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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2011

Hörsäle, Bibliothek, Mensa - Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Campus Loefflerstraße

Anerkennung

Drebing Ehmke Architekten

Architektur

BLS Energieplan GmbH

TGA-Fachplanung

Erläuterungstext

Städtebau

Der historisch gewachsene Campus an der Loefflerstraße ist charakterisiert durch kompakte Einzelbaukörper die durch die Spezialisierung der medizinischen Lehre in verschiedene Fachgebiete entstanden sind. Die isolierten Standorte der Kliniken entsprachen dabei dem zeitgenössischen Leitbild im Krankenhausbau bei dem separate Pavillons gruppiert in Parkanlagen gebaut wurden.

Dieses städtebauliche Motiv von Einzelsolitären die in einer parkähnlichen Freiraumgestaltung platziert sind, ist in dem von uns vorgeschlagenen Konzept aufgenommen und zu einem zeitgemäßen Campus weiter entwickelt worden.

Im Zentrum des Campus steht die neue Fachbereichsbibliothek.

Die durchscheinende Hülle der Bibliothek mit den dahinter erkennbaren Regalflächen und Leseplätzen symbolisiert dabei nach Außen den Einzug der Geisteswissenschaften auf dem Gelände der ehemaligen medizinischen Kliniken.
Zusammen mit den Raumkanten der Inneren Medizin und der Chirurgischen Klinik bildet sie einen zentralen Freiraum, der übergehend in eine Sequenz von unterschiedlich gewidmeten Räumen den Campus zu einer Netzstruktur aus Solitären zusammenfasst.

Am nordöstlichen Ende der Raumfolge bildet das zentrale Hörsaalgebäude einen deutlich definierten Abschluss zum Stadt- und Landschaftsraum. Dort transportiert der große Hörsaal durch seine Panoramaverglasung die Präsenz von Lehre- und Forschung in die Stadtansicht. Im Straßenraum der Hunnenstraße gibt das zurück gestaffelte Volumen der zentralen Hörsäle den Blick auf das Ensemble des Wirtschaftsgebäudes und die Ansicht auf die Ziergiebel frei.

Das Gebäude der ehemaligen zentralen Wasch- und Kochküche führt mit der Nutzung als Mensa seine historische Funktion als Wirtschaftsgebäude fort. Die Additive Gliederung des aus fünf Gebäudeteilen bestehenden Gebäudekomplexes wird mit einem zweigeschossigen Baukörper für den Speise- und Ausgabebereich der Mensa ergänzt.
Durch die räumliche Freistellung des Wirtschaftskomplexes und Orientierung der Mensa zum Universitätsgelände wird dieser historische Gebäudebestand deutlich in die städtebauliche Gesamtanlage des Campus integriert.

Alle drei, neu vorgeschlagenen Baukörper zeichnen sich durch einen kompakten Grundriss und eine sachliche Geometrie aus. Dadurch stehen sie in tradierter Form in Kontinuität zu der architektonischen Formensprache der historischen Universitätsbauten. So gelingt es die Neubauten in das historisch gewachsene Bild einzufügen, dem - steinerne Antlitz der Almar Mater-.

Fachbibliothek

Das Gebäude der Fachbibliothek ist ein freistehender, kubischer Solitär im Zentrum des Campus.
An der Westseite steht die Bibliothek auf der Grundstücksgrenze und bildet mit Bezug auf die Geometrie und den Gebäudehöhen der Klinikbauten einen wohlproportionierten Freiraum.
Nach Norden, Süden und Osten ist der Kubus durch gleichwertige Abstände zu den Nachbargrenzen- und Gebäuden freigestellt und begründet den solitären Charakter des zentralen Bibliothekgebäudes.
Das Erdgeschoß, mit dem nach drei Seiten offenen Foyer- und Eingangsbereich ist die räumliche Fortsetzung des Außenbereiches und wird so zu dem zentralen Ort auf dem Campus. Hier befindet sich konsequenterweise die Cafeteria. Räumlich getrennt von der Fachbereichsbibliothek ist sie entlang der Nordfassade auf zwei Ebenen im Gebäude integriert. Hier wird schon mit dem 1. Bauabschnitt die Pausenversorgung der Studenten gewährleistet.
Von der Eingangsebene aus werden zentral alle Geschoßebenen der Bibliothek über lineare Gehwegrampen, Treppe und Aufzug erschlossen.
Die Ebenen bilden ein räumliches Kontinuum, bei dem die verschiedenen Bereiche der Fachbibliothek mit den Lese- und Arbeitsplätzen räumlich und inhaltlich vernetzt sind. Auf den versetzten, L-förmigen Geschossebenen sind die Aufstellbereiche für die Buch- und Medienbestände mit den Arbeits- und Leseplätzen durchmischt. Bereiche mit Ausblick auf den Campus oder mit Sichtbeziehungen in das Raumgefüge der Bibliothek wechseln mit introvertierten Leseplätzen und erhalten so die unterschiedlichsten atmosphärischen Qualitäten.

Die Fassade der Fachbereichsbibliothek entwickelt sich aus der räumlichen Logik und den raumtechnischen Anforderungen der Freihandbibliothek und der Arbeits- und Leseplätze. Aus der Differenzierung zwischen schwach belichteten Aufstellbereichen und hellen Arbeitplatz- und Kommunikationszonen, entwickelt sich das Fassadenthema der transparenten und transluzenten Hülle. Eine Dreischeiben Sonnenschutzisolierverglasung wird durch ein eingelegtes, goldfarbenes Metallgewebe mit einem statischen Blendschutz versehen. Durch die kontrollierte Transluzenz der Fassade gelangt in die Aufstellbereiche ein gleichmäßig reduziertes, blendfreies Tageslicht.
In den kleineren Lese-, Arbeits-, und Kommunikationsplätzen bleibt die Sonnenschutzverglasung transparent. Um die Aufenthaltsqualität dieser Bereiche nach innen und außen zu kommunizieren werden die Fensterflächen mit einem manuell und individuell zu benutzenden Blendschutz aus weißem Textil ausgestattet.
Zusätzlich sind die Fensterflächen in diesen Bereich konstruktiv zurückgesetzt und bilden eine umlaufende Fensterleibung als Analogie zu den Lochfassaden der historischen Klinikgebäude.

Ein über die Gebäudeleittechnik gesteuertes Netz aus Parallel- Abstellfenstern erlaubt eine kontrollierte Lüftung und Nachtauskühlung und unterstütz die Konditionierung über die angewendete Bauteiltemperierung.
Die versetzten Geschoßebenen und die massive Attika sind in der Fassade mit einem naturweißen Kolumba Mauerwerksziegel verblendet.

Zentrale Hörsäle

Das zentrale Hörsaalgebäude präsentiert sich klar und monolithisch als Funktionsgebäude im Nordosten des Campus.
Es besetzt die dort zur Verfügung stehende Freifläche und definiert die städtebaulichen Raumkanten zum Stadt- und Landschaftsraum und zu dem benachbarten Wirtschaftskomplex.
Die architektonische Ausbildung als Mauerwerkskörper mit formal zurückhaltender und eindeutiger Gliederung des Grundrisses und des Volumens steht in der Tradition der versachlichten Backstein- und Ziegelrohbauten der Anatomie, Pathologie und Pharmakologie.
Das Hörsaalgebäude öffnet sich in Richtung Süd- Westen und empfängt die ankommenden Besucher in einer zweigeschossigen Eingangshalle von der aus sämtliche Hörsäle und Nebenräume erschlossen werden.
Alle Hörsäle haben Tageslicht, der große, teilbare Saal erhält über das Panoramafenster nach Norden einen qualitätsvollen Außenbezug in den Landschaftsraum, der bei Bedarf verdunkelt oder über die Projektionswände abgedunkelt werden kann. Die Konditionierung der Hörsäle erfolgt bei Bedarf über eine Lüftungsanlage die Kälte aus den solaren Erträgen der Dachkollektoren erzeugt. Über die Bauteile unterhalb der Bestuhlung strömt die Luft ein und wird an den Seiten und an der Rückwand wieder durch die Bauteile abgeführt.

Mensa

Bei der Nutzung des historischen Wirtschaftsgebäudes haben wir den Anspruch, das Gebäude nicht nur mit seiner Konstruktion und Hülle zu nutzen, sondern auch seine ursprüngliche Zweckbestimmung im Sinne einer nachhaltigen Denkmalpflege zu erhalten.
Die Lage des Gebäudes am Rand des Universitätsgeländes war in Bezug auf eine Konfliktminimierung zwischen den Anforderungen des medizinischen Betriebes und der Ver- und Entsorgung des Klinikums bewusst gewählt worden. Auch wurden so die wertvollen Entwicklungsflächen für das Klinikum im Inneren des Campus und im Nordosten für Erweiterungsbauten frei gehalten. Sie werden nun von der Fachbibliothek und dem Hörsaalgebäude adäquat besetzt.
Der Wirtschaftsbereich der Mensa und der Ausgabe- und Speisebereich liegt aus betriebswirtschaftlicher und funktionaler Sicht auf der Erdgeschossebene. Lediglich Speiseplätze, WC-Bereiche und die Personalräume sind in den darüber liegenden Geschossen untergebracht. Die Zubereitungsküche und die Speiseausgabe gehen in den neu angefügten Gebäudekörper über. Die Flächenanforderungen der Funktions- und Lagerräume werden im Bestandsgebäude exakt erfüllt und korrespondieren logisch mit der bestehenden Raumstruktur des historischen Gebäudes.
Der zweigeschossige Baukörper mit der Ausgabe und den Speiseplätzen ist mit größtmöglicher Transparenz gestaltet, um die funktionale und räumliche Verknüpfung mit dem historischen Gebäudebestand auch nach Außen ablesbar zu gestalten.
Im Verhältnis zu der Anzahl der Lieferverkehre wird in Hinblick auf die städtebauliche Qualität und in Hinblick auf die Reduzierung des Rangierverkehrs die Anlieferung an zwei Ladestellen erfolgen.
Über die Anlieferzone im nördlichen Gebäudeteil der Hunnenstraße 5 und über die bestehende Anlieferrampe im Hauptgebäude Hunnenstraße 4 .
Fahrzeuge mit längerer Verweildauer fahren über die revitalisierte Tordurchfahrt im ehemaligen Kohlelager in das Gebäude, andere Fahrzeuge nutzen an gleicher Stelle die befahrbare Fläche zwischen der Anlieferung und dem zentralen Hörsaalgebäudes. Fahrzeuge mit Sattelauflieger entladen über eine überfahrbare Hydraulikrampe an der bestehenden Anlieferstelle im Haupthaus Hunnenstraße 4.
Die Entsorgung der Mensa erfolgt direkt von den Räumen der Leergut- und Mülllagerung durch den wieder hergestellten historischen Zugang von der Hunnenstraße.

Die massiven Fassadenteile, der Sockel und die Attika des Neubauteils werden mit einem naturweißen Kolumba Mauerwerksziegel verkleidet, der sich deutlich von dem historischen, roten Klinker unterscheidet. Die öffenbaren Fensterflächen und die Oberlichter der Mensa werden zur Unterstützung der Bauteiltemperierung über die Gebäudeleittechnik zur Nachtauskühlung genutzt.

Freiraumkonzept

Die Gestaltung der Außenbereiche basiert auf der Idee, über die heterogene Sequenz von bestehenden und neu zu schaffenden Freiräumen den Campus zu einer Netzstruktur aus Solitären zusammen zu fassen.
Ausgehend von der Dimensionierung der mittig gelegenen, historischen Parkanlage entwickelt sich eine durchgehende Grünfläche, die von Wegachsen durchschnitten wird.
Die Grünflächen sind als Aufenthaltbereiche artifiziell aus der Bodenebene herausgehoben und an den Kanten mit Sitzbändern umschlossen.
Die Wege und Randstreifen, ausgeführt als wassergebundene Decke, fassen als durchgehender Belag den parkähnlichen Freibereich und die unterschiedlich gewidmeten Räume zusammen.
Umschlossen wird dieser Freiraum mit einer homogenen Kleinpflasterfläche, die bis in den angrenzenden Stadt- und Landschaftsraum reicht.
Die Hunnenstraße wird als Anliegerstraße verkehrsberuhigt, und der erweiterte Randstreifen mit ebensolchen Kleinpflaster belegt.
Dadurch stehen das Hörsaal- und das Wirtschaftsgebäude nun erkennbar auf der Fläche des Campusgeländes, der Zugang von der Hunnenstraße wird aufgewertet und die Anlieferung über die historische Laderampe in der Hunnenstraße 5 gesichert.