modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Einladungswettbewerb | 06/2011

Kolumbarium St. Michael

Perspektive, Acryl und Aquarell auf Karton

Perspektive, Acryl und Aquarell auf Karton

2. Preis

Preisgeld: 2.000 EUR

Christoph Achterkamp Architekt BDA

Architektur

Erläuterungstext

Kolumbarium St. Michael in Rheine

Erläuterungen

Zur Zeit, als Gott, der Herr, Erde und Himmel machte, gab es auf der Erde noch keine Feldsträucher und wuchsen noch keine Feldpflanze; denn Gott, der Herr, hatte es auf die Erde noch nicht regnen lassen, und es gab noch keinen Menschen, der den Ackerboden bestellte; aber Feuchtigkeit stieg aus der Erde auf und tränkte die ganze Fläche des Ackerbodens.
Da formte Gott, der Herr, den Menschen aus Erde vom Ackerboden und blies in seine Nase den Lebensatem. So wurde der Mensch zu einem lebendigen Wesen. Genesis 2,4b-7

Feuchte Erde zu einem Stein geformt und durch das Feuer gehärtet ist das Ausgangsmaterial des Kolumbariums. Es ist das Material aus dem die St. Michael Kirche gebaut wurde. Es ist ein Material, dass durch den Menschen der Erde entnommen wird, geformt wird zu einem Baustein im Ebenmaß des menschlichen Handels. Ein Material, das im Feuer aus formbarer, feuchter Erde zu einem tragfähigen Stein sintert.

Der tragfähige Stein wird zu Mauern geschichtet, die die bestehenden Kirchenmauern von innen nach außen durchdringen und öffnen. Die Mauern umfassen Innen- und Außenräume der Sammlung und Versammlung. Die Mauern definieren die Grenze zwischen dem Kreuzgang und der Aussegnungshalle. Der Kreuzgang von dem aus die Grabkammern erschlossen werden und die Aussegnungshalle die von den Mauern mit den Gräbern umschlossen wird.

In den regelmäßigen Öffnungen der Mauer aus lehmfarbenen Steinen werden die Urnenkammern aus individuellen Naturstein mit eigemeißelter Schrift und Symbol eingelassen. Die Kammern können als Einzel- oder Doppelgrab, mit und ohne Maueröffnung für Grabbeilagen, eingefügt werden. Die Maueröffnungen nehmen das Licht auf, das die Angehörigen als Zeichen der inneren Verbundenheit den Toten opfern. Das Licht durchbricht auf der Rückseite der Gräber die Dunkelheit der Mauer und erhellt die Trauergemeinde in der Aussegnungshalle. Es bindet sie ein in die Gemeinschaft der Lebenden und der Toten.

Die Mauern umschließen die Anbetungskappelle, die den Hauptraum vom ehemaligen Seitenschiff trennt. Dort steht die frei im Raum aufgestellte "Schmerzhafte Mutter" ihrem kreuztragenden Sohn gegenüber. Die Gläubigen können dort dem Dialog zwischen Leid und Erlösung, zwischen Erlösung vom Leid und beginnender Trauer beiwohnen.
Die Gnadenkappelle bereitet thematisch den Raum der Kindergräber vor. Durch die vorgelagerte Gnadenkapelle erhält er die notwendige Distanz zum Hauptraum. Über das bis zum Boden gehende Filtermauerwerk erhält der Raum einen schönen Außenbezug zum nördlichen Kirchengarten.

Auf der Nord- und Südseite durchdringen die Mauern die Außenwände und öffnen, mit Blick in die beiden Kirchengärten, den Kirchenraum zu den Vorbereichen der Sargkammern. Jede Sargkammer wird über zwei runde Lichttürme an den Raumenden indirekt belichtet. Die ehemaligen Apostelleuchter werden jeweils in einem der zwölf Lichttürme angebracht.

Die Raumbereiche, die als Sargkammer genutzt werden, sind klimatisiert und belüftet. Es handelt sich um eine Einheit mit vier Sargkammern und eine Einheit mit zwei Sargkammern. Für jede einzelne Sargkammer ist ein Gebläsekonvektor vorgesehen der in einer Nische, verdeckt hinter einer Bildwand, installiert ist. Lediglich die Zu- und Abluftöffnungen sind als Schattenfugen sichtbar. Die Auslegung des Gebläsekonvektors erfolgt mit den Funktionen Heizen und Kühlen und hat einen Aussenluftanteil von ca. 50 bis 100 m³/h. Für je zwei Sargkammern ist eine Außeneinheit auf dem Flachdach aufgestellt. Die Temperaturregelung in den Sargkammern erfolgt automatisch über eine Raumtemperaturegelung ohne Eingriffsmöglichkeit der Besucher. Ein annähernd geräuschloser Betrieb ist durch eine großzügige Auslegung der Gebläsestufen gewährleistet.

Die Kirchengärten werden vom Kirchplatz über ein Gartentor in der Einfriedungsmauer und über den Narthex erschlossen. Die Angehörigen, die außerhalb der Öffnungszeiten ihre aufgebarten Verstorbenen in den Sargkammern aufsuchen, erreichen diese über die Gärten. Die Gärten zeigen den Trauernden den feuchten, fruchtbaren Boden aus dem alles Lebendige entsteht und in dem alles zurückgegeben wird. Die Dinge verschwinden, aber nichts geht verloren.

Der Kreuzweg, der durch das Filtermauerwerk das notwendige Licht zu seiner Entfaltung erhält, und die "immerwährende Hilfe" schaffen im Narthex einen Raum mit den Qualitäten romanischer Kirchen nach den Beschreibungen von Louis Charpentier: Er beschreibt den Narthex als einen Ort "....des Verweilens, der Erwartung und der Sammlung, an einer Stätte, die den Eintretenden zur Selbstläuterung bestimmt." Hier beginnt auch die Mittelachse die von der Tauferneuerung aus dem ehemaligen Sakrarium, über die Aussegnungshalle, bis zum Gemeinschaftsgrab unter dem vorhandenen Oberlicht führt.

In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht leuchtet in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfasst. Johannes 1,4-5

Dort überragt der vom Altarkreuz abgenommene Korpus das Gemeinschaftsgrab als Zeichen der Überwindung des Leidens und des Todes. Das Kreuz, als Werkzeug des Martyriums, verbleibt an der Rückwand, dort wo es sich seit der Konsekration der St. Michaelskirche befindet. Die Transformierung der Pfarrkirche in eine Bestattungskirche wird so zeichenhaft an dem zentralen Bild des Glaubens verdeutlicht.

Materialien:
Mauern aus lehmfarbenen Klinkern
Boden aus lehmfarbenen Terrazzo
Portale aus Eiche mit künstlerischer Farbgestaltung
Kalkschlemme auf allen bestehenden Wandoberflächen
Indirekt leuchtende Stehlen im Kreuzgang
Direkte Beleuchtung über revisionierbare Traversen im Blickschatten des Dachtragwerks für die Aussegnungshalle

technische Beratung Rolf Temmen Ingenieurbüro Temmen

Christoph Achterkamp
Lageplan, Grundriss EG

Lageplan, Grundriss EG

Grundriss OG, Schnitt A-A

Grundriss OG, Schnitt A-A

Schnitte

Schnitte

Perspektive, Schnitt Sargkammer

Perspektive, Schnitt Sargkammer

Detail

Detail