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Einladungswettbewerb | 01/2012

Speicherstadt - Gestaltung der Freianlagen

Perspektive

Perspektive

1. Preis

scape Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Die Speicherstadt Münster stellt ein eindrucksvolles architektonisches Zeugnis der nationalsozialistischen Kriegsvorbereitungen im Deutschland der 1930er Jahre dar. Die monumentalen Speicher- und Wirtschaftsgebäude haben sich unter Wahrung der denkmalgeschützten Bausubstanz in den letzten Jahren zu einem bedeutenden Dienstleistungs- und Veranstaltungsstandort entwickelt. Ziel der Gestaltung der Freianlagen muss es sein, an die Vergangenheit zu erinnern und gleichzeitig einen hochwertige, dem monumentalen Charakter der Anlage entsprechenden Freiraum mit hohen Aufenthalts- und Nutzungsqualitäten zu schaffen. Eine reduzierte, robuste Material- und Formensprache unterstreicht die besondere industrielle und wuchtige Atmosphäre des Gebäudeensembles.

Ausgehend von dem Konzept eines sensiblen Umgang mit dem Bestand wird die vorhandene grüne Mitte neu konturiert: In Anlehnung an die Höhenentwicklung der die Speichergebäude flankierenden Laderampen (+ 1,10m), werden die zentralen Wiesenflächen zu einer Rasenskulptur aufgefaltet und durch Cortenstahlwangen eingefasst. Jeweils einseitig an den Durchgängen zwischen zwei Speichergebäuden erreicht die Rasenskulptur ihre maximale Höhe (+ 1,10m) und fällt dann im weiteren Verlauf wechselseitig auf +- 0 cm Höhe ab. Die Raseninseln können betreten werden und sind durch lockere Reihen aus Zierkirschen überstellt, die sich aus Richtung der ehemaligen Gleisharfe kommend in die grüne Mitte der Speicherstadt entwickeln. Flächige Pflanzungen aus Krokussen und Märzenbecher bilden einen interessanten Frühjahrsaspekt.

Der steinerne Platz vor dem ehemaligen Bäckereigebäude bildet das Zentrum der Anlage. Hier können Veranstaltungen stattfinden und Flächen für eine erweiterte Außengastronomie ebenfalls z.B. für Veranstaltungen angeboten werden. Eine aus 30.000 Großsteinpflastersteinen gepflasterte Platzintarsie erinnert an die immense, nahezu unvorstellbare Zahl von 30.000 täglich gebackenen Broten der Heereskriegsversorgung. Der Querungsbereich der Gütergleise auf der Platzintarsie wird zur zentralen Lichtskulptur.

Die Gleisverläufe vor den Speichergebäude nehmen lineare, an die Zeit der Getreideanlieferungen erinnernde Graspflanzungen auf. Großzügige Sitzpodeste laden zum Verweilen ein. Auch das Lichtkonzept macht die Vergangenheit lebendig: Kleine Minispots werden gleich liegengebliebener Getreidekörner an den Querungen zwischen den Speichergebäuden ins Pflaster eingelassen.

Zur besseren Orientierung wird ein Informationssystem aus den Gebäudenummern entwickelt und jeweils vor dem entsprechenden Gebäude als belagsebene Stahlintarsie in den Pflasterbelag eingelassen. Analog erleichtern Pfeile im Eingangsbereich die Orientierung für den Autofahrer. Ansonsten bleiben die in ihrer ursprünglichen Form erhaltenen, historischen Pflasterflächen unangetastet.

Der Eingangsbereich im Bereich der historischen Gleisharfe wird behutsam in seinem eher ruhigen Gartencharakter gestärkt. Die Gleise werden als Erinnerung an die ehemalige Andienung der Speicherstadt herausgearbeitet und mit Zierkirschen überstellt. Für eine möglichen Öffnung des Gleistores bei Veranstaltungen für Radfahrer und Fußgänger wird das direkt ins Zentrum der Anlage führende Gleis als Weg (wassergebundene Decke) mit begleitenden Sitzmöglichkeiten ausgebaut.

Die Speicherstadt Münster bildet ein wichtiges Mahnmal an die deutsche Kriegsgeschichte. Neben der Architektur muss auch die Freiraumgestaltung die Erinnerung in einem authentischen und qualitativ herausragenden architektonischen Rahmen wachhalten und die Geschichte ablesbar machen. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, entwickelt der Entwurf eine zurückhaltende, in sich eigenständige Formensprache. Ein robustes Pflanzkonzept schafft eine lebendige, unverwechselbare Atmosphäre.

Beurteilung durch das Preisgericht

Gebäude und Freiraum werden bei dieser Arbeit zu einem überzeugenden zeitgemäßen Ensemble; wenige Elemente prägen das Konzept. Die Besucher und Mitarbeiter finden eine Achse vor, die die Größe der Anlage erlebbar lässt. Die Achse bietet attraktive Erholungsflächen und sie ist gleichzeitig adressbildend, sowohl für das
ganze Ensemble als auch für die einzelnen Gebäude.
Der mittige Platz bildet ein wichtiges Element für einen lebendigen Campus - für die tägliche Nutzung (Gastronomie) sowie für Veranstaltungen. Die Weiterentwicklung der Gleise in Nachbarschaft der Gebäude zu Grasbändern und Bänken werten die
Eingänge auf und zitieren sensibel historische Spuren.
Die Struktur der historischen Anlage wurde zwar im Detail verändert, die damit verbundenen funktionalen und gestalterischen Vorteile rechtfertigen diesen Eingriff; es ergeben sich neue Nutzungsmöglichkeiten, die die künftige Rolle der Speicherstadt sinnvoll in den Außenraum übersetzen.
Die hier gewählte einfache Formensprache und Materialien werden begrüßt. Das „Komissbrotpflaster“ wird dagegen als verfehlte Remineszenz betrachtet.
Die Pflanzung ergänzt stimmig das räumliche Konzept und verbindet dazu den Bereich der Gleisharfe mit der Achse.
Die vorgeschlagene Fassadenbeleuchtung und die Lichtpunkte stellen einen positiven und atmosphärischen Beitrag für das Beleuchtungskonzept dar.
Insgesamt eine überzeugende und dem Ort besonders angemessene Arbeit.
Lageplan

Lageplan

Perspektive

Perspektive

Schnitt

Schnitt

Nachtplan

Nachtplan