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Sonstiges Vergabeverfahren | 03/2011

Gutachterverfahren Welt-Gewerbehof (IBA Hamburg)

1. Preis

Dalpiaz + Giannetti Architekten

Architektur

Breimann & Bruun

Landschaftsarchitektur

Bruun & Möllers GmbH & Co. KG

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

die typologie
der „welt-gewerbehof“ im herzen des „welt-quartiers“ ist ein einzigartiges projekt, das nach einer dementsprechend einzigartigen typologie verlangt. gesucht wird der adäquate ausdruck für eine situation, die scheinbar gegensätzliches verbindet: in funktionaler hinsicht sind dies die pole „arbeits“- und „begegnungsraum“; der maßstab ist sowohl die „welt“ (bzgl. der offenheit) als auch der „werkhof“ (bzgl. der geplanten betriebsgrößen). die vielfältige dorfstruktur dient als leitbild für eine organisation eines rahmens, der das alltägliche gemeinsame schaffen und den ständigen austausch der handwerker untereinander und mit den besuchern fördern soll.

die makrostruktur
die netzartige struktur der bebauung entsteht durch die überlagerung der nord/süd-gerichteten erschließungsrichtung der gesamtanlage mit der ost/west-orientierten konstruktionsrichtung der hallenmodule. der unregelmäßige grundstückszuschnitt und die zu erhaltenden bestandsbauten führen zusammen mit den anforderungen an belichtung und belüftung der module zu einer reihe unterschiedlich geformter „leerstellen“ in der prinzipiell durchlaufenden rasterstruktur. die so entstehende brechung der systematik erzeugt ein lebendiges resultat von räumlichen reichtum.


die mikrostruktur
die werkstattmodule sind von einem alternierenden raster geprägt, das abwechselnd tiefe felder für die eigentlichen werkstattflächen und schmale felder für die diesen dienenden funktionen wie sanitäranlagen, interne erschließung, technik- und stauräume anbietet. für jede dieser funktionen gibt es fertige module, die sich je nach nutzung einer einheit bedarfsgerecht zusammenstellen, montieren und in fällen von nutzungswechseln ebenso einfach wieder demontieren lassen. bei den „werkhöfen“ handelt es sich schlicht und einfach um rasterfelder, die frei von werkstatt- und funktionsmodulen geblieben sind.

die überdachung
während hallen und werkhöfe der vielfalt und individualität der betriebe entsprechen, wirkt die überdachung als integrierendes element für die gesamtstruktur. sie bietet schutz vor hitze, kälte, blendung und niederschlägen und erlaubt so eine vereinfachte konstruktion der darunter liegenden hallen. die felder der offenen tragstruktur lassen sich mit verschiedenen komponenten belegen – je nach situation transparent, transluzent oder geschlossen, mit photovoltaischen elementen, regelbarem sonnenschutz oder auch ganz offen wie z. b. im bereich vorhandener bäume.
das dach führt das handbetriebene kransystem. diese gemeinsam genutzte struktur wird sowohl für die tägliche arbeit als auch für bau und wartung der hallen angewendet.

die flexibilität
der streng modulare aufbau des konzeptes auf basis einer 1,25m-rasters garantiert eine langfristige, einfache und kostengünstige anpassung an wechselnde bedarfslagen. offene und geschlossene elemente, welche die verschiedensten funktionen erfüllen, lassen sich unproblematisch und in weitgehender eigenleistung der nutzer austauschen. teil des dachtragwerks ist das handbetriebene kransystem, das den gesamten hof von norden nach süden durchzieht. seine auslegung erlaubt den transport sämtlicher hallenkomponenten in horizontaler wie vertikaler richtung – und somit auch aus-, um und rückbau der gesamtanlage. der werkhof wird selbst zu einem werkzeug, zu einer sich selbst errichtenden und immer wieder optimierenden maschine.

module und vorfertigung
das konstruktive system der hallen entspricht einem stikten modularen prinzip. alle elemente basieren auf dem grundmodul m (1,25 cm) und m (1,25m).
die elemente sind innerhalb dieses systems mehrfach kombinierbar.
die achsen entsprechen jeweils 110 m (1,375 m) und 480 m (6,00 m), die fassadenpaneele 360 m (h=4,50m) und 210 m (h=2,625 m).
eine hohe flexibilität innerhalb des systems und kostenoptimierung durch die möglichkeit der vorfertigung zählen u. a. zu den vorzügen einer modularen bauweise.


aussenanlagen
wie ein teppich zieht sich der teilweise befestigte, immer befahrbare bodenbelag in einem homogenen hellbeige durch das gesamte grundstück und verbindet - wie das pergola-artige dach - alle bereiche miteinander. die zu befahrenen bereiche sind in einem farbigen ortbeton ausgeführt, der zu den rändern hin von der wassergebundenen decke (grand) im identischen farbton abgelöst wird. hier entstehen halbgrüne ränder und nischen für ein gespräch oder eine zigarette zwischendurch.

die vorhandenen bäume auf dem grundstück werden zwanglos in der neu geschaffenen struktur integriert. alle weiteren pflanzlichen elemente treten als vertikales grün – also kletterpflanzen – auf und lassen dabei ein maximum an platz für handwerkliche aktivitäten.
entlang der gesamten westgrenze ist eine akustisch wirksame, 2 meter hohe gabionen-scheibe zu der benachbarten wohnbebauung vorgesehen, die als halbpermeable einfriedung mit vielen öffnungen eine nachbarschaft möglich machen. darüber erhebt sich ein grüner filter, oder pflanzen-gardine. alle 25cm klettert eine rankpflanze empor und erzeugt, von beiden seiten betrachtet, einen sympathischen, grünen flimmer.
aber nicht nur hier soll vertikales grün entstehen. überall, wo die gegebenheiten dies ermöglichen, werden sich pflanzliche säulen – bildlich gesprochen - aus der wand lösen und solitäre bilden unter der großzügig tragenden struktur.

der öffentliche platz im süden fügt sich nahtlos in dieses bild ein. die trägerstruktur bildet auch hier eine große pergola mit rankpflanzen und die grandfläche wirkt angenehm offen für aktivitäten der erholung aber auch gemeinsame aktivitäten handwerklicher art.

besucherparken findet platz an der nördlichen und südlichen einfahrt. auf dem eigentlichen gelände parken nur die betriebe selbst und dies möglichst ohne dass dadurch monofunktionelle bereiche (ein parkplatz!) entstehen, die die großzügigkeit stören würden.


das energiekonzept
auch für das energiekonzept bildet die multifunktionale dachfläche den dreh- und angelpunkt. der solare energieeintrag wird durch die integrierten photovoltaikelemente und solarkollektoren gesammelt und gespeichert. die dachhaut filtert das direkte sonnenlicht und erlaubt somit eine blendfreie arbeit in licht auf werkhöfen und in den halle
in den warmen monaten wird der dominanten westwind zur klimatisierung des welt-gewerbehofs herangezogen: die „grüne wand“ an der westlichen grenze wirkt als adiabatische kühlung und befeuchtet den einfließenden luftstrom. konvektion und luftdruckdifferenzen führen die verbrauchte luft durch die zentrale dachöffnung ab.
im winter können die dächer der hallen durch bewegliche einfache wände aus polycarbonat in wintergärten verwandelt werden. dadurch steigt der U-wert vom dach, die wärmeverluste durch konvektion (wind) und durch konduktion (schmelzender schnee) werden hingegen reduziert.
die idee eines flexiblen U-wertes findet man auch innerhalb der hallen, die in klimatisch- funktionale bereichen unterteil werden können.
ein besonderes novum stellt der verbund der wärmepumpen mit dem energiespeicher dar. während die wärmepumpen im winter die gebäude erwärmen und als wärmequelle das erdreich nutzen, können diese im sommer und in der übergangszeit ihre kondenswärmeenergie an den rücklauf des fernwärmenetzes übertragen, d.h. wärmezufuhr in den warmspeicher.
auf der basis des entwurfs wurden überschlägige wärmebedarfsberechnungen durchgeführt, die einen endenergiebedarf von durchschnittlich 11,25 w/m² / ht 0,351 w/m²k ausweisen.
der anteil erneuerbarer energie liegt im bereich wärmeenergieversorgung durch den einsatz von wärmepumpen und erdsonden bei 100 % und im bereich der versorgung mit elektrischer energie bei ca. 20 %.

schallschutz
ein weiterer nutzeffekt des dachs ist dessen schalldämmende wirkung.
die polycarbonathaut wirkt, durch ihre weiche oberfläche (anders als beim glas) schalldämpfend. diese wirkung wird, durch den gezielten einsatz integrierten schallabsorbierenden elementen weiter verbessert.
die nutzungen mit den größten lärmemissionen werden im zentrum der anlage, d. h. so weit wie möglich von den nachbarn entfernt, situiert.
in einzelfällen von maschinen, bei denen dies nicht genügt, lassen sich deren absaugeanlagen durch schallisolierte lüftungsanlagen ergänzen. diese können auch nachträglich im vorgesehenen bereich der „dienenden räume“ montiert werden.
westliche und östliche außenwände des gewerbehofs werden schalldämmend ausgebildet.
die wände der werkgärten im westen übernehmen die restschallreflektion aus dem dach.

Beurteilung durch das Preisgericht

In ihrer Kraft und Zeichenhaftigkeit geht die Arbeit weit über die anderen Entwürfe hinaus. Als einziges Team haben sich die Autoren mit der Frage nach der Identifikation eines WELT-Gewerbehofes beschäftigt. Aus Sicht der Jury wurde die besondere Herausforderung der städtebaulichen UND sozialen Einbindung bei gleichzeitig hohem qualitativem Anspruch mit IBA-Modellcharakter verstanden und mit der zentralen Idee eines transparent überdachten Werkhofes absolut schlüssig umgesetzt. Das alle Gewerbeeinheiten überspannende Dach integriert unterschiedliche Funktionen und Gestaltungen und trägt sowohl zu einer innovativen Interpretation des Gewerbehof-Konzepts als auch zur Adressbildung bei. Auch wird die Grundidee als schlüssig und richtig angesehen, einfache Module im Welt-Gewerbehof realisieren zu wollen.
skizze

skizze

lageplan

lageplan

vogelperspektive

vogelperspektive

persp.1

persp.1

persp.2

persp.2

persp.3

persp.3

persp.4

persp.4

persp.5

persp.5

grundriss

grundriss

längsschnitt

längsschnitt

detailschnitt

detailschnitt

expl. isometrie

expl. isometrie

innenperspektive

innenperspektive