zentrum (Wesertorplatz, Bäckerstraße, Scharn) hin zu mehr Quartiersschwerpunkt am Obermarkt wird herausgearbeitet. Die aus der Lage am Fuße der Hangkante resultierende, teilweise erhebliche Querneigung in Scharn und Obermarkt wird mit Stufen als Gestaltungselement zu Aufenthaltsbereichen umgedeutet. Die entstehenden Treppenanlagen erlauben, das vorhandene Gefälle bis zu einem für Behinderte noch komfortablen Maß zu reduzieren. Der Platzcharakter der Räume wird hervorgehoben. Im Zusammenspiel mit der Altstadtarchitektur, die in der Renaissance ihre Vorbilder in Italien suchte, wird die besondere Atmosphäre dieses Innenstadtbereichs betont. Das Aufgreifen und die Weiterentwicklung des vorhandenen Lichtkonzeptes unterstreicht auch nachts die mediterrane Atmosphäre, lädt zum abendlichen Flanieren und Ausgehen ein und soll nicht zuletzt Unterstützung für ortsansässige Gastronomen und Veranstalter sein.
Der Marktplatz ist in die neue Raum- und Funktionsfolge eingebunden und wird durch das Aktionsband auf dem Scharn beispielsweise hinsichtlich Markt- und kulturellen Veranstaltungen entlastet.

Nutzungen
Die Umgestaltung soll der zeitlich-räumlichen Choreographie von Alltag und besonderen Veranstaltungen, Markt- und Kulturtagen Raum geben und ihn gleichzeitig für neue Nutzungen wie z.B. Ausstellungen, Modenschauen der örtlichen Textil- und Wäschehändler öffnen. Die entstehenden Raumfolgen übernehmen als urbanes Podium und Bühne soziale Funktionen von Bewegung, Begegnung und Identifikation und bieten darüber hinaus Raum für Aufenthalt, Markt und Veranstaltungen. Auch die Gassen und Flanierzonen sind Räume der Begegnung mit differenzierten Geschwindigkeiten, geprägt vom Gehen, Stehen, Verweilen, Schauen, Langsamkeit und Trubel. Die prägenden Unterschiede der Teilräume heben deren spezifischen Charakter hervor und vermitteln den Eindruck urbaner Vielfalt.

Wesertorplatz: Stadteingang mit Informationssystem am stilisierten Wesertor, Erhalt und Anpassung/Einbindung der Brunnenanlage, Aufenthalt und Gastronomie
Scharn: langgestreckte, großzügige Promenade mit mittigem Aufenthalts- und Aktionsband, der ehemaligen historischen Bebauung als stadträumliche und funktionale Spur folgend. Das in seiner Lage bewegliche Mobiliar des Aufenthaltsraums kann zu besonderen Anlässen (z.B. Weihnachtsmarkt) bedarfsgerecht positioniert werden.
Obermarktplatz: Quartierstreffpunkt, Aufenthalt mit Gastronomieterrassen, Möglichkeiten für Bauernmarkt, Freiluftveranstaltungen u.ä.

Zonierungen
Die vorgeschlagenen klaren und einfachen Gestaltungsmaßnahmen stärken analog dem historischen Prinzip der Überlagerung die Vielfalt von Nutzungen. Die historische Zonierung von Gehsteig-Rinnstein-Straßendamm-Rinnstein- Gehsteig wird mit langlebigen Materialien (Naturstein) für die Anforderungen einer Fußgängerzone eines Mittelzentrums transformiert. Es entstehen klare, einfach lesbare Zonierungen für Auslagen und Gastronomie, für Händler, Besucher und Kaufwillige, deren Breiten je nach Anforderungen im Planungsprozess ggf. noch angepasst werden sollten. Die Flanierzonen werden von Mobiliar freigehalten, um die Großzügigkeit und Linearität zu betonen. Die Plätze und Orte des Verweilens werden in ihrer Großflächigkeit akzentuiert. In der Detaillierung der Pflasterbeläge werden die Seitengassen in den Raum einbezogen und vernetzt. Auch die Treppen dienen der Zonierung und verbessern zugleich die Nutzungsmöglichkeiten für Außengastronomie und Open Air-Veranstaltungen.

Kosteneffektivität und Flexibilität
Mit dem vorhandenen Budget ist es möglich, diesen Innenstadtbereich zu ordnen, ihn deutlich aufzuwerten und zu verknüpfen. Langlebiges, wartungsarmes und flexibles Stadtmobiliar schafft einen reaktionsfähigen städtischen Freiraum der hilft, die Mindener Innenstadt zu vitalisieren. Gleichzeitig werden zukunftsfähige und historisch gewachsene Elemente und Strukturen erhalten. Im Ergebnis erhält man ein individuelles, wiedererkennbares, flexibles Stadtbild, das in Ausstattung, Technik und Infrastruktur zeitgemäß und zukunftsfähig ist und, wurzelnd auf dem Alten, neuen Freiraum bietet.

Materialien und Oberflächen
Als Belag ist ein ruhiger, heller, dem Kostenrahmen angemessener, schön alternder Naturstein vorgesehen, dessen Oberflächengestaltung je nach Zonierungen/Nutzungen differiert. Zu Gunsten räumlicher und gestalterischer Klarheit und zur Optimierung der Kosten wird auf komplizierte Muster und kostenintensive Details verzichtet. Stattdessen steht die Einheit von Maßstab und Material im Vordergrund.
Die Entwässerung wird weitestgehend über offene, flache Rinnen gewährleistet, die an die historische Raumproportion von Gehweg und Straßendamm erinnern. Das Geflecht aus großformatigen Pflasterplatten (Belastungsklasse IV), gliedert durch Oberflächendifferenzierung, Rinnen und fassadenbegleitende Oberstreifen aus Kleinsteinpflaster den Gesamtraum. Es verfügt über schmale Fugen, minimale Fasen und fußgängerfreundliche Ebenflächigkeit.

Mobiliar - Ausstattung
Das Charakteristikum des räumlichen Erlebens wird ergänzt durch für Minden entworfene Stadtmöbel, die auf den Plätzen und der Scharn die besondere Atmosphäre von Heimat, Stadtsalon und Weltoffenheit unterstreichen. Die hierzu entworfenen und ggf. mit Bürgern weiterzuentwickelnden oder abzustimmenden Minden-Möbel sind ein Mix aus Tradition und Moderne und befassen sich mit Themen wie Handel, Hanse und Textiltradition (Blaudruck). Im Rahmen einer Gestaltungssatzung wird ein Konzept mit hellen Farben für Schirme und Markisen sowie zurückhaltende Werbung empfohlen.
 Bänke aus gut gelagerten Holzbohlen, Oberflächen silberhellgrau gelaugt, teilweise mit Lehne, beidseits benutzbar, flexibel nutzbar und mobil, da mit Palettenwagen verschiebbar
 Schmuckstücke : Stadtsofa, Mindenstühle und -tische, z.B. aus pulverbeschichtetem Stahl mit einem vom traditionellen Blaudruck abgeleiteten Muster als modernes Ornament

Orientierung, Blindenleitsystem
Die Wesertorsäulen aus Stahl, Naturstein und Glas enthalten Informationen zu Partnerstädten, neuer Hanse, Veranstaltungen usw. Die Orientierung für Blinde und Sehschwache wird durch ein taktiles Leitsystem aus Riffelplatten und unterschiedliche, ertastbare Steinoberflächen gewährleistet. Ein haptisches Stadtmodell, am Übergang zwischen Scharn und Rathaus platziert, ermöglicht eine räumliche Übersicht und das Begreifen der Stadtlandschaft, Räume und Gebäude. Ergänzt wird das Orientierungssystem durch Kontraststreifen an Stufenanlagen, ggf. einen digitalen Braille-Stadtplan und Maßnahmen im Rahmen des Beleuchtungskonzeptes.

Bäume/ Vegetation
Die vorhandenen Platanen werden, als flacheres Dach gezogen und in der Anzahl reduziert, um Blicke freizustellen. Sie strukturieren das Aufenthalts- und Aktivitätsband auf dem Scharn. Der Baumbestand wird durch Pflanzungen von winter- und frühjahrsblühenden Zierkirschen ergänzt (ggf. Austausch von nicht zu haltenden Platanen). Mit Patenschaft der Anlieger könnten einheitliche Pflanzkübel mit Oleander, Jasmin und anderen mediterranen Kübelpflanzen die helle, einladende Atmosphäre ergänzen.

Beleuchtung
Das den Gesamtraum umfassende Beleuchtungskonzept basiert auf wartungsarmen, energieeffizienten, insektenschonenden LED-Leuchten mit warmer, freundlicher Lichtfarbe. Durch Verwendung einer Leuchtenfamilie kann die Reduzierung der Leuchtentypen erreicht werden. Eine Individualisierung der Leuchten wird durch Verwendung von angepassten Kunststoffteilen, Mattierungen oder farbigen Einsätzen möglich. Ein durchgehender Leuchtenkopf in verschiedenen, angepassten Bestückungen kann als Mast-, Überspannungs- und Wandleuchte Verwendung finden.
 Erneuerung und Weiterführung der Überspannungsleuchten Bäckerstraße, Obermarktstraße, Obermarkt
 Überprüfung und ggf. Vergrößerung der Leuchtenabstände
 Überarbeitung der Kabelführung Mastleuchten Scharn, Wesertorplatz
 Bereitstellung von versenkbaren Stromanschlüssen für Märkte und Veranstaltungen
 Leuchten mit Wandausleger und kleinerem Schirm in den Gassen
 Beleuchtung von Treppenstufen mit stirnseitig eingebauten, vergossenen LED Leuchten
 Beleuchtung der Baumdächer durch Leuchten in den Bäumen, Projektion der Blätter auf den Boden.
Effektives Lichtmanagement mit Nachtabsenkung der Beleuchtungsstärke ist selbstverständlich Bestandteil des Beleuchtungskonzeptes. Vorhandene Anschlüsse werden nach Möglichkeit genutzt.
Perspektive Scharn

Perspektive Scharn

Perspektive Obermarkt

Perspektive Obermarkt

Lageplan Scharn

Lageplan Scharn

Lageplan Wesertorplatz

Lageplan Wesertorplatz

Lageplan Obermarkt

Lageplan Obermarkt

Vernetzung Fussgängerzone/Gassen

Vernetzung Fussgängerzone/Gassen

Lichtkonzept

Lichtkonzept

Beleuchtung

Beleuchtung

Schnitt Bäckerstraße

Schnitt Bäckerstraße

Schnitt Wesertorplatz

Schnitt Wesertorplatz