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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2012

Sanierung und Umbau Neustädtische Kirchstraße 14 für den Deutschen Bundestag

Grundriss 4. Obergeschoss

Grundriss 4. Obergeschoss

Anerkennung

Ludloff Ludloff Architekten GmbH

Architektur

EiSat GmbH, Engineered Structures

Tragwerksplanung

ZWP Ingenieur-AG

TGA-Fachplanung

HHP - West, Beratende Ingenieure GmbH

Brandschutzplanung

Nikolai von Rosen

Kunst

Erläuterungstext

Atriumraum und Himmelstreppe
Das Atrium ist mit massiven Brüstungen und einem „Auge“ mit einem Durchmesser zwischen 5 und 7 Metern ausgestattet und kann in seiner Dimension und Ausstrahlung als „intim“ bezeichet werden, Teilflächen der aufgeweiteten Flurflächen erhalten eine Begrünung und Sitzgelegenheiten. Die alle Geschosse verbindende „Himmelstreppe“ ist Fuge und Verbindungsglied zugleich, die variierenden Geschossebenen, erlauben verschiedene Blickbeziehungen und verorten Besucher und Mitarbeiter gleichermassen.

Energetisch optimierte Gebäudehülle
Bei der Minimierung des Energiebedarfs eines Gebäudes spielt die Gebäudehülle eine zentrale Rolle. Die Neubaufassade hat einen energetisch sinnvollen Glasanteil von 55 %.
Die U-Werte der opaken Bauteile liegen bei unter 0,15 W/m²K, die der transparenten Bauteile bei 0,60 W/m²K. Die Konstruktion sorgt für geringste Transmissionswärmeverluste über die Gebäudehülle, ist luftdicht und wärmebrückenfrei. Die Dreifachwärmeschutzverglasung mit einem hoher Tageslichtdurchlässigkeit ermöglicht solare Gewinne im Winter.
Die Fensterbandfassade ermöglicht eine gleichmäßige natürliche Belichtung der Bürobereiche und berücksichtigt die Möglichkeit die Grundrisse zukünfig auch Achsweise zu variieren.
Der äußere Fassadenabschluss des Fensterbandes besteht aus einem silikonbeschichtetem, transluzenten Glasfasergewebe, und kann durch den Nutzer wie ein Vertikalmarkise geschlossen und geöffnet werden. Die Brüstungsbereiche werden mit feststehenden Gewebeelementen bespannt, sodass bei geschlossenem Sonnen- bzw. Blendschutz die gesamte Neubaufassade hinter einer leicht transparenten Hülle verborgen ist.
Die mit Glasgewebe verkleidete Nordfassade fügt sich dabei, ähnlich einer Intarsie, flächeneben in die verputzte, wiederhergestellte Giebelwand des Bestandbaus ein, während sich die Westfassade vom Sockel löst, die gerundete Fassadenecke und der Rücksprung des Sockels der Westfassade unterstützen die „Freistellung“ des historischen Mauerfragments.
Die Textilfassaden der beiden Himmelsrichtungen besitzen unterscheidliche Maschenweiten. Die Nordfassade wird mit einer auf Blendungsausschluss optimierten Maschenweite ausgestattet, während bei der Westfassade das Gewebe die Sonnenschutzfunktion übernimmt und entsprechende Maschenweite besitzt. In den nach Westen ausgerichtehen Büros, können im Innenraum zur zusätzlichen Entblendung von Bildschirmarbeits-plätzen, Blendschutzvorhänge angeordnet werden.
Die strassenseitige Fassade des Bestandsbaus wird denkmalgerecht saniert, die Fassade des Dachgeschosses wird zurückgenommen, sodass vorgelagert ein Freibereich entsteht. In der Kubatur des Mansarddaches bleiben die Giebelwände erhalten, dieser Form folgend kann eine Markise zur Verschattung der Büros heruntergelassen werden.

Energiekonzept
Der Fensterflächenanteil des Neubaukörpers wurde auf die Nutzung optimiert. Zum Schutz vor Überhitzung im Sommer wird für die Westseite ein effizienter außenliegender Sonnenschutz geplant, im Altbauteil sind selektive Sonnen- und Blendschutzvorhänge vorgesehen. Der neue Gebäudekörper umschließt einen Atriumsbereich der verschiedene energetische Aufgaben erfüllt. Zum einen werden durch das geschlossenen Atriumdach die Außenflächen des Gebäudes und damit die Wärmeverluste minimiert. Das Dach kann im Sommer geöffnet werden und bietet gleichzeitig einen Witterungsschutz für eine Nachtlüftung. In den Fassaden kann jeder zweite Öffnungsflügel über Spaltlüftung zur Nachtauskühlung herangezogen werden. Zwischen Büroraum und Flurbereich sind schallgedämmte Überströmelemente mit Brandschutzanforderungen vorgesehen. In den warmen Sommermonaten wird nachts eine Querdurchströmung des Gebäudes mit kühler Luft ermöglicht. In Kombination mit den Massivbauteilen, die die Nachtkühle speichern, wird eine Überhitzung des Gebäudes so effektiv verhindert. Zusätzlich Maßnahmen zur Kühlung sind in Kombination mit dem Sonnenschutzsystem und der optimierten Fassade für die Räume voraussichtlich nicht erforderlich. Die Fassadenöffnungsklappen sind so angeordnet, dass sie gegen Regen und Eindringen geschützt sind.

Alle Büroräume können natürlich belüftet werden. In hochwärmegedämmten Gebäuden stellen jedoch die Lüftungswärmeverluste einen wesentlichen Anteil des Wärmeenergiebedarfes dar. Um das Energieeinspar-potential in der Raumlüftung zu generieren, wird eine Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung vorgesehen, die im Atriumsbereich einen leichten Unterdruck erzeugt. Die Anlage wird nur in der Winterperiode betrieben. Die Zuluft erfolgt über freie Lüftung, während die Abluft über Überströmelemente in das Atrium überström und an zentraler Stelle gesammelt wird. Der Wärmeinhalt der verbrauchten (Ab-) Luft wird mittels Abluftwärmepumpe zurückgewonnen und in Heizdeckensegeln im Neubau genutzt. Die Deckensegel können zur weiteren Komfort-steigerung auch zur Kühlung verwendet werden, alternativ ist die Heizung bzw. Kühlung über den Boden möglich. Für die Wärmeversorgung ist ein Fernwärmeanschluß vorhanden. Die Berliner Fernwärmeversorgung erfüllt dabei mit ihrem Anteil an Kraft-Wärmekopplung die Anforderungen nach dem Erneuerbare-Energie-Wärme-Gesetzes. Dadurch ist ein kostengünstiges Heizsystem mittels Konvektoren im Brüstungsbereich im Altbauteil empfehlenswert. Der Konferenzraum kann über Bodenluftauslässe aus dem Souterrain mechanisch belüftet werden.
Durch die Lage der Fensterflächen im Neubauteil kann das Tageslicht optimal genutzt werden. Ergänzend dazu wird eine künstliche Beleuchtung vorgesehen, die sich in der Lichtstärke dem Tageslicht anpasst.

Statik
Der strassenseitige Teil des gründerzeitlichen, fünfgeschossigen Bauwerks wird in seiner gesamten Struktur inklusive der tragenden Mittelwand erhalten.
Ausgehend vom Erhalt der vorhandenen Baukonstruktionen und deren notwendigen Ertüchtigung werden für Alt- und Neubau verwandte Lösungen für Decken mit Holz-Betonverbundkonstruktionen vorgeschlagen. Dabei wird ebenfalls das Ziel verfolgt, nachwachsende Rohstoffe im Bauwerk einzusetzen.

Bestand
Die Belastung aus der neuen Nutzung (Büros mit leichten Trennwänden, zusätzlicher Trittschallschutz) ist erwartungsgemäß zu hoch für die bestehenden Holzbalkendeckenkonstruktionen. Es gibt keine Hinweise in den Bestandsunterlagen, dass die Deckenbalken selbst im schlechten Zustand sind, die Mauern und Fundamente besitzen nach Aussage des Bestandsgutachtens Tragreserven.
Für diesen Fall ist die Holz-Betonverbundbauweise für die Decken sehr vorteilhaft. Auf die vorhandene Dielenlage – ohne Eingriff in die bestehende Deckenkonstruktion – wird eine Betonschicht von 5 – 8cm aufgebracht, durch Verdübelung mit den Holzbalken wird die Decke verstärkt: die Konstruktionshöhe der Decke wird geringfügig vergrößert, es wird ein Plattenbalkenquerschnitt mit Betondruckzone erzeugt, eine erhebliche Erhöhung der Deckensteifigkeit und Tragfähigkeit ist das Ergebnis. Gleichzeitig wird durch die zusätzliche Masse der Betonschicht die Schallschutzeigenschaft verbessert.
Das Brandverhalten der Decke wird dadurch ebenfalls zumindest einseitig verbessert – eine neue Verkleidung bleibt trotzdem erforderlich, wenn die Klassifizierung F90 erreicht werden soll.
Zur Erreichen der Schallschutzanforderung für Bürobauten gemäß DIN 4109 wird ein schwimmender Estrich vorgesehen.

Erweiterungsbau
Der Neubauteil ist im Sinne der größtmöglichen Nutzungsflexibilität als Skelettbau konzipiert. Im Abstand der Fassadenachsen sind, aussenseitig vor der Fassadenebene, Holzstützen mit Brandschutzbekleidung vorgesehen, diese Konstruktion vermeidet störende Stützenstellungen im Innenraum und ermöglicht eine wärmebrückenfreie Konstruktion.
Zur Erreichung maximaler Schlankheit von nur 15 cm sind die Stützen im Innenbereich als „wandartige“ Stahlbetonfertigteile konzipiert und können in die Flurwände integriert werden.
Für die Decken wird die Konstruktionsweise der Ertüchtigung der Holzbalkendecken im Altbau aufgegriffen und eine Holz-Verbundkonstruktion mit Brettsperrholzplatten vorgesehen. Brettsperrholz ist ein Plattenmaterial aus mehreren kreuzweise verleimten Brettschichten. Diese werden ebenfalls mit einer Betonschicht verdübelt, um die Vorteile der leichten Holzbauweise mit den Vorteilen des Betons (Luftschallschutz, monolithische Tragwirkung) zu kombinieren. Vorgesehen ist ein tragender Deckenquerschnitt von 22cm (14cm Brettsperrholz / 8cm Stahlbeton) mit glatter Holzuntersicht. Diese Konstruktion bietet eine Gewichtsersparnis bei dem Eigengewichts gegenüber einer konventionellen Stahlbetondecke von 45%. Die Brandschutzklassifizierung der Decken kann durch Warmbemessung unter Berücksichtigung des Abbrandes der Unterschichten gewährleistet werden.
Der Gewichtsvorteil der leichten Decken- und Fassadenkonstruktionen kommt allen lastabtragenden Bauteilen bis zu den Fundamenten, sowie dem Transport der Bauelemente, zugute.
Die Verbindung der Decke mit den aufgehenden Bauteilen erfolgt, wie bei der Halbfertigteilbauweise sonst auch, über die Ortbetonschicht.
Die Treppe soll in der „Fuge“ zwischen Alt- und Neubau „schweben“. Um eine leichte und schlanke, trotzdem feuerbeständige Konstruktion zu erreichen, wird Beton mit Glasfasergewebebewehrung vorgeschlagen, die Auflagerung erfolgt über Kragkonsolen der jeweils in den Podestbereichen anbindenden Geschossdecken.
Die Unterkellerung des Neubaus liegt höher als im Bestand und damit über dem Grundwasserspiegel, so dass keine bauzeitliche Maßnahmen für Grundwasserhaltung vorgesehen werden müssen. Als untere Abdichtung eignet sich eine Bodenplatte als wasserundurchlässiger Beton mit geringen Anforderungen. Die Gründung des Neubaus kann problemlos als Flachgründung ausgeführt werden. Der Entwurf vermeidet bewusst die Gründung von Neubauteilen in unmittelbarer Nachbarschaft zum Bestand. Örtlich ist damit zu rechnen, dass verdichtete Kies- bzw. Magerbetonauffüllung bis zum tragfähigen Baugrund erforderlich werden.
Zeichnung: ludloff+ludloff Architekten

Zeichnung: ludloff+ludloff Architekten

Plan 1

Plan 1

Plan 2

Plan 2

Schnitte, Ansichten, Grundrisse

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