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Einladungswettbewerb | 10/2011

Evangelische Montessori Schulen Freiburg

1. Preis

Spiecker und Sautter Architekten BDA

Architektur

Krause Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Städtebau
Durch den Schulneubau werden die das Gebiet städtebaulich ordnenden orthogonalen Strukturen der nördlich angrenzenden Baufelder aufgegriffen. Er setzt damit eine Entwicklung fort, die in den letzten Jahren zu einer deutlichen Aufwertung des Gebietes geführt hat. Der markante 4-geschossige Auftakt schafft eine ablesbare Orientierung der Schule zur Merzhauser Straße.

Entwicklungskonzept
Die einzelnen Bauabschnitte entwickeln sich vom „Kopfbau“ an der Merzhauser Straße in Richtung Westen zur Oltmannstraße. Dadurch entsteht von Anfang an das öffentlich wirksame Erscheinungsbild der Schule. Der Baubetrieb kann von der Oltmannstraße aus erfolgen, ohne den Schulbetrieb wesentlich zu stören. Klar definierte Nahtstellen minimieren den Umbauaufwand und somit die Baukosten im Zuge der Erweiterungen.

Gebäudekonzept
Die zentralen Einrichtungen bilden den Auftakt der Montessori Schulen im Kopfbau. Durch mobile Trennwände können hier Aula, Speisesaal und Universalraum Musik zu einem großen Veranstaltungsraum für Schulfeste, Abschlussfeiern, Aufführungen etc. zusammengefasst werden. Der Speisesaal lässt sich problemlos nach Süden in den von der im 2. OG auskragenden Sporthalle überdachten Außenbereich erweitern. Diese vorgelagerte Terrasse kann dadurch auch witterungsunabhängig bei Veranstaltungen „mitbespielt“ werden. Die Sporthalle wird für die Nutzung außerhalb der Schulzeiten zusätzlich separat erschlossen.

Cluster:
Die Klassenbereiche schließen sich nach Westen in der ruhigeren Mitte des Grundstücks an. Die Fachunterrichtsräume bilden dabei das Rückgrat der Schulen und werden ausschließlich von Norden gleichmäßig und blendfrei belichtet. Der von jeweils vier Klassen zweiseitig umschlossene gemeinschaftliche Vorbereich bietet in jedem der Cluster die Möglichkeit zur individuellen Ausgestaltung und Nutzung. Die Garderoben sind diesem Bereich vorgeschaltet, so dass hier tatsächlich das wohnliche Montessori-Schulleben stattfinden kann. Die jedem Cluster zugeordnete große Terrasse/Loggia nach Osten bietet einen geschützten Bereich zum Lernen im Freien und stärkt die Idee der von vier Klassen gemeinschaftlich gestalteten und genutzten Organisationseinheit. Die Cluster bieten durch ihre Anordnung, Ausgestaltung und den eigenen Freibereich gleichermaßen Rückzugsmöglichkeit und Öffnung gegenüber den anderen Bereichen.

Freiraumkonzept
Die Freianlagen werden klar zoniert. Die Bereiche nördlich und westlich des Gebäudes werden der Erschließung zugeordnet, während südlich mit dem Schulhof und östlich mit dem Eingangsplatz verkehrsfreie Bereiche mit hoher Aufenthaltsqualität entstehen.

Erschließung:
Neben dem Hauptzugang des Schulgebäudes an der Merzhauser Straße entsteht entlang der Nordfassade eine Magistrale, welche die Schüler und Lehrer aus beiden Richtungen gleichermaßen aufnimmt und direkt zu den Clustern führt. Sowohl von der Merzhauser Strasse (Zufahrt Lehrer-Parken) als auch von der Oltmannstrasse (Hol-Bringdienste) sind Fußgänger und Radfahrer hier klar von der KFZ-Erschließung getrennt. Die Fahrradstellplätze sind unmittelbar den Clusterzugängen zugeordnet.

Schulhof:
Im Süden des Gebäudekomplexes liegt der Schulhof, der mit differenziert ausgebildeten Bereichen den altersbedingt unterschiedlichen Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler Rechnung trägt.
Die kammartige Struktur des Gebäudes lässt drei Innenhöfe entstehen. Jeder dieser Höfe kann entsprechend den Anforderungen der angegliederten Gruppen differenziert ausgestaltet werden. Im Erdgeschoss ist ein direkter Zugang über die Cluster-Terrassen gegeben. Ein hoher Anteil an Vegetation kombiniert mit unterschiedlicher Möblierung verleiht diesen Höfen einen beruhigenden Charakter, sie sollen zum Innehalten oder zu Freiarbeit außerhalb der Schulklasse einladen.
Über diese Höfe ist der Gemeinschaftsschulhof erschlossen. Kontrastierend zu den Innenhöfen bietet dieser Hof ausreichend Fläche für Bewegungsspiele und ausgiebiges Herumtoben. Zu seinen Schmalseiten hin geht die freie Fläche über in einen Hain aus blühenden Zierkirschen. Insbesondere der Kirschenhain, der der Mensa vorgelagert ist, kann an Schulfesten zu Möblierung im lichten Schatten genutzt werden.
Entlang des südlichen Randes reihen sich Schulgärten auf, die von den Kindern und Jugendlichen als Experimentierfeld genutzt und gepflegt werden können. Eingeschnitten in diese Gärten liegen kleine Zonen mit Tischen und Bänken, von denen aus das Treiben auf dem Schulhof beobachtet werden kann. Den Abschluss entlang dieser Grundstücksgrenze bildet eine begrünte Holzkonstruktion.

Energiekonzept
Der Neubau der evangelischen Montessori-Schulen in Freiburg wird in Passivhausbauweise und als „Nullemissionsgebäude“ realisiert. Um einen niedrigen Heizwärmebedarf zu realisieren und ein angenehmes Raumklima mit einer niedrigen Übertemperatur im Sommerfall zu verwirklichen sind folgende grundlegenden Rahmenbedingungen zu realisieren:

Wärmedurchgangskoeffizient der Bauteile <0,15 W/m2K
Wärmedurchgangskoeffizient Verglasung Uw <0,90 W/m2K
Heizwärmebedarf <15 kWh/m2a
Heizlast ca. 10-20 W/m2
Übertemperaturhäufigkeit <10%
Luftdichtheit des Gebäudes < 0,6 h^-1
Wärmerückgewinnungsgrad der Lüftungsanlage >80%
Außen liegende Verschattung bzw. Verschattung durch die Gebäudegeometrie

Gebäudehülle:
Die Gebäudehülle verfügt über einen sehr hohen Wärmeschutz mit Dämmstärken von ca. 20 cm bis 30 cm. Somit werden U-Werte <0,15 W/m2K erreicht. Die Fenster verfügen über wärmegedämmte Fensterrahmen mit 3-fach-Verglasung und einem (Uw) – Wert < 0,9 W/m²K. Die hohe Qualität der Verglasung sorgt im Winterfall für geringe Wärmeverluste wie auch für ein angenehmes Raumklima durch Vermeidung von Strahlungstemperatur-Asymmetrien in den Räumen durch hohe Oberflächentemperaturen der Fensterflächen.

Bei der Konzeption der Gebäudehülle wurde darauf geachtet, dass das Gebäude außerhalb der Heizperiode (März bis Oktober) konventionell natürlich belüftet werden kann. Die öffenbaren Fensterflügel wurden so konzipiert, dass diese nicht zu groß sind und somit, trotz schwerer 3-fach-Verglasung, noch gut bedienbar bleiben.

Lüftung:
Die Belüftung des Gebäudes erfolgt über zentrale Be- und Entlüftungsanlagen, die je nach Baufortschritt der einzelnen Bauabschnitte stufenweise ausgelegt und konzipiert werden. Hierbei erhalten die innenliegenden Bereiche mit belasteter Abluft (z.B. Nebenräume, WC‘s) eine Anlage mit rekuperativem Wärmetauscher mit einem Wärmerückgewinnungswirkungsgrad von > 80%. Die Klassenräume erhalten Anlagen mit regenerativem Wärmetauscher. Hierbei erfolgt eine Wärmerückgewinnung von >85% bei gleichzeitiger Feuchterückgewinnung von ca. 65%. Die Leitungsführung erfolgt in den Flurbereichen. Die regenerative Lüftungsanlage der Klassenräume wird nur in der Winterzeit und zusätzlich zur nächtlichen Auskühlung in den Sommermonaten betrieben. Durch diese Maßnahme kann der elektrische Bedarf der Lüftungsanlage gesenkt und optimiert werden.

Raumklima:
Aufgrund des hohen Wärmeschutzes sind die Grundvoraussetzungen für einen guten winterlichen und sommerlichen Wärmeschutz gegeben. Die massive Bauweise aus Stahlbeton und Kalksandstein führt zu einer hohen Gebäudeträgheit und somit zu einem angenehmen sommerlichen Raumklima.

Weiterhin wird durch außenliegende Verschattung und eine Beleuchtungssteuerung über eine präsenz- und tageslichtabhängige Regelung sichergestellt, dass Wärmeeintrag und innere Wärmequellen reduziert werden. Der Verglasungsanteil wurde in Fassadenbereichen auf ca. 50% begrenzt. Eine natürliche Verschattung durch die Auskragung der Sporthalle auf der Südseite sorgt zusätzlich für den notwendigen Sonnenschutz im 2-geschossig verglasten Speisesaal.

Die Nachtlüftung erfolgt im Wesentlichen über die Lüftungsanlage. Zusätzliche Zuluftöffnungen befinden sich in der Fassade der Flure. Durch Überströmöffnungen gelangt die kühle Frischluft zu den Unterrichtsräumen in denen sie über die Lüftungsanlage abgeführt wird.

Energieversorgung
Die Energieversorgung erfolgt über eine Heizzentrale im UG, die stufenweise ausgebaut werden kann. Die Heizungszentrale mit Pufferspeichertechnik wurde aus wirtschaftlichen und ökologischen Gesichtspunkten so gestaltet, dass die Wärmeversorgung sowohl über Holzhackschnitzel (zum Einblasen) oder Holzpellets sowie alternativ über ein Blockheizkraftwerk (BHKW) erfolgen kann. Auf diese Weise kann eine CO2-arme Energieversorgung für das Neubauvorhaben realisiert werden.
Auf Wunsch der Bauherren kann ebenfalls eine Versorgung über eine Wärmepumpe mit Erdwärmesonden realisiert werden. Durch den Einsatz einer Wärmepumpe (mit niedrigen Vorlauftemperaturen, ca. 35°C) wird eine Flächenheizung anstelle von Heizkörperflächen notwendig. Die zusätzlichen Investitionskosten für die Bohrungen der Erdsonden und den Einbau der Flächenheizung belaufen sich auf ca. 100.000 – 120.000 €.

Die Heizzentrale wurde im westlichen Teil des ersten Bauabschnittes positioniert, um möglichst kurze Anbindungswege zu den weiteren Bauabschnitten zu ermöglichen. Alle Gebäudeteile können so auf kurzen Wegen und damit mit geringen Wärmeverteilverlusten im endgültigen Ausbauzustand der Heizzentrale versorgt werden. Die Wärmeübergabe erfolgt über statische Heizflächen.

Solarenergie:
Das vorhandene Flachdach bietet eine großzügige Fläche zur Installation von Solarsystemen (Photovoltaik und Solarthermie). Bei Ausrichtung nach Süd-Südost kann eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von bis zu 106kWp realisiert werden. Dadurch kann ein Teil des benötigen elektrischen Energiebedarfs emissionsfrei erzeugt werden und die CO2-Bilanz (je nach Wahl des Energieversorgungssystems) des Gebäudes ausgeglichen und das Ziel eines „Nullemissionsgebäudes“ erreicht werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Konzept eines langen dreigeschossigen Gebäudes mit kammartigen Öffnungen nach Süden ist städtebaulich angemessen und passt sich gut in die Umgebung ein. Die drei geforderten Bauabschnitte sind einfach zu realisieren und funktionieren jeder für sich gut.

Der Haupteingang liegt an der Merzhauser Straße und ist die angemessene Adresse für die Schule. Die großzügige Eingangshalle ist einladend; gemeinsam mit dem erweiterten Vorplatz entsteht ein schönes Entrée. Die innere lineare Erschließung über die gesamte Gebäudelänge ist gut gelöst; sie ist durch die Einblicke in die Höfe und die
Clusterbereiche abwechslungsreich, kleinteilig gegliedert und doch klar strukturiert, ohne die gewünschten Rückzugsbereiche zu vernachlässigen. Das Gebäude ist im Inneren angenehm rhythmisiert und gut nutzbar. Insbesondere sind die Cluster gut für das schulische Konzept ausgebildet und mit großzügigen Vorbereichen, Leseecken und direkt zugeordneten Terrassen ausgestattet. Der Andachtsraum für diese evangelische Schule ist im 1. OG wenig eingebunden und zu abgelegen. Ob der eine Aufzug
ausreichend ist, ist fraglich.

Die Zusammenschließbarkeit der Aula mit Speisesaal und Musikraum ist sehr positiv und bietet gute Nutzungsmöglichkeiten. Allerdings ist bei Abtrennung der Räume die Aula nur eingeschränkt nutzbar und wirkt wie ein reiner Verkehrsbereich. Die
eigenständige Erschließbarkeit der Sporthalle ermöglicht und unterstützt eine Fremdnutzung.

Das Erscheinungsbild zur Straße wird von der überkragenden Turnhalle stark dominiert; die Ausbildung der Fassaden ist insbesondere an dieser Stelle wenig stimmig, die
Fensterbänder nach Süden und Osten sind für eine Sportnutzung kaum geeignet. Auch sind die Fassaden der langen Nordfront sowie die Klassenbereiche mit den unregelmäßig gesetzten Fenstern eher lieblos und austauschbar. Die Wahl der Materialien und die Tiefe der Detaillierung sind noch nicht befriedigend.

Im Süden der Schule verbleibt ein sehr großzügiger und verhältnismäßig tiefer Freibereich mit differenzierter Bepflanzung, der hervorragend geeignet für Schulgärten und Bewegung im Freien ist. Die Höfe zwischen den Clustern sind angenehm kleinteilig und bieten Intimität und Aufenthaltsqualität. Die Anzahl der angebotenen Stellplätze ist nicht ausreichend; eine Durchfahrung des Grundstücks erscheint möglich, ist aber nicht gewünscht. Der große Vorplatz ist gestalterisch zwar sehr reizvoll, lädt aber leider zum kurzzeitigen Halten ein.

Das Gebäude lässt eine gute Wirtschaftlichkeit in Erstellung und Betrieb erwarten. Die
Flächenvorgaben sind sehr präzise eingehalten und nur in Bereichen wie Schülerbücherei und Leseecken teilweise deutlich überschritten; dies allerdings dient der Qualität und Nutzbarkeit.

Das Energiekonzept für den Winter ist schlüssig. Die Sommernachtlüftung kann
allerdings mit der vorgeschlagenen Lüftungsanlage nicht realisiert werden. Mir der vorgeschlagenen Photovoltaikanlage ist ein Nullemissions-Gebäude im Sinne der EPBD 2010 möglich.

Insgesamt handelt es sich um eine gut konzipierte Schulanlage mit schönen und gut nutzbaren Räumen, die für das Montessori Konzept gut geeignet sind; die äußere Hülle allerdings wird den inneren Qualitäten so noch nicht gerecht.