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Sonstiges Vergabeverfahren | 02/2011

Neubebauung des Sanierungsgebiets Ketschenvorstadt Nord und Süd

1. Rang / Ketschenvorstadt Süd

NEUMANN & HEINSDORFF ARCHITEKTEN

Architektur

ver.de Landschaftsarchitekten Stadtplaner Partnerschaftsgesellschaft mbB

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

In den Ketschengärten
Das Areal der heutigen Ketschenvorstadt war bis in die Mitte des 19.Jahrhunderts geprägt durch die Nutzgärten der westlichen Ketschengassenbebauung. Die im 19. Jahrhundert angelegten Straßenkanten und Blockränder entlang der verkehrsreichen Goethestrasse erscheinen heute durch den unvollständigen Wechsel vom ehemaligen Gartenland zu einer geschlossenen Bebauung nur bruchstückhaft umgesetzt. Gleichwohl waren wir vom idyllischen und friedlichen Charakter der noch verbliebenen Gärten angetan und haben es uns zum Ziel gesetzt, die besondere Atmosphäre in einer zukünftigen Bebauung zu bewahren.

Dem städtebaulichen Rahmenplan folgend wird zunächst das Grundstück an der Goethestrasse mit einem Vorderhaus besetzt. Es stellt sich in eine Reihe mit den neugotischen Solitären, bildet den Abschluss des Grundstücks zur Strasse und hat zudem die Aufgabe, die Zu- und Abfahrt der neuen Quartierstiefgarage aufzunehmen. Während das Strassenhaus also ganz bewusst die städtebauliche Kontinuität mit einer Strassenrandbebauung sucht, ergeben sich im neu geschaffenen Blockinnenbereich, den Abriss der bestehenden Bebauung vorausgesetzt, ganz neue Möglichkeiten. Dem eingangs erwähnten Gartencharakter entsprechend schlagen wir die Bebauung mit sechs kleineren, locker platzierten Einzelbaukörpern, den Gartenhäusern vor. Durch ihre Kleinmasstäblichkeit und starke Aufgliederung heben sie sich von der Blockrandbebauung klar ab, so dass vermieden wird, die tradierte und aufwendig gepflegte Stadtstruktur zu verwischen. Gleichzeitig stellen sie eine günstige Möglichkeit dar, das relativ lange Grundstück sinnvoll zu nutzen ohne es mit einem einzigen Baukörper zu besetzen. Die im städtebaulichen Konzept vorgesehene Durchwegung der Gärten von der Casimirstasse bis zur Kuhgasse sehen wir als eine intime Durchquerung, die im wesentlichen den Bewohnern des Blocks zu gute kommen soll. Einem Wirtschaftsweg gleich ist sie daher eng gefasst mit Hecken zu beiden Seiten, die Zugänge beinahe versteckt. Von diesem Weg werden die neuen Gartenhäuser, die Mietergärten der westlichen Ketschengassenbebauung und die Reihenhäuser im nördlichen Bereich des Areals fussläufig erschlossen. Im Bereich des Tiefgaragenaufgangs erweitert sich der Weg zu einem kleinen Anger, der als Nachbarschaftstreff mit Sitzbänken für die Bewohner oder als Spielplatz ausgestaltet werden könnte.

Die versetzt gestellten Gartenhäuser staffeln sich von Innen nach Aussen von drei Geschossen auf ein Geschoss ab. Dabei können die Dächer können als Dachterrassen genutzt werden, so dass jede Wohnung einen großzügigen Freibereich erhält. Die Gartenhäuser sind untereinander teilweise verbunden und ermöglichen so vielfältige Wohnsituationen mit, das Bild vom eigenen Haus aufnehmend, meist separaten Zugängen von aussen. Die Wohnungen sind konsequent barrierefrei, zu einem größeren Teil auch rollstuhlfahrergerecht vorgesehen und haben einen direkten Zugang zur Tiefgarage. Die einfach gehaltenen Baukörper werden geprägt durch präzise gesetzte Fensteröffnungen, die den Blick in die Gärten, nicht aber auf die unmittelbar angrenzende Wohnung erlauben. Baukonstruktiv schlagen wir die Gartenhäuser in Massivholzbauweise mit einer hochwärmedämmenden, hinterlüfteten Putzfassade vor. Dies ermöglicht einen geringen Energiebedarf in Herstellung und Betrieb und lässt sich je nach haustechnischer Ausstattung sinnvoll bis zu einem Passivhaus gestalten. Das Strassenhaus wird in konventioneller Massivbauweise mit Mauerwerkswänden und weitgespannten Betondecken vorgesehen. Im Mittelpunkt der Planung steht hier die flexible Anpassung an die Nutzerbedürfnisse, so dass die Einbauten auf ein notwendiges Mindestmaß reduziert sein könnten.

Beurteilung durch das Preisgericht

Dieser Beitrag bietet im Vergleich zu anderen Vorschlägen für diesen Bereich einen überraschend anderen Ansatz, der im Gremium lange diskutiert und letztlich positiv beurteilt wurde.
Das auf einzelne Wohnkuben unterschiedlicher Dimensionen aufgeteilte Programm fügt sich ohne Härten und ohne „Vorder-/Rückseiten“ aufzubauen in den parkartigen Grünraum der „Ketschengärten“ ein. Dadurch wird eine räumliche Konfrontation mit den unattraktiven Rückseiten der südlichen Bestandsbebauung vermieden und der Charakter des Grünraums bis an dessen südliche Grenzen bewusst gemacht.
Die Baukörperkuben sind im Inneren auf den oberen Geschossebenen intelligent und erlebnisreich miteinander verkoppelt, sodass sich deren Wohnqualität über Freiterrassen, die zum Teil auf die benachbarten Dachflächen übergreifen, noch erhöht. Damit verbunden ist der Vorschlag einer äußerst ökonomischen - weil nur einer zentralen Vertikalerschließung. Innerhalb der Bebauung an der Goethestraße ist ein Satteldachgebäude vorgeschlagen, welches angesichts der kompromisslos kubischen Auffassung des Konzeptes als befremdliches Zitat wirkt, aber verstanden werden kann, wenn sich diese Thematik in Zukunft auch bei der nördlich anschließenden Baulücke konsequent fortsetzen lässt.
Stark diskutiert wurde der Aspekt der Wirtschaftlichkeit dieses bemerkenswerten Ansatzes hinsichtlich seiner Verhältnismäßigkeit bezogen auf Wohnungsanzahl, Geschossfläche, Kubatur und Hüllfläche, die einer vertieften Überprüfung bedarf.
Letztlich ausschlaggebend dafür, das dieser Beitrag mit 6:2 Stimmen auf Rang 1 gesetzt wurde, war nicht zuletzt das Plädoyer des Auftraggebers für ein hoffnungsvolles Projekt, welches aus seiner Sicht große Potentiale für eine in Coburg bislang nicht bekannte Wohnform beinhaltet, die auch gehobenen Nutzungs- vorstellungen entgegen kommt.
Die Jury kommt einstimmig zu der Überzeugung, dass diese Arbeit zur Grundlage des weiteren Planens und Bauens gemacht werden soll und empfiehlt diese dem Auslober zur Realisierung.