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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2011

Neugestaltung der stadtnahen Ulsteraue und angrenzender Bereiche

Badeanlage

Badeanlage

Ankauf

Anna Viader Städtebau Architektur Landschaft

Landschaftsarchitektur

SMAQ Architektur und Stadt

Architektur

Erläuterungstext

SITUATION. In der Kuppenlandschaft der Rhön gelegen, ist die Umgebung der Stadt Geisa von markanten Bergspornen und der langgestreckten Flussaue der Ulster geprägt. Abwechslungsreiche Horizonte mit eindrucksvollem Weitblick bilden außergewöhnliche Qualitäten für Naherholung und Tourismus. Die Stadt selbst liegt exponiert auf einem langgezogenen Bergsporn, und hat die klare Form der kleinteiligen, mittelalterlichen Stadt bewahrt. Der Stadtgraben als Streuobstwiese ummantelt den Kern und wird beiderseits von den weitläufigen Flussläufen flankiert. Strukturell entsteht ein zwiebelschalenartiges Bild. Diese klare Morphologie bietet aus der Talaue der Ulster und Geisa einerseits imposante Blicke auf die Stadt und andererseits vielfältige Ausblicke von der Altstadt auf die Rhön.
Die Ulsteraue war für die Stadt Geisa seit jeher ein wichtiger Ort am Wasser. Als Mühlenstandort mit Wiesen und Gärten, wie auch später zur Zeit der Industrialisierung bzw. als Standort der VEB Plasta, bildete die Aue einen wichtigen Versorgungsstandort der Stadt. Mit Abriss der VEB Plasta besteht nun die Chance die Aue einer neuen Bedeutung zuzuführen: die Aue wird zur Naherholungs- und Freizeitlandschaft für Einheimische wie Touristen. Um Synergien nutzen zu können und die Potentiale weiterzuentwickeln, muss die Beziehung von Stadt und Fluss neu definiert werden.

KONZEPT. Ein Aspekt der Neukonzeption ist das Stärken der übergeordneten Morphologie (Zwiebelschalen): Im Stadtbereich wird die Kleinteiligkeit der Struktur anerkannt und weiterentwickelt, der Stadtgraben wird ausgelichtet und umfasst als transparente, klar strukturierte Streuobstwiese die Stadtmauer. Der Wiesenbereich der Aue zeigt sich als offener und großzügiger Raum entlang des dynamischen Flusslaufes, eröffnet Blickbeziehungen zur Stadt, zum Fluss und auf die umgebenden Bergsporne und stellt den Bezug zur den östlichen Stadtquartieren her.
Die neue Erschließung wird soweit minimiert, dass die klare Strukturierung der unterschiedlichen Räume deutlich ablesbar bleibt und dadurch eine einfache Orientierung möglich ist. Dabei passt sich das Wegenetz an übergeordnete Verbindungen wie Rad- und Wanderwege an, stärkt die Verbindung zum Kulturhaus als auch die gewachsenen Wegebeziehungen zu Schule und Sportplatz im Süden, zu den östlichen Stadtteilen sowie zu Schloss und Gangolfi-Park. Die Mauergasse wird entlang der Stadtmauer wiederhergestellt und die Achse vom Markt und Schloss über den Grünzug der Ulster wird vervollständigt.
Die eigentlichen Interventionen (Schlossgarten, Stadteingang, Badestelle und Kulturhaus) lesen sich als punktuelle und sensible Eingriffe innerhalb der bestehenden Morphologie. Im kleinen Maßstab entstehen unterschiedliche Charaktere mit Bezug auf die umgebenden kleinräumlichen Potentiale, die sich im übergeordneten Maßstab zu einer Abfolge spezifischer Orte entlang des Wegenetzes verbinden.

ALTSTADTZUGANG – Weiterbauen. Historisch gesehen las sich der Altstadtzugang als bauliche Abfolge verschiedener Gassen und Plätze, deren Abschluss die Pfortenmühle bildete. Mit dem Bau der VEB Plasta übernahmen Gewerbebauten diese wichtige Position. In der jetzigen Situation übernimmt die neu weitergeführte, mit Obstbäumen bestandene Böschung die Funktion der Überleitung von der Stadt zur Aue. Als Endpunkt der Handwerkervorstadt, als Zugang zur Altstadt und als Verbindung zur Ulsteraue treffen hier verschiedene Richtungen und Strukturen aufeinander. Die verbliebenen Relikte unterschiedlicher Zeiten werden der neuen Situation nicht mehr gerecht. Durch minimale, fast chirurgische Eingriffe, die das bestehende Bild möglichst wenig antasten, kommt diesem Scharnier wieder eine neue Bedeutung zu: Durch Anerkennung der bestehenden Niveaus, Richtungen und Blicke entsteht ein neuer, zeitgenössischer Eingangsplatz als `Dreh- und Angelpunkt` zwischen den Typologien, der für Bewohner und Touristen zum alltäglichen Aufenthaltsort wird. In seiner Maßstäblichkeit knüpft dieser an die kleinteilige Gassenstruktur von Handwerkervorstadt und Altstadt an.
Die Achse von der Kirche zur Ulsteraue wird als deutlichstes Zeichen von der neu ausschwenkenden, und somit leichter zu begehenden Rampe gestärkt, die die bestehende Treppe ummantelt und dadurch den neuen, einladenden Aufgang zur Stadt bildet. So gelangt man von der als Stadtbalkon mit Sitzplätzen und Blick in die Aue ausgebildeten Stadtebene hinunter auf den neuen Eingangsplatz. Dieser liest sich als Verknüpfungspunkt und bildet in Anerkennung der Topographie eine Plattform aus, die von Rampen und Treppen erschlossen und mit einer Bank bespielt, zum Aufenthalt einlädt. Von hier kann man die verschiedenen Blicke auf die umgebenden Bergsporne, in die Ulsteraue, in die Handwerkervorstadt und auf die Stadtansicht genießen und innehalten. Durch Belagswechsel und Raumkanten gestützt, wird man über einen verknüpfenden Weg in die Ulsteraue oder auch in die Handwerkervorstadt weitergeleitet.

BADESTELLE – Inszenierung. An der Ulster gelegen wird die neue Badestelle durch ein skulpturales Objekt geprägt, das eine erinnerbare Identität am Fluss schafft. Durch Setzung dieses Elements und der abschnittsweisen Ausweitung des Ufers entsteht ein qualitativer Ort, der zum sicheren Baden oder auch nur zum Aufenthalt am Ufer einlädt. Mobiliar und abschnittsweise Ausweitung des Flussufers überlagern sich und lassen eine Spannung zwischen dem System der dynamischen Flussaue und dem skulpturalen Möbel entstehen, die die Anziehungskraft des Punktes verstärken und den Bezug zur Ulster verinnerlichen.
Die neue Badestelle liegt am Kreuzungspunkt zwischen dem Hauptweg, der die Aue durchläuft und der Fußgängerbrücke, die die östlichen Stadtteile mit der Altstadt verbindet. Dies gewährleistet zum Einen das passierende Radfahrer und Wanderer sich hier zur Rast niederlassen können und zum Anderen, dass Bewohner der Altstadt wie auch Bewohner der Stadterweiterung auf der anderen Seite des Flusses durch kurze Wege angebunden sind und den Ort neu wahrnehmen und annehmen.
Das Mobiliar gliedert sich in zwei Materialien: Eine Betonspange bindet an den Hauptweg an und fasst die eigentliche Badestelle. Über eine geneigte Fläche erschließt sich ein Bereich mit niedrigem Wasserstand, der auch für Kleinkinder einen sicheren Zugang zum Wasser erlaubt. Der hölzerne Bereich bildet verschiedene Niveaus zum Sitzen und Liegen aus und bietet sonnige und schattige Plätze. Die Ufervegetation wächst durch Öffnungen im Objekt, bildet abgeschirmte und geschützte Bereiche und stärkt hiermit das Bild der Überlagerung der Strukturen. Die größtenteils leichte Konstruktion ist aufgeständert und berührt so die ausgeweitete Uferzone der Ulster nur punktuell.
Die Wiese zwischen Fluss und Stadtgraben bleibt als großzügiger Raum bestehen, um die Aue als weitläufige Großstruktur lesbar zu halten und die vielfältigen Blickbezüge zwischen umgebender Landschaft und der Stadt Geisa zu erhalten. Als freier Raum steht sie für verschiedenste informelle Nutzungen (Fußball, Liegewiese, Picknick, etc.) zur Verfügung und lädt Bewohner wie auch Touristen dazu ein, sich den Ort anzueignen.

HANDWERKERVORSTADT. Die Handwerkervorstadt ist derzeit stark fragmentiert und räumlich kaum lesbar. Der Entwurf greift die noch in Ansätzen erkennbare Struktur der Handwerkervorstadt auf und formuliert durch behutsame Nachverdichtung wieder klar lesbare und erlebbare Ränder sowie Straßen- und Freiräume in Nord-Süd-Richtung. Die Durchlässigkeit in Ost-West-Richung wird erhalten und gestärkt, um so die identitätsstiftende Beziehung zum Flussufer zu garantieren. Die fortgeführte Streuobstwiese im Bereich des ehemaligen Stadtgrabens formuliert den westlichen Rand der Handwerkervorstadt.
Innerhalb der bestehenden Struktur werden Flächen zur Nachverdichtung für bis zu 18 neuen Wohngebäuden mit Gartengrundstücken ausgewiesen, die aufgrund ihrer Lage zwischen Altstadt und Ulster eine attraktive Alternative zur Neubausiedlung außerhalb der Stadt sind. Die Wohngebäude greifen die bestehende Typologie aus freistehenden, zweigeschossigen, giebel- und traufständigen Gebäuden auf. Als Doppelhaushälften, durch das Zusammenschalten von zwei Gebäuden und als Erweiterung des Bestands bilden sie die Grundlage für eine vielfältige Nutzerstruktur. Entlang der Pfortengasse und der Löhersgasse formulieren sie durch den Wechsel von Giebel- und Traufständigkeit „malerische“ Straßenräume; zur Ulster formulieren sie den östlichen Rand und schließen die Lücke zwischen Gasthof „Zur Linde“ und Kindergarten. Mit ihren zur Ulster ausgerichteten Gärten geben sie der Handwerkervorstadt ein neues und freundliches Gesicht zum Flussufer, das auch für die vom Parkplatz des Kulturhauses in die Altstadt spazierenden Besucher sichtbar ist.

Team
ANNA VIADER: Anna Viader, Carolin Fickinger
mit SMAQ
Wildbadestelle

Wildbadestelle

Gesamtplan

Gesamtplan

Lageplan

Lageplan

Schlossgarten, Badeanlage, Umfeld Kulturhaus

Schlossgarten, Badeanlage, Umfeld Kulturhaus

Altstadtzugang

Altstadtzugang

Handwerkervorstadt - Typologie

Handwerkervorstadt - Typologie