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Offener Wettbewerb (auch für Studenten) | 02/2012

AIV-Schinkel-Wettbewerb 2012 - Ideale Realitäten

Sonderpreis Verkehrswesen Straßenbau

Juliane Herklotz

Student*in Bauingenieurwesen

Tobias Wertheimer

Student*in Bauingenieurwesen

Sascha Grundmann

Student*in Bauingenieurwesen

Stephan Meinusch

Student*in Bauingenieurwesen

Erläuterungstext

Vorbemerkungen
Die Wiedererrichtung des Stadtkanals ist ein wichtiger Baustein zur Wiedergewinnung des historischen Stadtgrundrisses in der Potsdamer Mitte. Die Neuordnung der bestehenden Verkehrsinfrastruktur bildet eine wesentliche Voraussetzung für die Rekonstruktion des Stadtkanals in dem zentralen Abschnitt zwischen der Friedrich-Ebert-Straße und der Berliner Straße. Mit dieser Neuordnung soll ein neuer attraktiver Stadtraum mit hoher Aufenthaltsqualität geschaffen werden. Gleichzeitig sind die verkehrlichen Anforderungen der Straße Am Kanal als Hauptverkehrsstraße, als Trasse des Straßenbahnnetzes und als Hauptradwegeverbindung zu erfüllen.

Neuordnung des Straßenbahnnetzes
Die zahlreichen verkehrlichen Anforderungen in der Straße Am Kanal stehen im Widerspruch zu der Absicht, einen Straßenraum mit hoher Aufenthaltsqualität zu schaffen. Deshalb wurden zunächst Überlegungen angestellt, wie die Straße Am Kanal von verkehrlichen Funktionen entlastet werden kann.

Hierzu wurde eine Alternative für die Führung des Straßenbahnverkehrs in Ost / West- Richtung entwickelt. Zurzeit knickt die Trasse der Straßenbahn aus der westlichen Charlottenstraße nach Süden in die Friedrich-Ebert-Straße ab, um südlich des Platzes der Einheit wiederum nach Osten in die Straße Am Kanal abzubiegen. Diese „Übereck- Fahrten“ sind trassierungstechnisch ungünstig. Es wurde deshalb die Machbarkeit einer geradlinigen Weiterführung der Straßenbahntrasse nördlich der Wilhelmgalerie über den östlichen Abschnitt der Charlottenstraße bis zur Berliner Straße geprüft.

Mit der vorgeschlagenen Neuanordnung des Straßenbahnnetzes entstehen mehrere Vorteile. Im Bereich der Kreuzung Friedrich-Ebert-Straße / Charlottenstraße können die Haltestellen in Nord / Süd- sowie in Ost / West-Richtung in kurzem Abstand angeordnet werden, um kurze Umsteigebeziehungen zu ermöglichen. Im Zuge der Friedrich-Ebert- Straße kann im Abschnitt zwischen dem Alten Markt und dem Nauener Tor ohne Einschränkung der Erschließungsqualität eine Haltestelle entfallen, was zu kürzeren Fahrzeiten führt. Die ungünstigen Übereck-Fahrten am Platz der Einheit entfallen. Die Brückenbauwerke über den Stadtkanal im Zuge der Friedrich-Ebert-Straße können wesentlich schmaler ausgebildet werden. Im weiteren Verlauf des Stadtkanals in Richtung Berliner Straße sind keine Brücken für die Straßenbahn erforderlich. Der Straßenzug Am Kanal wird vom Straßenbahnverkehr entlastet. Das Ernst-von-Bergmann- Klinikum wird besser durch die Straßenbahn erschlossen.

In der Stadtmitte kann mit einer Gleisschleife um den Platz der Einheit die Möglichkeit geschaffen werden, dass im Straßenbahnverkehr aus allen Richtungen Wendefahrten möglich sind. Damit wird die betriebliche Flexibilität bei Havarien und für den Einsatz von Verstärkungsfahrten verbessert.

Da die Machbarkeit einer Führung der Straßenbahn durch die östliche Charlottenstraße nachgewiesen werden konnte und da mit diesem Vorschlag erheblich verkehrliche Vorteile verbunden sind, wird seine Realisierung für die Neuordnung der verbleibenden Verkehrsinfrastruktur in der Straße Am Kanal vorausgesetzt.

Straßenentwurf
Durch die Beibehaltung der Stadt- und Landesbibliothek („Wissensspeicher“) wird östlich der Friedrich-Ebert-Straße der verfügbare Straßenraum südlich des Stadtkanals stark eingeengt. Deshalb wurden für den zentralen Knotenpunkt Friedrich-Ebert-Straße / Yorckstraße / Am Kanal drei Varianten zur Führung des motorisierten Individualverkehrs (MIV) vergleichend untersucht. Eine Aufteilung des aus der Yorckstraße aus Richtung Westen kommenden MIV ergibt die meisten Vorteile. Dabei wird der MIV von der Yorckstraße in Richtung Platz der Einheit ab Friedrich-Ebert-Straße nördlich des Stadtkanals geführt, während der MIV in Richtung Berliner Straße südlich des Stadtkanals verbleibt.

Der Regelquerschnitt für den Ausbau erfolgt in Anlehnung an den bereits ausgebauten Teilabschnitt in der Yorckstraße. Neben dem Stadtkanal sind zunächst rund 4 m breite Seitenstreifen vorgesehen, die auch die Wiederherstellung der beiden historischen Baumreihen entlang des Stadtkanals ermöglichen. Vor der Stadt- und Landesbibliothek wird die Baumreihe wegen der beengten Platzverhältnisse unterbrochen. Damit bleibt gleichzeitig die neu entstehende Fassade erlebbar.

An die Seitenräume neben dem Kanal schließen sich entsprechend dem historischen Straßenprofil beidseitig rund 8 m breite Richtungsfahrbahnen an, die für den fließenden MIV einen durchgehenden Fahrstreifen, einen Schutzstreifen für den Radverkehr und Längsstellplätze aufnehmen. An Knotenpunkten entfallen die Längsstellplätze zugunsten von Abbiegestreifen.

Die verbleibenden Seitenräume zwischen den beiden Richtungsfahrbahnen und der angrenzenden Bebauung sind dem Fußgängerverkehr vorbehalten. Durch ihre Großzügigkeit bieten sie vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten für öffentliche Räume, die zum Verweilen einladen.

Für den MIV wird im Straßenzug Am Kanal von einer zulässigen Geschwindigkeit von 30 km/h ausgegangen, um die sichere Führung des Radverkehrs zusammen mit dem MIV auf der Fahrbahn zu gewährleisten.

Durch mehrere Brücken für den Fußgänger- und Radverkehr entlang des Straßenzuges Am Kanal, die in ihrer Lage den historischen Brücken entsprechen, kann der nichtmotorisierte Individualverkehr (NIV) den Kanal leicht queren, sodass seine Trennwirkung minimiert wird.

Knotenpunkte
Der Verkehrsablauf an den Knotenpunkten Am Kanal / Yorckstraße / Friedrich-Ebert Straße sowie Am Kanal / Berliner Straße wird mit Lichtsignalanlagen geregelt. Die Machbarkeit der Signalsteuerung wurde mit Hilfe von signaltechnischen Berechnungen nachgewiesen. Am Knotenpunkt Am Kanal / Französische Straße wird eine Lichtsignalanlage für nicht erforderlich gehalten.

Ruhender Verkehr
Durch die Umgestaltung des Straßenzuges entfällt der Parkplatz südlich der Straße Am Kanal. Ein Teil dieser Stellplätze wird durch die im Straßenraum vorgesehenen Längsstellplätze ersetzt. Darüber hinaus können auf noch nicht bebauten Grundstücken z.B. an der Kreuzung Französische Straße / Am Kanal oder an der Einmündung Berliner Straße / Charlottenstraße neue Stellplatzanlagen entstehen, mehrgeschossige Stellplatzanlagen sind denkbar.

Sonstiges
Um die Schiffbarkeit des Stadtkanals für Sportboote zu gewährleisten, muss das Fahrbahnniveau im Scheitel der Brücken angehoben werden. Dies ist insbesondere für die Nauener Brücke im Zuge der Friedrich-Ebert-Straße wegen der Straßenbahntrasse problematisch. Hierfür wurde mit einem qualitativen Längsschnitt die Machbarkeit geprüft. Bei einer maximalen Längsneigung von 4 % und mit einem minimalen Ausrundungshalbmesser von 1.000 m wären Anpassungsbereiche von jeweils 80 m Länge südlich und nördlich der Brücke erforderlich. Dies wird für machbar gehalten. Ohne die vorgeschlagene Neuordnung des Straßenbahnnetzes wäre wegen der abbiegenden Gleistrassen im Knotenpunkt Friedrich-Ebert-Straße / Yorckstraße / Am Kanal die Schiffbarkeit des Stadtkanals nicht herstellbar.

Im Zuge der Straße Am Kanal müssen die Richtungsfahrbahnen im Bereich der Knotenpunkte mit der Französischen Straße und der Berliner Straße als Voraussetzung für die Schiffbarkeit des Stadtkanals ebenfalls angehoben werden. Dies ist jedoch für den MIV unproblematisch. Außerdem entspricht es dem historischen Bild dieser Straßenräume und trägt zu einer erwünschten Abschnittbildung (Vermeidung des „optischen Durchschusses“) bei.