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Einladungswettbewerb | 10/2011

Sanierung u. Erweiterung eines hist. Pfarrhauses

Anerkennung

Preisgeld: 2.000 EUR

Lehmann Architekten GmbH

Architektur

Erläuterungstext

Städtebauliches Konzept

Mit einem kleinen eigenständigen Gebäude, im ehemaligen Garten des unter Denkmalschutz stehenden historischen Pfarrhauses, wird städtebaulich der Wunsch nach einem Gemeindezentrum, in dem Integration stattfinden kann, eingeleitet.

Der städtebaulich sensibel eingefügte eingeschossige Baukörper, in dem die Versammlungsräume, der öffentlichen Teil des Raumprogramms, untergebracht sind, ist nur über ein transparentes Eingangselement mit dem aus dem 19. Jahrhundert stammende Pfarrhaus verbunden.

Neben diesem städtebaulichen Akzent schafft dieses pavillonartige Gebäude die Voraussetzung für die gewünschten zeitgemäßen Räumlichkeiten nach einem selbstbewussten hellen und freundlichen Haus, in dem viele verschiedene Menschen zusammenkommen können.

In dem sehr hetrogenen Umfeld wird dieser neue Treffpunkt durch ein weiteres städtebauliches Element mit einer bambusbewachsenen Sichtbetonmauer gestärkt. Der dadurch entstehende Hofcharakter schafft mitten im Zentrum von Offenburg die gewünschte Atmosphäre für Wärme und Geborgenheit.

Die städtebauliche Dominanz übernimmt jedoch weiterhin das an der Poststraße 1888 gebaute historische Pfarrhaus. In seinem äußeren Erscheinungsbild soll es auf seinen ursprünglichen Zustand, insbesondere in der Fenster- und Gaubenausbildung etc.,
zurückgeführt werden. Die derzeit an der Nordgrenze bzw. Fassade wenig befriedigende bauliche Situation soll durch die neue Sichtbetonwand an der Grenze und Fassade ver-bessert werden.

Bei den Gesamtbaumaßnahmen werden die im vorliegenden energetischen Gutachten vorgeschlagenen Maßnahmen angemessen berücksichtigt. Die Sanierung wird insgesamt in Bezug auf Materialität, Farbe und Detailqualität im Sinne der Denkmalpflege umgesetzt.


Raumprogramm und Gebäudestruktur

Mit Ausnahme der Saalflächen und deren Nebenräume wurden die Räume für Dekanat, Erwachsenenbildung, Verwaltung und Serviceamt Offenburg etc. im historischen Pfarrhaus untergebracht. Die barrierefreie Erschließung ist durch ein Fahrstuhl im Treppenhaus, an der Nahtstelle zum Neubau gegeben.

Aufgrund der vorhandenen Gebäudestruktur können die unterschiedlichen Räume ohne größere Eingriffe in die Bausubstanz integriert werden. Durch den Rückbau der seinerzeit vorhandenen Dachgauben kann das Dachgeschoss wieder komplett genutzt werden.


Konstruktion und Materialität

Der eingeschossige, ca. 14 x 14 m große quadratische Baukörper kann aufgrund seiner modularen Ordnung in Ortbeton und in Teilen in Betonfertigteilen ausgeführt werden. Die sichtbaren Teile der Außenflächen sind in einem eingefärbten Sichtbeton geplant,
der in seinem Farbton auf das historische Gebäude und der umgrenzenden Bambus-/Sichtbetonmauer reagiert.

Die Fensterelemente und der komplette Innenausbau werden in einer einheitlichen Holzverkleidung in Natur, z. B. in Eiche, vorgeschlagen. Diese Reduzierung auf wenig unterschiedliche Materialität ermöglicht bei der großen Flexibilität der unterschiedlichen Nutzungsvarianten die innenräumliche Qualität, die neben der geforderten Robustheit auch zur Identitätsstiftung beiträgt.


Freiraumkonzept

Durch die bewusste Freistellung des Gemeindehauses im Innenhof entstehen weitgehendst gleichwertige Außenräume, die aufgrund der Transparenz der Veranstaltungssälen zum Außenraum eine besondere Qualität erhalten.

Durch ein abgestimmtes Materialkonzept, Sichtbetonaußenwand mit Sitzgelegenheit
und Bambusfilter, Bodenbeläge innen und außen in gleicher Materialität, kann dieser interessante Raum trotz seiner geringen Größe die unterschiedlichen festlichen Veranstaltungen atmosphärisch aufwerten.


Energiekonzept und ökologische Maßnahmen

Mit einer hochgedämmten thermischen Hülle können die Energieverluste beim Neubau weitgehendst minimiert werden, so dass die Unterschreitung der EnEV 2012 ohne Probleme erreicht werden kann.

Da die Größe der Veranstaltungsräume unter 200 m² liegen, ist eine mechanische Be-
und Entlüftungsanlage nicht erforderlich. D.h. die Räume können alle natürlich be- und entlüftet werden.

Für das historische Pfarrhaus liegt ein aus dem Jahr 2009 erarbeitetes Energiegutachten vor. Auf der Grundlage dieses Gutachtens können die dort vorgeschlagenen Maßnahmen im Zuge der Komplettsanierung umgesetzt werden. Als Alternative zu der Primärenergieversorgung in Gas, sollte die Verwendung einer CO2-neutralen Pelletanlage untersucht werden.

Um die Inanspruchnahme von natürlichem Gelände auszugleichen, wird vorgeschlagen, die Dachfläche des Neubaus mit extensiver Begrünung auszuführen. Neben der optischen Verbesserung in dem baulich verdichtetem Umfeld wird durch diese Maßnahme ca. 60 % der Regenwassermenge zurückgehalten, was bei der Erhebung der Abwassergebühren finanziell entsprechend berücksichtigt wird.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf zeichnet sich durch eine angenehme städtebauliche Zurückhaltung aus, sowohl in Maßstäblichkeit als auch in Anordnung des Baukörpers.
Die Idee eines umlaufenden städtischen Pfarrgartens ist ungewöhnlich, aber auch reizvoll.
Das Thema der Mauer wird konsequent aufgenommen und weitergeführt, sie wird zur umfassenden Verbindung von Alt und Neu.
Durch die behutsame Einbindung des quadratischen Neubaus bleibt die Präsenz des alten Pfarrhauses im Stadtbild gewahrt.
Die Gesamtanlage erschließt sich über den Eingang des alten Pfarrhauses, ebenso wie über einen ebenerdigen Seitengang in den Gemeindesaal. Dadurch erhält das Pfarrhaus einen kleinen transparenten Verbindungsbau, der minimale Eingriffe in die Gebäudesubstanz zur Folge hat.
Der denkmalgeschützte Charakter des Pfarrhauses bleibt bezüglich der Fassade fast vollständig erhalten. Der nicht unterkellerte Neubau umfasst ausschließlich Funktionen der Gemeindesäle einschließlich Nebenräumen. Aufgrund der quadratischen Grundposition und der offenen Bauweise sind vielfältige Raumbildungen und -nutzungen möglich.
Der Einsatz weniger moderner Baumaterialien (Beton, Holz) im Neubau und der Umgang mit dem Altgebäude entspricht dem konsequent behutsamen Konzept des Verfassers.
Insgesamt weist der Entwurf aufgrund des geringen Neubauvolumens und der geringen Eingriffe in den Bestand eine hohe Wirtschaftlichkeit aus. Das geringe A/V-Verhältnis führt zu positiven Energiekennwerten. Das begrünte Flachdach des Neubaus, die geringe Baumasse und die Freiraumgestaltung führen zu einem hohen Grad an Nachhaltigkeit.