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Mehrfachbeauftragung | 07/2011

Vorderer Kätzleberg

3. Rang

Planstatt Senner

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Erläuterungstext


Chance nutzen: Die Umstrukturierung des westlichen Stadteingangs von Stockach birgt eine große Chance: Qualitätsvolles und zukunftsgerichtetes Wohnen! Wohnen am Stadtrand heißt auch Wohnen mit den landschaftlichen Gegebenheiten. So entsteht ein kraftvolles und ortsspezifisches neues Stadtquartier.
Die Idee: Die neuen Wohnquartiere verzahnen sich fingerartig mit dem prägenden Waldsporn des Kätzlebergs sowie der Aachaue über natürliche und gestaltete Grünzäsuren.

Städtebau
Um auf unterschiedliche Nutzerwünsche und sich verändernde Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt reagieren zu können, sollen verschiedene Wohnformen mit flexiblen Grundrissen angeboten werden. Alle Wohnungen sind barrierefrei zu erschließen. Nach Süden und Westen orientierte Grundstücke und Wohneinheiten sorgen für eine höchstmögliche Wohnqualität und eine optimale Nutzung von passiver und aktiver Solarenergie.
Im Entwurfsteil wird zur Winterspürer Straße bewusst eine kräftige städtebauliche Kante gebildet, um den Straßenraum zu fassen. Dreigeschossige Mehrfamilienhäuser verbergen hinter eingeschossigen Verbindungsbauten introvertierte Gärten, die sich vom Lärm abwenden und Privatheit schaffen. Ein hochwertig gestalteter Fußgängerbereich, der von einem grünen Band begleitet wird, ermöglicht eine sichere fußläufige Verbindung in die Altstadt. Ein Quartiersplatz, der von einem Mehrgenerationenhaus mit Café gefasst wird, formuliert den Übergang zur Innenstadt.
Im Innern des Quartiers löst sich die Bebauung in drei- bis viergeschossige Stadtvillen auf. Diese können flexibel mit ein bis zwei Wohnungen pro Etage unterteilt werden und bieten ausreichend private Terrassenbereiche. Großzügige Freiräume zwischen den Baukörpern bilden bereits den Auftakt zur Hangkante, die den Bereich im Norden abschließt.
Östlich der Polizei werden drei Baukörper vorgesehen, die über den Parkplätzen der Polizei “schweben“. Dieser Vorschlag nimmt dem Polizeigebäude seine Dominanz und definiert den Stadteingang neu. Da diese Gebäude über das Wettbewerbsgebiet hinaus gehen, sind sie als optionale Ergänzung zu verstehen.
Auf dem Grundstück 478/2 könnte sich langfristig ein Kulturzentrum etablieren, das neben verschiedenen kulturellen Veranstaltungen auch ein sozialer Treffpunkt im Quartier werden kann, wo z.B. Nachbarschaftshilfe, Kinderbetreuung etc. angeboten werden könnten.
Der Ideenteil zeichnet sich durch aufgelockerte Strukturen am Übergang zur Landschaft aus. Zum Hang hin schaffen Punkthäuser mit großzügigen Gärten und Blick ins Grüne den Übergang in die freie Landschaft. Sie bieten hochwertigen Wohnraum für ein bis zwei Familien. Reihen-, Doppel- und Einfamilienhäuser gruppieren sich im südlichen Bereich um Wohnhöfe, die mit höchstens 6 Wohneinheiten überschaubare Nachbarschaften bilden. Durch ein flexibles modulares System sind verschiedene Hofkonfigurationen möglich. Im Süden ist zur Winterspürer Straße ein Lärmwall mit Fuß- und Radweg auf halber Höhe vorgesehen.

Architektur und Nachhaltigkeit
Das Konzept sieht eine geringe Versiegelung der Flächen vor. Der Erschließungsanteil ist gering, private Stellplätze werden im Entwurfsteil in Tiefgaragen untergebracht. Öffentliche Stellplätze, Fußwege sowie die privaten Stellplätze im Ideenteil werden aus wasserdurchlässigen Materialien hergestellt. Zudem ist ein Konzept zur Regenwasserrückhaltung vorgesehen. Anfallendes Niederschlagswasser wird in offenen Mulden versickert. Diese werden in das Freiraumkonzept der „Grünen Finger“ integriert.
Für die flachen bzw. flach geneigten Dächer wird sowohl extensive als auch intensive Dachbegrünung vorgeschlagen. Diese bringt ökologische Vorteile, wie z.B. die Verbesserung der Biodiversität und Bindung von Feinstaub. Desweiteren ermöglicht der kühlende Effekt der Bepflanzung einen erhöhten Wirkungsgrad von angedachten Fotovoltaikelementen auf dem Dach. Optisch wird ein architektonisches Konzept im Einklang mit der Natur angestrebt. Die Baukörper sollen sich bestmöglich an den Hang anschmiegen und über Sichtachsen den Blick in die Landschaft offen halten.

Abschnittsweise Realisierung
Die vorgeschlagenen Bauabschnitte im Entwurfsteil werden durch die unterschiedliche zeitliche Verfügbarkeit der Grundstücke begründet. Um dem Grundsatz “Innenentwicklung vor Außenentwicklung“ Rechnung zu tragen, und keine Lücke im Siedlungszusammenhang entstehen zu lassen, erfolgt die Realisierung des Entwurfsteils vor dem Ideenteil.

Erschließung und Straßenraum
Die Erschließung der Wohnquartiere erfolgt sparsam und funktional über die bereits heute vorhandenen Zufahrten von der L194. Der Kreuzungsbereich Dillstraße/L194 ist optional auch als Kreisellösung möglich. Die Straßen des gesamten Wohnquartiers werden als Spielstraßen gestaltet und ausgewiesen. Verschiedene Blütenbäume wie Felsenbirne, Kornelkirsche und Kirschen geben dem jeweiligen Straßenraum seinen Charakter. Die privaten Stellplätze werden im westlichen Quartier über Tiefgaragen, ansonsten individuell über Carports und Sammelstellplätze nachgewiesen.

Freiraum
Die privaten und öffentlichen Freiflächen ergeben eine angenehme Balance zur Architektur. Die „Grünen Finger“ in Nord-Süd-Richtung sind Wegeverbindungen, Treffpunkt und Spielplatz zugleich. Sie rhythmisieren geschickt das Wohngebiet und vernetzen es mit den umliegenden Grünräumen. Die Nahtstelle zur Altstadt ist uns besonders wichtig. Der jetzige Vorbereich der Jahnhalle ergibt zusammen mit dem gegenüberliegenden neugestalteten Auftaktplatz durch das Café, Bouleplätze und Treffpunkten unter Bäumen einen interessanten Auftaktplatz. Das angedachte Mehrgenerationenhaus unterstützt das Zusammenleben der unterschiedlichen Altersstrukturen.
Der „Landschaftsweg“ führt von hier aus am Fuße der Geländekante zum Panoramaweg, oberhalb der künftigen Wohnbebauung, vorbei an der Landschaftsterrasse, dem Café Bellevue hinaus, begleitet von einer Kirschbaumreihe, in die freie Landschaft.
Die Winterspürer Straße wird konsequent mit einer Baumreihe, im weiteren Verlauf mit einer Baumallee, bepflanzt. Die Lindenbäume stehen in einem breiten Grünstreifen, der zwischen Straße und Wohnhäusern wohltuend puffert. Im Kreuzungsbereich zur Dillstraße entsteht ein prägnanter öffentlicher Platz: großzügige Terrassen und Treppen mit Wasserspiel und Pergolen. Von hieraus gelangt man über einen attraktiv gestalteten Weg mit Wassermulde zur Aach, aber auch zum bewaldeten Geländesporn. Des Weiteren schlagen wir vor, die Qualität der Grünachse -Freizeitbad Osterholz, Quellweg, Eisweiher, Sportgelände und Festplatz- mit einem durchgehenden Fuß- und Radweg zu steigern und zu einem grünen Rückgrat in der Stadtlandschaft zu entwickeln. Die Tennishalle wird mit einem Baumpaket eingegrünt.
Der Lärmschutzwall entlang der östlichen Winterspürer Straße wird geschickt in die Geländetopografie sowie den Fuß- und Radweg integriert.
Das Regenwasserkonzept geht auf das vorhandene Wasserschutzgebiet und das geplante Regenklärbecken ein. Das Regenwasser der Dachflächen, ebenso der Straßen und Plätze gelangt über Rinnen und Rohre in offene Geländemulden. Diese führen über Klärteiche und Retentionsmulden zur Mahlspürer Aach.

Beurteilung durch das Preisgericht

Übergeordnete städtebauliche Idee ist die Verzahnung des Landschaftsraumes, des Talraumes der Aach mit dem Vorderen Kätzleberg über „grüne Finger“, die die vorgeschlagene Bebauungsstruktur räumlich gliedern. Entlang der Winterspürer Straße wird im westlichen Bereich des Planungsgebietes eine klare bauliche Raumkante formuliert. Im östlichen Bereich, dem zukünftigen Ideenteil wird eine aufgelockerte, von der Landesstraße abgerückte und durch einen Lärmschutzwall geschützte Wohnbebauung vorgeschlagen, die durch Wohnhofsituationen
geprägt ist. Auftakt, im Übergang zur Innenstadt bildet ein Platz, dem öffentliche Nutzungen und Mehrgenerationenwohnen zugeordnet sind. Bestehende Sporthalle und die Neubebauung schaffen klare Platzkanten. Die Erschließung des neuen Stadtquartiers erfolgt über die Winterspürer Straße im Bereich des bestehenden landwirtschaftlichen Anwesens. Die Bebauungstruktur des städtebaulichen Entwicklungsgebietes gliedert sich in die, die Winterspürer Straße begleitenden Bebauung, die 3- geschossig im rechten Winkel zur Landesstraße orientiert ist und eine punktartige Solitärbebauung, die im Übergang zum Hangfuß als 4- bis 5-geschossige Stadtvillenbebauung geplant ist. Die eingeschossigen Quartiersabschlüsse im westlichen Realisierungsteil erscheinen als Lärmschutzmaßnahmen unzureichend. Die Erschließung für den westlichen Teil des Planungsgebietes wird als unzureichend und nicht funktionstüchtig erachtet. Die Zufahrtssituation für die Stadtvillen über eine zu große gemeinsame Tiefgarage wird als nicht akzeptable Erschließungsstruktur gesehen. Zudem erfolgt die gewählte Erschließung über Teilbereiche von Grundstücken, die erst mittelfristig zur Verfügung stehen werden. Die Überbauung des heute vorhandenen Parkplatzes der Polizei wird stadträumlich begrüßt und schafft einen klaren Straßenraum nach Süden. Die Arbeit hat ihre hohen Qualitäten in der Auseinandersetzung mit dem Landschaftsraum, dessen Verzahnung und den öffentlichen Grünflächen. Die Grünzäsuren mit dem im Norden vorgeschlagenen Panoramaweg sind richtig gesetzt und gliedern den Siedlungsraum angenehm. Äußerst kritisch wird die Erschließungsstruktur des neuen Stadtquartiers gesehen. Die Erreichbarkeit der vorgeschlagenen Bebauung ist unzureichend. Die Stellplätze in überdimensionierten Tiefgaragen mit „einer Zufahrtssituation“ stellen keinen Lösungsansatz dar. Die angebotenen Wohnungstypologien und Bebauungsstrukturen ermöglichen vielfältige Wohn- und Gebäudeformen. Die vorgeschlagenen Stadtvillen schränken diese Flexibiltät aufgrund ihrer Größe (Grundfläche) jedoch ein. Der Entwurf weist gerade im Umgang mit dem angrenzenden Landschaftsraum hohe Qualitäten auf und zeigt mit den vorgeschlagenen Wohnhöfen wertvolle Lösungsansätze für den östlichen Bereich des Planungsgebietes. Der städtebauliche Entwurf lässt sich aufgrund der vorgeschlagenen Erschließungsstruktur jedoch nicht unproblematisch
realisieren.