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Sonstiges Vergabeverfahren | 09/2011

Gutachterverfahren Wohnen am Jahnufer

Engere Wahl

ASTOC ARCHITECTS AND PLANNERS GmbH

Architektur

Erläuterungstext


Das Plangebiet befindet sich im Spannungsfeld zwischen idyllischer Donau und Ulmer Altstadt, intaktem Gründerzeitquartier, Donauklinik und Donaucenter. Der Entwurf für das Areal „Wohnen am Jahnufer“ vermittelt zwischen den starken morphologischen und typologischen Unterschieden seiner Umgebung und schafft gleichzeitig eine eigene Identität für das neue Quartier:

- durch die neue Bebauung aus vier winkelförmigen Baukörpern, in die die Proviantmagazine integriert sind, werden die bestehenden Strukturen auf dem Gelände neu geordnet
- Jeder der vier Baukörper erhält einen eigenen Hochpunkt. Die Höhe dieser Akzente nimmt von Nordosten nach Südwesten ab und vermittelt so zwischen den 19 Geschossen des Donaucenters und der umgebenden fünfgeschossigen Gründerzeitstruktur.
- Gemeinsamkeiten in Fassadendetails und Materialität schaffen Identität, Differenzierungen in Relief und Farbigkeit schaffen eine individuelle Körnung, die den Maßstab der südlich angrenzenden Umgebung aufnimmt.
- zwei Höfe und ein zentraler Raum, in dem die innere Erschließung des Gebiets zusammengeführt wird, schaffen einerseits eine gewisse Durchlässigkeit und andererseits Aufenthaltsqualität, Ruhe und gemeinsame Identität für das neue Quartier
- bereits im ersten Bauabschnitt werden die wesentlichen Aspekte dieses Konzeptes umgesetzt, so dass auch bei längerer Entwicklungszeit für die weiteren Abschnitte kein fragmentarischer Eindruck entsteht.

Ort
Die Umgebung des Areals „Wohnen am Jahnufer“ ist heterogen und ein Spiegel der stadtgeschichtlichen Entwicklung Neu-Ulms: Im Norden begrenzt durch die Donau, befindet es sich zwischen dem dominanten, weithin sichtbaren und strukturell autarken Donaucenter und der Donauklinik, südlich grenzt ein intaktes Gründerzeitquartier an.
In den historischen Plänen wich die Bebauungsstruktur dieses Gebietes schon immer von der Umgebung ab. Geprägt durch die Garnisonsbauwerke entwickelte sich auf dem Grundstück eine Bebauung in mehreren Schichten parallel zur Donau, auf der Ostseite schließen sich Blockrandfragmente an. Die gewerbliche Nutzung förderte den Inselcharakter des Areals in seiner Umgebung. Die denkmalgeschützten Gebäude bilden gemeinsam mit der Mauer im Norden des Grundstücks eine Reihe von Barrieren, die gemeinsam mit dem Sockel und dem Parkhaus des Donaucenters das südlich angrenzende Wohngebiet in die zweite Reihe verweisen.

Vom Plangebiet bietet sich eine beeindruckende Aussicht auf die Donau und die Ulmer Altstadt mit Münsterblick. Die denkmalgeschützten Proviantmagazine mit ihren kräftigen Gewölben verleihen dem Gebiet bereits jetzt einen eigenständigen Charakter.

Städtebau
Vier neue Baukörper, die auch die beiden denkmalgeschützten Proviantmagazine integrieren, leiten von den Rändern des Areals ins Innere. Die leichte Verschränkung der bestehenden Bebauung wird aufgenommen, die Gebäude werden gegeneinander versetzt. Es entstehen zwei gestreckte Höfe, ein dreieckiger Raum im Zentrum sowie ein Entrée an der Krankenhausstraße, das die Staffelung des Donaucenter-Sockels aufnimmt und von der Marienstraße kommend bereits früh einsehbar ist.

Auf jedem der vier Baukörper befindet sich jeweils ein Akzent in Form eines Hochpunktes. Diese korrespondieren mit den überhöhten Eckbebauungen der Umgebung, definieren den Blockrand im Westen des Plangebietes und fächern sich bei zunehmender Höhe diagonal nach Nordosten auf. Mit diesem Motiv der Staffelung wird für die oberen Geschosse aller vier Bauteile ein Ausblick auf die Ulmer Altstadt geschaffen. Gleichzeitig entsteht im Blick auf das Quartier eine reizvolle Silhouette, die kräftig genug ist, um die Baumasse des Donaucenters in den weiteren Kontext überzuleiten.

Eine gemeinsame Tiefgarage für alle Gebäude umgibt das Proviantmagazin 1 und hebt das Innenniveau des Areals auf ca. 1,20 m über Straßenniveau an. Hierdurch wird eine ebenerdige Anbindung der Denkmäler ermöglicht und eine klare Abgrenzung zum öffentlichen Raum geschaffen. Eine Rampe von der Sandstraße stellt die Barrierefreiheit und Feuerwehrzufahrt für den gesamten Sockelbereich sicher.

Die Erschließung der straßenseitigen Bebauung erfolgt entlang der Krankenhaus- und Sandstraße. Alle Kerne erhalten einen Zugang zum Inneren des Areals, das so vor allem von seinen Bewohnern belebt wird, ohne sich Passanten zu verschließen.
Der nordöstliche Neubau sowie das Proviantmagazin 1 werden von der gemeinsamen Platzfläche aus erschlossen. Zwei Wege führen durch das Plangebiet und verbinden die Krankenhausstraße sowie die Sandstraße mit dem Jahnufer. An ihrer Kreuzung befinden sich Flächen für Aufenthalt und Kinderspiel. Die Randbebauung erhält Gärten und Terrassen im Inneren des Areals, die Gärten der innenliegenden Gebäude befinden sich auf der Süd- und Westseite. Entlang der denkmalgeschützten Mauer im Norden sind den EG-Wohnungen Terrassen mit Donaublick vorgelagert, für die die denkmalgeschützte Mauer als Brüstung dient.

Die Tiefgarage wird über eine Rampe von der Sandstraße / Ecke Krankenhausstraße erschlossen und verfügt über 136 Stellplätze im 1.BA und 12 zusätzliche im 2.BA. Alle Kerne sind an die Garage angebunden. Eine Realteilbarkeit ist berücksichtigt. Der 3. Bauabschnitt kann über die Verlängerung der nördlichen Fahrgasse angebunden werden. Deckenöffnungen an den drei größeren Freiflächen ermöglichen eine natürliche Belichtung und Belüftung und verbessern die Orientierung.

Architektur
Die Architektur bewegt sich in einem Spannungsfeld von denkmalgeschützten und neuen Bauten, der Kombination von alt und neu in einem Gebäude oder deren Gegenüberstellung.

Wohnen
Die nord-süd-orientierte Bebauung, vor allem aber der donauseitige Baukörper sind als Zweispänner mit durchgesteckten Wohnungen konzipiert. Großzügige Erker im Norden unterstützen die den Ausblick auf die Altstadt, im Süden befinden sich Freisitze, halb Balkon, halb Loggia. In den Wohnungen sind verschiedene Ausbaustandards möglich, von Standardteilungen über barrierefreie Ausbildung bis zu loftartigen Strukturen mit eingestelltem Sanitär- und Küchenbereich, die die Südorientierung mit dem schönen Ausblick verbinden. Die oberen Geschosse sind von Panorama-Wohnbereichen geprägt. Niedrige Brüstungen verbessern den Ausblick. In der südwestlichen Bebauung finden sich effiziente Dreispänner. Alle Wohnungen sind barrierefrei erschlossen, die Aufzüge haben ein Kabinenmaß von mindestens 2,10 x 1,10 m.

Das Proviantmagazin 1 erhält eine Aufstockung. Auch in den denkmalgeschützten Bereichen werden Wohnungen vorgesehen. Zwei neue Kerne im Norden erschließen das neue 3.OG und den Hochpunkt. Jeweils zwei Gewölbefelder im Denkmal werden zu einer Wohnung zusammengeschlossen. Es entstehen 4-Zimmer-Wohnungen mit eingestelltem Sanitär- und Küchenbereich im Längsgewölbe. Nach Süden wird in jedem zweiten Feld die Außenwand vollständig geöffnet und verglast, hier werden EG Terrassen, im 1.OG Loggien ausgebildet. Das Proviantmagazin 3 wird einer nicht störenden gewerblichen Nutzung zugeführt: im EG entstehen zwei Nutzungseinheiten und ein Foyer, das sich zur Krankenhausstraße und zum Innenhof öffnet, der als Freifläche mitgenutzt werden kann. Im Dachgeschoss befinden sich Büroflächen. Der Dachstuhl erhält Oberlichter, das Tragwerk wird nicht verändert.

Material und Farbe
Die Umgebung ist geprägt durch überwiegend verputzte und farbige Lochfassaden. Diese werden bestimmend für die Neubauten und erfahren durch stehende Fensterformate und niedrige Brüstungen eine Neuinterpretation. Die Farbgebung schafft eine Familie von Gebäuden ohne Monotonie. Sie vermittelt am Donauufer zwischen dem hellen Grau des Donaucenters und der Sandsteinfassade des Krankenhauses. Nach Süden erhalten die Fassaden eine kräftigere Farbigkeit, die in die Farbräume der Gründerzeitbebauung überleitet. Die Ziegelstruktur des Proviantmagazins 1 wird freigelegt und schafft so einen lesbaren Kontrast zwischen alt und neu.

Energiekonzept
Das neben dem KfW70-Standard auch im Hinblick auf die Nachhaltigkeit optimierte Energiekonzept sieht eine Be- und Entlüftung der jeweiligen Wohneinheit vor, was über dezentrale Lüftungsgeräte mit hocheffizienter Wärmerückgewinnung (bis 90 %) bedarfsgerecht erfolgt. Hierbei kann in Verbindung mit der sehr guten Gebäudehülle der Heizenergieverbrauch minimiert und die Raumheizflächen sehr klein gehalten werden. Gleichzeitig wird die Raumluftqualität unter energetischen Gesichtspunkten spürbar verbessert, wodurch ein Wohlfühl-Wohnklima geschaffen wird.

Die Grund- und Spitzenlastwärmeversorgung wird über eine bivalente Holzpelletkesselanlage in Verbindung mit einem Mini-BHKW realisiert, wodurch effizient Wärme und Strom erzeugt werden können. Durch die zusätzlich mögliche Stromvergütung bei Rückspeisung in das öffentliche Versorgungsnetz wird die Anlagenwirtschaftlichkeit zusätzlich erhöht woraus sich niedrige Amortisationszeiten ergeben. Optional kann die Warmwasserbereitung über eine auf dem Dach der Hochpunkte befindliche Solarthermieanlage unterstützt werden. Die Realteilbarkeit der einzelnen Gebäude kann hier durch Elektrobereichs- und Stromzählerverteiler sowie Wärmemengenzähler realisiert werden, wodurch die jeweiligen Gebäudekomplexe autark versorgt, abgerechnet oder sogar veräußert werden können.

Zur Entlastung der öffentlichen Entwässerungssysteme und gleichzeitigen Optimierung des natürlichen Wasserkreislaufes werden auf den niedrigeren Bauteilen Gründächer angelegt. Alternativ ist eine Regenwassernutzung denkbar.

Die Erschließung der Wohneinheiten wird über vertikale Versorgungsschächte realisiert, welche von der jeweiligen Semi-Energiezentrale (je Gebäude) aus kommend eine energetisch effiziente sowie schall- und brandschutzoptimierte Versorgung zulassen.

Fazit
Die städtebauliche Situation zwischen Fluss und Gründerzeitviertel wird aufgewertet und zu einem eingebundenen und doch eigenständigen Quartier umgewandelt. Durch die Höhenstaffelung wird die baulich-räumliche Isolation des Donaucenters gemindert, die Höhe der Sockelbebauung aufgenommen und die Terrassierung in Spannung zu den vier neuen Hochpunkten (1.-3. BA) gesetzt. Das neue Uferquartier ist ein eigenständiges Areal, das zugleich das Wohngebiet südlich der Krankenhausstraße besser an die Donau anbindet. Die vorhandenen Denkmäler werden in die Konzeption mit einbezogen. Geprägt aus dem ständigen Wechsel von alter und neuer Architektur in den einzelnen Bauabschnitten entsteht ein unverwechselbarer Charakter.
Lageplan

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