modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 03/2011

Wohnen an der Blumenbachstraße

ein 3. Preis

worschech architects

Architektur

Büro für Landschaftsarchitektur Frank Feistel

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Mitarbeiter:
Dipl.-Ing. Arch. Laszlo Novotny
Dipl.-Ing. Arndt Bieber
M.Sc. Arch. Normann Ellers


S t ä d t e b a u l i c h - a r c h i t e k t o n i s c h e s R a u m k o n z e p t
Das Wohngebiet „Blumenbachstraße“ wird von den Verfassern als attraktiver Mehrgeneratio-nen-Wohnstandort in der Altstadt von Gotha begriffen. Neben der energetischen Gebäude-modernisierung in Verbindung mit moderner Fassadengestaltung und barrierefreien Zugängen dient ein anspruchsvolles, gleichwohl klares und wirtschaftlich tragfähiges Freiraumkonzept der Schaffung und Gestaltung differenzierter Zonen der Nutzung, der visuell-ästhetischen Aufwertung des Areals insgesamt sowie der Bereitstellung zusätzlicher wohnungsnaher Stellplatzangebote. Zu den Elementen im Einzelnen:

Q u a r t i e r s a c h s e
Kernstück der neuen Freiraumkonzeption ist die Schaffung einer Identität stärkenden Quartiersachse, die sich mit einheitlicher Ausprägung und hoher Aufenthaltsqualität im öffentlichen Stadtraum von der Gartenstraße bis zum Augustinerkloster durch das Wohngebiet zieht. Die Blumenbachstraße wird in ihrer ganzen Länge als Mischverkehrsfläche mit einem homogenen Natursteinpflasterbelag ausgebildet. Sie wird von Stellplätzen frei gehalten und von Parksuchverkehr entlastet. Somit entsteht ein Stadtraum, der als eine spannungsreiche Abfolge differenzierte Teilräume mit eigenem Charakter aus Straßenzügen und kleinen Stadtplätzen erzeugt und die Erlebbarkeit dieses Stadtraums verbessert. Die einzelnen Stadträume werden durch punktuelle Einfügung von alternierenden Solitärbäumen überformt.
Mittelpunkt der Quartiersachse ist der zentrale Platz zwischen Hützelsgasse und Salzgasse. Hier entsteht ein Ort mit Aufenthaltsqualitäten, wie Verweilen unter Bäumen oder in der Sonne sitzen. Die Höhensprünge der westlichen Platzkante werden großzügig aufgeweitet, wodurch erhöhte Stadtterrassen über dem Platz entstehen, die sich für Freiluftgastronomie und Ladenlokale empfehlen und barrierefreie Ladenzugänge ermöglichen. Wenige räumliche Einbauten, wie Pergolen, großzügige Sitzbänke und ein Wasserspiel gliedern den Platz und übernehmen darüber hinaus die Verkehrsleitfunktionen in der ansonsten homogenen Platzfläche. Die den Stadträumen zugewandten Fassaden der Plattenbauten erfahren eine Aufwertung im urbanen Sinne durch großzügige, grün gestaltete Terrassenflächen der Erdgeschosse (Hochparterre).

Q u e r u n g e n
Die in West-Ost-Richtung verlaufenden „Querungen“ sichern die fußläufige Durchlässigkeit des Gebietes zwischen der Altstadt und dem Stadtring sowie zu den angrenzenden Stadtquartieren. Sie dienen gleichzeitig als Anwohnerstraßen mit Angeboten für das wohnungsnahe Parken. Diese Straßenräume erhalten eine Fassung mit homogenem Werksteinbelag und mit zusammenhängenden Baumdächern aus kleinwüchsigen, die angrenzende Bebauung nicht störenden Bäumen. Die Bäume überspannen den Straßenraum als Laubdach. Eine freie und offene Platzgestaltung unter dem lichten Gründach lässt die wichtigen räumlichen Beziehungen wahrnehmbar werden und schafft die visuelle Verbindung zur Quartiersachse.

G e b ä u d e b e s t a n d
Die bestehende Bebauung soll im Wesentlichen als Wohnstandort in der Altstadt von Gotha erhalten bleiben und aufgewertet werden. Im Zuge der unbedingt notwendigen energetischen Sanierung der Gebäudehüllen ist gleichzeitig auch das Erscheinungsbild der Gebäude verbesserungsfähig. Es bietet sich hierfür an, das Gebiet mit einer eigenen Semantik aus Formen und Farben zu versehen. In den Innenhöfen können durch Hinzufügung von „Sekundärstrukturen“ neue Angebote für zeitgemäßes Wohnen mit individuell gestaltbaren Balkon- Loggien- bzw. Wintergartenstrukturen geschaffen werden. Durch die Kombination mit Aufzügen, welche auch die neu angelegten Tiefgaragen und Parkpaletten erschließen, erfährt das Nutzungsangebot sowie der Wohnkomfort deutliche Verbesserungen. Der vorgesehene Abriss des Wohngebäudes in der Fritzelsgasse 27 wird durch einen 4-geschossigen Ersatzneubau eines Wohn- und Geschäftshauses ersetzt. Ein weiterer Abriss des Gebäudebestandes wird von den Verfassern lediglich im Bereich Hützelgasse 8-9 vorgeschlagen, um die Belichtung und Nutzbarkeit der Freiräume zu verbessern.

W o h n h ö f e
Um dem sozialen Gefüge des vorrangig für das Wohnen genutzten Gebietes zu sichern wird vorgeschlagen, die Wohnhöfe bewusst halböffentlich gewidmet als abgeschlossene Grünflä-chen mit direkter Nutzung durch die Anwohner auszubilden. Auch im Ostteil, im Anschluss an die historische Bebauung, entstehen Hofbereiche mit erhöhtem Anteil an halböffentlichen Grünflächen. Durch den Abrissvorschlag der Gebäude Hützelsgasse 8-9 lassen sich die stark verschatteten östlichen Wohnhöfe zu einem einheitlichen Freiraumsystem zusammenfassen.

S t a d t b o d e n k o n z e p t
Der Stadtboden im Wettbewerbsgebiet gliedert die Nutzungsarten und Raumqualitäten. Er beschränkt sich im Wesentlichen auf die Materialien Natursteinpflaster in der zentralen Raumfolge und Werkstein in den Querungen. Für die Parkplätze im Bereich des ehemaligen Wallgrabens soll Rasenpflaster Verwendung finden.

V e r k e h r s k o n z e p t
Ziel ist es, das wohnungsnahe Stellplatzangebot zu verbessern und den Individualverkehr und Parksuchverkehr im Wohngebiet gleichzeitig auf ein Minimum zu reduzieren. Dadurch gelingt es, die urbane „Mitte“ des Gebietes von Verkehrsstörungen freizuhalten. Zusätzliche Parkangebote in Tiefgaragen und Parkpaletten, die von der Bürgeraue und von der Jüdenstraße auf kurzen Wegen vom Wohngebietsrand aus erreichbar sind, ergänzen das Angebot. Die vorgeschlagene Tiefgaragenlösung entspricht dem Drang des Individualverkehrs und trägt auf absehbare Zeit zur dauerhaften Gewährleistung der Attraktivität des Wohngebiets bei. Die Zugänge aus der Tiefgarage können durch Kellerzugänge zu den Treppenhäusern oder bevorzugt durch direkten Zugang zu den Aufzügen erfolgen, die auf Wohnungsniveau barrierefrei enden. Die möglichen Varianten der Tiefgarage und der Parkpalette in den Wohnhöfen sind als Prinziplösungen zu sehen, die auf die anderen Höfe perspektivisch übertragbar sind. Eine Umsetzung ist nach Bedarf in ergänzbaren Bauabschnitten möglich. Großzügige Deckendurchbrüche mit Rankhilfen in die Freiflächen ersparen aufwendige Lüftungstechnik. Der Parkplatz Gartenstraße/ Hospitalgasse sollte als bewirtschaftetes Parkhaus mit 3-4 Etagen entwicklungsfähig sein. Als zusätzliches Angebot für weitere 100 Stellplätze erscheint auch eine sektionierte Parkpalette mit maximal zwei Etagen in der Bürgeraue sinnvoll, wenn das untere Niveau 1,5 m unter Gelände und das obere Deck offen in 1,5 m Höhe über Gelände angeboten wird. Die Parkpalette im Wohnhof Jüdenstraße fällt mit dem Niveau der springenden Kellerhöhen und endet offen begehbar barrierefrei auf Höhe des Klosterplatzes. Dieser Hof erhält dadurch zwei gut nutzbare Freiraumebenen.

V e g e t a t i o n s k o n z e p t
Die prägende und erlebbare Gliederung in die zentrale Quartiersachse und die Querungsachsen in Ost- Westrichtung korreliert mit Pflanzungen. Die querenden Bewegungsachsen erhalten klare führende Baumreihen und Baumblöcke während die lichten Laubdächer aus alternierend angeordneten Einzelbäumen in der Quartiersachse und im Wallbereich bestehen. Die Höfe erhalten boskettartige frei wachsende Heckenstrukturen und Einzelbäume zur Gliederung des Freiraums. Die Baumarten werden dazu differenziert in Großgehölze, Gruppengehölze und Kleinbäume mit lockerem lichtem Kronenaufbau sowie typische kleine Straßenbäume mit dichten Kronen unterteilt. Bei der Strauchauswahl sind ganzjährig ausgewogene wechselnde Zierwerte durch Austrieb, Blüten, Früchte, Duft und saisonaler Blattfärbung Wert dominant. Geschnittene Heckenstrukturen und lineare frei wachsende Pflanzungen dienen als Abgrenzungen und Abpflanzungen in der Bürgeraue und der Hützelgasse

Anteil versiegelter Freiflächen 40 %
Anteil unversiegelter Freiflächen 60 %

S t a d t m ö b l i e r u n g s k o n z e p t
In den ruhigen Innenhöfen sind einzelne, wohnblockbezogene Spielpunkte vorgesehen. Auf Zentrale Spielplätze für größere Kinder wird im Wohnquartier bewusst verzichtet. Für die Frei-raumausstattungen wie Bänke, Lampen, Papierkörbe usw. ist eine einheitliche robuste Produktfamilie vorzusehen, die auf bewährten Elementen aufbaut. Für Müllstellplätze, Fahr-radboxen und Verkleidungen bzw. Teilverkleidungen von Trafostationen werden Kleinarchitekturen aus Stahlskelettkonstruktionen mit vorgesetzte Holzfassade aus horizontaler Belattung eingesetzt, die für Tiefgaragenausgänge mit Glaszugängen ergänzbar sind. Das System der Sammelmüllstellen für Hausmüll wird beibehalten. Wertstoffsammelplätze sollten in der Bürgeraue einordenbar sein.