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Einladungswettbewerb | 03/2012

Machbarkeitsstudie Dom zu Brandenburg

2. Preis

LĂĽtzow 7 MĂĽller Wehberg Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Machbarkeitsstudie Dom zu Brandenburg

Anlässlich des 850-jährigen Jubiläums des Domes und der Bundesgartenschau „Von Dom zu Dom – Das blaue Band der Havel“ im Jahr 2015 soll das Domstift umgestaltet werden.

Um der Besonderheit des Ortes gerecht zu werden, bedarf es eines behutsamen Einsatzes von freiraumplanerischen Mitteln.

Betrachtet man historische Ansichten des Domes und seiner umgebenden Gebäude, zeigt sich eine Entwicklung der Gebäude und des Freiraums weg vom Mittelalter hin zur Neugotik. 1834-36 erstellte Karl-Friedrich Schinkel ein Gutachten für den Dom, der daraufhin umgestaltet und renoviert wurde. 1869-71 wurde der Westflügel des Burghofes für die Ritterakademie im neugotischen Stil ausgebaut. Der Freiraum vor dem Dom veränderte sich von einer gepflasterten Fläche mit Spurrinnen zu einem Bereich mit Rasenflächen, Vorgärten, Baumgruppen und in verschiedene Nutzergruppen unterteilte Verkehrsflächen.

Aus der Analyse des Ortes wird erkennbar, dass das Domstift sich in seiner städteräumlichen Anordnung – Insellage östlich der Altstadt und nördlich der Neustadt – und seiner geschichtlichen Bedeutung als ehemaliges Konvent als Hortus conclusus darstellt.
Die Hauptbewegungsrichtung innerhalb des Areals verläuft von Norden nach Süden. Sie beginnt für viele Besucher am Parkplatz über die Brücke über die Havel, führt vorbei an der Ritterakademie und am Dom zum Durchgang an der Straße in Richtung Petrikapelle. Die anderen Wege werden hauptsächlich von den Anwohnern, Mitarbeitern der Domeinrichtungen und Schülern, aber auch von Touristen genutzt.
Da die Gebäude von vielen verschiedenen Nutzern angelaufen werden, ergibt sich für den Freiraum folgende Hierarchie von öffentlich zu weniger öffentlich:
Der Bereich vor dem Dom und der Ritterakademie wird von allen Nutzern betreten. Ihm kommt die Aufgabe eines öffentlichen Platzes zu. Der Bereich zwischen dem Nordflügel und dem ehemaligen Spital wird vorwiegend von Mitarbeitern des Domstifts und Schülern der evangelischen Grundschule genutzt. Als Schulhof wird er halböffentlich wahrgenommen. Der Friedgarten ist nur über die umgebenden Gebäude erreichbar. Er ist vollkommen umschlossen und entspricht auf diese Weise dem Grundtypus des Hortus conclusus, der in diesem Fall allerdings nicht privat, sondern öffentlich genutzt wird. Der Garten der Schule und der Kindertagesstätte ist nur den Angestellten und Schülern zugänglich.

Ziel des Entwurfes ist es in Anlehnung an Schinkels Gestaltungskonzept für den Dom die „eigenthümliche Einfachheit und Schönheit“ des Freiraums wieder herzustellen und somit dem Dom ein Tableau zu liefern und den Freiraum für alle Nutzer zu strukturieren.
Mit Bezug auf die denkmalpflegerischen Aspekte wird das bestehende Pflaster – nach Verbesserung der Oberflächenbeschaffenheit – wieder verwendet. Da nicht genügend Bestandsmaterial vorhanden ist, um alle Flächen zu pflastern, wird durch Zukauf von Pflastersteinen mit den gleichen petrografischen Eigenschaften sichergestellt, dass homogene Belagsflächen entstehen. Um ausreichende Barrierefreiheit zu gewährleisten, werden alle Wegeflächen niveaugleich gehalten. Die Verkehrswege werden so schmal geplant, dass ein Befahren durch Anlieferverkehr und Feuerwehr ohne weiteres möglich ist, Platz für den ruhenden Verkehr aber nicht zur Verfügung steht.

Um die Besonderheit des Domes hervorzuheben, erstreckt sich vor diesem und der Ritterakademie ein Platz aus Großsteinpflaster im Netzverband. Im Gegenüber dazu liegt eine Rasenintarsie. Beide Flächen geben dem Dom genügend Raum, um zu wirken. Zur besonderen Betonung des Domportals wird in dessen Vorfeld Großsteinpflaster in Reihe verlegt. Die Bestandsbäume bleiben erhalten. Die Baumgruppe neben dem Dom erhält zwei weitere Rasenintarsien.
Die Bewegungsflächen zwischen den Gebäuden und dem Schulhof werden mit Kleinsteinpflaster im Wildverband ausgestaltet. Somit ergibt sich eine durchgängige Fläche, die alle Nutzungen und Gebäude zusammenfasst und miteinander verbindet.
Zur besseren Strukturierung und Wegeführung liegen in Anlehnung an die historische Domansicht von 1836 Großpflasterbänder in den Bewegungsflächen. Diese markieren die Hauptbewegungsrichtung und leiten zu den wichtigen Anlaufpunkten wie dem Dom, der Ritterakademie und der Schule. Im Bereich des Schulhofes verbindet ein breiteres Band die Eingänge der Textilwerkstatt und des Archivs.
In Orientierung an die Petrikapelle wird der gesamte Burghof von einer Traufe aus Lesepflaster gerahmt. Die südlichen Gebäude im Burghof erhalten eine Traufe aus Mosaikpflaster. In Nachahmung der Vorgärten der westlichen Gebäude wird die Dechanei um einen „Vorgarten“ aus Mosaikpflaster ergänzt.
Der Schulgarten erhält eine Terrasse aus Kleinsteinpflaster, welches mit dem Belag des Schulhofs korrespondiert. Auf dieser Terrasse steht ein 6 Meter langer und 1,5 Meter breiter Steintisch mit passenden Bänken, der zum Feste feiern und Hausaufgaben machen einlädt. Im Anschluss an die Terrasse öffnet sich eine Rasenfläche zur Havel hin, die für Spiele und Herumtoben genutzt werden kann. Das Speilangebot wird um ein Klettergerät ergänzt.
Für den Friedgarten als Hortus conclusus ist ein abstrakter Klostergarten vorgesehen. Anstelle von Kräutern und Stauden wächst Rasen, die Einfassungen sind statt aus Buchsbaum aus Mosaikpflaster. Für die Zeit der Bundesgartenschau wäre es vorstellbar, den Rasen durch alte Kräutersorten und Heilpflanzen zu ersetzen und den Besuchern somit eine Möglichkeit zu geben, sich mit der Thematik alter Klostergärten in entsprechendem Ambiente auseinanderzusetzen. Der Bestandsbaum erhält einen Teppich aus wassergebundener Wegedecke.
Im Gegensatz zu den Rasenflächen im eigentlichen Burghof verstehen wir die neuangelegte Fläche zur Havel hin als Streuobstwiese, die die vom Parkplatz kommenden Besucher in das Domstift einlädt. Zur Zeit der Bundesgartenschau werden die meisten Besucher über die Havelbrücke anreisen. Als Angebot für diese könnte man eine Pflückblumenwiese kultivieren in Verbindung mit einer Spende für den Dom.

Die Ausstattung des Areals mit Freiraummöbeln wird klar und einfach gehalten. Sitzbänke werden nur an herausragenden Orten – wie um den herausgestellten Rotdorn, unter der Baumgruppe und im Schulhof – aufgestellt. Zusätzliche Fahrradständer und Abfallbehälter werden mit den bereits vorhandenen Modellen ergänzt. Ein Leitsystem aus Plänen und Hinweisschildern in einheitlichem Design dient der besseren Orientierung. Die Schilder werden an den Fassaden montiert, um den Freiraum möglichst frei von zusätzlichen Pfosten zu halten. Historisierende Schinkel-Leuchten sorgen für Atmosphäre und ausreichende Lichtverhältnisse. Zur besseren optischen Anbindung der Petrikapelle an das Domareal werden Strahler an markanten, gut sichtbaren Stellen eingesetzt.

FĂĽr das zukĂĽnftige Nutzungskonzept schlagen wir folgende Vorgehensweise vor:
Der Museumsshop bleibt an seinem jetzigen Standort bestehen. Er fungiert als Eingang für das Museum und dort können auch die Eintrittsgelder für das Museum kassiert werden. Gleichzeitig ist hier auch die Besucherinformation untergebracht. Der Dom als religiöser Ort der Besinnung bleibt frei von Eintrittsgeldern. Nur für besondere Veranstaltungen wie Konzerte wird Eintritt verlangt. Der Kartenvorverkauf hierfür kann auch über den Museumsshop geregelt werden. Der Raum in der Ritterakademie kann als Domcafé genutzt werden. Die Nähe zu den Toilettenanlagen ist hierfür als positiv anzusehen. Im Café werden Kaffee, Kuchen und Snacks angeboten. Das Domcafé ist das ganze Jahr über geöffnet, an warmen Tagen können im Friedgarten Tische und Stühle aufgestellt werden. Durch die Verpachtung des Cafés kann das Domstift sich eine zusätzliche Einnahmequelle generieren. Die relative Nähe zum Dom, zur Havel und zum Parkplatz bieten es an im Sommer das Bootshaus in eine Gastwirtschaft mit Biergartenbetrieb umzufunktionieren. Hierfür wird entlang der Westseite des Bootshauses eine Holzterrasse erstellt. Während der Bundesgartenschau wäre es möglich nicht nur im Dom, sondern auch im Friedgarten und auf dem Domvorplatz stattfinden zu lassen.

Die freiraumplanerischen Veränderungen können mit dem zur Verfügung stehenden Budget und in den in unterschiedliche Bauabschnitte untergliederte Einzelmaßnahmen realisiert werden.

Durch die oben genannten Maßnahmen kann die Aufenthaltsqualität des gesamten Domareals gesteigert werden. Die klare und eindeutige Formensprache geht behutsam mit der bestehenden Substanz um, schafft stärkende Blick- und Wegebeziehungen und eröffnet neu Freiräume, die von allen Nutzergruppen genutzt werden können. Es entstehen für die Bedeutsamkeit des Ortes angemessene Plätze, die einerseits zur Entspannung und Kontemplation einladen, es andererseits aber auch ermöglichen dem bunten Gemeindeleben eine Plattform zu bieten.