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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2011

Justus-Liebig-Universität Gießen, Städtebaulich-freiraumplanerische Entwicklung der Campusbereiche Philosophikum I und II

1. Preis

Ferdinand Heide Architekt

Architektur

TOPOS Stadtplanung Landschaftsplanung Stadtforschung

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Städtebauliches Konzept / Leitidee

Die Neugestaltung des Campus Philosophikum der Justus-Liebig-Universität bietet die ein¬malige Chance, einen Universitätsstandort in landschaftlich reizvoller Lage mit einer ganz eigenen Qualität zu schaffen. Diese wird durch urbane wie landschaftliche Qualitäten gleichermaßen charakterisiert. Mit der Setzung kraftvoller Gebäude¬volumen wird eine städtebauliche Figur entwickelt, die ein¬deutig definierte Räume nach Innen und zur Landschaft erzeugt:

- einen neuen Campusplatz in der Mitte der Universität, an dem schon in der ersten Ausbauetappe die wichtigsten Nutzungen gebündelt werden.
- eine parkartige Aufweitung, die den wunderschönen vorhandenen Grünzug entlang der Klingelbachaue zur Mitte der Universität heranführt.
- eine Zentralbibliothek, die durch Ihre herausgehobene Stellung und ihr imposantes Volumen das Zentrum der Universität definiert.
- eine neue Mensa, die als Verbindungsglied zwischen Audimax und neuem Platz Zentrums stärkend wirkt.
- zwei neue Hörsaal- und Seminargebäude, die die Platzkanten des zentralen öffentlichen Raums bilden.
- alle Institutsneubauten sowie die sanierten Institutsbauten des Philosophikums II sind in das städtebauliche Gefüge so eingewoben, dass jedes Haus eine eigene signifikante Adresse erhält und dass gleichzeitig starke, raumbildende Kanten entstehen.

Die Außendarstellung der Universität nach Süd-Westen wird durch eine ruhige 4-geschossige, leicht abknickende Bauflucht von Institutsbauten gebildet, die sich torartig zum Campusplatz öffnen und die den Grünraum entlang der Klingelbachaue fassen. So entsteht über die neue dreieckige Parkfläche eine attraktive Anbindung der Campusmitte in Richtung Stadtmitte. Nach Nordwesten in Richtung der Rechtswissenschaftlichen Institute wird ebenso eine räumliche Anbindung aufgebaut, die darin besteht, dass die Bibliothek sowohl zum Platz als auch nach Westen zwei gleichwertige Eingangsseiten zeigt. Gleichzeitig wird mit der Weiterführung des Wegenetzes und einem kleinen Eingangsplatz am westlichen Kopf unterstrichen, dass die Verbindung der einzelnen Universitäts¬standorte ein zentrales Anliegen ist.
Die Komposition der Baukörper schafft ein ausgewogenes und dennoch spannungsreiches En¬semble von alten und neuen Hochschulbauten, die zusammen mit den Grünräumen und dem Baumbestand einen signifikanten Universitätscampus bilden. Nahezu jedes Haus hat entweder eine Seite zum Campus oder eine zum Wald bzw. zur freien Landschaft. Die Neubaumaßnahmen befinden sich ausschließlich westlich des Philosophikum II in Richtung Stadt; zur lärmbelasteten Autobahn wird keine Verdichtung vorgenommen.


Erschließung

Vorgesehen ist ein autofreier Campus. Die befestigten Wege dienen der Andienung, als Feuerwehrfahr- und Aufstellfläche, sowie dem Fuß- und Radverkehr. Lediglich bei der querenden Rathenaustraße handelt es sich um eine befahrene Straße (Tempo 30 Zone) innerhalb des eigent¬lichen Campus. In dieser sehen wir jedoch weniger eine Beeinträchtigung als vielmehr eine Belebung des Zentrums indem die Bushaltepunkte und direkte Vorfahrtsmöglichkeiten für Besucher, Taxen etc.. in die Platzränder integriert werden.
Zum Parken werden große – jeweils im Schutz der Bäume und der Gebäude gelegene – Stellplatzanlagen vorgeschlagen, die durch ihre kompakte Bündelung den Erschließungsverkehr auf dem Campus minimieren und die wegen ihrer Größe eine optimale Funktion ohne Suchverkehr ermöglichen. Auf kostenträchtige und dominante mehrgeschossige Parkdecks kann infolge der Grundstücksgröße verzichtet werden.
Der steinerne Platz bietet Raum für universitäre Großveranstaltungen und ist die unmittelbare und niveaugleiche Weiterführung der Foyerflächen von Bibliothek, Hörsaalgebäude und Mensa.


Organisation/Gebäudetypologie

Die Institutsbauten werden geprägt durch eine klassische Bürotypologie in den Obergeschossen und durch „Sonderfunktionen“ wie Seminarräume, kleine Bibliotheken, Cafeterien oder kleine Läden im Sockel. Durch diese „öffentlichen“ Nutzungen in den Erdgeschossen ist gewähr¬leistet, dass die Gebäude sich im EG transparent und offen darstellen und Campus und Freiflächen eine größt¬mögliche Belebung erfahren.
Die Wohnbauten für Studierende und Gäste komplettieren den Campus. Sie ergänzen das Zentrum und besetzen die Fläche, die gegenwärtig noch durch das Philosophikum I in Anspruch genommen wird.
Alle neuen Gebäude sind viergeschossig, lediglich die Mensa hat bei einem hohen saalartigen Erdgeschoss nur ein weiteres Obergeschoss. Die Bibliothek setzt in der Mitte des Campus einen Akzent mit fünf Geschossen. Die Architektur und Struktur der Gebäude wird geprägt von der Idee der Hochschule als Ort der Kommunikation und des Austausches. Dieses Thema bestimmt die Ausrichtung der Häuser, die Lage der Eingänge zum Campus und die Schaffung einer offenen, den Austausch anregenden Gebäudestruktur.


Freiraumplanerisches Konzept

Der Charakter des Ortes, der Genius loci, findet Ausdruck in dem Zusammenspiel von ruhigen Gebäudevolumen und hindurch diffundierenden Freiflächen. Die Parkgestaltung folgt dem Leitbild eines Landschaftsgartens: Baumgruppen auf weiträumigen Rasenflächen gliedern den Raum und ermöglichen Blickbeziehungen. Gebäude und Wege werden so angeordnet, dass der wertvolle Baumbestand und die schönen Waldkanten erhalten bleiben. Die Erschließung des Campus, das neue Wegenetz, sowie die Eingangsplätze im Nord-Westen und Süden verflechten den Hochschulcampus und die Stadt. Der Campusplatz wird durch in die Platzfläche eingelegte Natursteinbänder, durch ein Wasserbecken und durch lange Sitzbänke an seinen Kanten ge¬gliedert. Alle Erschließungen sind barrierefrei ausgebildet. Die vorhandenen Kunstobjekte finden attraktive Aufstellorte auf den neuen Plätzen und Wegen.