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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2011

Neubau einer kongresstauglichen Messehalle

Perspektive © wulf architekten

Perspektive © wulf architekten

2. Preis

wulf architekten

Architektur

knippershelbig GmbH

Bauingenieurwesen

Planstatt Senner

Landschaftsarchitektur

PKi holistic engineering

TGA-Fachplanung

HHP Nord-Ost

Brandschutzplanung

Erläuterungstext

Konzept, Maximen

Die exponierte Lage im Stadtraum und das Bewusstsein, einen denkmalgeschützten Großbau zu ersetzen, laden diese Aufgabe mit Bedeutung auf. Diese äußert sich in unserem Entwurf vor allem in der Achtung vor einer Nachhaltigkeit, die sich zukunftsweisend auf die sparsame Verwendung unserer materiellen Ressourcen wie auch den Einsatz der gestalterischen Mittel bezieht. Einprägsamkeit durch Klarheit, Präzision und Angemessenheit steht für die Grundhaltung des Entwurfs.
Die Bedeutsamkeit des Bauwerks zeigt sich in der Rhythmisierung von Kontur und Innenraum. Die Architektursprache behauptet sich ohne Anstrengung im allgemeinen Messe-Einerlei durch die sinnvolle Offerte eines unverwechselbaren Multifunktionsraumes.

Städtebau

Im heterogenen und weiträumigen städtebaulichen Umfeld soll ein Ruhepol entstehen, der einem Magneten ähnlich die unterschiedlichen Kraftfelder und Freiraumfragmente ordnet. Die Megastruktur der Ungers’schen Messestadt Süd erhält einen zeichenhaften Ausleger, der sie auf einen menschenverständlichen Maßstab herunterholt. Ein weiterer, den Südeingang zur Messe flankierender Neubau auf der gegenüberliegenden Westseite ist als Zukunftsvision denkbar – aber nicht notwendig für die stadträumliche Gesamtstruktur und die Präsenz der neuen Halle im Stadtraum. Diese Präsenz entsteht nicht durch Höhe oder Wucht des Volumens, auch nicht durch Extravaganz der Form, sondern durch die Besonderheit des durch die Tragkonstruktion präzise rhythmisierten Hallenvolumens. Die Simplizität von aufgereihten „Holzbalken“, die auf einen niedrigen Gebäudering aufgelegt sind, erweckt angesichts der sehr komplexen Bauaufgabe einen nicht alltäglichen Gesamteindruck fernab von jeglicher Banalität.

Architektur

Konstituierende Elemente der architektonischen Gestaltung wie Raum, Konstruktion, Licht und Körper sollen auf einfachste Weise zu einer kraftvollen und ungekünstelten Architektursprache führen, die die Materialität (Holz und Beton) im Spiel von Licht und Schatten unmittelbar inszeniert. Dies betrifft den Innenraum mit seiner hölzernen Tragstruktur ebenso wie die Fassaden mit perforierten Beton-Fertigelementen. Die Materialien selber sind unprätentiös - was zählt ist ihre architektonische Inszenierung. Die Atmosphäre in den Räumen entsteht durch Strukturelemente im Licht. Generell ist der gesamte Bau in allen Bereichen stark durchstrukturiert.
Dies betrifft neben der Tragstruktur auch die Wegestruktur und die Raumstruktur, die entsprechend der multifunktionalen Nutzbarkeit maximale Flexibilität und Aufteilbarkeit zulässt, ohne an inspirierender Charakteristik einzubüßen.
Die raumbestimmenden Kastenträger aus Holz beinhalten die technischen Systeme und weisen lediglich an der Unterseite Lüftungs- und Beleuchtungsauslässe auf. Von außen sind sie mit einer Metallhaut aus Kupferblech bekleidet. Die Tragkonstruktion begünstigt ein Abhängeraster von 3,6/ 3,6 m.
Die auch separat vermietbaren Büroräume sind an der Nahtstelle zum 7-geschossigen Ungers-Riegel angeordnet und leiten zu dessen Höhe über, wodurch der Bau von seiner östlichen Schauseite her betrachtet eine besondere Dynamik erhält.

Freiraum

Die neue Messehalle schafft zur Straße „Messedamm“ hin einen interessanten Grünraum als Adresse.
Der mit Baumreihen überstandene Platz gliedert sich in Vorfahrt, Wasserfläche, Parkierung und Umfahrt.
Die Wasserfläche ist vom Entrée her über eine Terrassierung zugänglich und erlebbar. Das gegenüberliegende grüne Ufer filtert das Regenwasser und ist Teil eines integrierten Wasserkonzeptes, das den vorhandenen Stauraumkanal ersetzen soll. Zwei Stege führen zum Parkplatz, der mit Sophoren bepflanzt wird und einen markanten Baumhain ergibt.
Entlang der Jafféstraße erbringt die durchgehende Baumreihe eine wohltuende Gliederung.
Der vorhandene Niveauunterschied zum Messeplatz, wird aufgrund einer großzügigen, durchgrünten Treppenanlage mit Sitzstufen vielseitig, zum Beispiel als Forum, nutzbar.
Die Verkehrsströme sind in einzelnen Systemen klar voneinander getrennt. Den äußeren Ring, der über den Messedamm erschlossen ist, bilden Taxi und Gastronomiezulieferverkehr. Der bestehende Taxi- Ringverkehr ist in die Planung integriert.
Der LKW- Messezulieferverkehr führt über eine zweite Schleife getrennt von Taxi und PKW an das neue Messegebäude heran.
Der ringförmig angelegte Parkierungsbereich ist über den Messezugang im Osten erreichbar. Die Entwässerung der Parkierungsflächen erfolgt über Entwässerungsmulden zwischen den Parkständen.
Für Busse und Taxis besteht eine breite An- und Durchfahrt unmittelbar am Haupteingang der neuen Messe.
Erschließung
Fußgänger, die mit der S-Bahn kommen, erreichen die Messehalle über die beiden bestehenden Ausgänge aus der S-Bahn-Haltestelle Messe-Süd.

Der Haupteingang mit großem baumbestandenen Vorplatz befindet sich auf der Südseite auf Ebene 55,10 m vis a vis zum bestehenden Eingang Halle 7. Über den Haupteingang erreicht man durch Überwindung eines kleinen Höhenunterschieds das Niveau der oberen Messehalle auf Ebene 59,10 m.
Der Nebeneingang befindet sich vis a vis zum bestehenden Messeeingang Süd auf Ebene 48,60 m. Über diesen Zugang erreicht man auf direktem Wege das Niveau der unteren Messehalle auf Ebene 46,10 m.

Die Höhenlage der beiden übereinander liegenden Messehallen im Bezug zu den umliegenden Bestandshöhen sind so gewählt, dass zum einen auf Ebene 55,00 m ein Sockelgeschoss entsteht, welches im Süden die Foyerfunktionen und im Westen die Anlieferzonen für den Gastronomiebereich aufnehmen kann und zum anderen die notwendigen Rampenlängen zur Anbindung der Hallenbeschickung an die bestehenden Beschickungsebenen auf Ebene 48,60 m bzw. 57,60 m gleichmäßig verteilt werden.

Die beiden Messehallen können jeweils beidseitig (Ost- bzw. Westseite) beschickt werden. Die untere Messehalle kann beidseitig mit LKWs befahren werden, im Osten über eine Anbindung an die bestehende Messe-Umfahrt auf Ebene 48,60. im Westen über einen tief liegenden Beschickungshof, der direkt von der LKW-Geländezufahrt im Bereich des Vorplatzes aus angefahren wird.
Die obere Messehalle kann von Osten her direkt mit LKWs befahren werden, im Westen erfolgt die Beschickung über Lastenaufzüge aus dem unteren Hof. Der obere Beschickungshof dient der Anlieferung der Produktionsküche bzw. der Bistros. Um die Flexibilität zu erhöhen, kann die obere Halle ebenfalls von den, den Gastronomiebereichen vorbehaltenen Flächen per Lastenaufzug beschickt werden.

Der bestehende Taxi-Ringverkehr erhält eine neue Zufahrt vom Messedamm, damit die eigentliche Hallenvorfahrt nur den Taxis vorbehalten bleiben kann, die direkt diese bzw. den Zugang zu Halle 7 anfahren. Alle anderen Taxis erreichen die Taxirampe hin zum Vorplatz Süd auf direktem Wege. Im Bereich der Nord-Ost-Ecke der neuen Messehalle fahren die Taxis in einen offenen Trog, der sie kreuzungsfrei unterhalb der Zufahrten der unteren Halle bzw. der Besucherverbindungen zwischen der neuen Halle und den bestehenden Hallen hindurch führt. Dieser neue Taxitrog wird im Bereich der Süd-Ost Ecke mit dem bestehenden Taxitunnel wieder zusammen geführt.

Funktionalität/ Funktionsbereiche

Die Ausstellungsfläche von 15.000 m² wird auf zwei gleich große, übereinander angeordnete Messehallen verteilt, wobei die untere Halle wenige Stützen erhält und die obere Halle stützenfrei ausgebildet ist.
Die Erschließungsstruktur ist so angelegt, dass vielfältige Unterteilungsmöglichkeiten denkbar sind. Die Grundstruktur geht davon aus, dass die Halle einmal mittig geteilt wird, so dass für das Veranstaltungsszenario Kongress beide Foyerseiten (Norden und Süden) nach Aufteilung der Säle miteinander verbunden werden können. Die beiden daraus entstehenden Flächen bieten entweder Platz für jeweils einen Kongresssaal mit bis zu 3.500 Personen oder durch weitere mittige Teilung können jeweils zwei Säle mit 1000 Personen oder 4 Säle mit 500 Personen abgeteilt werden.
Der Mittelflur in Ost-West-Richtung erlaubt in der unteren Halle eine Durchfahrbarkeit der Halle, wenn alle Säle bereits aufgebaut sind bzw. in der oberen Halle eine unabhängige Zugänglichkeit der Produktionsküche; außerdem können die kreuzförmig angeordneten Mittelflure auch in bestimmten Veranstaltungs-Szenarien als 2. Rettungsweg genutzt werden.
Die Anordnung der verschiedenen Saalgrößen ist mit Ausnahme des 3.000 Personen-Saals an jeder beliebigen Stelle möglich. Der Große Saal kann aufgrund der Stützenfreiheit nur in der oberen Halle liegen. Möchte man die unabhängige Zugänglichkeit der Küche erhalten ist die beste Lage für diesen Saal auf der Ostseite der oberen Halle.
Raumakustische Maßnahmen werden in Form von Wandverkleidungen bzw. integriert in die Trennwände eingebaut, so dass für den Konferenzbetrieb keine temporären Maßnahmen mehr notwendig werden. Für den späteren Messebetrieb ist eine höherwertige akustische Ausstattung hinsichtlich der Raumatmosphäre auch vorteilhaft.
Die Dimensionierung der Rettungswege beruht im Wesentlichen auf der Annahme 1 Pers./ m². Allerdings bestehen darüber hinaus noch Reserven mit bis zu 8.800 Pers. in der oberen Halle bzw. 12.000 Pers. In der unteren Halle. Eine Auslegung auf 2 Pers./ m² bezogen auf die gesamte Hallenfläche, wie es die Versammlungsstättenverordnung fordert, erscheint für mehrstöckige Messehallen ggf. wirtschaftlich nicht sinnvoll.

Auf beiden Hallenlängsseiten befindet sich die gleiche Infrastruktur wie Rolltreppen, Aufzüge, WC-Bereiche sowie Foyerflächen. Alles ist in doppelter Anzahl vorhanden, so dass auch hier die Grundlagen für verschiedenste Unterteilungen geschaffen sind.
Ebenfalls auf beiden Längsseiten, allerdings eine Ebene höher, liegen, gut belichtet, die Mehrzweckflächen, die höchstmögliche Nutzungsflexibilität ermöglichen.

Die Gastronomiebereiche liegen auf dem Niveau der oberen Messehalle. In zentraler Lage zur Halle befindet sich die Produktionsküche, um kurze Wege für Bankette zu gewährleisten. Beidseitig flankiert wird die Produktionsküche von den beiden Bistrobereichen, die sich zu den Foyerflächen orientieren, so dass hier Synergien im Gastronomiebereich genutzt werden können.

Die Büroflächen werden im Übergangsbereich zum Gebäudekomplex Halle 7 angeordnet, so dass sie zu einem späteren Zeitpunkt sehr gut fremd vermietet werden können, weil sie dort extern erschlossen werden können.
Der Bürobereich bildet auch den Übergangsbereich zwischen den Konferenzräumen auf Ebene + 9,00 und den Mehrzweckbereichen der neuen Messehalle

Tragwerk

Die Deckenkonstruktion über der unteren Messehalle muss sowohl funktionale als auch statisch konstruktive Anforderungen erfüllen.
In der Deckenebene sind in Haupttragrichtung zwischen den stählernen Fachwerkträgern Medienkanäle angeordnet; von denen im Abstand von 5,5 m Spartenkanäle in der Ebene der Bodenkonstruktion abzweigen. Die Bodenkonstruktion muss die relativ hohen Verkehrslasten durch LKWs der Kategorie SLW16 und Gabelstabler der Kategorie 4 in die Deckenkonstruktion einleiten. Hierfür werden vorgefertigte Pi- Plattenelemente aus Stahlbeton verwendet.

Die Hauptträger sind mit einem Abstand von 3,67 m angeordnet und lagern auf zwei mittigen Stützenreihen mit Abfangträger und Stützen entlang der äußeren Nebenräume auf. Die Spannweite beträgt 27,50 m; die sinnvolle statische Höhe von 3,50 m für einen Fachwerkträger entspricht in etwa der notwendigen Höhe für Medienkanäle.

Das Dachtragwerk prägt das Erscheinungsbild der oberen stützenfreien Messehalle.
Die kurze Distanz in Querrichtung von 66 m wird von hölzernen Kästen als Einfeldträger überspannt. Das Tragwerk ermöglicht sowohl die Integration von Beleuchtung und Lüftungstechnik, beherbergt eine mechanische Verschattung und bildet zusätzlich den horizontalen Raumabschluss nach oben der z.B. für die Unterteilung der Räume mit nichttragenden Trennwänden notwendig ist.

Die hölzernen Kästen werden aus Brettschichtholzträgern mit einer Beplankung aus 39 mm dicken Furnierschichtholzplatten (z.B. Kerto-Q) gefertigt.
Die Tragwirkung lehnt sich an das Prinzip einer beidseitig beplankten Holzrahmenbauwand an. Der Ober- und Untergurt fungiert als „Rähm“ und „Schwelle“, die vertikal angeordneten Brettschichtholzbinder bilden den „Wandständer“ ab.
Die Übertragung des Schubflusses an der Beplanunkung in die „Ständer“ wird durch eine mehrreihige, in einem Abstand von ca. 10cm untereinander angebrachten Vernagelung mit Rillennägeln 6,0x100 mm realisiert.

Die Träger kommen jeweils in 3 Teilen auf die Baustelle und werden vor Ort verbunden, bevor sie in die endgültige Position eingehoben werden. Durch die Dreiteilung der Träger befinden sich die Stöße im Bereich relativ niedriger Spannung durch Biegung und Querkraft.
Der Elementstoß erfolgt durch eine Holz-Holz Verbindung mit 16-20mm Stabdübeln, bei dem ein Mittelholz aus hoch beanspruchbarem Furnierschichtholz (z.B. Kerto-S) im Stoßbereich eingesetzt wird. Zusätzliche Stoßlaschen auf der Außenseite der Binder erhöhen die Tragfähigkeit der Montageverbindung.

Die Träger werden überhöht eingebaut, damit sie unter Eigengewicht den Innenraum exakt horizontal überspannen.
Der einfache Konstruktionstypus und das fehlen aufwändiger Details stellen ein äußerst ökonomisches Tragwerk dar, das ebenfalls durch die weitgehende Wartungsfreiheit im Unterhalt große Vorteile besitzt.

Der Werkstoff Holz in niedriger Verarbeitungstiefe leistet zudem einen Beitrag zu einer nachhaltigen, nahezu C02 neutralen Konstruktion.
Lageplan © wulf architekten

Lageplan © wulf architekten

Ansicht Ost © wulf architekten

Ansicht Ost © wulf architekten

Grundriss Ebene +1.50 © wulf architekten

Grundriss Ebene +1.50 © wulf architekten

Längsschnitt © wulf architekten

Längsschnitt © wulf architekten

Ansicht Süd © wulf architekten

Ansicht Süd © wulf architekten

Detailansicht © wulf architekten

Detailansicht © wulf architekten

Perspektive © wulf architekten

Perspektive © wulf architekten

Innenraumperspektive © wulf architekten

Innenraumperspektive © wulf architekten

Modell Béla Berec, Esslingen

Modell Béla Berec, Esslingen

Modell Béla Berec, Esslingen

Modell Béla Berec, Esslingen