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Offener Wettbewerb | 03/2012

Neugestaltung Hauptmarkt, Obstmarkt und Ostseite Augustinerhof

Anerkennung / Realisierungs- u. Ideenteil

Levin Monsigny Landschaftsarchitekten GmbH

Landschaftsarchitektur

Staab Architekten

Architektur

Conceptlicht GmbH

Lichtplanung

Erläuterungstext

Der Hauptmarkt und der Obstmarkt liegen im ältesten Nürnberger Stadtteil St. Sebald. Anders als das südlich der Pegnitz gelegene St. Lorenz, welches planmäßig mit den Impulsen der Industrialisierung erschlossen wurde, geht die Entstehung St. Sebalds bis ins 11. Jahrhundert zurück. So führt noch heute die stadtgeschichtlich bedeutsame Achse von der Fleischbrücke - der ältesten Verbindung über die Pegnitz - nach Norden über den Hauptmarkt, den Rathausplatz / Sebalderplatz bis hin zur Nürnburger Burg. Auch nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges und dem Wiederaufbau der Nachkriegszeit zeugen der größtenteils wiederhergestellte Stadtgrundriss sowie bedeutende Bauwerke wie die Frauenkirche, der Schöne Brunnen oder die St.-Sebaldus-Kirche von der reichen Geschichte der Stadt.

Der Hauptmarkt und der Obstmarkt entwickelten sich unmittelbar aus dem unregelmäßigen und engen Grundriss St. Sebalds. Die Umgestaltung ihrer Platzflächen muss sich folglich in den Charakter des mittelalterlichen Viertels einfügen. Ihre auf die heutigen Bedürfnisse angepasste Ausformulierung bildet jedoch in Gestaltung und Funktion kein Surrogat von Vergangenem, sondern stellt sich wahrnehmbar als aktuelle Zeitschicht innerhalb des Stadtraums dar.
Der Hauptmarkt und der Obstmarkt sind bedeutende Freiräume der Stadt. Ihre intensive Nutzung als Marktplätze reicht aus dem Mittelalter bis in die heutige Zeit. Ihre steinernen Platzflächen werden auch weiterhin robust und multifunktional gehalten, um flexibel als Veranstaltungsort und lebendige Stadtplätze genutzt werden zu können. Gleichzeitig bilden sie eine ruhige Basis, auf der die stadtbildprägenden Bauwerke der Frauenkirche und des Schönen Brunnens angemessen zur Wirkung kommen. Einzig in den Randbereichen werden langgestreckte Sitzbänke angeordnet, um das Verweilen und Beobachten der Menschen zu ermöglichen.

Anders als beim Hauptmarkt ging die Platzkontur des Obstmarktes durch den Wiederaufbau der 50er-Jahre verloren, als der Straßenraum vom Fünferplatz bis zur Spitalgasse deutlich aufgeweitet wurde. Nun wird dieser Eingriff in die mittelalterliche Stadtstruktur durch die Reduktion der Verkehrsflächen zurückgenommen.
Zweireihige Baumpflanzungen säumen nördlich und südlich des Obstmarktes den Straßenverlauf
und akzentuieren auf diese Weise die ursprüngliche Platzfigur des Obstmarktes. Ein Brunnen markiert diesen wiedergewonnenen Freiraum im Duktus mittelalterlicher Plätze. Seine steinerne Skulptur dient sowohl zum Spielen als auch zum Verweilen. Bestehende Einzelbäume werden zu prägenden Solitären des Platzes.
Der Obstmarkt steht in enger räumlicher und funktionaler Wechselbeziehung zum Hauptmarkt. Er dient als mögliche Erweiterung der Marktfläche sowie als Standort der technischen Infrastruktur. Eingebettet zwischen den Kronen der Bäume entsteht auf dem Obstmarkt darüber hinaus eine eigenständige introvertierte Atmosphäre, die zum Aufenthalt und zur Nutzung durch Außengastronomie einlädt.
Mit der Umgestaltung von Hauptmarkt und Obstmarkt werden zentrale Freiräume in St. Sebald aufgewertet. Die Anschlussstellen zum umliegenden Stadtraum sowie die Anbindung des Augustinerhofs führen auch Gestaltungsregeln für Gassenräume ein, die zukünftig als Leitbild für weitere Umgestaltungen in St. Sebald dienen.

Belagsflächen. Die Ausbildung der Belagsflächen orientiert sich an entsprechenden Vorbildern in St. Sebald - der Burg, dem Rathausplatz und teilweise auch dem Hauptmarkt. Hier werden die Belagsflächen einheitlich aus Großpflaster ausgebildet. Sie spannen sich gleichmäßig zwischen den angrenzenden Gebäuden auf und bilden sowohl enge Gassen als auch offene Plätze im mittelalterlichen Stadtgrundriss.
Einzig offene Pflasterrinnen zur Ableitung von Regenwasser gliedern die Fläche.
Das Bild der homogenen Pflasterflächen und der linearen Rinnen wird jedoch im Bearbeitungsgebiet subtil variiert: das Großpflaster wird teilweise mit der bestehenden, unebenen Oberfläche verwendet, teilweise werden ihre Köpfe glatt geschliffen. Es entsteht ein haptisches Spiel in der Beschaffenheit der Belagsoberflächen, das ermöglicht, wesentliche Gehbereiche trotz des robusten Großpflasters benutzerfreundlich auszubilden. Gleichzeitig werden durch den Wechsel vom glatten zum unebenen Großpflaster besondere Orte hervorgehoben: so die Platzfläche des Hauptmarktes oder der gotische Baukörper der Frauenkirche.
Auch der Verlauf der Spitalgasse wird auf diese Weise im Bereich des Obstmarktes abgesetzt. Das vor Ort vorhandene Großpflaster wird vorrangig für die unebenen Bereiche wiederverwendet und in Bereichen mit geschliffener Oberfläche nach Bedarf mit zusätzlichem Material ergänzt. Die Körnung des Pflasterschliffs berücksichtigt die ausreichende Rutschhemmung der Oberflächen.
Die Entwässerungsrinnen werden aus großformatigen, leicht profilierten Granitplatten ausgebildet, in die in regelmäßigen Abständen Straßenabläufe integriert werden. Sie verlaufen mittig innerhalb der glatten Gehflächen oder als Wechsel zwischen glatten und unebenen Großpflasterflächen. Im Bereich der Bushaltestellen entwickeln sich die Rinnen zu Hochborden in der erforderlichen Höhe.
Der Haupteingang am Portal der Frauenkirche sowie der Zugang in den geplanten Augustinerhof werden mit großformatigen Granitplatten markiert. Auch die Körper der langgestreckten Sitzbänke werden aus Granit hergestellt, eingelassene Holzflächen erhöhen den Sitzkomfort.


Lichtkonzept. Das Lichtkonzept nimmt die Ambivalenzen von Hauptmarkt und Obstmarkt auf, einerseits selbstverständlicher Bestandteil des Stadtgrundrisses und andererseits besonderer Freiraum innerhalb St. Sebalds zu sein. Dabei setzt sich das Konzept aus drei Lichtebenen zusammen, die sich durch leicht variierende Lichtfarben voneinander absetzen.
Übliche Beleuchtungsarten in angrenzenden Gassen werden im Bearbeitungsgebiet fortgeführt und stellen auf diese Weise eine unmittelbare Kontinuität zum Umfeld her. So wird die Spitalgasse im Bereich des Obstmarktes durch Seilleuchten ausgeleuchtet, ihre Strahlungsgeometrie wird auf die Breite der Fahrfläche begrenzt. Auch die Beleuchtung der Waaggasse, Tuchgasse und Winklerstraße erfolgt mittels Seilleuchten.
Ihre Strahlungsgeometrie beleuchtet die Gassenfläche, nicht die angrenzenden Fassaden. Die
stadthistorisch bedeutende Achse von der Fleischbücke zur Burg wird im Bestand von historisierenden Kandelabern ausgeleuchtet. Die vierflammige Variante im Verlauf des Hauptmarktes bleibt als vertraute Ausstattung des Platzes zwar erhalten, ihre aktuelle Blendwirkung wird jedoch reduziert und spielt für die Ausleuchtung des Hauptmarktes nur eine untergeordnete Rolle.
Entlang der Platzkanten von Hauptmarkt und Obstmarkt erfolgt die Beleuchtung der Belagsflächen mittels Wandleuchten von den Fassaden, ohne diese mit Licht zu beaufschlagen. Auf diese Weise werden hier sämtliche Erschließungsflächen im erforderlichen Maße ausgeleuchtet. Das Platzinnere des Hauptmarktes nimmt in der Helligkeit ab und kann je nach Intention der gewünschten Nutzung individuell beleuchtet werden (beispielsweise mit Weihnachtsbeleuchtung zum Christkindlesmarkt). Gleichzeitig zeichnet diese Lichtebene die Konturen beider Märkte nach und stärkt so ihre Wahrnehmung innerhalb des Stadtraumes.
Als dritte Lichtebene werden die platzbestimmenden Bauwerke mit ihrer besonderen Architektur hervorgehoben. So prägt der Schöne Brunnen die Nachterscheinung des Hauptmarktes. Die allseitige Fassadenbeleuchtung der Frauenkirche wirkt mit dem fein gegliederten Portal in den Hauptmarkt und mit dem Chor in den Obstmarkt, gleichzeitig wird ihre Bedeutung als Bindeglied zwischen beiden Märkten verdeutlicht. Auch der neue Brunnen des Obstmarktes wird zurückhaltend beleuchtet.


Erschließung. Die Erschließung des Bearbeitungsgebietes durch Individualverkehr, öffentlichen Nahverkehr sowie Taxis entspricht im Wesentlichen den Vorgaben des Verkehrssystems Altstadt.
So wird der Taxistandort vom Schönen Brunnen in die Waaggasse verlegt. Um den zukünftigen Fußgängerbereich von südlicher Winklerstraße, Tuchgasse, und Hauptmarkt aufzuwerten, wird vorgeschlagen, diesen Bereich vom Individualverkehr freizuhalten, indem er von der Augustinerstraße direkt in die nördliche Winklerstraße abgeführt wird. Weiterhin könnte die Zufahrt zur Tiefgarage nicht über die Tuchgasse und den Hauptmarkt, sondern über die Winklerstraße südlich des Platzes angebunden werden.
Neben der markierten Fahrspur im Bereich des verkehrsberuhigten Obstmarktes werden sämtliche Fußgängerbereiche von Hauptmarkt und Obstmarkt für Anlieger und Marktnutzungen schwerlastbefahrbar ausgelegt. Die Anlieferung des Hauptmarktes erfolgt über die Brautkehre vom Obstmarkt. Die notwendige Infrastruktur für Veranstaltungen wird nördlich der Brautkehre verschoben, um den Chor der Frauenkirche in seiner Erscheinung frei wirken zu lassen. 17 Anwohnerstellplätze befinden sich am Fünferplatz unter den Kronen der Bäume. Im Bereich der Spitalgasse verbleiben - ebenfalls unter den Bäumen - die Bushaltestelle und der Taxistandort. Entlang der Fahrspur von Fünferplatz und Spitalgasse werden 70 Fahrradstellplätze angeordnet, davon 30 überdacht. Die Touristenbahn wird auf den Rathausplatz verlegt.