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Offener Wettbewerb | 03/2012

Neugestaltung Hauptmarkt, Obstmarkt und Ostseite Augustinerhof

Engere Wahl

SINAI Gesellschaft von Landschaftsarchitekten mbH

Landschaftsarchitektur

Mola + Winkelmüller Architekten GmbH BDA

Architektur

Erläuterungstext

Mitarbeit:

Sophie Holz, Maja van der Laan, Christoph Schimetzky, Stephanie Braconnier


Aufbruch und Stadtgedächtnis _ Die Kultur der erinnernden Erneuerung

Stadtidee
Nürnberg verfügt seit dem Wiederaufbau nach den dramatischen Kriegsschäden über eine bewusste Kultur der Erneuerung. Das Umfeld des Hauptmarktes verdankt seinen Denkmalstatus den historischen Perlen und eben der Leistung des Wiederaufbaus. Die entstandene Symbiose zwischen Baudenkmalen und neuem Stadtgerüst wird damit als eigenständige Vorstellung vom Umgang mit der Stadt deutlich gemacht. Sie ermöglicht zeitgemäße Identität und Stadterinnerung in einem.

Motiv
Diese Stadtidee des Wiederaufbaus basiert auf der Arbeit an einem Beziehungsgeflecht zwischen historischem Stadtgrundriss, bewahrter Originalsubstanz und den Hinzufügungen einer zurückhaltenden Moderne. Das vorgeschlagene Motiv des Freiraums betrifft dem entsprechend das Verhältnis des Neuen zum Alten, der Hinzufügung zum Vorhandenen, des Heutigen zur Erinnerung. Die Stadträume werden im Sinne der Nachhaltigkeit zukunftsfähig gemacht. Attraktiv und ohne Barrieren. In ihrer Einfachheit und ihrer Bezugnahme zum Vorhandenen sollen sie gleichzeitig zeitlos und alterungsfähig sein.

Stadtboden
Verbauten und Zerschneidungen des Stadtbodens werden zurückgenommen bis auf eine durchgängige verbindende Ebene, die nur die nötigsten Gliederungselemente aufnimmt. Rinnen und Gossen werden als Mittel der Funktionsgliederung und visuellen Führung aktiviert. Sie werden bewusst als lineare, leitende Elemente eingesetzt und zeichnen die langen, eleganten Radien des mittelalterlichen Stadtgrundrisses nach.

Kontrastierende Intarsien
[alt in neu] Für die Sebalder Altstadt wird die Entwicklung eines durchgängigen Teppichs aus grauen und gelbgrauen bayrischen Graniten vorgeschlagen. Das Material ist an diesem Ort vorhanden, tradiert und gleichzeitig im heutigen Sinn nachhaltig. Von besonderer Bedeutung sind das Verhältnis und der Kontrast von Bestandsmaterial zu den neuen Decken. Während die bestehenden rustikalen Großpflasterstrecken belastbar, aber nur eingeschränkt „barrierefrei“ sind, bieten die neuen Beläge am Haupt- und Obstmarkt eine bessere Rollbarkeit und Begehbarkeit. Vorgeschlagen werden Decken mit gesägten und nachgestockten Köpfen in engfugiger Verlegung. Das vorhandene Altpflaster am Hauptmarkt wird aufgenommen und als Großintarsie („Marktteppich“) wieder eingebaut. Pflasterbänder mit Neumaterial durchziehen den Belag in der Rasterung der Marktordnung und bilden rollbare Bänder in den Quergassen.
[neu in alt]
Parallel der langen übergreifenden Rinnen werden zwischen Fleischerbrücke und Burg bequem nutzbare Pflasterbahnen aus Neumaterial geführt. Neubau und Bestandsbereiche stehen sich nicht als Kontrastflächen gegenüber, sondern werden miteinander verzahnt.

Differenzierung in der Gleichheit
Während grundsätzlich die Gleichheit des Materials angestrebt wird, kann die Schlagung in Reaktion auf die stadträumliche Situation differieren. Für die typischen, durchgängigen Stadträume in Nord-Süd-Richtung wird grundsätzlich ein Reihenverband aus überlangformatigen Großsteinen vorgeschlagen. Die Quergassen (wie auch das Umfeld der Frauenkirche) erhalten kleinerformatige Wild- und Passeverbände.

Stadtraum
Im Wiederaufbau wurden im Hinblick auf Verkehr und Belichtung des Wohnraums die engen Gassenräume aufgegeben, die spannungsvollen Raumfolgen aus Gasse, Straße, Platz unwiederbringlich nivelliert. Es wird vorgeschlagen, die Verdichtungen und Aufweitungen mit raumwirksamen Gehölzen neu zu interpretieren. Die Figur des Obstmarktes wird durch die Pflanzungen in Nord- und Südabschnitte wieder erkennbar und selbstverständlich entsteht damit eine neue Aufenthaltsqualität unter den Baumdächern. Vorgeschlagen werden geschnittene Platanen, während in ähnlichen Situationen an Waagstraße und der südlichen Winklerstraße kleinerformatige Kastenlinden verwendet werden. Für den Parkplatz am Fünferplatz wird die Pflanzung eines Blocks aus Kopflinden vorgeschlagen, die dem Raum eine gewisse Fassung geben, ohne die guten Fassadenansichten zu verstellen.

Verkehr und Funktion
Alle befahrbaren Bereiche an der Waaggasse und dem Obstmarkt werden als verkehrsberuhigte Bereiche ohne Ebenentrennung vorgeschlagen. Eine Zerschneidung der Platzbereiche wird damit vermieden. Als Orientierung im Arrangement der Verkehrsteilnehmer dienen die Baumfluchten, Rinnen und Leuchtenreihen. Die Anbindung der angrenzenden Fahrbahnen erfolgt über Anrampungen außerhalb des Platzbereichs. Die Anwohnerstellplätze am nördlichen Obstmarkt werden senkrecht unter den Bäumen markiert. Kurzzeitstellplätze stehen als Längsparker an der östlichen Platzkante zwischen Obstgasse und Hans-Sachs-Gasse zur Verfügung. Der Taxistand bleibt in der gleichen Flucht an der Spitalgasse erhalten. Die Busse nutzen die Aufweitung der Spitalgasse und den Hans-Sachs-Platz zum Wenden und fahren an der südlichen Spitalgasse zwei Aufstellplätze mit Einstiegsborden an. Der Wartestand ist unter dem Baumdach eingeordnet. Der Taxistand Hauptmarkt wird in den verkehrsberuhigten Bereich Waaggasse verlagert. Der erste Wagen orientiert sich so zur Ecke des neuen Rathauses.

Märkte
Alle Marktnutzungen können uneingeschränkt in der bisherigen Form durchgeführt werden. Für den ständigen Grünen Markt steht der Marktteppich zur Verfügung, dessen Pflastergliederung auf die Marktordnung ausgerichtet ist. Die freibleibende nordöstliche Ecke nimmt den neuen Marktbrunnen auf. Die dienenden Funktionen wie Entsorgungsstation, WC-Anlagen und Spüle werden am nördlichen Obstmarkt untergebracht. Der Chorbereich der Frauenkirche wird nun freigehalten.

Ausstattung
[Insignum] Die Ausstattungen und Sonderelemente der Plätze werden sparsam eingesetzt und als klar ablesbare neue Schicht erkennbar. Grundsätzlich werden die Möbel aus bronziertem Metall hergestellt und wirken sehr hochwertig. Die Flächen der blockhaften Elementen erhalten durch die Verwendung ornamental gestanzter Bleche eine filigrane Haptik. Die Stadtschirme am Obstmarkt erinnern an die namensgebende Nutzung und dienen als Schattenspender für den zentralen Sitzbereich. Der Ringbrunnen am Markt stellt sich als geöffnete Ringfigur dar. Aus Trinkwassersprudlern ergießt sich bei Berührung Wasser in eine innen umlaufende flache Rinne, in der Obst gewaschen oder geplanscht werden kann. Der Brunnen dient damit gleichzeitig als Spielelement und Sitzmöbel. Die Stadtbeleuchtung beschränkt sich auf das unbedingt notwendige Maß und wird mit minimalistischen Stelenleuchten in zwei Größengruppen sichergestellt. Umso stärker wirkt die inszinatorische Beleuchtung der herausragenden Baudenkmale Frauenkirche und Rathaus.