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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2011

Neubau Historisches Archiv, Kunst- und Museumsbibliothek in Köln, 'Eifelwall'

3. Preis

Preisgeld: 37.500 EUR

Thomas Müller Ivan Reimann Gesellschaft von Architekten mbH

Architektur

Erläuterungstext

ARCHITEKTUR UND STÄDTEBAU

IDENTITÄTSSTIFTENDE BAUKÖRPERSTRUKTUR
Der Standort des Neuen Archivs und der Kunstbibliothek liegt an der Schnittstelle sehr unterschiedlicher Freiräume und Stadtstrukturen. Seine durch das Programm gegebene Größe wird zwangsläufig mit der Kleinteiligkeit der unmittelbar anliegenden Bebauung kontrastieren, vermag aber zugleich auf die räumliche Weite der Parklandschaft des neuen Grünzugs zu antworten und eine markante Stadtkante zu bilden. Der Gebäudekomplex des Stadtarchivs und der Kunstbibliothek wird daher als ein großer Solitär in Erscheinung treten, der durch die Gliederung der Volumina, seine Freiraumbeziehungen und seine Fassadengestaltung zwischen sehr unterschiedlichen Stadträumen, Bebauungsstrukturen und Maßstäben vermittelt.
Die architektonische Konzeption antwortet direkt auf die Bedingungen des Standortes und des Programms. Die Aufteilung des großen Baukörpers in zwei kleinere Teilvolumina nimmt Bezug auf die Größe der Nachbarbebauung und lässt zugleich die wichtigsten Nutzungseinheiten als klar erkennbare Teile innerhalb des großen Ganzen in Erscheinung treten. Es entsteht eine klar prägnante und identitätsstiftende Baukörperkomposition.

POLARITÄT UND EINHEITLICHKEIT
Die architektonische Konzeption thematisiert die programmatisch und städtebaulich gegebene Polarität, die sich zwischen den beiden kulturellen Einrichtungen, zwischen ihren öffentlichen und nicht öffentlichen Bereichen, zwischen Dichte der Stadt und Weite des Parks sowie zwischen den beiden Enden des langgezogenen Grundstücks aufbaut. Die beiden großen Teilvolumina zeichnen sich klar ab, markieren die gegenüberliegenden Grundstücksenden und verleihen zugleich jeder Einrichtung innerhalb des Gesamtkomplexes ihren eigenen Ort und ihr eigenes Gesicht. Die beiden Plätze an der Straße und am Park vernetzen den Neubau mit den anliegenden Stadträumen und führen Besucher von beiden Seiten in das Gebäude hinein.
Während die Materialität der Fassaden die Einheitlichkeit der Anlage betont, reagiert die Gliederung der Volumina und die Fensteranordnung auf die Unterschiedlichkeit einzelner Nutzungseinheiten. Die massiv und geschlossen gestalteten Fassaden der Magazine und Depots, die leicht wirkende Fassaden der Büro- und Werkstatttrakte sowie die Größen Öffnungen der Lesebereiche der Bibliothek manifestieren nach Außen unterschiedliche Nutzungsbereiche und gliedern die großen Teilvolumina in unterschiedliche, kleinere Einheiten. Das Gebäude kann sowohl als ein großer Solitär, als auch als Komposition aus unterschiedlichen, architektonisch und funktional definierten Teilen wahrgenommen werden.

WECHSELNDE BAUKÖRPERKONFIGURATIONEN
Das Stadtarchiv und die Bibliothek bilden zwei übergeordnete, gegeneinander versetzte Baukörper, die von einem gemeinsamen, zweigeschossigen Foyer zu einem zusammenhängenden, einheitlichen Bauwerk verbunden werden. Durch die Gebäuderücksprünge und Anordnung der Volumina verzahnt sich die Anlage mit der Stadt, nimmt die Maßstäblichkeit der Nachbarbebauung auf und orientiert sich zu den anliegenden Stadt- und Freiräumen. Dabei entstehen in den Blicken aus verschiedener Richtungen wechselnde Baukörperkonfigurationen, so dass der Gebäudekomplex in Blicken aus verschiedenen Richtungen immer anders in Erscheinung tritt.

Das Gebäude wendet sich mit zwei großzügigen, unterschiedlich gestalteten und thematisierten Vorplätzen der Stadt und dem Park zu. Sie bilden den Übergang zwischen den anliegenden Stadträumen und dem neuen Gebäude, verschaffen ihm eine attraktive, einladende Eingangssituation und zwei hochwertige Aufenthaltsbereiche im Freien.

VERNETZUNG VON INNEN UND AUSSENRÄUMEN
Direkte Blickbeziehungen zu den anliegenden Stadträumen bzw. die Fortsetzung der Freiräume im Gebäude prägen den Charakter der Eingangs- und Lesebereiche. Das Foyer ist der zentrale öffentliche Raum des neuen Bibliothek- und Archivkomplexes. Es liegt an der Schnittstelle wichtiger öffentlicher Bereiche, Funktionseinheiten und anliegender Stadträume: hierhin führen bzw. hier kreuzen sich alle externen und internen Wegeverbindungen, Bewegungs- und Blickrichtungen. Es kann sowohl von der Stadt-, als auch von der Parkseite betreten werden und öffnet sich zu den beiden leicht erhöht angebrachten Vorplätzen, die als eine räumliche Erweiterung des Foyers im Freien konzipiert werden.

Alle öffentlich frequentierten Bereiche - die Lesesäle und die Freihandmagazine, der Veranstaltungs- und Ausstellungsbereich, der Verkaufs- und Aufenthaltsbereich bilden eigenständige, unabhängig voneinander funktionierende Nutzungseinheiten und sind erdgeschossig direkt an das Foyer angeschlossen. Die Räume der Stiftung liegen prominent im 1.OG und orientieren sich zum stadtseitigen Vorplatz.

GRUNDRISSORGANISATION UND ORIENTIERUNG
Die übergeordneten Gebäudeeinheiten des Archivs und der Kunstbibliothek haben strukturell und erschließungstechnisch einen ähnlichen Aufbau: an die jeweiligen Haupträume – Archivdepots bzw. Lesesäle und Freihandmagazine – werden seitlich dienende Trakte der Büro-, Restaurierungs- und Werkstatträume angegliedert. Zusätzliche Werkstatt- und Digitalisierungsräume sowie Fotolabore der Kunstbibliothek befinden sich in unmittelbarer Nahbarschaft zu den Bibliotheksdepots in den oberen Geschossen der Bibliothek. Durch die räumliche Nähe von bedienten und dienenden Räumen werden kurze Wege, gute Orientierung und optimale Verbindung einzelner Nutzungseinheiten gewährleistet.
Die Haupterschließungskerne liegen direkt am zentralen Foyer, Nebenerschließungskerne mit Lastenaufzügen ermöglichen problemlosen Transport und Verteilung von Archivgütern und Büchern.
Die Lesebereiche und Freihandmagazine der Kunstbibliothek orientieren sich zum Park bzw. zur Luxemburger Straße hin. Sie werden als eine offene Leselandschaft konzipiert, die unterschiedliche Lese- und Studiersituationen bietet: in großen Lesesälen, auf Lesegalerien, in dezentral angebrachten Leseinseln bzw. direkt an den Fenstern in den Freihandmagazinen. Zwei der Lesebereiche sind als in die Bücherlandschaft eingesetzte, von Lesegalerien umgebene zweigeschossige Räume gestaltet, welche die einzelnen Ebenen räumlich verbinden und die Bibliothek räumlich klar gliedern. Große Fenster bieten einen weiten Blick in die benachbarte Parklandschaft und dienen zugleich als „Schaufenster“, welche die Nutzung des Hauses nach Außen manifestieren.

EINHEITLICHKEIT UND FIGURALE WIRKUNG
Die Fassaden sind aus großformatigen Elementen aus Architekturbeton konzipiert. Die Festigkeit der verwendeten Materialien versinnbildlicht den Schutz, die Archiv und Bibliothek wertvollen Kulturgütern bieten. Die gleichmäßig umlaufenden Fassaden unterstützen die Einheitlichkeit und die figurale Wirkung der Anlage. Das Spiel unterschiedlich großer Öffnungen und unterschiedlich tiefer Profilierungen ist konsequent auf dem Ausbauraster des Gebäudekomplexes aufgebaut.

Die Fassadenöffnungen reagieren auf die einzelnen Nutzungen und Räume im Innen- und Außenbereich. Die Unterschiedlichkeit der Nutzungen unterstützt so wechselndes Erscheinungsbild aus unterschiedlichen Richtungen, das Spiel geschlossener und offener Flächen, verschiedener Fenstergrößen und Formate.



ÖKOLOGISCH-ENERGETISCHES KONZEPT

Reduzierung des Primärenergiebedarfs
Größte Energieverbraucher stellen die notwendigen Teil- und Vollklimaanlagen, deren Kälteerzeugung, sowie die künstliche Belichtung dar.
Zur wirksamen Energieeinsparung werden verschiedene technische Maßnahmen konzipiert. Die wichtigsten hiervon sind:

• Raumlufttechnische Anlagen / Klimatisierung
• CO2- gesteuerte Luftversorgung mit variablen Volumenströmen / Frequenzumrichter
• Nutzung der Option der Freien Kühlung
• Bedarfsabhängige Ansteuerung der Anlagen zur Vermeidung von Leerlaufverlusten
• Nachtauskühlung zur thermischen Entladung des Gebäudes
• Einsatz von hocheffizienten Wärmerückgewinnungssystemen zur Reduzierung des Aufwands für dynamische Heizung und Kälte.
• Deckung des Restkühlbedarfs über direkt verdampfende Kälteerzeuger in den RLT- Geräten → keine Kompressionskälteerzeugung und keine Rückkühlwerke erforderlich / Verzicht auf wassergebundene RLT- Kühlsysteme.
• Druckverlustarme Quellluftsyteme, die nahezu geräuschlos arbeiten
• Sensorik zur Abschaltung von RLT- Anlagen für bestimmte Versorgungsbereiche (z.B. fotografische Archivalien) bei Auftreten von schadstoffhaltigen Gasen in der Außenluft (Nox, CO, SO2 etc.)
• Temperierung der Räume über Betonkernaktivierung mit oberflächennahen Randbereichen. Dies sorgt für gleichmäßige Temperaturverteilung in den Räumen und eine geräuschlose Wirkungsweise

• Regenerative Energien / Fotovoltaik
• Ein Teil der Flachdachbereiche wird, unter Berücksichtigung der Dachbegrünung, mit hocheffizienten Fotovoltaikmodulen bestückt. Größe, Lage und Ausrichtung werden während der Planungsphase mit einem Simulationsprogramm vorausberechnet und optimiert.

• Tageslichtabhängige Beleuchtung
• Zur Reduzierung der Verbrauchskosten erfolgt der Einsatz von präsenzmeldergesteuerten, dimmfähigen LED- Leuchtmitteln. Enge Abstimmung der Konzeption mit dem gewählten System Sonnenschutz / Blendschutz. In den Lesebereichen der Bibliothek werden, in Abstimmung mit den Nutzern, Arbeitsplatzleuchten vorgesehen.

• Regenwassernutzung / Versickerung
• Regenwasser wird nach Möglichkeit auf dem Gelände zur Versickerung gebracht. Hierfür kommen Sickerschächte bzw. Mulden- Rigolensysteme zur Anwendung. Zur Reduzierung der anfallenden Regenwassermenge wird eine extensive Dachbegrünung > 10cm vorgeschlagen.
• Die der Auslobung beigefügten Baugrunduntersuchungen zeigten bezüglich der Versickerungsfähigkeit des Bodens sowie des Grundwasserspiegels keine Einschränkungen auf.

Flächennutzung / Technische Erschließung
Raumlufttechnische Anlagen werden in eigenen Technikräumen im Untergeschoß mit kurzen Anbindungswegen zu den vertikalen Versorgungsschächten angeordnet.
Die Hausanschlussräume befinden sich im UG, die Wärmeversorgung erfolgt über Fernwärme mit Maßgabe einer hohen Versorgungssicherheit. Die zentrale Erschließung wird möglichst klar und einfach strukturiert.

Löschanlagen / Gebäudeschutz
• Für alle öffentlichen Bereiche wird der Einsatz von Hochdruck- Wassernebel- Löschanlagen vorgesehen. Im Falle einer Auslösung wird der durch Löschwasser eintretende Schadensfall minimiert.
• In Magazinen kommen zum besonderen Schutz der Kulturgüter Gaslöschanlagen zur Anwendung.
• In allen sensiblen Räumen werden flächendeckend Leckwarngeräte für Wasser- Havariefälle angeordnet – für unvermeidbare Versorgungsleitungen wird ebenfalls eine Leckageüberwachung vorgesehen.
• Sicherheitskonzept, mit Nutzern und Sachversicherer abgestimmt.
Zusammenfassung
Die Konzeption der Technischen Gebäudeausrüstung beruht auf einer funktionalen technischen Ausstattung des Gebäudes unter dem Aspekt einer bedarfsgerechten Versorgung.
Maßgeblich für den Schutz der Kulturgüter und den Erhalt der Sammlungen ist die Auswahl der Feuerlöschsysteme und Leckageüberwachungseinrichtungen sowie die Einhaltung der vorgegebenen Klimazonen unter Berücksichtigung einer effizienten Filtration der Außenluft und Zuluft.
Eine „Intelligente“ Gebäudeautomation ist zur Steuerung / Regelung / Überwachung der Komponenten und Reduzierung des personalgebundenen Einsatzes erforderlich.

Die bedarfsorientierte Versorgung reduziert vermeidbar hohen Energieverbrauch.

Fotovoltaische Stromerzeugung unterstützt die CO2 Reduzierung.

Die Summe der vorgenannten Maßnahmen führt im Zusammenwirken mit einem bauphysikalisch optimierten Entwurf zu einer energetisch äußerst effizienten Gesamtlösung.



TRAGWERK

Das Tragwerk vom Gebäude ist als Stahlbetonskelettbau konzipiert. Die Decken sind als Stahlbetonflachdecken mit 30 - 35cm Dicke geplant, die eine flexible Installation ohne störende Unterzüge ermöglicht. Im Bereich der Magazine und in den Innenzonen werden tragende Stahlbetonwände d=25 cm vorgesehen. Die Wände werden im 1.OG bereichsweise als wandartige Träger ausgeführt und im EG auf Stützen abgefangen.
Die horizontale Stabilisierung des Gebäudes erfolgt über die inneren Wände sowie Treppen- und Aufzugskerne. In den Außenwänden werden im Bereich der Büro und Lesebereiche tragende Außenstützen integriert; im Bereich der Magazine werden die Außenwände als tragende Stahlbetonfetigteilwände d=14cm ausgeführt. Die Gründung erfolgt als Trägerrost auf Bohr- oder Rammpfählen. Mit Hilfe des Trägerrostes werden die vorhandenen Bodendendenkmäler flexibel überspannt.

BRANDSCHUTZ

Zur brandschutztechnischen Bewertung wird die BauO NRW in Verbindung mit Teil 5 der SBauVO (Garagen) herangezogen. Bei dem Bauvorhaben handelt es sich um ein Gebäude mittlerer Höhe. Die Garage ist als geschlossene Großgarage einzustufen.

Die Rettungswege aus dem Gebäude werden baulich über die notwendige Treppenräume und die Ausgänge ins Freie sichergestellt. Die Treppenräume führen, mit Ausnahme des Treppenraums am Foyer, im Erdgeschoss ins Freie. Der Ausgang des Treppenraums am Foyer wird, aufgrund seiner zentralen Lage im Gebäude, durch das Untergeschoss ins Freie geführt. Die zulässigen Rettungsweglängen von 35 m von einem Aufenthaltsraum bzw. 30 m von jeder Stelle der Garage bis zu einem Ausgang ins Freie oder notwendigen Treppenraum können in der vorliegenden Planung eingehalten werden. Die Rettungswege aus den Magazinen betragen teilweise bis zu 50 m. Hiergegen bestehen keine Bedenken, da es sich bei diesem Räumen um keine Aufenthaltsräume im Sinne der BauO NRW handelt und darüber hinaus diese Räume über eine automatische Löschanlage verfügen.

Die tragenden und aussteifenden Bauteile sowie die Geschossdecken sind als feuerbeständige Bauteile vorgesehen. Die Wände der Treppenräume werden in der Bauart von Brandwänden sein. Die Flure sind als notwendige Flure angelegt. Die Wände der Flure sind daher mindestens feuerhemmend ausgebildet. Die Anforderungen an die Leitungsführungen in diesen Fluren werden beachtet. Das Gebäude wird aufgrund seiner Länge durch zwei Brandwände in drei Brandabschnitte unterteilt. Innerhalb der Tiefgarage ist aufgrund der Größe von über 2.500 m² eine Rauchabschnittstrennung erforderlich. Die Magazine und Technikräume sind untereinander und von angrenzenden Räumen feuerbeständig abzutrennen. Die Galerien im Freihandbereich und im Foyer stellen Deckdurchbrüche da und benötigen zur Verhinderung einer Brandausbreitung zwischen den Geschossen mobile brandschutztechnische Abtrennungen (z. B. Feuerschutzvorhang).

Für das Gebäude ist, aufgrund der teilweise erhöhten Personenanzahl (Freihandbereich) und zur Sicherstellung einer frühzeitigen Brandbekämpfung, eine flächendeckende, automatische Brandmelde- und Alarmierungsanlage mit Aufschaltung auf die Feuerwehr erforderlich.