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Nichtoffener Wettbewerb | 08/2011

Erweiterung der Stadthalle Chemnitz zum Tagungs- und Kongresszentrum

Blick vom Wall

Blick vom Wall

1. Preis

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Architektur

Erläuterungstext

Ein zentrales, stadträumliches Defizit im Bereich der Stadthalle stellt heute die Situation am Anlieferhof dar. Nach dem Wiederaufbau der Altstadtstruktur „präsentiert“ sich diese Rückseite, von der Altstadt durch eine Stützmauer getrennt, in einer wichtigen Sichtverbindung zwischen Rathausturm und Hotel-Hochhaus. Von der Theaterstraße wird die Ansicht von breiten Auf- und Abfahrten dominiert.
Zentrales Anliegen des Entwurfes ist, einen Brückenschlag zur Altstadt herzustellen, die stadträumliche Wirkung zur Theaterstraße zu verbessern und dabei den Solitären Charakter der Stadthalle nicht zu verwässern.

Adresse Altstadt
Den Eingängen „Theaterstraße“ und „Stadtpark“, welche den beiden Sälen zugeordnet sind, wird durch die Erweiterung ein weiterer, zur Altstadt orientierter Zugang „Am Wall“ hinzugefügt. So entstehen drei ganz unterschiedliche Eingänge, welche die drei Bereiche der Stadthalle repräsentieren.
Das Heranführen des Solitärs an die Altstadt lässt den Betriebhof verschwinden und wertet den Wall als Begrenzung der Altstadt deutlich auf. Auch aus der Altstadt heraus entstehen neue urbane Qualitäten. Vom Rathaus kommend bewegt man sich nun nicht mehr auf eine Stützmauer und den Anlieferhof zu sondern wird direkt zum Eingangsfoyer des neuen Tagungs- und Kongresszentrums geführt.

Der weitergedachte Solitär
Die Stadthalle wird dabei aus ihrer eigenen Logik heraus erweitert. Das bestehende Raster wird weitergedacht, sodass sich der solitäre Baukörper in seiner eigenen Struktur in den Wall „hineinschiebt“ und dort als Teil des Stadthallenensembles lesbar bleibt. Der große Konferenzsaal zeichnet sich analog der beiden bestehenden Säle als vertikale Akzentuierung in der Gesamtfigur ab.
Gleichzeitig wird mit der Erweiterung aber den Fassadenthemen, Glas, Porphyr und Betonformstein mit dem durchlaufenden Vorhangband ein eigenes Thema hinzugefügt, wodurch die Erweiterung als neu hinzugefügter Teil deutlich erkennbar ist.

Das Ringfoyer
Dieses Band symbolisiert zugleich die innere Struktur. Das lang gestreckte Foyer, das bei Bedarf auch durch verschiedene Tagungssäle vergrößert werden kann, verbindet die beiden Enden der bestehenden Foyers am großen und kleinen Saal und stellt somit einen durchgehendes, ringförmiges Foyer her.
Das Foyer bindet im Erdgeschoss an das Hauptfoyer an, führt von dort ins Obergeschoss, von wo es im kleinen Foyer wieder nach unten geführt wird.
Dieses Ringfoyer bietet die größtmögliche Flexibilität im Inneren. Die drei Funktionsbereiche können somit einzeln und unabhängig voneinander betrieben aber auch beliebig untereinander kombiniert werden.

Die vorgegebenen Raumgrößen der Tagungssäle bildeten die Entwurfsgrundlage für ein sehr flexibel gestaltbares Innenraumkonzept. Die einzelnen Tagungsräume sind zum Großteil auf einer Ebene angeordnet und können als Erweiterung dem Foyer zugeschaltet, aber auch untereinander zu unterschiedlich großen Sälen kombiniert werden.
Charakteristischstes architektonisches Element, sowohl im Innenraum, als auch an der Fassade, sind die schweren, samtigen Vorhänge. Sie definieren den räumlichen Bezug der Säle sowohl zum Foyer, als auch zum Außenraum und bieten einen wandelbaren Charakter der einzelnen Säle, je nach Art der Veranstaltung.
Die Säle sind so orientiert, dass über das durchlaufende Fensterband von jedem Saal aus ganz unterschiedliche Ausblicke möglich sind. So bieten sich Blicke in die Altstadt, zum „Roten Turm“ oder in Richtung Theaterstraße, aber auch der Ausblick zur Wabenfassade des großen Saales macht dieses imposante Architekturdetail zu einem gestaltbildenden Element des neuen Innenraumes.

Um den Betriebhof zu überbauen wird die Erweiterung als Brückenkonstruktion errichtet. Die Höhe des Tragwerks reicht über die gesamte Gebäudehöhe und macht zusammen mit den raumhohen Vorhängen die architektonische Erscheinung des Gebäudes aus.

Die Brückenkonstruktion liegt auf Betonkernen und Stützen auf, die so angeordnet sind, dass sie die Funktionalität des Betriebhofes nicht einschränken. Die bestehende Anlieferung mit ihren drei Ladeplätzen wird um eine zusätzliche Anlieferung für den Konferenzbereich ergänzt. Die Busstellplätze können ebenfalls im Betriebshof erhalten werden. Lediglich die bestehenden PKW-Stellplätze müssen hier entfallen, was aber mit Blick auf das unmittelbar angrenzende, große Parkhaus ein lösbares Problem darstellen sollte.

Die Fassade besteht aus vorgehängten Fassadenplatten aus Textilbeton. Dieses Material erlaubt den Einsatz von großen Formaten, die farbgleich verfugt ein durchlaufendes Band ergeben. Im Bereich der Verglasung wird dies durch eine Pfosten-Riegel-Konstruktion mit verdeckt liegenden horizontalen Andruckleisten und einer unsichtbaren Befestigung der vertikalen Glasfugen durch Wind-Sog-Halter erreicht. Das Glas liegt in der gleichen Ebene wie die Fassadenplatten. Die neue Fassade nimmt sich in ihrer Detaillierung gegenüber dem Bestand stark zurück und betont so zusätzlich ihre Eigenständigkeit.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Verfasser greift die Linienführung und Proportionierung des Bestandsgebäudes auf und fügt den Ergänzungsbau harmonisch in den Bestand ein. Gleichzeitig gelingt städtebaulich eine interessante Arrondierung der Wallanlage und eine bauliche Neuordnung des Betriebshofes. Insbesondere hervorzuheben und sehr positiv ist die neue Zugangssituation vom Niveau der Wallanlage sowie die fließende Anbindung an Hauptfoyer und Kongresszentrum ohne schwerwiegende bauliche Eingriffe in den Bestand.
Die Tagungsräume sind über 3 Ebenen verteilt und alle tagesbelichtet und mit attraktiven Blickbeziehungen in die Stadt bzw. wichtige Sichtachsen ausgestattet. Über das Obergeschoss ist eine Anbindung auch an den kleinen Saal möglich. Insofern ist eine große Variabilität der Zugangs- und Zuschaltungsmöglichkeiten der Veranstaltungsbereiche gewährleistet. Die Flexibilität der Raumgrößen und deren Unterteilbarkeit sowie Abschließbarkeit ist ausgesprochen günstig, die Zuschaltbarkeit von Verkehrsflächen geschickt.
Problematisch ist die Möblierbarkeit der Säle in der dargestellten Geometrie. Obwohl die Struktur aus der speziellen Dreiecksgeometrie des Bestandsbaus entwickelt ist, kann der Verfasser eine eigenständige Handschrift hinzufügen, die sich harmonisch verhält und den Bestand „auffrischt“ und aufwertet. Die eingereichten Ansichten und Perspektiven veranschaulichen die zurückhaltende architektonische Haltung sehr gut.
Die mühelose Verknüpfung der unterschiedliche Niveaus von Park und Wallanlage im Inneren wie im Äußeren ist sehr attraktiv. Die Qualität des neuen Außenraumes mit dem Stadthallenbrunnen ist hoch und dennoch mit angemessenen reduzierten architektonischen Mitteln zu erreichen. Insgesamt ist die Achtung des Verfassers für das Bestandsensemble zu würdigen. Der Entwurf nimmt sich zurück, ohne auf eine selbstbewusste und tiefgreifende Umbaulösung zu verzichten.
Überarbeitungsbedarf wird für die Zufahrtssituation des Betriebshofes gesehen. Der vorgesehene „Brückenpfeiler“ zur Abgrenzung des Wirtschaftshofes ist im Detail auf die funktionalen Erfordernisse der Anlieferung abzustimmen. Die öffentliche Durchwegung des gesamten Betriebshofes wie bisher, wird nicht mehr möglich sein.

Denkmalpflegerische Stellungnahme

Sehr akzeptable Lösung einer sehr gut eingefügten Ergänzungsbebauung. In der Hauptfassade selbstbewusst wirksam, ohne die Hauptansicht der Stadthalle und die Baukörperstaffelung zu überlagern bzw. zu beeinträchtigen, trotzdem funktionell gut an Hauptfoyer angebunden. Lichthöfe und Einbeziehung der Betonstrukturwände werden positiv bewertet.
lageplan

lageplan

Grundriss EG

Grundriss EG

Grundriss EG

Grundriss EG

Ringfoyer

Ringfoyer

Ansicht Süd-West

Ansicht Süd-West

Ansicht Süd-Ost

Ansicht Süd-Ost

Ansicht Nord-West

Ansicht Nord-West

fassadendetail

fassadendetail