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Sonstiges Vergabeverfahren | 12/2011

Gutachterverfahren Öffnung der Hasedeckelung „Öwer de Hase“

1. Preis

Lützow 7 Müller Wehberg Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Konzeptdarstellung

Die Öffnung der Hasedeckelung Öwer der Hase stellt für den Innenstadtbereich von Osnabrück eine Herausforderung und Chance dar, den Fluss durch diese zentrale Maßnahme vollständig in die Stadt “zurück zu holen”, nachdem in den letzten Jahrzehnten bereits wesentliche Schritte dazu realisiert wurden. Neben der ebenfalls durchgeführten Neuordnung der City im Westen der Großen Straße ermöglicht diese zentrale Arrondierung der Haseöffungen, mit der Anlage der Hasepromenaden, das Stadtgebiet im Osten der Großen Straße in die Neustrukturierung der City nachhaltig einzubeziehen. Der relativ kurzen Strecke Öwer der Hase kommt in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung zu, da dieser Streckenabschnitt den städtischen Kernbereich des Hasedurchflusses durch die City darstellt und zudem aufgrund der Engführung der Querschnitte des Flusses in der Stadt im Besonderen hohe Qualitätsansprüche und Anforderungen stellt. Ist der Fluss Bild und Ideengeber der Streckenabschnitte im Ober- und Unterlauf, so stellt sich die Anforderung an dieser Stelle die Bedeutung der Citylage im Kontext des gewerblich geprägten Zentrums Gewicht zu geben. Ein hybrider Charakter des zu entwerfenden Raumes über der Hase muss konstatiert werden. Der Abschnitt zwischen Georg- und Wittekindstraße ist hier im Zusammenhang zu sehen und sollte für den südlichen Bereich auch über die gestellte Aufgabe hinaus Anlass geben, weitere Faktoren der Entwicklung berücksichtigende Überlegungen zur Verbesserung von Nutzungen und Erscheinung anzustellen. Der Bereich Öwer der Hase kann hierbei beispielhaft wirken und die Hinwendung der Stadt zur östlich der Großen Straße und der Hase gelegenen City einleiten. Im Kontext einer private public partnership und des Stadtmarketings, sehen die Verfasser an dieser Stelle die realistische Möglichkeit mittelfristig eine Bedeutung dieses Raumes zu implementieren, die weit über den Ort im Gefüge der City eine positive Ausstrahlung auf die umgebenden Quartiere zu leisten in der Lage sein wird.
Der vorgelegte Entwurf entwickelt in der Idee ein gestalterisches und nutzungsorientiertes Alleinstellungmerkmal im Umgang mit dem Fluss in der Stadt. Der Hybrid einer lebendigen “Fußgängerzone” mit Gewerbe als Promenadenabschnitt am Fluss und die thematische Schärfung eines Profils der angestrebten Nutzungsmischung sind der Ideengeber des konkreten baulichen Vorschlags. Die städtische Flusspromenade zeichnet sich durch eine solide und tektonisch kraftvolle Gestaltung der Konstruktion und Materialwahl aus. Die Oberflächen der Stege vermitteln einen festen und geschlossenen Charakter, der in der Lage ist, der Bebauung einen wahrnehmbaren Sockel zu bieten. Die Gebäude “fallen nicht ins Wasser”. Mit dem Bild des Fensters zum Fluss und dem Rahmen der Öffnung bildet sich eine Plattform deren fast schwebender Charakter die Solidität des Sockels der Gebäude subtil unterläuft und in einen spannungsvollen Zusammenhang stellt. Die auf der Stadtebene gepflanzten Bäume unterstützen die Konzeption des hybriden Raumes und bieten den Besuchern und Passanten komfortable Aufenthaltsorte mit Aussicht. Der Fluss in seinem Rahmen wird bildhaft überhöht, Licht, Wasser und Geräusch sind Teil der Abstraktion des Bildes. Die Ebene des Wassers bleibt hier frei von an der Natur orientierten, künstlich gestalteten Elementen. Lediglich einige Steinschüttungen aus groben Bruchsteinen und Findlingen ergänzen das gepflasterte Bett der Hase und geben dem fließenden Wasser Struktur, generieren Fließgeräusche zwischen den Gebäuden und im Besonderen unter der Gebäudebrücke, die auf der ruhigen Promenade dann und wann hörbar werden. Die nutzbare Fläche der Stege wird am jeweiligen Beginn dieser Sequenz des Flusses aufgeweitet, schafft Raum für den Passanten und die Vorbereiche der erdgeschossigen Nutzungen der Anrainer. Der Ort der Überbauung mit dem Gutenbergsteg und der Gutenbergpassage ist als mit besonderer Sorgfalt ausgestatteter Raum vorgeschlagen an dem Platz für die Außenbestuhlung einer hier vorgeschlagenen gastronomischen Nutzung im Zugang zur Passage ausgewiesen ist.
Die beidseitig der geplanten Haseöffnung angeordneten Steg-/Brückenkonstruktionen werden in Form eines Stahlträgerrostsystems mit aufgelegten, freitragenden Stahlbetonplatten konzipiert. Die Baumkelche dienen in diesem System neben den vorhandenen seitlichen schweren Betonwänden als zusätzliche lastabtragende Stützen. Der Trägerrost besteht aus Nebenträgern und – im Fall deutlich über 2,50 m auskragender Längen – aus zusätzlichen Hauptträgern. Die Hauptträger (Profil IPE 600, feuerverzinkt) werden diagonal sowohl von an den Stirnseiten der geplanten Haseöffnung montierten Abschlußträgern (Profil HE-A 600, feuerverzinkt) als auch von den Längsseiten zu den Baumtrögen geführt. Weiterhin sorgt der querende Steg für zusätzliche Lagerpunkte. Zwischen Hauptträgern und seitlichen Wänden werden in einem Achsmaß von ca. 2,50 m die Nebenträger (Profil HE-A220feuerverzinkt) eingebracht. Im Bereich der „Schmalstellen“ wird die tragende Stegkonstruktion auf frei auskragende Nebenträger reduziert. Die Baumkelche bestehen aus Stahlbeton-Bohrpfählen, welche ein Mantelrohr erhalten. Der aufgesetzte umgekehrte Kegel nimmt das für die Baumpflanzung notwendige Substrat auf. Die Konstruktion wird umlaufend durch ein halbrundes Blechprofil abgeschlossen. Alle sichtbaren Stahlbauteile (Blende, Kelche, Mantelrohre) werden in einer Farbbeschichtung vorgeschlagen. Als Deckelung / Belag des Trägerrostes fungieren vorgefertigte Stahlbeton-Großformatplatten unterschiedlicher Längen (Breiten-Achsmaß ca. 250 cm, Stärke ca. 14 cm), die verschiebesicher auf die Nebenträger aufgesetzt werden. Die Betonplatten erhalten eine dunkelgraue Durchfärbung sowie eine rutschsichere Oberfläche. Auf den umlaufenden, der Haseöffnung zugewandten Stahlträgern wird ein transparentes Geländer bestehend aus Pfosten, einer Edelstahl-Netz-Füllung sowie einem abschließenden Edelstahl-Handlauf mit integrierter LED-Beleuchtung montiert. Das vorgeschlagene System zeichnet sich durch eine montagefreundliche Bauweise – relativ unabhängig von Witterungs- und Wasserstandseinflüssen – aus.
Die Öffnung der Hase im Anschluss an die bereits bestehende Öffnung beginnt unter Berücksichtigung der verkehrlichen Anforderungen nördlich der heutigen Wendekehre und dem dortigen Aufstellbereich für Lieferfahrzeuge. Der Gehweg zur Gutenbergpassage am östlichen Ufer weitet sich nach Süden hin leicht auf und schafft so Platz, um einen attraktiven Bereich für die Außenbestuhlung einer hier als Beispiel vorgeschlagenen Gastronomie, sowie die komfortable Erschließung der Passage von Süden zu ermöglichen. Diese Stelle im Gesamtprojekt zeichnet sich durch eine zu den anderen Bereichen relativ gute Besonnung im Sommerhalbjahr aus, so dass von einer attraktiven Lage der kleinen Außengastronomie mit Blick und unmittelbarem Bezug zum Fluss ausgegangen werden kann. Im Verlauf der die Innenstadt durchquerenden Promenade an der Hase wird dadurch eine weiterer Ort geschaffen, der aufgrund seines städtischen Angebots die Etablierung der Hasepromenade in der Innenstadt wesentlich stärkt. Der Gutenbergsteg verbindet die zur Großen Straße durchgesteckte gewerbliche Nutzfläche ( heute Ihr Platz ) mit der gegenüberliegenden Gutenbergpassage. Die Konstruktion dieses Steges unterhalb der Überbauung ermöglicht unter statischen Gesichtspunkten die östliche Aufweitung des Promenadensteges ohne die Verwendung von in das Bett der Hase reichenden Pfeilern.
Die unter der Notwendigkeit eines zu erreichenden attraktiven Nutzungsaspektes gesehene Kreuzung der Gutenbergpassage mit dem geöffneten Fluss unterhalb der Gebäudebrücke, stellt, sowohl eine besondere Herausforderung, als auch bei geschicktem Zusammenspiel der zu treffenden Maßnahmen die einmalige Chance dar, einen unverwechselbaren attraktiven Ort mit Ausstrahlung zu implementieren. Neben der Aufwertung der Architektur und des Angebots für den Bürger, ist die Ausformulierung der Qualität des gesamten zukünftigen Erscheinungsbildes ein Gerüst für eine erfolgreiche Realisierung.
Gedanke/Idee: die Hinwendung der architektonischen Gestaltung zum Fluss, die Einbeziehung der Hase in die Konzeption des Raumes, Licht, Geräusch, Bedeutung in der Erfahrbarkeit des Stadtraumes
Potentielle Gestaltungsansätze: Beleuchtung und Spiegelung, Geräusche des Wassers, Verweilqualität, Kunst, ein Medien affines Image
Die Verfasser sehen bei konsequenter Verbesserung des Erscheinungsbildes auch unmittelbar der südlich anschließenden Nutzungen und deren Wirkung auf den Freiraum an dieser Stelle ein Highlight des öffentlichen Raumes der Innenstadt, welches nun auch den Bereich östlich der Großen Straße in besonderer Weise in die Konzeption der City einzubeziehen in der Lage ist.
Die Anordnung eines einzelnen filigranen Pfeilers innerhalb des durchflossenen Querschnitts bleibt dabei ohne relevanten Einfluss auf den Hochwasserabfluss (HQ100). Der zu erwartende Aufstau bewegt sich nach überschlägiger Berechnung anhand der Pfeilerformel im Zentimeterbereich. Im Zusammenhang mit dem geplanten Verzicht auf eine Natursteinverkleidung der Wände (keine Querschnittsreduzierung) im kritischen Querschnitt, sowie in Verbindung mit geplanten Sanierungs- und Glättungsmaßnahmen an den bestehenden Wänden (Verbesserung der hydraulischen Rauheit), kann der zu erwartende Pfeileraufstau sogar weitestgehend kompensiert werden.
Das konstruktive Gerüst der Stege besteht im Wesentlichen aus 4 statisch festgelegten Doppel-T-Trägern, die auf der vorhandenen Ufermauer des entfernten Deckels sowie auf den Gehölzvasen mit Bohrpfahl und Pfeiler aufliegen. Eine halbrunde Blende umschreibt den Rand der Öffnung des Flusses in der Anmutung eines Rahmens. Die Blende deckt optisch die tragende Konstruktion ab und unterstützt den schwebenden Charakter des Entwurfs.
Die Ebene der Stadt/der Straße erhält durch den mineralisch geschlossenen Werkstoff der auf die Tragkonstruktion aufgelegten großformatigen Betonwerkplatten einen soliden Charakter und vermittelt dem Passanten die Sicherheit eines erdgebundenen Weges. Der Übergang von den Fassaden der Gebäude in die Horizontale des Gehweges bekommt durch die geschlossene Materialität der Deckung eine Straßen und Gehwegen eigene Normalität und vermittelt auf subtile Weise zwischen den dem neuen Raum in der Stadt eigenen Elementen. Diese lassen den Charakter der Hasepromenade als nutzbare Fußgängerzone und Steganlage über dem Fluss entstehen, welcher sich als hybrider Raum, die Typologie Fluss und die Typologie Stadt vereinend, artikuliert. Die Hase wird in ihrer Präsenz durch die Rahmung, die sich mehr als Abstrahierung, weniger als Renaturierung versteht, überhöht und mit der Ideen gebenden Erscheinung des Stadtraumes verwoben.

Die Gehölzvasen übernehmen, sowohl eine tragende Funktion für die Geometrie der Stege am Fluss, als auch die Schaffung eines Standortes für kleinkronige Gehölze auf der Ebene der Stadt. Eine aufgesetzte Hockerbank bietet dem Passanten einen Sitzplatz unter den Bäumen auf den durch die Vase getragenen Balkonen.
Zwei in ihrem Erscheinungsbild unterschiedliche Bäume, die sich im Besonderen durch ihre Anspruchslosigkeit für die Gehölzvasen und den halbschattigen Standort eignen, verleihen dem Raum über der Hase eine ganz eigene Charakteristik. Der Aufenthalt unter dem Dach des filigranen Blattwerks auf den Balkonen bietet in unmittelbarer Beziehung zu den Gehbereichen ein besonderes Erlebnis des Raumes und des Flusses.
Dem bestehenden Charakter des Flusses wird im Verlauf der Haseöffnung Öwer der Hase bewusst kein neues Gestaltmerkmal hinzugefügt. Die im Oberlauf schon verwendeten Findlinge bzw. Steinschüttungen werden durch Bruchsteine variiert ergänzt, welche im Bereich der Pfeilerstützen der Gehölzvasen und als leichte “Schwellen” in der Mitte, sowie unter der Überbauung angeordnet sind. Hier wird bei entsprechendem Durchfluss ein Fließgeräusch reflektiert, dass durch die Decke der Überbauung im Außenbereich des Cafés/der Bar hörbar sein und dem Ort zusammen mit den Lichtreflektionen der Spiegeldecke des Brückenbaus ein ganz besonderes Flair geben können. In diesem städtischen Bereich des Verlaufs der Hase wird auf Bepflanzungen der Wasserebene gänzlich verzichtet.
Eine dezent-subtile Belichtung der Stege/Gehwege erfolgt durch handelsübliche in den Handlauf der Geländer verdeckt eingebaute Dioden-Leuchten. Für jeweils einige kurze Stunden des Abends wird durch Strahler, die an der Unterseite der Stege befestigt sind, das im Bereich der Bruchstein - Findlingsschwellen bewegte Wasser der Hase, mit der Möglichkeit von wechselnden Farbverläufen illuminiert.