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Offener Wettbewerb | 03/2012

Neugestaltung Hauptmarkt, Obstmarkt und Ostseite Augustinerhof

Perspektive Hauptmarkt

Perspektive Hauptmarkt

Teilnahme

Lützow 7 Müller Wehberg Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Konzeption
Der Hauptmarkt in Nürnberg steht ausweislich der stadtgeschichtlichen Entwicklung in einer zueinander verschränkten Beziehung mit der städtebaulichen Struktur der umgebenden Altstadt und im Besonderen mit den Bereichen des Obstmarktes, der Tucherstrasse, den Gassen zu den historischen Brücken über den Fluss, der Burgstraße mit altem Rathaus und der Sebalduskirche. Im Gewebe des historischen Stadtgrundrisses bildet die Kirche Unserer Lieben Frau einen „Ankerpunkt“, einem Scharnier gleich, der den Haupt- und Obstmarkt zueinander in Beziehung setzt und, wie an Hand historischer Stadtansichten nachzuvollziehen, bedarf das Ensemble einer verknüpfenden und angemessenen Gestaltung dieses wertvollen öffentlichen Raumes.
Das spannungsreiche Zusammenwirken der Weite des Hauptmarktes mit der Proportion und Lage des Obstmarktes, sowie den umgebenden Gassen, bestätigt die historisch gewachsene Offenheit der Platzfläche und fordert eine den Raum einfach-eindrucksvoll zurückhaltende Gestaltung des Platzes und ihrer steinernen Oberfläche.
Das uns überkommene Pflaster der gegenwärtigen Deckung ermöglicht auf Grund seiner Qualität und Wiederverwendbarkeit historische, ökonomische, gestalterische und Aspekte der Nachhaltigkeit bei der anstehenden Umgestaltung sinngebend zu verbinden. Aufgearbeitet, nach Farbschattierung und Größe sortiert und wiederverwand, kann somit ein großer Bereich der Flächen den zeitgenössischen Anforderungen gerecht werdend in ganz neuer Anmutung hergestellt werden.
Ein auf den Platzraum hin proportionierter ruhiger Pflasterteppich, gefasst von einem der Entwässerung dienenden Plattenrahmen, sowie umgeben von „Pflasterplatten“ bis an einen Oberstreifen aus Mosaikpflaster an den Fassaden, gliedert den Platzraum der Nutzung entsprechend und inszeniert den Raum auf die umgebenden Gebäude hin, um ebenso in der Tuchgasse, der Winklerstraße und der Waaggasse den einheitlichen Belag zu setzen, der auch für den Augustinerhof-Neubau ein ruhiges Entrée bildet. Der Plattenrahmen übernimmt zudem ordnende Funktionen und ermöglicht, an ausgesuchten Orten, die Aufstellung von integrierten Steinbänken mit Holzauflagen und einigen Rückenlehnen. Die Marktaufstellungen, die den Platz nahezu ganzflächig nutzen, werden hierbei im Besonderen berücksichtigt.
In Reminiszenz auf eine der historischen Platzgestaltungen hebt eine Pflasterintarsie den Schönen Brunnen als herausragenden point de vue hervor und integriert den Prantl-Stein im Gegenüber des Brunnenkunstwerkes. Diese Pflasterintarsie bildet zudem eine dem Neuen Rathaus zugeneigte Fläche, inszeniert das Öffentliche, die Bedeutsamkeit des Hauses.
In anderer Ausgestaltung wird der Frauenkirche, dem eindrucksvollsten Bauwerk am Platz, auf dem Kontinuum der Platzfolge Obstmarkt – Hauptmarkt, ein Tableau mit steinernen Plattenformaten zugeordnet. Das Plattentableau verbindet die Räume der Platzfolge, vermittelt der Kirche einen „Hof“ einer „Aura“ ähnlich. Der Kirche als geistiges Zentrum des Öffentlichen wird somit gebührend und umschließend Respekt zuteil. Eine kleine Brunnenschale an historischer Stelle schafft einen Ort des Aufenthaltes im Übergang der Platzfolge auf dem Tableau der Kirche. Die Brunnenschale im Fokus des Übergangs nahe der Außengastronomie unter Bäumen und dem vorhandenen Baum an der Rückseite der Apsis bildet einen Blickpunkt, der sowohl von der Fünferstrasse, dem Obstmarkt als auch vom Hauptmarkt sichtbar und mit kleiner Fontaine räumlich wirksam wird. Eine kleine Bank unter dem Bestandsbaum lädt zum geschützten Aufenthalt „mit Aussicht“ an der Kirche ein.
Zwei weitere Pflasterteppiche in derselben Ausgestaltung wie auf dem Hauptmarkt ergänzen die vorgestellte Konzeption der Neugestaltung der Platzfolge innerhalb der Grenzen des Ideenteils des Wettbewerbsverfahrens.

Der Dreiklang dieser „Markierungen“ mittels der Flächengestaltung zeichnet subtil den räumlichen Charakter der historisch gewachsenen städtebaulichen Figuren nach und ordnet unmerklich die Benutzbarkeit entsprechend den Ansprüchen des Alltagsbetriebes. Innerhalb des Gesamtumgriffs der Aufgabe bildet der den anliegenden Gebäuden vorgelagerte Rahmen aus „Pflasterplatten“, einer Schwelle ähnlich, einen komfortabel den Häusern zugeordneten Bereich, welcher zudem einen einheitlichen Übergang der Platzfolge in die umgebenden Altstadtbereiche herstellt.
Die Lichtgestaltung stellt eine indirekt, diffus-warme Lichtqualität für die Platzflächen in den Mittelpunkt. Einer minimalistische Verwendung von Leuchten mit skulpturalem Habitus der Objekte als Kandelaber wird gegenüber einer Vielzahl von Leuchten Vorrang gegeben. Vier Mastleuchten mit je fünf Strahlern, die über je einen Reflektorschirm ein warmweiches Licht auf den Platz werfen, sind symmetrisch im Platzraum aufgestellt. Die Lampen der Leuchten sind dimm- und zuschaltbar vorgestellt, sodass bei Veranstaltungen und dem Christkindlesmarkt eine moderierte Lichtqualität generiert werden kann. Die Gebrauchsausleuchtung nach Norm kann bei gewählter Lichtpunkthöhe und entsprechender Ausrichtung der Reflektoren sichergestellt werden. Die Lampen können auf der Oberseite der Schirme unter Nachhaltigkeitsaspekten mit Solarzellen bestückt werden. Soweit gewünscht sind für Haus nahe Bereiche Laternen an den Fassadenübergängen am Gebäude vorgeschlagen. Die weiteren Bereiche des Umgriffs werden in der Form bereits verwendeter Beleuchtung gesehen.

Beläge
Das vorhandene solide Granitpflaster wird in seiner Gestalt aufgearbeitet, sortiert und wiedereingebaut. Die Überlegung, die Kopfflächen des Bestandspflasters in situ zu bearbeiten/ abzufräsen oder abzuschleifen, bringt durch die Reduzierung der Transportwege und des damit verbundenen Aufwandes eine signifikante Kosteneinsparung. Für das wiederverwendete Bestandspflaster wird ein homogener Teppich aus weitestgehend richtungslosem Fischgrätverband vorgeschlagen. Die Oberfläche kann unter Herstellung der geforderten SRT-Werte fein gestockt oder geflammt werden. Möglich sind sowohl eine gebundene Bauweise als auch eine ungebundene Standardbauweise. Die gebundene Bauweise birgt gewisse Vorteile, wie die wesentliche Steigerung des Laufkomforts und somit auch der Barrierefreiheit; nach Stand der Technik wären hierbei zwar in 5-Meter-Abständen Arbeitsfugen zu erstellen, jedoch erlauben neuartige Werkstoffe den Verzicht auf diese Fugen. Des Weiteren kann die Verwendung von Drainbeton auf frostsicheren Konstruktionen zur gesicherten Abführung eindringenden Oberflächenwassers dienen, was zu einer erhöhten Frostsicherheit der Gesamtkonstruktion führt.
Nach einer ersten Einschätzung der auf dem Hauptmarkt vorhandenen Farbsorten ergibt sich das im Plandetail und den weiteren Darstellungen gezeigte Mischungsverhältnis. Für das vorhandene Steinmaterial werden durch ein geeignetes Verfahren die genauen prozentualen Anteile ermittelt und die Steine nach traditioneller Pflasterermanier in Dimensionierung und Farbgebung vorsortiert. Zusätzliches Material, wie z.B. für die Verwendung bei Schmiegearbeiten, muss mit den gleichen petrografischen Eigenschaften hinzu gekauft werden. Der Fischgrätverband wird mit jeweils gleich breiten Reihen verlegt, wobei unter- und obermaßiges Material aussortiert und kontrolliert als separate Fischgrätreihen eingebaut wird. Für das gesamte Wettbewerbsgebiet ist die Bauklasse III einzuhalten.

Die Natursteinplatten des Plattenrahmens erhalten ihre Maße um ein formgerechtes Einpassen der Entwässerungspunkte zu gewährleisten. Die Platten haben die Maße 50 x 80 cm und 30 x 50 cm und vermitteln so in angenehmer Weise zwischen den Dimensionen des Pflasters und denen der Pflasterplatten. Diese in den Randbereichen der Plätze und in den Nebenstraßen gewählten Platten haben das Format 40 x 25 cm und werden in Anlehnung an den Pflasterverband in einem Drei-Viertel-Versatz verlegt.
Die Größen der Platten des Kirchentableaus erhalten ihr Maß von 75 x 37 cm einerseits aus dem Plattenrand des Hauptmarktes und anderseits aus den flankierenden Pflasterplatten. Auch hier haben Material und Farbgebung einen Bezug zum vorhandenen Belagsmaterial gefunden, ausschlaggebend sind allerdings die hellen Nuancen des Pflasters um das Tableau im Stadtbild wie erwähnt zu akzentuieren.
Der Fünferplatz und die Spitalgasse bieten neben dem durchgängig angelegten Pflasterplatten einen Reihenverband aus dem bereits genannten geschliffenen Bestandspflaster an, wobei zum Erhalt des homogenen Bildes zum einen die Farbgebung der Pflasterplatten verwendet wird und zum anderen im Fahr- und Gehwegbereich dasselbe Höhenniveau Anwendung findet. Dies ermöglicht ein einheitliches Bild für die „Grundierung“ des Obstmarktes und berücksichtigt in vollem Maße die Ansprüche des fließenden Verkehrs.

Verkehr
Die Maxime für die neue Gestalt des Obstmarktes ist eine konsequente Reduzierung und Beruhigung der verkehrlichen Situation, um eine hohes Maß an Aufenthaltsqualität zu erzeugen, den heute rückseitigen Charakter der Kirche abzulegen und eine eigenständige Platzsituation zu entwickeln.
Der Fünferplatz nimmt in den verkehrlichen Raum die 9 Anwohnerstellplätze und 13 Kurzeitparkplätze auf. Am Obstmarkt selbst werden lediglich im nördlichen Bereich 3 Kurzzeitparkplätze vorgesehen und, ebenso wie 30 Fahrradstellplätze, unter den ergänzenden Baumpflanzungen positioniert. Die Taxistellplätze an der Spitalgasse bleiben erhalten. 5 Kurzeitparkplätze und 54 Fahrradstellplätze, von denen 36 Stellplätze eine Überdachung erhalten, werden auf der gegenüberliegenden Seite gesetzt. Auch die Bushaltestelle im südlichen Teil der Spitalgasse bleibt erhalten. Somit ergeben sich für die Raumabfolge des Fünferplatzes, des Obstmarktes und der Spitalgasse insgesamt 9 Anwohnerstellplätze, 21 Kurzzeitstellplätze, 7 Taxistandplätze und 84 Fahrradstellplätze.

Durch die vorher beschriebenen Maßnahmen gelingt es die zuvor als Einzelorte wahrgenommen Plätze und Straßen wieder miteinander zu verknüpfen und eine zusammenhängende städteräumliche Figur zu schaffen, die die Frauenkirche als zentrales Bauwerk hervorhebt und den Hauptmarkt als wichtigsten Platz in Nürnberg akzentuiert. Durch die Reduzierung des Kfz-Verkehrs und die gestalterisch starke Verbindung der Platzflächen untereinander, wird der Stadtraum insgesamt aufgewertet und die Aufenthaltsqualität für Anwohner und Besucher gleichermaßen erhöht.

Beurteilung durch das Preisgericht

Hauptmarkt: Die Platzabgrenzung durch die vorgeschlagenen Bänder ist so nicht
gewünscht. Die Lampenbäume entsprechen nicht der an diesem Platz erwarteten
Gestaltungsqualität.
Obstmarkt: die Vielzahl der angebotenen „Teppiche“ ist nicht zielführend.