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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2011

Neugestaltung der Königsplätze in der Innenstadt von Paderborn

Anerkennung

TOPOTEK 1

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Konzept

Das strategische und gestalterische Konzept für die Aufwertung des Innenstadtquartiers Königsplätze zielt auf die typologische und hierarchische Klärung der Stadträume. Im traditionellen Sinn von Stadtstruktur sollen hierbei Straßenräume, Plätze, Gassen, Passagen, Höfe wieder eindeutig lesbar werden und einen jeweils eigenen Charakter erhalten.
Als stadträumliches Leitmotiv für die Einzelräume wird die Rückeroberung der Straßenebene und des ablesbaren Straßenraums eingesetzt. Die Bestandssituation zeichnet sich durch undifferenziert „fließenden Raum“ aus; mit der Folge, dass mehr Verknüpfung als Raum an sich geschaffen wird und eine Vielzahl unübersichtlicher Situationen bis hin zu sogenannten Angsträumen entsteht. Die oberste Zielsetzung für die Qualifizierung des Quartiers ist daher die eindeutige Orientierung des Raums für die Passanten, Kunden, Besucher und Bewohner. Langfristig bedeutet dies den Rückbau der vielzähligen Brückenverbindungen und unübersichtlichen Anbindungen „in der Luft“ zugunsten einer „bodenständigen“ Anbindung der Gebäude und Freiräume von der Straßenebene. Hiermit wird auch das historische Muster der Stadtblöcke wieder herausgearbeitet.
Mit der sukzessiven Differenzierung der Stadtblöcke links und rechts der Königstraße erfolgt in dieser Hinsicht der wichtigste Schritt. Die interne Reaktivierung der Stadtblöcke soll – zusätzlich zu den recht gut funktionierenden Nord-Südverknüpfungen – mit der Entwicklung der radialen Ost-West Beziehung vom Marienplatz bis zu den ehemaligen Wallanlagen potenziert werden.

Realisierungsphasen

Die sukzessive Umsetzung mit jeweils potentiell abschließenden Maßnahmenpaketen gewährleistet - trotz der Vision weitgehender Umbaumaßnahmen - die vorsichtige Neu-Inwertsetzung der städtebaulichen und architektonischen Grundsubstanz. Jede Phase für sich generiert eine wesentliche Steigerung der Qualität.

Kurzfristige Realisierung (Phase 1)
Neuer Hauptzugang Königsplätze und Königstraße
Der westliche Königsplatz soll in seiner Knoten- und Verteilerfunktion zwischen Platzebene oben und Straßenraum unten geklärt und verstärkt werden. Die Verbindung soll sowohl entlang der Königstraße als auch auf dem Platz als Hauptzugang inszeniert werden. Durch den Rückbau der nicht mehr benötigten Teile der Treppenhäuser zwischen Straßen- und Platzebene und die Verlegung des Gastronomiekiosks entsteht sowohl im Zugang zum Busbahnhof wie auch auf der Platzebene eine großzügige, offene Raumsituation. Ebenfalls im Sinne einer lesbareren Wegeverknüpfung werden die auf dem Platz endenden Aufzüge aus Glas neuformuliert. Zusammen mit der Ausführung der Brüstungen in Glas entsteht an dieser zentralen Stelle somit eine im wahrsten Sinne transparent lesbare Raumsituation. Quasi als Wahrzeichen dieser neuen Transparenz überspannt ein neues, weithin sichtbares Glasdach in etwa sieben Meter Höhe die gesamte zentrale Platz- und Verknüpfungssituation. Mit dem eleganten Element, das einerseits präsent, gleichzeitig leicht und freundlich ist, wird eine vielschichtige Markierung des Ortes und der angestoßenen Transformationsprozesse sichtbar. Das aus transluzenten Farbstreifen auf einer feinen Stahlkonstruktion bestehende Glasdach beleuchtet, markiert und färbt diesen Bereich. Die (vorhandene) Rolltreppe und auf Glasbelägen begehbare großzügige Fenster in der Platte (u.a. in den belassenen Öffnungen der ehemaligen Treppenhäuser) tragen das farbige Licht auch in die neue Eingangssituation zum Busbahnhof, ein Geschoß tiefer auf der Königstraße. Die Höhe des Daches bindet einerseits die benachbarte Architektur räumlich mit ein, andererseits werden auch die gläsernen Aufzugskörper überdacht und gefasst.
Der zentralen und dynamischen Rolle entsprechend werden am westlichen Königsplatz drei großformatige hölzerne „Stadtsofas“ als Sitz- und Beobachtungsmöglichkeit, Plattform, Spielort aufgestellt. In ihrer warmen Materialität in sonniger Exposition setzen sie einen gewissermaßen wohnlichen Akzent. Die Serie an Möbelstücken deutet auch die stadträumlich wichtige Nord-Süd-Verknüpfung der Königstraße an.
Der östliche Königsplatz erhält als Akzentuierung der kleinen, eher ruhigen Platzsituation mit Baumbouquets bepflanzte Schalen und eine Wasserschale.

Zwei Stadtblöcke
Während die Raumfolgen der Königsplätze auf der Platzebene möglichst transparent, offen und öffentlich gestaltet werden – und hiermit auch der vorhandenen Schwerpunktnutzung Einzelhandel und Shopping entsprechen – sollen die Gebäude- und Freiraumstrukturen des Stadtblocks zwischen Königstraße und Westernmauer separat als eigenständiges Dienstleistungszentrum formuliert werden. Die vorhandene faktisch halböffentliche Zwischenebene wird zielgerichteter erschlossen: Sie wird vom öffentlichen Wegeverbindungsnetz separiert und als gemeinschaftliche Hofsituation privatisiert. Diese Entkoppelung wird mit dem Rückbau einer Brückenverbindung unterstützt. Der Zugang zu z.B. Arztpraxen und Anwaltskanzleien erfolgt durch schließbare Eingangssituationen an den verbleibenden drei Zugängen. Die nun kontrollierbareren, sichereren Räume können als Gartenhöfe nun auch gestalterisch eine repräsentative Aufwertung mit neuen Belägen, Pflanzungen, Wasserspielen etc. erfahren. In weiteren Schritten kann der nun neu charakterisierte Stadtblock hochwertig weiterentwickelt werden.


Passagen
Die (vorhandene) Passage zwischen Marienplatz und östlichem Königsplatz, das Mariengässchen, wird durch die umfassende Neugestaltung der Decken und Bodenbeläge, wie auch der Geschäftsauslagen aufgewertet und zugänglicher gestaltet. Eine gewisse Verbreiterung und optimale Beleuchtung gewinnen den Raum als einladende Passage zurück.
Die – derzeit weitgehend abgekoppelte – Brückengasse wird durch die zweigeschossige Öffnung der Gebäudestruktur an der Westernmauer als neuer Passagenraum zum Verbindungsglied zwischen den Grünflächen der ehemaligen Wallanlagen und dem neu inszenierten Hauptzugang zu den Königsplätzen. In der neuen Passage können die z.T. vorhandenen Gewerberäume neu erschlossen werden. Ziel ist die gegenseitige Belebung zwischen neuem Straßenraum und Gewerbeeinheiten. Im Zuge dieser Ost-West-Öffnung des Quartiers soll entsprechend auch das dreigeschossige Geschäftshaus in der Brückengasse restrukturiert werden. Während hier die oberen Räume von der Zwischenebene der Gartenhöfe zugänglich bleiben (Büronutzung), sollen die unteren beiden Geschosse jeweils zusammen von der Erdgeschoßebene Brückengasse erschlossen werden (Geschäftsnutzung).


Nächste stadträumliche Modifikationen (Phase 2)
Königstraße als neue Einkaufsstraße
Mit der potentiellen Verlegung des Busbahnhofes ergeben sich weitere Möglichkeiten den Stadtblock der Königsplätze weiter herauszuarbeiten und die Königstraße als Einkaufstraße mit neuen Geschäften zu entwickeln. Nach Verlegung des Busbahnhofs bietet sich an, die freiwerdenden großen Flächen im Untergeschoss für den Einzelhandel zu nutzen. Die eingeschossigen Flächen können hierbei für Elektrodiscounter (z.B. Mediamarkt) oder eine kleine Shoppingmall attraktiv sein. Die nun zweigeschossig nutzbare Gewerbeeinheit an der Ecke Marienstraße/Königstraße könnte für eine größere Modekette (z.B. Zara, H+M, etc.) genutzt werden und bildet – während der Öffnungszeiten - über ihre innere Erschließung eine zusätzliche Wegeverknüpfung zwischen Königsplätzen und Königstraße/Marienstraße. Auf der Platzebene könnte für die Geschäfte zur Marienstraße hin mit einer kleinteiligeren Grundrissaufteilung eine strukturelle Aufwertung erfolgen. Zur Königstraße werden die Königsplätze mit der Neubesetzung der Straßenebene somit gleichzeitig als neue Fassade geschäftig bespielt. Der Entréeraum unter dem neuen Glasdach wird zur farbig-lichtbeschienenen Eingangssituation für die darüber liegenden Königsplätze und einen der Einzelhändler.
Dieser städtebauliche Transformationsschritt bietet sich deshalb zusammen mit der Wiederaktivierung der Königstraße als normaler Straßenraum an und der entsprechenden qualitätvollen Verknüpfung mit den überwiegend fußgängigen Räumen der Innenstadt. Entlang der Königstraße verbindet die neue Reihe von Geschäften auch C&A, Karstadt und Kaufhof mit einer neuen kommerziellen Dichte. Die Königstraße wird nun als großzügiger Fußgängerbereich auf der Ebene des Straßenraums hierarchisch hochwertig an die Innenstadt angebunden und verknüpft an dieser Stelle Marienstraße und Westernstraße wieder direkt.
Von der Westernstraße kommend führt eine breite, großzügige Treppenanlage den Passanten entlang des Klingenthalgebäudes direkt auf die Platzebene der Königsplätze hinauf. Mit den neugestalteten Aufzügen ist neben der Rolltreppe eine barrierefreie Erschließung der Platzebene gewährleistet.

Neuordnung Erschließung /Anlieferung
Um die Königstrasse als Raum für Fußgänger wiederzugewinnen und als lebendigen Stadtbereich an das bestehende System der Fußgängerzone anzuschließen, wird die Erschließung der Tiefgarage auf die Zu- und Abfahrt in der alten Torgasse reduziert. Im gesamten Quartier wird der motorisierte Verkehr zugunsten einer Attraktivitätssteigerung für den Fußgängerverkehr stark zurück genommen. So wird unter anderem die Brückengasse der Fußgängerzone angegliedert.
Die vorhandene Anlieferzone unter den Königsplätzen kann auch für die Geschäfte in den neuen Baukörpern genutzt werden. Hierzu wird eine neue Anlieferzu- und -ausfahrt von der Marienstrasse geschaffen. Zur Betonung dieser erweiterten Anlieferzone sollte die hier bisher angebundene zusätzliche Ausfahrt der Tiefgarage geschlossen werden. Die zentrale Zu- und Ausfahrt in der Alten Torgasse ist für die Erschließung der Tiefgarage ausreichend.

Neue Verknüpfungen
Eine neue direkte Verbindung des Quartiers zu den Parkanlagen der westlichen Paderquelle soll in Verlängerung Weberberg über eine großzügige Treppenanlage geschaffen werden. Zusammen mit der verbesserten, behindertengerechten Rampensituation des Nordabgangs vom östlichen Königsplatz (Ausweitung der Rampenfläche bis an die Gebäudefassade zur Vermeidung von Toträumen) wird somit eine zusätzliche kundenfreundliche und damit voraussichtlich stark frequentierte Verbindung der Marienstrasse mit den Königsplätzen angeboten.

Rückbau von Brücken
Mit dem weiteren Rückbau von Brückenquerungen über Marienstraße und Königstraße sollen auch entlang dieser Straßen die Erdgeschosszone wieder aktiviert werden. Die entsprechend neu von der Straßenebene erschlossenen Gewerberäume werden zu (zumeist) zweigeschossigen Einheiten umgebaut. Der Straßenraum erhält somit grundsätzlich einen neuen Fokus. Die Gehwege werden hierzu großzügig als Bewegungsräume von einem Grossteil des verstellenden Mobiliars befreit. Die Marienstraße erhält eine Chance als verbindende Geschäftsstraße zwischen Marienplatz und Wallanlagen und als Teil des fußgängigen Bewegungssystems der Innenstadt reaktiviert zu werden. In dieser Phase könnte die Brückenverbindung zum C&A-Kaufhaus erhalten bleiben.

Spätere stadträumliche Modifikationen (Phase 3)
In einem weiteren Transformationsschritt würden die Überbrückungen über die Alte Torgasse und die Marienstraße zurückgebaut werden können. Diese stadträumliche Geste generiert gleichzeitig Raum und ein neues Außenbild: Mit dem nun für Gewerbenutzung gewonnenen Raum der bisher für aufwändige Erschließung genutzten Laubengänge kann eine Neuformulierung und Aufwertung der Fassaden erfolgen, wie auch die Zusammenfassung der nördlichen Gebäudevolumen auf der Platzebene. Sowohl zur Marienstraße als auch zu den Plätzen hin bildet das Ensemble nun einen klaren Raumabschluss.
Mit dem Rückbau der letzten Brückenstruktur erhalten die Bewegungsströme im Quartier wieder vielfältige und freie Zirkulationsmöglichkeiten. Der Ort selbst ist schlussendlich wieder bodenständig: in und mit der Stadt verankert statt über sie hinwegzuschweben.
Lageplan 1:1000

Lageplan 1:1000

Lageplan Phase1, 1:250

Lageplan Phase1, 1:250

Blick vom westlichen Königsplatz

Blick vom westlichen Königsplatz

Blick vom östlichen Königsplatz

Blick vom östlichen Königsplatz

Zukünftiger Blick von der Marienstraße

Zukünftiger Blick von der Marienstraße