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Einladungswettbewerb | 11/2011

Realisierungswettbewerb Carl-Sieder-Weg

1. Preis

1. Preis

1. Preis

sacker

Architektur

stötzer Landschaftsarchitektur GmbH

Landschaftsarchitektur

ARCHITECTURE2BRAIN - architekturdarstellungen

Visualisierung

Erläuterungstext

Städtebau
Der Entwurf versteht sich als beispielgebender Baustein für eine nachhaltige Entwicklung des Stadtteils Mooswald. Er bezieht sich sowohl auf vorhandene historische Strukturen als auch auf Überlegungen der Stadtteilentwicklung Mooswald (STEM). Dem Entwurf liegt einfaches architektonisches Konzept zu Grunde.
Durch die Konzentration der baulichen Massen entlang der Grundstückskanten wird langfristig eine Beruhigung des heterogenen städtebaulichen Umfelds erreicht. Die Kubaturen stufen sich von der Elsässer Straße von vier auf zwei Geschosse ab. Somit reagiert der Entwurf sensibel auf das jeweilige gebaute Umfeld. Gleichzeitig entsteht ein großzügiger durchgrünter Innenraum, zu dem sich sämtliche Wohngebäude hin orientieren. Dieser bietet Raum für gemeinschaftliches Wohnen und sozialen Austausch. Als ein Verweis auf die frühen Siedlerhäuser mit ihren Selbstversorgergärten, ermöglicht es die Stellung der Baukörper, jedem Haus einen umlaufenden Freibereich zuzuordnen. Die klaren Kubaturen stehen ebenfalls in der Tradition der Siedlerarchitektur. Die Erschließung der Gebäude erfolgt von der jeweilig angrenzenden Straße.
Das Wohnungsgemenge verteilt sich auf fünf Baukörper. Entlang der Elsässer Straße stehen zwei viergeschossige Gebäude mit städtischer Erdgeschosszone. Entlang der Falkenbergerstraße und des Riesenwegs steht je ein dreigeschossiges Wohnhaus, im rückwärtigen Grundstücksbereich stehen zweigeschossige Reihenhäuser.
Die Erdgeschosszone entlang der Elsässer Straße nimmt die geforderten Gewerbe-, Gemeinschafts- und Kitaflächen auf. Der Gemeinschaftsraum sitzt prominent am Quartierszugang. Er dient als Gelenk zwischen dem öffentlichen und halböffentlichen Raum. Angrenzend an den Gemeinschaftsraum befindet sich die Kita. Dies ermöglicht eine Doppelnutzung des Versammlungsraumes. Der Freibereich der Kita orientiert sich ebenfalls zur Quartiersmitte.
Unterschiedliche Wohnungsgrößen und Typologien können die Anforderungen verschiedener Mieterschichten abdecken.
Alle Wohnungen verfügen über einen privaten Außenbereich in Form einer Loggia.
Die GFZ von 1,03 sorgt für eine wirtschaftliche Ausnutzung des Grundstücks bei gleichzeitig großzügigen Freibereichen. Eine effiziente Erschließung sowie eine einfache Gebäudestruktur trägt zur Wirtschaftlichkeit bei. Der bestehende Carl-Sieder-Weg wird von jeglicher Bebauung freigehalten. Daher ist der Entwurf flexibel in einzelnen Bauabschnitten umsetzbar.
Grundkonzeption Freiräume
Die Grundstrukturen des grünen Gartenstadtrasters der Siedlung im Mooswald werden aufgenommen und weiter entwickelt.
Der historischen Bedeutung des Wohnquartiers am Carl-Sieder-Weg wird durch eine neue städtebauliche und freiraumplanerische Ordnung in Anlehnung an die vorhandenen Grundstrukturen Rechnung getragen.
Der Obstgarten Carl-Sieder ist die Reminiszenz an die bestehenden Obstgärten und Gärtenkulturen des Quartiers und gleichzeitig die Möglichkeit, die Erinnerung an den Gründer des Bauvereins zu bewahren. Die grüne Mitte ist fußläufig sowohl von der Elsässer Straße als auch vom Riesenweg und der Falkenbergerstraße gut erreichbar.
Für die Anwohner des Carl-Sieder-Gartens , für die Nutzung der Kita sowie für die Bewohner der umliegenden Bereiche im Stadtteil Mooswald entsteht ein halböffentlicher Garten mit hoher Aufenthaltsqualität, durchsetzt von freien Solitärbäumen mit Wildbirnen, Äpfeln und Kirschen.
Ziel des Entwurfes ist es, das bestehende Netzt im ökologischen Verbundsystem weiter zu entwickeln. Obstbäume, die offenen Wiesenflächen mit Gräser- und Irisstreifen an wechselfeuchten Biotopstandorten sowie die neuen Großbaumpflanzungen um das Quartier leisten wichtige Lebensgrundlagen für Flora und Fauna.
Anbindung zum Seepark
Die direkte Anbindung zum Seepark ist eine hohe Qualität des Quartiers am Carl-Sieder-Garten. Markierte Querungsabschnitte unterstreichen die Übergänge zum nahe gelegenen Park.
Weitere Entwicklung – Grüne Ader an der Elsässer Straße
Das Quartier Carl-Sieder-Garten ist ein wichtiger Baustein für die zukunftsfähige Entwicklung des Stadtteils Mooswald, insbesondere für den Abschnitt an der Elsässer Straße. Die Elsässer Straße soll sich zur grünen Ader des Stadtteils entwickeln. Dazu wird vorgeschlagen, die Fahrbahnbreite auf 6 m zu reduzieren und den frei werdenden Raum für das Einfügen der Baumallee zu nutzen. Unter den Bäumen können Längsparker stehen. In der Folge können die Parkplätze aus den Vorgärten herausgenommen werden. Darüber hinaus ist eine Temporeduzierung auf 30 km/h vorgesehen.
Fassade
Das Erdgeschoss entlang der Elsässer Straße ist entsprechend seinem öffentlichen Charakter großzügig verglast. Ein Sichtbetonvordach bindet die Erdgeschosse der beiden Häuser optisch zusammen und verstärkt ihre einladende Wirkung. Gleichzeitig erhält das Quartier einen attraktiven Auftakt.
Liegende Fensterformate gliedern die Fassaden der Gebäude spannungsvoll in offene und geschlossene Flächen. Loggien modellieren die Kubaturen zusätzlich mit ihrer Schattenwirkung. Strukturierter Putz und mit Holz ausgekleidete Loggien bilden zusammen mit partiell eingesetzten Sichtbetonelementen eine angemessene, dezente Materialität.
Materialität / Lichtkonzept
Große Werksteinplatten aus Beton werden im Kreuzfugenverband gesetzt. Lange Sitzbänke aus Stein laden zum Verweilen ein. Betonpflaster oder Terrazzobeton befindet sich in Flächen und Wegen.
Zurückhaltend und sensibel ist das Raumlicht zu entwickeln. Lichtstreifen und indirektes Licht erhellen den Weg entlang dem Obstgarten Carl-Sieder-Weg.
Parkierung
Kurzzeitstellplätze, Stellplätze für Behinderte und für die Vorfahrt zur Kita befinden sich an der Elsässer Straße unter einer Baumreihe. Der öffentliche Bereich für Fuß- und Radwegnutzung bleibt vor der neuen Gebäudekante erhalten.
Die Tiefgarage wird von der Falkenbergerstraße aus erschlossen. Ihre klare und übersichtliche Struktur erschließt alle Geschosswohnungen. Sie nimmt für alle Wohneinheiten die geforderten Stellplätze auf. Ebenso werden hier weitere Stellplätze für Angestellte der Dienstleister, der Kita und des Gemeinschaftsraums nachgewiesen. Die Stellplätze entlang der Falkenbergerstraße werden neu geordnet. Es wird vorgeschlagen, hier eine neue Baumreihe zu entwickeln.
Regenwassernutzungskonzept
Das Oberflächenwasser auf den Tiefgaragenflächen wird zurückgehalten und in Regenwassersammelbecken sowie in Regenwassermulden gefasst.
Iris- und Gräserstreifen begleiten die Regenwasserlinien. In den offenen Flächen der Gärten versickert das Regenwasser offen, in den übrigen Flächen wird das Regenwasser durch Ableitungen (offen bzw. halboffene Ableitungen) in die Irisfelder und Regenwasserstreifen geführt. Im Übrigen werden Sammelrigolen angelegt und in die Auffangmulden abgeführt.
Energetisches Konzept
Die geplante Bebauung Carl-Sieder-Weg wird im Energiestandard der KfW 55 nach EnEV 2009 errichtet. Dabei sind die Anforderungen an den spez. Transmissionswärmeverlust H’T um 30 % sowie an den Jahres-Primärenergiebedarf um 45 % zu unterschreiten. Um diesen Standard zu erreichen, sind sehr gute Wärmedämmung, Fenster mit 3-Scheiben-Wärmeschutzglas und optimierte Wärmebrückendetails erforderlich. Für die Wärmeversorgung ist ein Nahwärmenetz mit BHKW vom Auslober vorgegeben. Um die gewünschte Freiheit bei der Wahl des Energieträgers zu erhalten, werden die Gebäude mit einer kontrollierten Be- und Entlüftung mit hocheffizienter Wärmerückgewinnung ausgestattet.
Die Wärmezentrale wird an einem zentralen Standort innerhalb des Baufeldes vorgesehen. Auf eine thermische Solaranlage zur Warmwasserbereitung und Heizungsunterstützung wird wegen der BHKW-Anlage verzichtet, da beide Systeme in Konkurrenz um den Wärmebedarf für die Warmwasserbereitung im Sommerhalbjahr stehen. Die Dachflächen können für die solare Stromproduktion durch Photovoltaik-Anlagen genutzt werden. Die Nutzung für Photovoltaik-Anlagen widerspricht nicht der Ausführung als Gründach, wie in zahlreichen Beispielen belegt wurde.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die stadträumliche Qualität der Arbeit entwickelt sich aus dem Bestand. Die Gebäude
werden auseinander gerückt, um einen zentralen, verkehrsfreien „grünen Innenhof“ zu
umschließen. Zwei längliche Gebäuderiegel mit einer kommerziellen und
gemeinschaftlichen Erdgeschossnutzung bilden im Süden einen plausiblen Übergang zur
Elsässer Straße und schirmen das neue Quartier gegen den Straßenlärm ab. Dadurch
gewinnt der Straßenraum der Elsässer Straße an stadträumlicher Qualität. Das
Gesamtquartier ist bis auf Anfahrtsmöglichkeiten für Be- und Entladen konsequent
fahrverkehrsfrei gehalten, der Zuschnitt der Tiefgarage ermöglicht eine gute bis optimale
Erschließung für alle Gebäude, die Zufahrt von der Falkenbergerstraße im direkten
Einmündungsbereich der Elsässer Straße ist nicht ganz optimal aber denkbar. Die
Anordnung der Besucherstellplätze an der Elsässer Straße muss mit der Stadt diskutiert
werden.
Die Höhenabstufung der Gebäude von der Elsässer Straße nach Nordosten – von vierüber
drei- nach zweigeschossig (Reihenhaus) – ist richtig und bezieht sich auf das Umfeld.
Durch die Gebäudeanordnung entsteht ein zentraler, geschützter Freiraum, in dessen Mitte
eine gemeinschaftliche Nutzung vorgesehen ist. An den Rändern, im Übergang zu den
Gebäuden, besteht zudem die Möglichkeit einer privaten Gartennutzung durch
Sondernutzungsrechte, was den Interessen den jetzigen und künftigen Nutzern entgegen
kommt. Die Aussparung in der Mitte der Tiefgarage eröffnet die Möglichkeit einer
angemessen Baumbepflanzung im Innenhof. Hier verfügt auch die KITA über einen
angemessenen Außenbereich.
Der Qualität des städtebaulichen Entwurfs entspricht die Selbstverständlichkeit und
Angemessenheit der Architektursprache, bei den Fassaden erscheint im Hinblick auf eine
spannungsvollere Ausstrahlung eine Nacharbeitung notwendig. Das Angebot an
Wohnflächen liegt im mittleren Bereich der eingereichten Arbeiten.
Die Ausrichtung der Wohnungen kommt den unterschiedlichen Ansprüchen der Nutzer
entgegen, für das nördliche Reihenhaus wäre auch eine Südostausrichtung ohne Einbußen
in der städtebaulichen Qualität denkbar. Das vorgeschlagene „offene Wohnen“ verspricht
ein großes Maß an Flexibilität.
Der längere Bau an der Elsässer Straße ist mit zwei Treppenhäusern und Aufzügen etwas
übererschlossen. Zuschnitt und Größe der Erdgeschosse in den Gebäuden an der Elsässer
Straße versprechen variable und flexible Nutzungsmöglichkeiten. Das geforderte
Wohnungsgemenge wird von den Verfassern eingehalten; eine abschnittsweise
Realisierbarkeit ist gegeben.
Im Verhältnis von Bruttogeschossfläche zur nutzbaren Wohnfläche liegt die
Wirtschaftlichkeit des Entwurfs deutlich im oberen Bereich.
Energetisch wird eine Nahwärmeversorgung mit BHKW vorgeschlagen, die
vorgeschlagenen Maßnahmen entsprechen dem Stand der Technik.
Der Entwurf besticht durch die Selbstverständlichkeit der Einbindung in das städtebauliche
Umfeld, die Architektursprache ist angemessen mit etwas Luft nach oben. Insgesamt lässt
die Wettbewerbsarbeit eine hohe Qualität auch als Beispiel für die weitere Entwicklung des
Stadtteils erwarten. Erwähnenswert ist die räumliche Qualität des zentralen öffentlichen
Freiraums sowie der angrenzenden privaten Freiräume, das Verkehrskonzept ist auf der
Höhe der Zeit.