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Sonstiges Vergabeverfahren | 05/2011

Stadt Zeitz - Gutachterverfahren Altmarkt

Anerkennung

Boock, Ulrich - Freier Landschaftsarchitekt

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Grundanliegen des eingereichten Vorschlages ist die Wiederherstellung des Marktplatzes im historischen Kontext mit zeitgemäßer Nutzungs- und Gestaltqualität, die der herausragenden Bedeutung des wichtigsten Platzes der Stadt entspricht. Angestrebt wird eine abgestimmte Gesamtgestaltung, die örtliche Besonderheiten angemessen hervorhebt, Wertigkeit und Funktion unterschiedlicher Platzbereiche definiert, in angrenzende Straßenräume hineinwirkt und so Ausgangspunkt für die weitere Umgestaltung der Altstadt sein kann.
Eine Umsetzung des Konzeptes ist in den vorgegebenen Abschnitten möglich:
- Realisierungsteil: Platzfläche Altmarkt nördlicher / östlicher Teil
- Ideenteil: Vorfläche Rathaus, Aufweitung Brüderstraße, Anschluss Fischstraße

HISTORISCHE UND STADTRÄUMLICHE BEZÜGE
Bei der Gründung der "Oberstadt" bildeten Roßmarkt und Altmarkt eine außerordentlich großzügige zentrale Platzfläche, in deren Mitte das alte Rathaus errichtet war. Mit der Bebauung des Quartiers um das Rathaus wurden beide Plätze getrennt, aber auch danach und bei allen folgenden Stadterweiterungen behielt der Altmarkt seine ungewöhnlich große Dimensionierung. Mit Anlage der Kalkstraße wurde die wichtige Verkehrsverbindung in Ost-West-Richtung neu gefasst. Sie tangiert seitdem den Altmarkt nur noch, wertet aber die Verbindung zwischen Altmarkt und Klosterareal durch die Aufweitung der Brüderstraße maßgeblich auf. Diese räumliche Situation ist bisher erhalten, bildet eine Einheit und muss deshalb in ihrer Gesamtheit Ausgangspunkt für die Neugestaltung sein. Im Entwurfskonzept nimmt der Verlauf der nördlichen Begrenzung der Brüderstraße den früheren Straßenverlauf über den Altmarkt bis hin zur Voigtsstraße auf und korrespondiert im östlichen Teil des Platzes mit der erhaltenen historischen Bauflucht. Die südliche Begrenzung der Brüderstraße folgt der "neuen" Bauflucht zur Kalkstraße, aus der das Rathaus als wichtigstes Amtsgebäude der Stadt dominant hervortritt. Der Straßenverlauf der Brüderstraße beeinflusst so maßgeblich die Gestaltung des Altmarktes und hebt in der Überschneidung mit dem Altmarkt die Vorfläche des Rathauses als besondere Situation repräsentativ hervor.
Charakteristisch für Zeitz ist die Platzfolge Neumarkt / Rossmarkt / Altmarkt in Nord-Süd-Richtung, an die auch der Michaeliskirchhof an markanter Stelle anschließt. Als wichtige Verbindung in diesem System ist die Judenstraße bereits als Teil der Fußgängerzone ausgebaut, nach Neuordnung und Reduzierung des Verkehrsaufkommens ist eine Aufwertung der Fischstraße als kürzeste Verbindung zwischen Rathaus und Michaeliskirchhof wünschenswert.

FUNKTION
Neben Neumarkt und Rossmarkt steht der Stadt Zeitz mit dem Altmarkt eine ungewöhnlich groß bemessene Platzfläche zur Verfügung, an der nach der Neugestaltung die Ansiedlung attraktiver Zentrumseinrichtungen erwünscht ist. Sie sollten neben einer Belebung der Erdgeschosse auch die Platzfläche mit bespielen. Insbesondere wünschenswert ist die intensivierte Nutzung des Gewandhauses sowie die Ansiedlung von Kleingeschäften in den Durchgangsbereichen des Quartiers Altmarkt / Rossmarkt. Ausgehend von der Gliederung der Platzfläche ergeben sich für Teilbereiche des Altmarktes vorrangig folgende Nutzungen:
- Vorfläche des Rathauses / Aufweitung Brüderstraße: repräsentativer Platzbereich mit Brunnenanlage, Sitzmöglichkeiten und Verweilbereichen, Informationen / Telefon im Eingangsbereich zum Rathaus Außenbewirtschaftung durch den Ratskeller
- Vorfläche Rathaus, nördlicher Teil: Platz für Wochenmarkt, fliegende Händler, Volksfest/Maibaum, Sonderveranstaltungen (Info-Mobil, mobile Bürgerberatung, Werbeveranstaltungen von Wirtschaft und Politik etc.) Mit Ausnahme von mehrtägigen Veranstaltungen (Weihnachtsmarkt, Zuckerfest) sollen fliegende Bauten, Tribünen, Verkaufswagen etc. nach Ende der Veranstaltung sofort beräumt werden.
- östlicher Altmarkt: Aufenthaltsbereich / Spiel / Erholung mit Sitzmöglichkeiten am oberen (südlichen) Platzrand in Verbindung mit Spielangeboten (Kletter- und Hüpfspiele, Spielsteine, Murmelbahn, bei Möglichkeit Einsatz von Wasser für Rieselflächen, Sprühsteine etc.); auf der Platzfläche Baumsaal mit Sitzmöglichkeiten und künstlerisch gestalteter Spielplastik; Außenbewirtschaftung durch Café Härlein und Hotel "Zu den drei Schwänen"

VERKEHR
Voraussetzung für die empfohlene Gestaltung des Marktes ist die grundsätzliche Neuordnung des Verkehrssystems. Mit der Verlegung der Bundesstraße auf eine Umgehungstrasse bestehen dafür gute Voraussetzungen, die bisherigen Verkehrskonzepte weisen jedoch ausgerechnet vor dem historischen Rathaus kaum eine Reduzierung der Verkehrsbelastung aus. Empfohlen wird, in der Altstadt Durchgangsverkehr weitgehend auszuschließen und nur Besuchern des Stadtzentrums Zufahrt und zeitlich begrenztes Parken zu gestatten. Für Langzeitparker (z.B. Berufspendler) stehen in zumutbarer fußläufiger Entfernung ausreichend Parkmöglichkeiten zur Verfügung, die überwiegend in Vorbereitung der Landesgartenschau angelegt wurden. Die Zufahrt zum Zentrum soll von Westen her vorzugsweise über die Rahnestraße / Fischstraße bis zum Altmarkt ermöglicht werden, wobei die Zahl der Stellplätze auf dem Altmarkt stark beschränkt sein sollte, um Suchverkehr zu vermeiden ("Erst mal sehen, ob nicht doch ein Stellplatz frei ist..."). Zielverkehr von Westen und Süden soll nicht bis in die Altstadt geführt, sondern über den Steinsgraben zur Parkfläche Thomas-Müntzer-Platz geleitet werden. Der Parkplatz wird derzeit fast ganztägig von Langzeitparkern belegt und kann durch eine Parkzeitregelung (z.B. zwei Stunden kostenfrei, danach gebührenpflichtig) vorrangig Besuchern der Innenstadt vorbehalten werden.
Das Konzept weist am Nordrand des Altmarktes 66 PKW-Stellplätze aus, davon 24 Stellplätze auf der Vorfläche der Bebauung und 32 Stellplätze auf der Platzfläche, Zu- und Abfahrt erfolgt über die Fischstraße. Eine Erweiterung des Angebotes um ca. 20 PKW-Stellplätze auf der östlichen Platzfläche ist möglich, wird jedoch wegen der Einschränkung der dort ausgewiesenen Nutzung nicht befürwortet.
Weitere am Rand des Altmarktes verlaufenden Erschließungen sind als Einbahnstraßen in Nord-Süd-Richtung vorgesehen, wobei der Anschluss zur Brüderstraße als untergeordnete innerstädtische Verbindung eingestuft wird und die östlich Umfahrung des Platzes bis zur Kalkstraße ausschließlich der Erschließung anliegender Grundstücke dienen soll.
Die Vorfläche des historischen Rathauses ist grundsätzlich verkehrsfrei zu halten.

GESTALTUNG
Angestrebt wird eine einheitliche Gesamtgestaltung des Altmarktes, die angrenzende Straßenzüge (z.B. Brüderstraße) angemessen einbindet und die Möglichkeit eröffnet, die Gestaltungsprinzipien dort weiter zu führen. Die Platzfläche wird deshalb als durchgehende Fläche ohne Böschungen und Höhenversprünge und mit der topografisch vorgegebenen Querneigung hergestellt und mit einheitlichen Material (Granit) in verschiedenen Formaten, Verlegearten und Bearbeitungen (gespalten, geschnitten, gestockt) befestigt. Auf trennende Höhendifferenzen, Einzelelemente und Pflanzungen wird bewusst verzichtet. Die Barrierefreiheit der Gesamtfläche ist damit gewährleistet, durchschnittliche Steigungen liegen unter 6% und betragen im Regelfall nicht mehr als ca. 4%.
Baumreihen unterstreichen die frühere Form des Marktes. Die Vorfläche des Rathauses wird jedoch bewusst von der Pflanzung ausgenommen, um das historische Gebäude an der höchsten Stelle des Altmarktes dominierend in die Gesamtsituation einzubinden. Die bereits vorhandene Baumpflanzung an der Nordseite des Platzes bleibt erhalten, Pflanzungen an der Südseite und der Baumsaal auf der östlichen Platzfläche werden neu angelegt.
Der sparsame Einsatz von Gestaltungselementen und die ruhige, einheitliche Wirkung der Flächenbefestigung verstärken die Wirkung der drei bewusst eingesetzten Kunstobjekte auf dem Platz:
- künstlerisch gestalteter Brunnen mit Wasserbecken einer ca. 6 m hohen Standsäule vor dem Rathaus, Gestaltung eines Themas aus der Zeitzer Stadtgeschichte.
- Der Standort des Denkmals für die Opfer des Faschismus muss zur Wahrung des Abstandes zur Brunnenanlage und zur plausiblen Einbindung in die Flächenaufteilung geringfügig verschoben werden, die Positionierung auf dem Sockel und die dominante Wirkung auf dem Gesamtplatz wird erhalten.
- Ein Baumsaal mit einer künstlerisch gestalteten Spielplastik in der östlichen Platzfläche markiert die vorrangige Nutzung

WIRTSCHAFTLICHKEIT / NACHHALTIGKEIT
Das Budget für die Umgestaltung liegt -gemessen an Bedeutung und Umfang der Aufgabe- im unteren Schwellenbereich. Trotzdem wird im Sinne der Nachhaltigkeit die Verwendung von langlebigen und hoch beanspruchbaren Grundbaustoffen -insbesondere Granit als Belagmaterial- empfohlen. Einspareffekte bei Beschaffung und Bevorratung können durch Einsatz einheitlichen Materials in größeren Mengen erreicht werden (wenige, gleich bleibende Abmessungen von Pflaster, Plattenbelägen etc.); Sonderlösungen werden weitgehend vermieden. Die einfache klare Gliederung der Platzflächen ermöglicht unkomplizierte Pflege und Reinigung.
Für die Ausstattung des Platzes (Beleuchtung, Möblierung) sind einfache, variable und energiesparende Systeme vorgeschlagen, die stufenweise auf- und nachrüstbar sind und so auch an zukünftige Funktionsanforderungen angepasst werden können, die Weiterverwendung dieser Systeme im übrigen Altstadtbereich wird empfohlen.