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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2011

Freiraumplanerischer Realisierungswettbewerb mit Ideenteil zur Innenstadt in Verbindung mit zwischengeschaltetem Bürgerforum

2. Preis

foundation 5+ architekten landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Jochen Lochner Lichtdesign

Lichtplanung

draussen. IDEEN IN SICHT

Visualisierung

Erläuterungstext

Ausgangssituation
Nach Jahrzehnten des „Dornröschenschlafs“ wird der Innenstadtentwicklung Baunatals endlich wieder Bedeutung eingeräumt. Baunatal braucht mutige und kluge Entscheidungen im öffentlichen Sektor, um die schleichende Stagnation zu bremsen und Investitionen im privaten Bereich zu stimulieren. Das Mittelzentrum Baunatal steht in einer erheblicher Konkurrenz mit dem Oberzentrum Kassel, dem Einkaufszentrum DEZ und dem Ratiomarkt in Hertinghausen. Hinzu kommen die strukturellen Schwächen des jungen Wohn- und Geschäftszentrums in der Nähe des VW-Werks: Überdimensionierte Verkehrsanlagen lassen das Zentrum von Baunatal unsichtbar und trist erscheinen. Die Anbindung an den Nahverkehr ist umständlich und nicht in das fußläufige Wegesystem integriert. Das Einkaufsangebot bezieht sich auf den täglichen Bedarf und wird den Ansprüchen eines Mittelzentrums nicht gerecht. Die Angebote des Bürgerzentrums platzen aus allen Nähten und sind nicht immer zeitgemäß. Die Ausstattung und Oberflächen der Plätze, Wege und Gassen wirken angestaubt und wenig komfortabel.

Leitidee
Zwischen den Akteuren der Baunataler Innenstadt wird ein offenes und flexibles Planungssystem vereinbart. Aufbauend auf dem Konzept „Baunatalaktiv“ werden schrittweise und mit enger Verzahnung der privaten und öffentlichen Initiativen Maßnahmen zur Belebung und Attraktivierung der Innenstadt verabredet.
Das Ziel: Aufgreifen der Vorteile einer flächendeckend autofreien Innenstadt und das Nutzbarmachen als kommerzielles Zentrum und lebenswertem Wohnstandstandort. Ein buntes und vielfältiges Nebeneinander der unterschiedlichen Funktionen wie Einzelhandel und Dienstleistung, Wohnen und Gastronomie und einem vielfältigem Kulturangebot und Jugendkultur zu schaffen. Des Weiteren soll ein engmaschiges Wegenetz mit komfortablen Anknüpfungspunkten zu den vielfältigen Nachbarschaften erzeugt werden.
Ein attraktives Mittelzentrum mit hohem Stellenwert für die sieben Ortsteile Baunatals.

Der neu gestaltete Marktplatz mit dem großzügigen Bürgerzentrum im Rathaus, dem Wochenmarkt und den gastronomischen Angeboten wird zum Nukleus für eine schrittweise Weiterentwicklung der Innenstadt.
Der neue Platz ist barrierefrei und wird für ein vielfältig orientiertes Stadtpublikum zur Bühne. Mit dem neu gestalteten Rathaus, der großen öffentlichen Bibliothek und dem Kulturprogramm in der Stadthalle erschließt der Marktplatz wichtige städtische Aktivitäten und stärkt alle fußläufigen Wegebeziehungen. Der Neubau des Baunacenters und der Europapassage erweitert das kommerzielle Angebot des Mittelzentrums Baunatal.
Durch die Modernisierung und Neugestaltung der Fußgängerzone „An der Stadthalle“ wird der Busbahnhof und die Straßenbahnhaltestelle mit dem Zentrum verbunden und der neue Rewe-Markt in seiner Position innerhalb des Geschäftszentrums gestärkt.

Der Rückbau der überdimensionierten Verkehrsanlagen auf der Basis des Konzepts „Baunatal - Verkehrsplanung Innenstadt“ ordnet die unübersichtlichen Verkehrsbauwerke und schafft Raum für Fußgänger und Radfahrer entlang der Friedrich-Ebert-Allee und der Kirchbaunaer Straße. Erst dadurch wird das Zentrum Baunatals auch von außen sichtbar und erlebbar. Die Wegeverbindungen aus den benachbarten Wohnquartieren werden oberirdisch geführt und auch im Bereich der zurzeit problematischen Knotenpunkte übersichtlich gestaltet.

Städtebauliches Konzept

Vier Baumplätze im Alleenring
Die Vernetzung der Innenstadt mit den benachbarten Wohnquartieren, der Festwiese, der Musikschule und dem Grünzug an der Bauna erfolgt über eine doppelreihige Allee entlang der umgebauten Straßenquerschnitte. Vier, über Baumpflanzungen bestimmte Plätze unterbrechen diesen Alleenring und markieren damit die wichtigen Zugänge zur Innenstadt:
1. Der Europaplatz mit dem veränderten Eingang zur Stadthalle und der Europassage markiert den Eingang in die City von Norden aus. Im Rahmen der geplanten Umbauarbeiten an der Friedrich-Ebert-Alle werden lediglich die Nebenanlagen und begleitenden Baumreihen an den Platzrändern gestaltet.
2. An der Kirchbaunaer Straße entsteht mit dem Bau des Baunacenters die Möglichkeit, den Bereich Marktstraße und Postgasse neu zu ordnen. Wir schlagen vor, die Anbindung an die Postgasse über einen neuen Stadtplatz zu führen, der nach Süden von einem Platanenhain begrenzt wird.
3. Der Platz des Friedens dient als Haupteingang von Süden aus. Korrekturen an der Stadtvegetation im Bereich der Kirche verfolgen das Ziel, sich der Innenstadt zuzuwenden und das Gemeindehaus für den fußläufigen Verkehr zu öffnen.
4. Der Hain an der „Rudolf-Diesel-Straße verweist auf eine Option für die weitere Entwicklung des Bereichs des Betriebshofs der Firma e.on. Mittel- und langfristig sollten die Flächen für hochwertige, innenstadtnahe Wohnnutzungen in Erwägung gezogen werden. Die Rudolf-Diesel-Straße wäre somit nicht mehr der Hintereingang des Quartiers, sondern auch ein attraktiver Bestandteil der City.

Die Friedrich-Ebert-Allee
Die Vernetzung der Innenstadt mit den benachbarten Quartieren ist für den Erfolg der Aufwertungsmaßnahmen in der City ausschlaggebend. Das städtebauliche Konzept nimmt die Vorschläge der „Verkehrsplanung Innenstadt“auf.
Der Rückbau der Friedrich-Ebert-Allee auf zwei Fahrstreifen in Verbindung mit großzügigen Nebenanlagen, Baumstreifen und Mittelzone führt zu einer Verbesserung des Verkehrs für alle Verkehrsteilnehmer. Mit dem Flächengewinn im Bereich der Nebenanlagen werden auch stadträumliche Verbesserungen und private Investitionen stimuliert. Es ist zu erwarten, dass die Möglichkeit der Adressbildung entlang der Friedrich-Ebert-Allee genutzt wird und aus den Gebäuderückseiten attraktive Stadtfassaden entlang dieser Haupterschließungsstraße werden.
Der geplante barrierefreie Übergang von der Marktplatzpassage in Richtung Mühlenacker stellt eine ebenso wichtige Verbesserung dar, wie der Umbau der unübersichtlichen Knotenpunkte für den motorisierten Verkehr.

Die Kirchbaunaerstraße/Marktstraße
Die vierstreifig ausgebaute Kirchbaunaer Straße und der Parkplatz unter den Platanen stellen eine Barriere zwischen Innenstadt und benachbartem Wohnquartier dar. Der vollkommen überdimensionierte Straßenquerschnitt soll analog zur Friedrich-Ebert-Allee zurück- und die Knotenpunkte umgebaut werden. Das Baunacenter, ein geplanter Elektrofachmarkt, wird auf dem Parkplatz Marktstraße platziert und erweitert das Kaufangebot der Innenstadt beträchtlich. Wir schlagen vor, das Gebäudeende auf die Postgasse zu beziehen und mit dem Vorplatz und Baumhain die Verbindung zum Marktplatz zu stärken. Die Marktstraße wird für den Durchgangsverkehr gesperrt. Die Erschließung der Dachgarage und der Anlieger der nördlichen Marktstraße erfolgt von der Kirchbaunaerstraße aus kommend, der südliche Teil von der Tankstelle aus.

Die Maximilian-Kolbe-Straße
Die Erschließung der Innenstadt von Süden erfolgt über die Maximilian-Kolbe-Straße. Vom Busbahnhof, der Tramhaltestelle oder dem Parkhaus im Gebäude des Rewemarktes gelangt man entweder über den Platz des Friedens oder über die fußläufige Verbindung westliches Gemeindzentrum in die Innenstadt. Diese Wegeverbindungen und Aufenthaltsbereiche sollen durch kleine Maßnahmen attraktiver, übersichtlicher und sicherer gemacht werden. Die Wegebereiche werden vergrößert und die ungepflegte Vegetation teilweise entfernt.

An der Stadthalle
In einem zweiten Schritt wird der zentrale Fußgängerbereich „An der Stadthalle“ gestaltet. Mit dem Umbau des Rathauses, der Neuorganisation der barrierefreien Verbindung auf die Stadthallenterrasse erhält auch der Ratskeller einen attraktiven und geschützten Pavillon. Der umgebaute Brunnen flankiert die großzügige Treppenanlage in Richtung Marktplatz. Es entsteht ein zeitgemäßes Pendant zum gerade umgebauten Herkulesmarkt. Die Cafes und Restaurants beleben den Gelenkplatz und leiten in Richtung Busbahnhof und Platz des Friedens. Die platzartige Aufweitung über der zentralen Tiefgarage muss auf Grund von Schäden an der Abdichtung erneuert werden. Wir schlagen eine Holzterrasse mit Kirschen bestandenen Hochbeeten vor. Die Podeste werden in drei Teile gegliedert. Durch die Unterbrechung zonieren diese den Straßenraum und schaffen eine angemessene Vorzone zu den Hauseingängen der Wohnbebauung. Des Weiteren integrieren sie den offenen und hellen Parkgaragenzugang und schlagen die Verbindung zum Gemeindezentrum. Zu den Wohn- und Geschäftszonen hin bieten die Podeste idyllische Sitz- und Aufenthaltsmöglichkeiten. Wenn es gelingt, den Stadtraum im Bereich der Pfarrei zu öffnen, entsteht eine angenehme Verbindung in Richtung Rewe und zum Platz des Friedens.

Der Marktplatz
Der Marktplatz spannt sich als offene Platzfläche, ohne jedes Hindernis, zwischen die platzbestimmenden Gebäude auf. Das Rathaus mit Treppenanlage dominiert den Platz und gibt ihm seine Richtung. Die künstliche Topographie mit Mauern und Treppen verschwindet. Die Geschäfte und Cafes, die Schnellrestaurants und Bistros bespielen die Ränder des Platzes. Die zentrale Platzfläche aus großformatigen Platten eignet sich als Marktplatz und Treffpunkt. Er wird selbst im Alltag zur Bühne für alle, die den Platz queren. Vis à vis zum Rathaus befindet sich ein Holzpodest mit einer dynamisch geformten Plattform, die sich sowohl für die Außengastronomie, aber auch zum Sitzen und Spielen eignet. Kirschen spenden Schatten und bilden ein grünes Dach vor den Cafes und Bistros. Vor dem Raiffeisengebäude und der Sparkasse befinden sich Schattenplätze unter dem feinen Laub der Schnurbäume. Großzüge Rundbänke laden zum Verweilen ein.
Die Rathaustreppe mit dem Eingang zur Bibliothek und dem Bürgerzentrum erhält im Norden ein interessantes Wasserspiel. Hier beginnt auch die barrierefreie Rampe im Übergangsbereich zum Europaplatz. Die Treppenanlage zieht sich um die Bibliothek herum. Die Sitzkuben mit Holzauflagen laden nicht nur ein, das Bürgerzentrum zu besuchen. Es sind vormittags und in der Mittagszeit Sonnenplätze mit einer guten Aussicht auf das Treiben, den Wochenmarkt, die Bewohner und Besucher des Marktplatzes. Die Beleuchtung des Marktplatzes in der Nacht erfolgt durch drei gezielt positionierte Lichtmasten. Wie zur Ausleuchtung einer Bühne werden Strahler integriert. Mit exakt ausgerichteten Lichtquellen wird die Platzmitte hell erleuchtet und die benachbarten Gebäude effektvoll illuminiert. Auf diese Weise kann der Platz frei von allerlei störendem Mobiliar bleiben. Die Lampenmasten dienen zusammen mit versenkbaren Versorgungspollern für eine komfortable und flexible Versorgung für die zahlreichen Veranstaltungen und den Markt.

Material und Ausstattung
Oberfläche: Für den Marktplatz schlagen wir einen modernen großformatigen Belag mit geringem Fugenanteil vor. Er ist aus robusten Betonwerksteinen. Die unterschiedlich farbigen Beläge verlaufen parallel zum Rathaus. Die Entwässerung erfolgt mit versetzt angeordneten Schlitzrinnen. Die Straße „An der Stadthalle“ erhält ebenfalls eine Oberfläche aus Betonwerksteinen in einem großzügen Mittelformat. Dies lässt sich besser an die Straßenränder anarbeiten, ist stabil und sehr komfortabel. Die Beleuchtung erfolgt mit individuell bestückbaren Lichtmasten. Auf dem Marktplatz werden zehn Meter hohe Masten verwendet. In den Straßen wird das gleiche Prinzip mit einem fünf Meter hohen Pendant erreicht. Auch hier kann ein differenziertes Lichtkonzept realisiert werden. Die Holzpodeste erhalten Pollerlampen und Bodenstrahler zur atmosphärischen Beleuchtung der Vegetation und der Sitzplätze.

Vegetationskonzept
Die Stadtvegetation ist ein wichtiger ökologischer und atmosphärischer Bestandteil unseres Lebens in der Stadt. Aber auch hier gilt, dass weniger manchmal mehr Qualität und Genuss verspricht. Die ungepflegte Rabatte und das überbordende Gehölz in allen Winkeln und Restflächen erzeugt unübersichtliche und unsichere Räume und das schlechte Gewissen, zu wenig für die Pflege der Grünanlage aufzuwenden. Unser Vegetationskonzept setzt deshalb auf eine Reduzierung solcher Gehölzbestände.
Für die großen Straßen Friedrich-Ebert-Allee und Kirchbaunaer Straße schlagen wir Trompetenbäume vor. Die Vegetation entlang der Maximilian-Kolbe-Straße und Rudolf-Diesel-Straße wird aus säulenförmigen Ahornbäume gebildet. Als neuen Leitbaum der Innenstadt im Bereich der Höfe, Vorgärten und der Holzterrasse schlagen wir die Vogelkirsche vor. Im Bereich der Hochbeet sollen Zierkirschen gepflanzt werden. Im Bereich der Plätze und an wichtigen Straßenkreuzung Schnurbäume.


Schritt für Schritt
Der Sanierungsbedarf innerhalb des Zentrums Baunatal ist enorm. Keine Stadt kann sich eine umfassende Erneuerung in der gesamten Fläche erlauben. Strukturelle Verbesserungen können deshalb nur schrittweise, immer in Abhängigkeit des absolut Notwendigen und des wirtschaftlich Erforderlichen, erfolgen. Schnelle Einzelmaßnahmen müssen gerade bei begrenzten Mitteln im Rahmen einer Gesamtidee realisiert werden. Wenn jeder vor seinem Haus den roten Teppich herausrollt, ist die Stadt irgendwann ein roter Flickenteppich.
1. Wir schlagen vor, neben der notwendigen Sanierung der Tiefgarage „An der Stadthalle“ den Marktplatz neu zu gestalten. Mit dem Rathaus, der benachbarten Rathauspassage, seiner Gastronomie und den vielfältigen Wegeverbindungen kann hier Strahlkraft und städtebauliche Substanz entwickelt werden.
Die Neugestaltung des Platzes über der Tiefgarage nördlich des Gemeindezentrums initiiert eine neue städtebauliche Sequenz zwischen Marktplatz und Platz des Friedens. Es entsteht ein wichtiger Auftaktplatz für die Innenstadt.
2. Die Umgestaltung der Postgasse muss immer in Abhängigkeit der Entwicklung im ehemaligen Postgebäude und des Bauna Centers betrachtet werden. Der Umbau und die Öffnung der Postgasse zur Marktstraße soll nach der Errichtung des Elektronikkaufhauses und des Jugendkulturzentrums erfolgen.
Erst die innere Neuorganisation des Postgebäudes schafft die Voraussetzungen für eine barrierefreie und großzüge Verbindung. Es ist notwendig, die Höhe der Eingangstür neu festzulegen, um eine leicht geneigte Rampe zur Marktstraße zu erhalten.
3. Die Anpassungen der Verkehrsinfrastruktur hat große Auswirkung auf die Außenwirkung des Zentrums Baunatal. Der Rückbau auf zweistreifige Fahrbahnen mit angemessenen Nebenanlagen wirken sich positiv auf die Investitionen in der Randbebauung aus. Nicht nur die neuen Einkaufszentren bringen einen Entwicklungsschub, auch Investitionen in die Wohn- und Geschäftshäuser an der Marktstraße wären zu erwarten.
Mit diesen Maßnahmen soll auch die Marktstraße ein neues Gesicht erhalten. Eine Unterbrechung des Durchgangsverkehrs wertet die Wohnbebauung und die Zugänglichkeit der Innenstadt von Osten aus auf.
4. Die Vorgaben aus der Umgestaltung des Marktplatzes und der Straße „An der Stadthalle“ geben den Kurs für die Überarbeitung der Gassen und Nebenstraßen vor. Eine zurückhaltende Gestaltung der Gassen und Straßen setzt auf ein zeitloses und zurückhaltendes Design.