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Nichtoffener Wettbewerb | 08/2012

Umbau und Modernisierung Bürogebäude der Ärztekammer des Saarlandes - Haus der Ärzte

1. Preis

Preisgeld: 25.200 EUR

Fthenakis Ropee Architektenkooperative GbR

Architektur

Erläuterungstext

Das 1972 errichtete Hochhaus ist durch seine markante Statur und Silhouette
ein weithin sichtbares Landmark in der vom Wiederaufbau geprägten Innenstadt
Saarbrückens. Im Ensemble Kongressplatz spielt es als vertikales Gegenstück
des flachen Kongresshauses eine vorrangige städtebauliche Rolle. Den
vom Bahnhof her in die Stadt eintretenden Besucher Saarbrückens empfängt
das Haus der Ärzte an der Kreuzung Reichs- und Triererstraße.
Seine prägnante Struktur verdankt das Haus dem Zusammenspiel aus einem
streng quadratischen Grundrissraster (7,50x7,50m) und der zur Hafenstraße
hin spannungsvoll ansteigenden Staffelung seiner Kubatur. Raster und Staffelung
verleihen dem Gebäude eine je nach Himmelsrichtung ständig wechselnde
Silhouette bei gleichzeitig großer Einheitlichkeit. Diese elementare und
ureigene - da im Rohbau angelegte – Eigenschaft des Gebäudes soll zukünftig
stärker herausgearbeitet werden. Deutliches Verbesserungspotential bergen
Bestandsfassade, sowie die Belichtung und Nutzungseffi zienz der Innenräume
des Gebäudesockels (EG-2.OG). Die bestehende Fassade spricht unmissverständlich
die Sprache ihrer Zeit und ist darin ein interessantes Beispiel der Fertigteilbauweise
der frühen siebziger Jahre. Neben bautechnischen Mängeln ist diese
Qualität aber angesichts der städtebaulichen Lage auch größtes Manko des
Gebäudes, wirkt es doch wie ein innerstädtisch gestrandetes Bürogebäude der
Peripherie. Insbesondere die Artikulation der großflächig geschlossenen Nordund
Südfassaden als Seitenfassaden ist sowohl innenräumlich (Belichtung), wie
auch stadträumlich problematisch. So erscheint die architektonische Sprache
des Bestandes unzulänglich, obwohl sie durchaus repräsentativ für eine moderne
Tradition der Bauten des Saarufers ist.

Nach der bautechnisch und energetisch notwendigen Entkleidung des Hauses
wird dieses nun vollständig neu verpackt. Ausdruck und Material der neuen
Fassade sprechen vom homogenen Umhüllen, Umschmiegen einer darunter liegenden
Konstruktion mit ihren geometrischen und baulichen Eigenheiten (variierende
Geschosshöhe, Rundungen, Vor- und Rücksprünge, etc.) welche sichtbar
machen möchte. So versucht die neue Hülle – analog der Bestandsfassade
– klarer Ausdruck des ihr zugrunde liegenden Konstruktionsprinzips und ihres
Verhältnisses zur Tragkonstruktion sein. Das regelrechte Umwickeln des Hauses
erfolgt abwechselnd über prägnant vorstehende Fensterbänder und leichte,
um die Brüstungen herum gelegte Titanzinkbahnen. Die Fensterteilungen und
Anschlüsse sind auf ein Minimum reduziert und werden wo es geht wiederholt.
Die strenge Wiederholung ist aufgrund der beiden bereits erwähnten Grundeigenschaften
des Bestandes möglich: Das durchgängige Konstruktionsraster
erlaubt eine wirtschaftlich vorteilhafte Modularisierung, die plastisch ausgeprägte
Kubatur sorgt für ein belebtes, immer wechselndes Spiel der sich wiederholenden
Fassadenelemente. Das weiche und lebendige Material Titanzink
wird in langen Bahnen verlegt. Es passt sich gut dem Verlauf der Gebäudegeometrien
(runde Ecken) an und sorgt aufgrund seines natürlichen Alterungsprozesses
sowie seiner Verarbeitung für zwei Eigenschaften, die bei Bürohäusern
selten sind: Handwerklichkeit und Patina. Darüber hinaus ist es ein überaus
wirtschaftliches Material und aufgrund seiner sehr guten Recyclebarkeit ein
ausgesprochen nachhaltiger Baustoff. Die Fensterbänder aus naturfarben eloxiertem
Aluminium werden durch die Funktional motivierte abwechselnde Anordnung
der Zu- und Abluftfl ügel zu funktional-ornamentalen Friesen, die das
Gebäude umschlingen. Die Fassadengestaltung greift architektonische Themen
der Bestandsfassade (Horizontalität, Hell-Dunkel Kontraste) und der für Saarbrücken
wichtigen Nachkriegsbautradition auf.

Projektteam Fthenakis Ropee:
Alexander Fthenakis, Rolf Berninger, Urs Fridrich, Marlene Witry

Beratung Fassadenplanung: R+R Fuchs, München
Beratung TGA: Dreier Jakob Offner, München
Beratung Brandschutz: BS.M, München
Beratung Energie: Christian Brand, Karlsruhe

Beurteilung durch das Preisgericht

Anfänglich fällt die Arbeit auf durch ihre äußerst zurückhaltende Fassadengestaltung,
als auch ihre ungewöhnliche Materialität der Bekleidung aus Titanzink. Bei genauerem
Hinsehen erschließen sich dem Betrachter jedoch immer weitere Qualitäten und die
Entwurfsverfasser schaffen mit einfachen Mitteln eine überzeugende Lösung.
Dies gelingt ihnen dadurch, dass sie sich mit ihrem Entwurf auf eine tiefgreifende
Auseinandersetzung mit dem Bestandsgebäude einlassen. Mit dem Ziel, die dem
Bestand innewohnenden Qualitäten durch die neue Fassade zum Leben zu erwecken.
Nicht zufällig haben die Verfasser ein Bild des Rohbaus aus der Bauphase des jetzigen
Ärztehauses abgebildet. Exakt diese Reduktion auf die Rohbaustruktur des
Bestandsgebäudes erzeugt nicht nur eine zeitlose Eleganz, sondern erschafft eine
klassisch moderne Anmutung, die nostalgische Erinnerungen weckt an gelungene
Verwaltungsgebäude industrieller Großanlagen der Moderne.
Dies drückt sich sowohl in der bemerkenswerten Materialwahl Titanzink aus, das eben
in seiner Inperfektion die „Rohbauästhetik“ der Gebäudestruktur interpretiert, als auch
in der Detailgliederung, die in ihrer Betonung des Handwerklichen an vergangene Tage
des Bauens erinnert. Die feine Plastizität der Fassade wird allerdings erkauft durch eine
unregelmäßige Ausbildung der thermischen Hülle, die unnötige Wärmebrücken in Kauf
nimmt.
Auch die mäandrierende Fenstergliederung stört den vorbeschriebenen Eindruck und
sollte in jedem Falle in einer weiteren Bearbeitung beruhigt werden. Ohnehin wird die
Effizienz der oben liegenden Kippflügel durch die eingeschränkte freie
Lüftungsquerschnitte bezweifelt. Das Konzept der Kühlsegel und der Lichtlenkung
hingegen erscheint durchdacht, wobei das Energiekonzept aufwendig wirkt und die
damit verbundenen Vorschläge zur Haustechnik sind dem entsprechend zu überprüfen.
Die Nutzungsanordnung wirkt plausibel und strukturell machbar, die Umsetzung des
Entwurfs bewegt sich insgesamt im wirtschaftlichen Bereich.
Der Vorschlag überzeugt durch eine klassisch moderne Anmutung, die eine große Ruhe
ausstrahlt, gut in den Kontext des ehemals industriellen Standorts Saarbrücken passt
und einen hohen Wiedererkennungswert verspricht.
Rohbau

Rohbau

Bestehende Betonfertigteilfassade

Bestehende Betonfertigteilfassade

Neue Fassade aus Aluminiumfensterbändern und Titanzinkblechen

Neue Fassade aus Aluminiumfensterbändern und Titanzinkblechen

Neue Fassade vom Kongresshaus gesehen

Neue Fassade vom Kongresshaus gesehen

Ansicht Süd

Ansicht Süd

Ansicht Ost

Ansicht Ost