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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2011

Umweltbundesamt - Herrichtung und Umbau Dienstgebäude Bismarckplatz Berlin

ein 3. Preis

wulf architekten

Architektur

lohrer.hochrein landschaftsarchitekten und stadtplaner gmbh

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Leitidee, Gesamtkonzept

Unter der Maxime, die historische Gebäudekontur wieder herzustellen und angemessen zu belegen, wurden sämtliche nachträglich hinzugefügte Bauteile entfernt und alle Büro- und Laborräume im Bestandsgebäude angeordnet. Darüber hinaus wurden die wichtigsten Sondernutzungen, die der Kommunikation, Information und der Öffentlichkeit dienen zentral „sous terrain“ unter den Innenhof gelegt, ohne dessen historische Raumwirkung zu beeinträchtigen. Der Hof und sein Souterrain bilden die neue Identität der Gesamtanlage als Umweltbundesamt. Hier findet diese Nutzung auch ihren zeitgemäßen gestalterischen Ausdruck.

Es entsteht eine neue Mitte, die sich den Mitarbeitern und der Öffentlichkeit großzügig und transparent in attraktiven und repräsentativen Raumfolgen zeigt. Mensa, Cafeteria, Bibliothek und Vortragssaal sind sternförmig um ein zentrales, taghelles Foyer herum gruppiert. Hier sind alle inneren Wege des Umweltbundesamtes miteinander verknüpft. Das vorhandene Erschließungssystem wird bewusst beibehalten, wobei die neue Mitte bewusst dezentral über die vorhandenen Erschließungskerne zugänglich ist.

Die Konturen des Neubaus gehen sensibel und unverkennbar zeitgemäß auf die charakteristische Bauform des historischen Baublocks ein. Dabei geht die neue Mitte einher mit einer neuen Interpretation des Innenhofes, die einerseits dessen historische Raumwirkung und Ringerschließung wiederherstellt, anderseits über die Reliefierung des Terrains klare Hinweise auf die darunter liegende neue Identität des Gebäudes als zukunftsorientierte Institution des Bundes gibt.

Die Blumenwiese ist als allgemein verständliches positives Sinnbild für eine intakte Umwelt interpretiert und stilisiert. Blumenpflücken erlaubt.
Die bewusst collagehafte Wirkung dieses (impressionistischen) Bildes im strengen Kontext der Architektur aus der NS-Zeit bewahrt dieses Bild vor Romantik und Einfältigkeit.
Die sanft eingetieften Höfe wirken wie barocke Aha’s und zeigen den Abdruck des unterirdischen Neubaus im Boden des Hofes. Diese Maßnahme ist spielerisch und subversiv zugleich, der Kontrapunkt zum Altbau ist weder ängstlich noch respektlos, sondern soll eine Haltung zeigen, die weit entfernt von jeglicher Banalisierung auf eine vorsichtige Umdeutung der vorhandenen Architektursprache abzielt.
Dabei wird der Altbau kompromisslos erhalten und wo nötig rekonstruiert. Ebenso kompromisslos wird er den Anforderungen an einen zeitgemäßen energetischen Standard angepasst, indem er eine zweite (innere) Fassadenschale erhält.

Landschaftsarchitektonisches Konzept

Der ursprüngliche Charakter eines offenen, mit wenigen Kiefern überstellten Hofes wird wieder hergestellt. Neu geprägt wird er durch die markanten Lichthöfe des neuen Souterrains. Gestaltung ist auf wenige Elemente reduziert.
Ein breites befestigtes Band mit Naturstein-Kleinsteinpflaster umschließt den Innenhof und die zentrale Grünfläche. Diese wirkt als großflächige Blumenwiese mit Heidecharakter ausgebildet. Die Baumpflanzungen werden nach historischem Vorbild reduziert: Einzelne imposante Kiefern stehen teils in der Belagsfläche und teils in der naturnahen, blütenreichen Wiese.
Durch die Grünfläche verbinden untergeordnete Wege aus Schotterrasen die Nebeneingänge und initiieren die gestalterisch bewusst gewollte Trampelpfadbildung durch die Wiesenfläche.
Im lichten Schatten unter den Bäumen bieten amorphe Sitzmöbel, die beliebig verstellbar sind, Aufenthaltsmöglichkeit.
Die Tiefhöfe sind mit unterschiedlichen Funktionen belegt: zwei mit befestigter Fläche für Aufenthalt und Außenbestuhlung der Kantine - hier wird auch das teils vorhandene Kleinsteinpflaster wiederverwendet. Zwei sind als Regenwasserretention mit offener Wasserfläche geplant. Und die letzten beiden sind mit niedrigen Gräsern und Farnen und schattenverträglichen Stauden bepflanzt und bieten einen Blickfang für die angrenzenden Räume des Souterrains.

Zu den Nebeneingängen hin wird das Gelände leicht angezogen um eine barrierefreie Erschließung zu ermöglichen. An den großen Freitreppen, über die der Westflügel vom Wirtschafts- und Innenhof erschlossen wird, bieten Rampen behindertengerechten Zugang.

In den Vorgärten wird der Bestand ausgelichtet – vor allem Strauchaufwuchs wird entfernt um den angrenzenden Räumen bessere Belichtung zu verschaffen und den Blick zu öffnen.
Mit dem Gehölzbestand im Wirtschaftshof wird behutsam umgegangen: Die Anordnung der Parkplätze erfolgt unter Berücksichtigung schützenswerter Großbäume

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf leitet sich aus einer Analyse der Geschichte des Gebäudes ab.
Städtebaulich wird die bisherige Konfiguration beibehalten. Der Haupteingang liegt zum Bismarckplatz hin, verschiedene Eingänge zu den Abteilungen befinden sich an der Caspar-Theyß- und der Schinkelstrasse. Wirtschaftshof und Stellplätze sind an der Königsallee angeordnet.
Der Bestandsbau wird von seinen in der Zeit geschehenen Anbauten befreit, die Fassade und das Dach behutsam saniert. Besonderes Augenmerk liegt auf einem besonderen Aufbau der Fassadenisolierung. Es entsteht eine sehr klare Ablesbarkeit der Baukörperfigur der 30er-Jahre, die sowohl aus dem Stadtraum heraus wie auch im Innenhof erfahrbar wird.
In diesem Innenhof, belegt von einer großen Blumenwiese, befindet sich auf der Ebene des Untergeschosses (UG) die sogenannte "Neue Mitte" der Institution, bestehend aus Cafeteria, Mensa, Hörsaal und Bibliothek. Belichtet werden diese Räume über sechs geneigte Lichthöfe.
Dieser zentrale Bereich kann jedoch weder über den Innenhof noch direkt aus dem Erdgeschoss erreicht werden. Fünf dezentral gelegene Stellen im UG des Bestandsgebäudes bilden die "Andockstellen" zur "Neuen Mitte".
Ein weiterer Schwachpunkt des Entwurfs ist die Tatsache, dass die Anlieferung nur über einen Punkt im Wirtschaftshof erfolgt. Ansonsten ist die Erschließung klar, die Funktionsbereiche sind klar gegliedert und strukturiert.

Das landschaftsarchitektonische Konzept verbindet die Erhaltung und Wiederherstellung der ursprünglich intendierten Raumstruktur mit einer modernen, innovativen Formensprache. Der Innenhof ist klar gegliedert, wodurch die Besucherführung zu den oberirdischen Gebäudeeingängen eindeutig ist. Das Motiv der die Vegetationsfläche rahmenden Umfahrt wurde beibehalten und lediglich zugunsten von barrierefreien Zugängen und einer großzügigeren Gestaltung modifiziert. Die Blumenwiese schafft eine ruhige Mitte und steht sowohl in Korrespondenz mit als auch im Gegensatz zu dem jetzt wieder erlebbaren architektonischen Rahmen. Die großen Lichthöfe stören vermutlich gewollt die sonst sehr homogen wirkende Freifläche.

Die geringe Überschreitung der Kostenobergrenze liegt im steuerbaren Bereich.
Das Energiekonzept ist sehr gut durchgearbeitet und lässt die Erfüllung der energetischen Anforderungen erwarten. Der vorgeschlagene Wandaufbau erscheint nicht auf Anhieb plausibel und wäre unter bauphysikalischen Gesichtspunkten eingehender zu prüfen.
Die Bewertung nach BNB liegt im oberen Bereich.
Dieser Entwurf stellt einen besonderen Lösungsvorschlag dar, der allerdings den Vorgaben des UBA nach sichtbaren öffentlichen Bereichen nur bedingt gerecht wird.