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Award / Auszeichnung (auch für Studenten) | 05/2011

Architektur mit Energie 2011

TILTING SHELL

TILTING SHELL

Tilting Shell, Kontorhaus Holzbrücke

Auszeichnung

Preisgeld: 6.000 EUR

Inga Sörensen

Architektur

Erläuterungstext

Für das Kontorhaus Holzbrücke wurde ein Energiekonzept mit multifunktionaler Fassade entworfen:
Der Bestand von 1959 wird durch die Aufstockung des Westtraktes im städtischen Raum präsenter. Beide Gebäudeteile werden durch den offenen Erschließungsraum verbunden und können separat vermietet werden. Der bestehende Fernwärmeanschluss, eine Absorptionskältemaschine und die Regenwasseraufbereitung bilden neben der multifunktionalen Fassade die wichtigsten Komponenten für die Optimierung der Energiebilanz. „Tilting Shell“ - eine hochwertig gedämmte Hülle wird in Form einer polyvalenten Doppelfassade hergestellt. Fassadenintegrierte Photovoltaik und auf die Orientierung des Gebäudes abgestimmte Sonnen- und Schallschutzelemente reagieren auf die lokalen Verhältnisse und die Anforderungen des Nutzerkomforts.

Während die Baubranche im Nahen Osten und in Asien boomt und dort sowohl Wohngebäude als auch repräsentative, öffentliche und Verwaltungsgebäude in Rekordzeit entstehen, fließen die Bauinvestitionen in Deutschland bereits zu 30 Prozent in bestehende Objekte. Franz Klinger, Partner Real Estate bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte in München, prognostiziert, dass 2015 schon 70 Prozent der Gelder in sanierungswürdige Bauten fließen.
Vor dem Hintergrund stark ansteigender Rohmaterialpreise und dem Wunsch sich von fossilen Brennstoffen unabhängig zu machen wird in diesem Projekt ein Verwaltungsgebäude saniert. Die Auseinandersetzung mit dem Bestand und der damit kombinierten Anwendung modernster Technik stellt die größte Herausforderung dar.
Das gewählte Grundstück befindet sich in der Hamburger Altstadt zwischen einer der Hauptverkehrsachsen, der Willy-Brandt-Straße, und dem Nikolaifleet, dem Hauptmündungsarm der Alster. Nördlich der Cremon-Halbinsel, gegenüber dem Hopfenmarkt gelegen und in unmittelbarer Nähe zur Ruine der St. Nikolai Kirche bildet das Eckgebäude an der Kreuzung zur Holzbrücke eine markante Kubatur.
Der Fassadenentwurf als Teil des Energiekonzeptes optimiert Wärmeverluste und Raumkonditionierung unter dem Aspekt der Behaglichkeit für den Nutzer. Dabei wird eine neue Identität an prominenter Stelle im Stadtraum geschaffen. Die Sanierung des Objektes wird für derzeitige und spätere Mieter ein zeitloses Erscheinungsbild sowie flexible Nutzungsmöglichkeiten bieten.
Die Analyse des Grundstücks umfasst die mögliche Nutzung des Oberflächenwassers, des Grundwassers und der Installation von Erdsonden. Aus den gegebenen Rahmenbedingungen und wirtschaftlichen Aspekten zeigt sich für dieses Objekt die Nutzung der vorhandenen Fernwärme mit einem Primärenergiefaktor von 0,568 als adäquate Lösung.
Die Planung sieht eine Aufstockung, genauer gesagt die Schließung des sechsten Obergeschosses, vor. Der Baukörper ist damit im urbanen Raum präsenter und wird der Funktion als umleitendes Element gerecht. Energetisch gesehen bietet die Kompaktheit ebenfalls weitere Vorteile.
Bereits aus der Entfernung von 500m ist die Westfassade erkennbar. In diesem Entwurf bildet diese Ansicht ein bewegtes Relief, welches sich in die horizontale Ordnung des Bestandes eingliedert.
Die vertikale Erschließung befindet sich zentral zwischen dem West- und dem Osttrakt. Barrierefreiheit ist durch die neu geplante, vorgelagerte Rampe entstanden. Beim Betreten des Foyers gelangt man zunächst in eine zweigeschossige Filterzone, die den Straßenraum mit der Fassade des Fleetufers verbindet. Die Erweiterung des Eingangsbereiches durch den Raum um die Rampe und die Galerie im ersten und zweiten Obergeschoss bilden einen repräsentativen Charakter und ermöglichen es, ein Corporate Design zu zeigen. Der gesamte Erschließungstrakt soll als visueller Kommunikationsraum fungieren. Durch vor- und zurückspringende Geschossdecken und Stege entstehen Blickbeziehungen zwischen den verschiedenen Ebenen.
Das Lüftungskonzept für das Gebäude resultiert aus den neu optimierten Bürogrundrissen und der Vorgabe eine möglichst effiziente Wärmerückgewinnung zu gewährleisten. Im Westrakt funktioniert die Lüftung dezentral über fassadenintegrierte Geräte während der Osttrakt Zu- und Ablufträume unterscheidet und diese zentral als System anbindet.
Die aus der Grundstücksanalyse ermittelte Schallbelastung der West- und Nordfassade des Objektes von 80 dB resultiert in dem Entwurf einer Doppelfassade. Die Behaglichkeit eines Raumes wird nicht ausschließlich von thermischen Aspekten bestimmt. Die Hauptkriterien für diese Entscheidung sind damit der Schallschutz für die Nordfassade und der Sonnen- und Wärmeschutz für die Südfassade. Der Fassadenentwurf für den Westtrakt kombiniert konstruktiven Sonnenschutz mit der zweiten Fassadenhaut. Die sich drehende Kippbewegung der Fassadenbänder resultiert aus den Anforderungen der unterschiedlich orientierten Räume. Die Südfassade bietet baulichen Sonnenschutz durch das gesenkte opake Fassadenband. Der Winkel bietet eine optimale Verschattung. Im Norden ist dieses Element angehoben und in die entgegen gesetze Richtung geneigt um möglichst viel diffuses Licht eindringen zu lassen. Die Brüstung funktioniert als Schallabsorber und Sichtschutz zur Straße. Die Westfassade bildet den Verlauf von Norden nach Süden als sanfte Kippbewegung ab und wird damit zum optischen Anziehungspunkt.
Die innere Fassade ist zu allen Himmelsrichtungen identisch ausgebildet. Der Geschossdecke vorgelagert ist eine zentrale Schiene, an welcher die Elementfassade zusammengefügt wird. Die äußere Konstruktion funktioniert vollkommen autark und wird an einer einheitlichen Konsole installiert.

Beurteilung durch das Preisgericht

Im Rahmen der energetischen Sanierung eines bestehenden Verwaltungsgebäudes in Hamburg wurde untersucht, in welcher Form sich Effizienzsteigerung und Fragen der Nutzung von Umweltenergien in gestalterisch überzeugender Weise in Einklang bringen lassen. Eine hochwertig gedämmte Hülle wird in Form einer polyvalenten Doppelfassade hergestellt. Fassadenintegrierte Photovoltaik, sowie auf die Orientierung des Gebäudes abgestimmte Sonnen- und Schallschutzelemente reagieren auf die lokalen Verhältnisse und die Anforderungen des Nutzerkomforts. Die Arbeit überzeugt durch den hohen Durcharbeitungsgrad, der energetischen Analyse und der konstruktiven Umsetzung, wobei der Aspekt der Tageslichtnutzung leider wenig berücksichtigt blieb. Neben dem funktional und energetisch anspruchsvollen Umgang mit dem Gebäudebestand, nutzt die Bearbeiterin die Chance aus der gezielten Nutzung von Umweltenergien heraus die gestalterische Qualität des Gebäudes zu entwickeln. Abgerundet wird das Gebäudetechnikkonzept durch eine integrierte Wasseraufbereitungsanlage und der hierdurch ermöglichten Regenwassernutzung sowie durch die Energiebereitstellung mittels Fernwärme in Kombination mit einer Absorptionskältemaschine.
Lage an der Kreuzung Willy-Brandt-Straße und Holzbrücke

Lage an der Kreuzung Willy-Brandt-Straße und Holzbrücke

Aufstockung macht den Westtrakt im städtischen Raum präsenter

Aufstockung macht den Westtrakt im städtischen Raum präsenter

Bestand Baujahr 1959

Bestand Baujahr 1959

Funktionen der Fassade

Funktionen der Fassade

Polyvalente Fassadenkonstruktion

Polyvalente Fassadenkonstruktion

Elementierte Doppelfassade

Elementierte Doppelfassade

Eindruck bei Nacht

Eindruck bei Nacht

Energiekonzept

Energiekonzept

Raumkonditionierung

Raumkonditionierung

Grundrissoptimierung

Grundrissoptimierung