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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2011

Wohnen am Alexanderplatz in Berlin

SCHALTRAUM ARCHITEKTUR - Eckbetonung als Gegenüber zum Office-Tower

SCHALTRAUM ARCHITEKTUR - Eckbetonung als Gegenüber zum Office-Tower

Teilnahme

Schaltraum Dahle - Dirumdam - Heise Partnerschaft von Architekten mbB

Architektur

Erläuterungstext

Idee und Architektur
Im Kontext der vom sozialistischen Erbe der sechziger und siebziger Jahre geprägten überwiegend zwölfstöckigen Plattenbauten soll eine verdichtete Wohnbebauung mit hoher architektonischer Identität entstehen. Die großmaßstäbliche lineare Zeilenbebauung wird in diesem Zuge neu interpretiert. Durch Knicke und starke Variationen in der Anzahl der Etagen werden Hof- wie Strassenraum vielfältig zoniert und akzentuiert, die Großform einer geschlossenen Bebauung jedoch beibehalten.
Die Verformung folgt dabei den Grundsätzen einer bestmöglichen Belichtung aller Wohnungen, einer überwiegenden Orientierung der Wohnungen in Nord-Süd-Richtung und der Schaffung von attraktiven Aussenbereichen im Strassenraum, im Hofbereich und in Form einer Gemeinschaftsterrasse. Darüber hinaus sorgt sie für eine hochwirtschaftliche Ausnutzung des Grundstücks unter den Gegebenheiten der möglichen Abstandsflächen.
Aus städtebaulicher Sicht wird durch die Abstaffelung und Ausbildung des Hochpunkts an der Kreuzung von Georgenkirchstraße und Barnimstraße ein signifikantes Gegenüber zum Officetower gesetzt, ohne daß ein weiterer Hochpunkt im Block bzw. im Quartier entsteht. Der zweigeschossige Übergangsbereich zum Etap-Hotel wird in Form der Ausbildung eines Sockelbereichs aufgenommen.
Offene Wohnungen im Bereich mittlerer Wohnungsgrößen von 60 bis 130 m2, die dennoch Weitläufigkeit und eine reichhaltige Abfolge von Raumeindrücken offerieren, sind als Geschosswohnungen und Duplex-Wohnungen mit den in diesem Sockelbereich liegenden Ladengeschäften, Gewerbeeinheiten, öffentlichen und gemeinschaftlichen Nutzungen kombiniert und verbinden sich zu einem dichten typologischen Gefüge.
Der Vielfalt an angebotenem Wohnraum steht die vereinende Sprache der Architektur gegenüber. Rhythmische Wiederholungen von identischen Platten- und Fensterformaten nehmen das Regelwerk des Quartiers auf, übersetzen es jedoch zeitgemäß.
Die leicht geneigten Attikaabschlüsse verleihen dem Gebäude Eigenständigkeit innerhalb des ausschliesslich von Flachdächern geprägten Quartiers. Plastische Maßnahmen durch Substraktion und zusätzliche additive Elemente in Form der außergewöhnlichen Balkone sowie ein differenziertes Öffnungsverhalten verleihen dem Baukörper Kraft und Autonomie am exponierten Standort.
Die präzise geschnittene Kubatur aus differenzierten Materialien im Sockelbereich – gefasste, aber dennoch lichte Eingangsbereiche, transparente Gewerbeflächen und der sich über zwei Ebenen erstreckende Kindergarten im Übergangsbereich zur Hotelbebauung - und den darüber liegenden Wohngeschossen, welche einheitlich mit einem natürlichen Plattenmaterial verkleidet sind, entwickeln eine klare und einprägsame Physiognomie und damit eine Subjektivität innerhalb des homogenen Gesamtgefüges. Während der Freiraum strassenseitig das Thema der kleinformatigen Grüninseln fortsetzt und um eine größere Insel als attraktiver Quartiersplatz in unmittelbarer Nähe zu den Zugängen ergänzt wird, heben sich auf der Hofseite Teile des Freiraums zum Gebäude hin halbgeschossig an, so daß diese differenzierte Topographie Eingänge, Wege und halböffentliches Grün wie selbstverständlich ausformt. Die Anhebungen oberhalb der Tiefgarage sorgen dafür, daß an diesen Stellen der Innenhof aufgrund der erhöhten Erdüberdeckung mit lichten Hainen von Bäumen und Sträuchern unterschiedlicher Blüten und bunter Herbstverfärbungen zu einem attraktiven Siedlungsgarten wird.

Gesellschaft und Wohnform
Im komplexen Metier des Geschosswohnungsbaus gilt es, eine Vielzahl von Interessen zu berücksichtigen. Neben Investor, Bauherr und den zum Zeitpunkt von Planung in der Regel unbekannten Mietern sind dies auf einer höheren Ebene das Quartier und die Stadt selbst. Die Bereitstellung von qualitativ hochwertigem Wohnraum in verdichteter Bauweise leistet immer einen Beitrag zur Stadtentwicklung, architektonisch wertvoller Wohnungsbau ist deshalb nicht zuletzt auch im Interesse einer Stadt.
Gerade Städte wie Berlin stehen derzeit vor der anspruchsvollen Aufgabe, ihr Wohnungsangebot den aktuellen Bedürfnissen anzupassen. Insbesondere junge Familien haben zunehmende Schwierigkeiten, auf dem Markt eine passende Wohnung zu finden und nicht in das Umland abwandern zu müssen, obwohl der Wunsch nach einem urbanen Umfeld besteht.
Der hier vorgeschlagene Wohnungsbau erschliesst Familien, vor allem den demographisch hoch vertretenen Zwei- bis Drei-Personen-Haushalten erschwinglichen Wohnraum in innerstädtischer Lage mit Wohnungsgrößen von 60 bis 130 m2.
Damit wird der Singularisierung und der Verkleinerung der durchschnittlichen Haushaltsgröße Rechnung getragen, ungeachtet dessen jedoch die soziologisch nachhaltige Wertschätzung für die Familie – gleich welcher Art – als Lebensform beibehalten und ungeachtet aller Prognosen, Debatten und Untersuchungen bzgl. der schrumpfenden Mittelschicht genau für diesen zahlenmässig immer noch grössten Teil der Bevölkerung Wohnraum in einer in Berlin hochattraktiven zentralen Lage angeboten, welche in den kommenden Jahren aufgrund von notwendigen Umstrukturierungen, Sanierungen und Veränderungen des unmittelbaren Wohnumfelds noch deutlich an Qualität gewinnen wird.
Die komplette Ausbildung des Erdgeschosses als Gewerbefläche mit verschieden großen Einheiten unterstützt eine mögliche Verbindung von Wohnen und Arbeiten, verfolgt aber die für Berlin klassische Teilung und bietet in den Obergeschossen reine Wohnflächen an. Der vorgeschlagene Kindergarten hilft, Familie und Beruf besser vereinbaren zu können.
Ein großer Gemeinschaftsraum mit Anschluss an den Mietergarten mit Spielplatz und Mieterbeeten auf der Dachterrasse soll die Gemeinschaft und Identifikation der Bewohner mit dem Gebäude stärken.
Angestrebt ist Ökologisches Wohnen, welches sich auch in der Gestaltung der gewählten Oberflächen widerspiegelt. Hierbei geht es nicht zuvorderst um die Verwendung rein ökologischer Baustoffe, jedoch um die auch nach außen wirksame Lesbarkeit als ein Wohngebäude, welches mindestens Niedrigenergiestandard aufweist und regenerative Energieformen nutzt.

Wohnraum und Nutzungsverteilung
Mit der Überplanung dieses zentral gelegenen Grundstücks in Berlin entsteht die Chance, ein ökologisches Wohnareal für Familien zu entwickeln, die gemeinschaftlich sehr urban wohnen und ein Miteinander entwickeln wollen, das über die übliche Form von Nachbarschaft hinausgeht und durch die Qualität und Vielfalt der angebotenen Wohnungen vor allem eine langfristige Bindung der Mieter an ihre Wohnung erzeugt.
Ziel ist die Schaffung von kostengünstigem, jedoch großzügigem Wohnraum von hoher Qualität als einfache und flexible Baustruktur mit modernster Infrastruktur.
Im Erdgeschoss befinden sich die Hauseingänge, die Personenzugänge zur Tiefgarage, Gewerbeeinheiten, Gastronomienutzungen, Ladengeschäfte zur Nahversorgung und eine Kindertagesstätte. Dabei wird in der Materialität und dem Öffnungsanteil unterschieden zwischen den polygonal geformten, überwiegend geschlossenen Bereichen mit Zugängen von Strassen- und Hofseite samt Vertikalerschliessungen, Abstellmöglichkeiten für Fahrräder, Kinderwagen und den Nebenräumen der Gewerbeflächen sowie den Gewerbeflächen selbst, die zur Strassenseite großflächig verglast sind und zur Hofseite über Lichtbänder verfügen.
Die vier Treppenräume liegen alle an der Fassade, so dass natürliches Licht bis in die Wohnungszugänge fällt. Jede Wohnung ist barrierefrei zugänglich, die Aufzüge reichen von der Tiefgarage mit 61 Stellplätzen bis in alle Geschosse, auch die Gemeinschaftsterrasse ist per Aufzug erreichbar.
Eine Qualifizierung des über die Hoffläche hinaus gehenden Freiraums erfolgt über wohnungsbezogene und gemeinschaftliche Aussenflächen; alle 77 Wohneinheiten verfügen über einen privaten Aussenraum in Form eines Balkons mit Südorientierung, im obersten Geschoss befindet sich bei einigen Wohnungen der private Aussenraum eingeschnitten in das Innere des Gebäudevolumens. Diese eingestanzten, introvertierten Innenhöfe erweitern den Wohnraum auf unkonventionelle Weise und strukturieren darüber hinaus als wichtiger Bezugspunkt den Grundriss. Das mit einem großen Holzdeck, einem Spielplatz und Mieterbeeten ausgestattete „grüne Zimmer“ als Freibereich des Gemeinschaftsraums auf dem abgestaffelten Dachteil des fünften Geschosses ist eine sehr urbane Interpretation einer Stadt-Landschaft und ergänzt das attraktive Freiraumangebot der Umgebung in Form des Volksparks Friedrichshain als Grünraum mit großer Naherholungsqualität.
Die im Lichten 2,80m hohen Wohnungen auf einem Geschoss sind jeweils verschieden geschnitten und bieten andere Qualitäten an, konstant sind jedoch die bodentiefen Öffnungen in mindestens zwei Himmelsrichtungen, die Differenzierung der Räume und die aufgrund des offenen Raumkonzepts weit reichenden Sichtbezüge.
Die innenarchitektonische Gestaltung ist schlicht, reduziert und funktionell und erlaubt eine Aneignung durch die jeweiligen Mieter. Raum- bzw. Zimmereinteilungen sind durch die tragenden Außen- und Wohnungstrennwände, die zudem über eine sehr gute Schalldämmung verfügen, ohne große bauliche Maßnahmen veränderbar, so daß die Wohnungen anpassungsfähig für zukünftige Anforderungen sind. Auch das Zusammenschalten kleiner Wohnungen über die Geschosse zu Duplexwohnungen ist durch die bauliche Struktur im Nachhinein möglich und für einige Wohnungen ohnehin vorgesehen.
Die in allen Zimmern über Fußbodenheizungen temperierten Wohnungen leben von der präzisen Unterscheidung in halbprivate und private Bereiche: Küche und Wohnzimmer sind offen an den Eingangsbereich angeschlossen, die Schlafzimmer hingegen sind deutlich vom Grossraum getrennt und markieren so einen abnehmenden Grad an Öffentlichkeit.
Die Positionierung der Küchen-Bad-Kuben ermöglicht diese Zonierung der Wohnungen in Nutzungsbereiche, gleichzeitig ist über deren Anordnung die natürliche Belichtung und Belüftung aller Bäder ebenso wie die Anbindung der haustechnischen Medien über die vertikalen Verteilerschächte gewährleistet. Im unmittelbaren Anschluss an die Küchenbereiche ist eine Abstellkammer vorgesehen, welche die zu den Wohnungen gehörenden Mieterkeller im Untergeschoss ergänzt.
Als Aussenhülle dient eine hinterlüftete Fassade mit vorgehängter Plattenverkleidung und eingeschnittenen bodentiefen Verglasungen als Mix aus Festverglasung und Öffnungsflügeln mit wiederkehrenden Formaten, die unterschiedlich große Öffnungen ausbilden.

Nachhaltigkeit und Materialität
Das Wechselspiel von architektonischer Offenheit durch Glasfronten und Privatheit durch geschlossene Elemente orientiert sich an der starken Nord-Süd-Ausrichtung des Baukörpers. Die Südorientierung sorgt für passive solare Wärmegewinne. Eine reflektierende, helle Materialität der Fassaden, Sonnensegel auf den Balkonen, und der Gemeinschaftsterrasse sowie Markisen vor den Ladengeschäften der Erdgeschosszone vermindern eine zu große Aufheizung.
Die Auswahl der Baustoffe erfolgt nach folgenden Kriterien:
Wohngesundheit, Umweltverträglichkeit, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit.
Die innere Dämmung der Fassaden kann bspw. mit Zellulose-dämmstoff befüllt werden, welcher aus recyceltem Material wie Zeitung und Naturfasern besteht.
Durch Wärmedämmung, wärmebrückenfreie Konstruktionen, hohe Winddichtigkeit und zugluftfreie Lüftung mit Wärmerückgewinnung wird ein energieeffizienter Standard angestrebt.
Falls die Rentbilität gegeben ist, kann ein Blockheizkraftwerk den Wohnbau und ggfls auch den Officetower und das Hotel mit Strom und Wärme versorgen. Alternativ besteht die Möglichkeit, mittels Erdsonden bzw. über Solarthermieanlagen die Heizungsversorgung, Brauchwassererwärmung und Stromerzeugung zu gewährleisten. Auftretende Spitzen können über zusätzlich installierte Brennwert-Gasheizungen aufgefangen werden. Einzelne Fotovoltaikanlagen unterstützen die Energieeinspeisung in das öffentliche Stromnetz und senken so die Verbrauchskosten.
Aufgrund der Höhenstaffelungen und der damit verbundenen Ausbildung der Dachaufsichten als fünfte Fassade ist eine großflächige Dachbegrünung der Flachdächer vorgesehen. Diese bildet wertvolle Biotope in der Stadt, verbessert die Luft, bindet Staub und filtert Luftschadstoffe, hält in gewissem Umfang Niederschläge zurück, verlängert die Lebensdauer des Daches, dient als Klimapuffer und schützt das Haus vor Hitze und Kälte.
Die partiellen Abstaffelungen sorgen für eine verbesserte natürliche Querlüftung und verhindern Hitzestauungen innerhalb des Hofbereichs. Vermehrte Wasser- und Grünflächen unterstützen diesen Kühleffekt. Zudem sorgen diese Auflockerungen bzw. Perforationen für eine optimale Belichtung des Blockinnenbereichs.
SCHALTRAUM ARCHITEKTUR - Blatt 1

SCHALTRAUM ARCHITEKTUR - Blatt 1

SCHALTRAUM ARCHITEKTUR - Blatt 2

SCHALTRAUM ARCHITEKTUR - Blatt 2

SCHALTRAUM ARCHITEKTUR - Blatt 3

SCHALTRAUM ARCHITEKTUR - Blatt 3

SCHALTRAUM ARCHITEKTUR - Blick aus der Georgenkirchstrasse

SCHALTRAUM ARCHITEKTUR - Blick aus der Georgenkirchstrasse

SCHALTRAUM ARCHITEKTUR - Blick aus dem Quartiershof

SCHALTRAUM ARCHITEKTUR - Blick aus dem Quartiershof

SCHALTRAUM ARCHITEKTUR - Blick aus der Luft

SCHALTRAUM ARCHITEKTUR - Blick aus der Luft