modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 03/2011

Neugestaltung Ortsmitte und Neubau Bürgerhaus

Perspektive Ortsmitte Marktplatz

Perspektive Ortsmitte Marktplatz

1. Preis

nbundm* neuburger, bohnert und müller, Architekten BDA und Stadtplaner, Part mbB

Architektur

michellerundschalk GmbH landschaftsarchitektur und urbanismus

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Konzept
Das Konzept für eine sensible städtebauliche Ergänzung und Freiflächengestaltung fusst auf einer intensiven Betrachtung und Auseinandersetzung mit der Historie des Ortes und der Analyse der ortstypischer Bauweise.
Die Ortstruktur Marquartsteins und seine geschichtliche Entwicklung lässt sich an vielen Stellen noch sehr gut ablesen, so hat „Alt-Marquartstein“ nach wie vor im Kern die räumlich Wirkung eines Straßendorfes, das von der Burg über die Brücke nach „Neu-Marquartstein“ führt. Die Körnung der Bebauung ist hier in etwa die gleiche wie östlich der Ache, wenngleich die Häuser jüngeren Datums sind und der Gustapfelbau hier in seiner Massstäblichkeit herausragt. Räumliche Qualitäten gingen leider durch Abrisse einiger alter Gebäude in den letzten Jahrzehnten verloren. Jenseits der Bundesstraße ist eine großmasstäblichere und lockere Bebauung, angestossen mit dem Anschluss an die Überseebahn Ende des 19. Jahrhunderts, vorhanden, in die sich das Rathaus gut integriert.
Wichtigster Bestandteil einer künftigen baulichen Ergänzung der Ortsmitte ist die identitätsstiftende Ergänzung „Neu-Marquartsteins“ in Anlehnung an die örtliche Bautradition und den Masstab der historischen Bebauung „Alt-Marquartsteins“ und somit der städtebauliche Brückenschlag über die Ache. Eine bauliche Ergänzung durch moderne Interpretationen historischer Mittelflurhäuser und deren prägenden Stilelemente wie Lochfassade, dekorative Betonung der Mitte und Grundrisstruktur als Anlehnung an die historische Bautradition könnten hierbei eine großen Anteil leisten.
Das Mittelflurhaus, ein bäuerlicher Wohnhaustyp mit integriertem Wirtschaftsgebäude, stellt seit jahrhunderten größtenteils die typische Bebauung des Voralpengebietes Oberbayerns dar. Gestaltungsmerkmale sind Flachgeneigte Pfettendächer mit Legschindeleindeckung, Lochfassaden mit hohem Wandanteil, Betonung der Hausmitte mit Hauseingang und dekorativen Elementen wir Holzbalkone oder geschnitzte Holzgeländer im Obergeschoss. Die Häuser werden achsial durch einen Flur erschlossen, der alle Zimmer erschließt und in dem eine Treppe in die oberen Geschosse führt.
Der Mittelflur führt meist in den baulich und konstruktiv abgesetzten Stall und Boden.
Dieser Haustyp dient als historisches Vorbild für die neuen Stadtbausteine der Ortsmitte.
Jenseits der Bundesstraße ergänzen einzelne punktuell gesetzte Massnahmen die vorhandene Bebauung und leiten in die Freizeitachse über.

„Alt Marquartstein“ - „Neu Marquartstein“
Der Entwurf schafft ein intaktes Ortsgefüge und überwindet die beschriebene Zäsur durch Auffüllen der Brachen um den Marktplatz. Eine vor Ort verwurzelte Haustypologie, das Mittelflurhaus, wird neu interpretiert und bildet die Platzkanten zum Marktplatz mit dem Gustapfelbau. Dieser Stadtbaustein spannt mehrere Freiflächen mit unterschiedlichen Nutzungen und Charakteren auf. Durch die Ergänzung schafft das neue Ortsbild die formale Anbindung zu „Alt Marquartstein“. Der Stadtbaustein ist flexibel und lässt mehrere Nutzungen wie Wohnen, Arbeiten, Läden und Praxen zu.

Bürgerhaus - Rathaus
Das Bürgerhaus ergänzt die städtebauliche dominante Stellung des Rathauses und bedient sich eines Motivs welches in Marquartstein bereits anzutreffen ist, dem Versatz der Hauskanten. Rathaus und Bürgerhaus formen einen Vorplatz mit Bushaltestelle, von dem man durch eine „Gasse“ auf den Rathausplatz gelangt. Dieser schließt unmittelbar an die Freizeitachse an und bildet das Pendant zum Kirchplatz. Der Forstamthügel ist über eine Treppe direkt an den Platz angebunden und macht die Wegebeziehungen erlebbar.

Forstamt – Hotel
Das Hotel liegt am neuen Gemeindepark und hat einen schönen Bergblick mit Terrasse und Abendsonne. Zusammen mit dem Forsthaus bildet es einen Hof mit Vorfahrt und Eingang. Der Neubau mit ca. 70 Betten beinhaltet Rezeption und die allgemeinen Einrichtungen wie Restaurant etc. Das alte Forsthaus mit ca. 20 Betten beherbergt die Suiten mit eigenem Charakter. Der Altbau lässt sich ohne strukturelle Umbauten in Hotelzimmer umnutzen. Der Gemeindepark wird räumlich gefasst.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Neubebauung im Bereich des Ortskerns bildet mit dem Gustapfelbau eine span- nungsreiche Platzform. Der Marktplatz gliedert sich räumlich und funktional in zwei Teilbereiche. Im nördlichen Platzteil werden oberirdische Stellplätze angeboten, der südliche Platzteil wird als offener Marktplatz gestaltet. Damit wird in beschränkten Umfang eine Parkierung ermöglicht, ohne optisch die gesamt Platzfläche einzunehmen. Die Einzelhandelsfläche ist hierzu sinnvoll orientiert, schafft aber keine Adressbildung zur Bundesstraße. Das „Verstecken“ im Untergeschoss korrespondiert nicht mit den Einkaufsgewohnheiten im ländlichen Raum. Die Bebauung nimmt die kleinteilige Maßstäblichkeit der direkten Umgebung auf und bildet eine systematische Ergänzung. Die großflächige Parkierung inmitten dieses Bereichs ist problematisch für die Anwohner. Positiv ist das Vorhandensein von Stellplätzen am Marktplatz.
Das Hotel im Nordwesten des Forstamthügels ist gut platziert und ermöglicht gut ori- entierte Zimmer. Der Forstamthügel wird auf der Westseite vom Neubau des Hotels eingenommen. Die Arbeit besticht in diesem Bereich durch die schlüssige verkehrliche Erschließung des Hotels mit Tiefgarage sowie durch die gemeinsame Vorfahrt des Hotelneubaus und des ehemaligen Forstamtsgebäudes.
Das Bürgerhaus bildet zusammen mit dem Rathaus ein Ensemble, dabei wird positiv bewertet, dass es bei ungefähr gleichem Bauvolumen niedriger und flächiger als das Rathaus ausformuliert ist. Der Abstand zur Bundestraße ist zu knapp bemessen, al- lerdings wird zur Kirche ein Raum gebildet. Die Lage des Bürgerhauses im Bezug zum Fortsamthügel ist sehr dicht, so dass dazwischen keine attraktive Durchwegung möglich ist. Der Haupteingang des Gebäudes ist richtig zum Rathauseingang orientiert und bildet zu diesem ein Gegenüber. Die bewegte Dachform aus geneigten Flächen fügt sich ins Ortsbild ein und führt zu vielfältigen Ansichtsflächen. Die Fassaden zeigen ein ausgewogenes Verhältnis von geschlossenen und verglasten Flächen. Auch die gewählte Materialität fügt sich ins Ortsbild ein. Die Organisation im Inneren ist stimmig. Die Anordnung der Tafel im UG sowie der Zugang von Norden tragen dem Persönlichkeitsschutz der Nutzer Rechnung. Die Belichtung der Tafel wird jedoch negativ bewertet.
Der Grünzug erhält mit der Situierung des Bürgerhauses und dem daran anschließenden Rathausplatz einen erkennbaren Auftakt. Die Wiesen- oder Rasenfläche der Grünanlage werden im Westen von einer Baumkulisse überzeugend gefasst. Zusam- men mit der Reduzierung der bestehenden Parkplätze ergibt sich eine großzügige, durchgängige Grünfläche mit geschwungener Wegeführung in Nord-Süd-Richtung. Differenzierte Angaben zu den Pflanzstrukturen und Baumarten lassen eine einprägsame Gestaltung des Gemeindeparks erwarten. Einige Sitzelemente deuten Aufenthaltsqualitäten im Grünzug an. Weitere Angaben zur Nutzung der Grünfläche geben die Verfasser nicht.
Dem Entwurf gelingt eine sehr gute Einbindung in übergeordnete Wegeverbindungen. Dies gilt sowohl im Gemeindepark als auch im Bereich des nachverdichteten Ortskerns. Die Querung über die Bahnhofstraße im Bereich Hinterbergerhaus ist gut gesetzt. Im Bereich des Rathauses sowie nördlich der Staudacher Straße werden Ver- kehrsinseln als Querungen vorgeschlagen. Diese werden als sehr positiv im Hinblick auf eine sichere Überquerung für den Fuß- und Radwegeverkehr gesehen. Allerdings wäre die Länge der Inseln verkehrstechnisch im Hinblick auf eine Reduzierung zu prüfen.
In Betrachtung der Thematik des Lesedorfes erfolgt ein differenzierter, konzeptioneller Vorschlag der Initialisierung von Leseknoten und Geschichtspunkten mit deren Ver- ordnung im Stadtgefüge. Ein Hinweis auf die konkrete Ausgestaltung in der Umsetzung kann den Plänen nicht entnommen werden.
Die Wirtschaftlichkeitskennwerte des Entwurfs liegen im mittleren Bereich. Die kom- pakte Gebäudekubatur des Bürgerhauses lässt eine wirtschaftliche Umsetzung und einen energieeffiziente Betrieb erwarten.
Insgesamt stellt der städtebauliche Entwurf einen ausgezeichneten Wettbewerbsbeitrag dar.
Lageplan

Lageplan

Formfindung Bürgerhaus

Formfindung Bürgerhaus

Grundriss EG Bürgerhaus und Rathaus Bestand

Grundriss EG Bürgerhaus und Rathaus Bestand

Ansicht Bürgerhaus Ost

Ansicht Bürgerhaus Ost

Ansicht Bürgerhaus Süd

Ansicht Bürgerhaus Süd

Ansicht Bürgerhaus West

Ansicht Bürgerhaus West

Ansicht Bürgerhaus Nord

Ansicht Bürgerhaus Nord