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Mehrfachbeauftragung | 10/2011

Mehrfachbeauftragung „Ortsmitte Ottenheim“

1. Rang

K9 ARCHITEKTEN Borgards.Lösch.Pichl.Piribauer

Architektur

faktorgruen

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Gesamtkonzept
Durch die Aktivierung der brachliegenden Flächen des ehemaligen Bauhofs besteht die einmalige Gelegenheit, eine neue Mitte für Ottenheim zu schaffen. Zwischen dem neu gestalteten Vorbereich des alten Rathauses sowie dem neuen Bürgerplatz spannt sich ein lang gezogener Platzraum auf, der den Straßenverlauf der L 104 wie selbstverständlich in das Konzept der neuen Mitte integriert. Die einheitliche Gestaltung der Oberflächen lässt ein durchgängiges Erscheinungsbild entstehen, dass die verschiedenen Bereiche zu einem Platz zusammen bindet – die neue Mitte von Ottenheim.
Als Belag wird eine durchgängige Pflasterung in Naturstein- oder Betonpflaster in warmen Farbtönen vorgeschlagen. Unter dem Konzept „Straße, Platz und Zeichen“ erhält jeder der beiden Plätze einen markanten Punkt in Form eines Brunnens, begleitet jeweils von einem prägnanten Einzelbaum – der Dorflinde. Die beiden Brunnen symbolisieren wichtige Themen aus der Geschichte Ottenheims. Vor dem alten Rathaus verweist der Fischerbrunnen auf die historische Bedeutung der Fischerei, im Bereich des neuen Bürgerplatzes wird die in Vergessenheit geratene Geschichte der Goldwäscherei thematisiert. Es entsteht eine Zwiesprache von zwei Platzräumen, die gemeinsam die neue Mitte Ottenheims bilden. Eine durchgehende Reihe von Lichtstelen stellt eine zusätzliche optische Verbindung zwischen den beiden Platzräumen her.

Straßenraum
Die Fahrbahn der L 104 wird in das Konzept der Neuen Mitte integriert und zum integralen Bestandteil des Platzraumes. Innerhalb des Platzfeldes kann der Asphaltbelag eine andere Farbigkeit durch eine entsprechende Auswahl der Zuschlagsstoffe erhalten, und sich dadurch farblich dem umgebenden Pflasterbelag anpassen. An den beiden Anfangs- und Endpunkten, beim Befahren und Verlassen der neuen Mitte, werden die Übergänge jeweils farblich abgesetzt und optisch an die Gehwegbereiche angepasst, es entsteht ein Platzrahmen, der die Fahrbahn wie einen Teppich in den Platz einbezieht. Gleichzeitig wird dadurch der Verkehr gebremst. Dies kann durch eine Überpflasterung im Material der seitlichen Gehwege, oder einfach durch einen gefärbten Asphalt erfolgen. Breite Pflasterrinnen engen die Fahrbahn optisch ein und mildern deren dominante Wirkung.

Rathausplatz
Die Bereiche zwischen Kirche, altem und neuem Rathaus werden zu einer einheitlichen Fläche zusammengefasst und bilden als historische Mitte einen Platz als Treffpunkt und Ort der Begegnung im alltäglichen Leben. Die vorhandene Linde wird in die Gestaltung integriert und zum prägenden Element des Platzes. Der Einmündungsbereich der Rathausstraße wird reduziert und in die Pflasterfläche einbezogen. Attraktion und Anziehungspunkt bildet ein neuer Brunnen, der spielerisch die historische Bedeutung der Fischer in Ottenheim thematisiert. Das „Fischerpaar“ findet inmitten des Wassers seinen adäquaten Platz. Bänke vor dem alten Rathaus sowie im Übergang zur Kirche laden zum Sitzen und Verweilen ein und beziehen die Kirche in die Gestaltung mit ein. Hier können auch die Verkaufsstände des Wochenmarkts ihren Standort haben, alternativ ist auch die Aufstellung im Bereich des neuen Bürgerplatzes denkbar. Der rückwärtige Bereich wird als grüner Platz gestaltet und so zum Bindeglied zu den angrenzenden Flächen des Gemeindehauses. Entsprechend dem Thema der Fischer werden Spielangebote rund um die Fischerei angeboten, wie z.B. Kletternetze, Boote oder wippende Fische, es entsteht ein Treffpunkt für Kinder und Familien an zentraler Stelle inmitten des Ortes.

Bürgerplatz
Nachdem das Raumprogramm des Versammlungsraums nicht in dem bestehenden Gebäude Jägerstraße 3 untergebracht werden kann, wird der Baukörper des notwendigen Anbaus genutzt, um einen räumlichen Schwerpunkt und Akzent auf dem Platz zu schaffen. Durch die Stellung des Bürgersaals in Anlehnung an ein landwirtschaftliches Anwesen mit Haupt- und Nebengebäude wird der schmale, lang gestreckte Platzraum gegliedert. Es entsteht ein öffentlicher, befestigter Platz, der sich zur neuen Mitte hin orientiert - entsprechend dem „Hof“, sowie ein eher ruhiger und grün gehaltener Platz als Ort des Rückzugs - diesem liegt das Bild der „guten Stube“ zugrunde. Das neue Bürgerhaus ist wie ein Möbel in den Platz eingestellt, aufgrund seiner transparenten Gestaltung kann der Raum im Erdgeschoß ungehindert hindurch fließen, es entsteht eine subtile Zonierung des Raums, ohne des Platz zu zerschneiden.

Der „Hof“
Der neue Hof oder Dorfplatz ist in einem robusten, durchgehenden, gelb-beigen Pflasterbelag, analog dem Rathausplatz gehalten und dient als Treffpunkt und Raum für Veranstaltungen. Wiederum bildet ein Brunnen den Schwerpunkt und Akzent auf dem Platz, dieser thematisiert das historische Motiv der Goldwäscherei. Durch seine spielerische Umsetzung des Themas und seine bodenbündige Gestaltung bietet er Spielmöglichkeiten für Jung und Alt.

Die „gute Stube“
Im Gegensatz zum befestigten Hof ist der westliche Platzbereich eher ruhig als grüner Baumplatz gehalten, als Idee liegt die „gute Stube“ zugrunde. Die vorhandenen Bruchsteinmauern entlang des Weges im Süden werden in die Konzeption einbezogen und bilden zusammen mit den verbleibenden Mauern des ehemaligen Stierstalles eine räumliche Fassung des neuen Bürgerplatzes. Eine Eckbank lädt zum gemütlichen Sitzen ein, Bilder an den Wänden thematisieren historische Motive aus der Geschichte des Ortes, wie z.B. die Landwirtschaft, die Fischerei oder die Goldwäscher. Umgesetzt werden sie in Form von Matrizen auf Betonflächen. Teilweise werden Fenster in die Wand integriert, diese erlauben Durchblicke in die dahinter liegenden Obstwiesen, bzw. auch in den angrenzenden landwirtschaftlichen Betrieb und beziehen diese in die Konzeption mit ein. Typische prägende Themen des Ortes werden so in der guten Stube erlebbar. Es entsteht das Bild eines Zimmers mit Blick nach draußen in die umgebende dörfliche Landschaft. Unter dem Baumdach wird ein wassergebundener Platz vorgeschlagen, der offen ist für die vielfältigsten Nutzungen, wie z.B. Boule oder kleine Feste. Als zusätzliche Sitzelemente werden Strohballen aus Beton eingebracht, diese symbolisieren typische Elemente aus der Landwirtschaft.

Bürgerhaus
Das alte Gebäude Jägerstraße 3 wird behutsam renoviert und in seiner Tragstruktur komplett erhalten. Die öffentlichen Nutzungen im Erdgeschoss, sowie auch die Wohnnutzung im Obergeschoss finden in einfacher Weise Ihren Platz ohne einen größeren Umbau zu erzwingen. Von einem Ausbau des Dachgeschosses kann abgesehen werden.
Neben dem Altbau entsteht der neue Veranstaltungsraum als eingeschossiger Holzbau mit einfachem Giebel in Anlehnung an die umliegende dörfliche Struktur. Er ordnet die neuen Freibereiche und richtet das Gebäudeensemble städtebaulich aus. Das Volumen des Versammlungsraumes bietet für die unterschiedlichsten Anlässe den richtigen Rahmen, dabei kann er in bester Weise barrierefrei in die Freiraumnutzung mit einbezogen werden. Seine Fassaden sind transparent gestaltet und lassen eine Offenheit zu allen Seiten entstehen. Die Wände und das Dach des Neubaus werden mit Cortenstahltafeln bekleidet. Dadurch erhält der archetypische Baukörper seine gewünschte städtebauliche Präsenz und eine warme Ausstrahlung auf das neu gestaltete Umfeld.
Der Raum zwischen Alt- und Neubau wird zum Foyer und Eingangsbereich, der alle öffentlichen Funktionen auf kurzem Wege erschließt. Die Küche mit Nebenraum verbleibt im Altbau. Sie wird in Ihrer zentralen Lage den unterschiedlichen Nutzungsanforderungen gerecht. Garderobe und WC-Bereich werden barrierefrei dem Neubau zugeordnet. Im Erdgeschoss des Altbaus kann ein zusätzlicher Raum für kleinere Veranstaltungen angeboten werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Idee der Arbeit „Zwei Plätze - eine Mitte“ wurde umgesetzt und erscheint als tragfähig. Der östliche Bereich rund um altes und neues Rathaus wird konsequent als einheitlicher Platzraum ausgebildet. Die Weiterführung auf der Rückseite des alten Rathauses mit Auf-enthaltsfläche unter dem Baumdach wird dagegen als überflüssig empfunden. Die große Qualität ist der räumliche Zusammenhang der Teilbereiche und der klare Abschluss im Wes-ten durch einen querstehenden Veranstaltungssaal. Dieser überzeugt durch Funktion, Nut-zung und architektonische Ausformulierung als identifikationsstiftendes Merkmal der neuen Ortsmitte. Durch Auslagerung der Saalnutzung ist ein sensibler Umgang mit dem Bestands-gebäude möglich. Es entstehen zwei gut proportionierte Platzbereiche mit unterschiedlicher Raumwirkung und Nutzungsmöglichkeiten. Die besondere Qualität ist, dass der Veranstal-tungsraum auf beide Platzbereiche Bezug nimmt, was durch den durchlaufenden Belag und hohe Transparenz im Erdgeschossbereich verstärkt wird. Es bleiben noch Fragen bezüglich Niveauunterschied zwischen Alt- und Neubau und der Bodenbeläge im Außenraum. Insge-samt überzeugt die Arbeit durch das Zusammenspiel von Städtebau, Landschaftsarchitektur und Architektur.