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Offener Wettbewerb | 06/2012

Neubau Kinder- und Jugendpsychiatrische Klinik

1. Rang / 1. Preis

Birchmeier Uhlmann Architekten

Architektur

Kuhn Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

BWS Bauphysik AG

Bauphysik

Erläuterungstext

Where The Wild Things Are

Situation:
Das Grundstück für das JKPD liegt in einem heterogenen Gebiet im Übergang zwischen den historischen Bauten der UPK, den Schrebergärten und der grossmassstäblichen Bebauung entlang der Friedrich Miescher-Strasse. Prägend für das Grundstück ist die starke Durchgrünung der grosszügigen, klassizistischen Parklandschaft, welche beinahe nahtlos in den Pflanzbereich der Schrebergärten über geht, sowie die orthogonale Strukturierung der pavillonartigen Bauten der UPK.
Um die Eigenständigkeit des Neubaus innerhalb des Areals zu stärken, wird das Wohn- und Therapiegebäude der Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Westecke des Grundstücks platziert im Gegenzug dazu das Schulhaus an den Ostrand des Perimeters geschoben.
Während sich letzteres als Teil der Zwischenzone, als Satellit im Grünraum und Teil der Parklandschaft versteht, ist das Wohn- und Therapiegebäude ein Haus mit vielen Gesichtern: An einer städtebauliche „Übergangssituation“ platziert, wo verschiede Strukturen und Landschaftsräume zusammen treffen, zeigt sich der Neubau zur Strasse hin als durchgehender, 2-geschossiger Bau und bildet dazu eine klare Front. Gegen Süden und Westen hin wird die Volumetrie stärker durch Abstufungen und Eischnitte aufgelöst und mit der Umgebung verwoben. Tektonische Vor- und Rücksprünge schaffen eine zusätzliche Anlehnung an die Massstäblichkeit der Bauten auf dem Areal und verweisen innerhalb des übergeordneten Aussenraums auf kleinräumliche Zonierungen und verorten das Bauvolumen.

Wohn- und Therapiehaus:

Erschliessung/Nutzung
Ein durchgehendes Band aus gefugten Betonplatten schaffen parallel zur Strasse einen „Parkway“. Durch gestreut angeordnete Lindenbäume treten die industriell genutzten Gebäude nördlich der Friedrich Miescher-Strasse in den Hintergrund und bieten für Ankommende einen attraktiven Begegnungsraum und Ort zum verweilen.
Hier befindet sich unter einem einladenden Gebäuderücksprung, vor Witterung geschützt der Haupteingang. Die unspektakuläre und bescheide Ankunftssituation bildet die Grundlage für eine niedrige Zugangsschwelle für Patienten und Eltern.
Eine einfache und übersichtliche Organisation mit räumlicher Vielfalt prägt das Innere des Hauses. Zwei Höfe strukturieren den Baukörper, bringen Licht ins Zentrum und dienen der Orientierung. Um die Höfe sind die drei Wohnbereiche als L-förmig Einheiten angeordnet: Die Tagesklinik und die Abteilung für Kinder im Erdgeschoss, die Abteilung für Jugendliche im Obergeschoss. Entlang dem Zugangsweg zur Parkanlage bildet der ambulante Bereich im Obergeschoss zusammen mit dem Empfangsbereich im Erdgeschoss den öffentlichsten Teil der Baute. Hier befindet sich auch der Nebeneingang mit dem Zugang für externe Besucher zur Tiefgarage und der privatere Ausgang für die Kinder und Jugendlichen auf dem Schulweg oder und zu den Sportplätzen.
Eine grosszügige Treppenanlage mit Luftraum verbindet das Erd- und Obergeschoss, aber auch die Therapieräume mit Garderoben im Untergeschoss. Sämtliche Korridore sind durch Aufweitungen und Nischen vielfach nutzbar und Orte der Begegnung und Kommunikation. In den Wohnbereichen ist die Erschliessung Teil der Aufenthaltsräume und schafft so einen fliessenden Übergang zu den Aufenthalts und Spielzimmern der Kinder und Jugendlichen. Die doppelgeschossigen Aufenthaltsräume mit Oberlicht entlang der Erschliessung tragen zusätzlich zur Vielfalt innerhalb der Wohneinheit bei und ermöglichen auch eine geschossübergreifende Raumbeziehung innerhalb des Hauses.
Im Attikageschoss befinden sich etwas abseits des Geschehens die Verwaltung und der Personalpausenraum mit Zugang zur Dachterrasse.
Die beiden Terrassen der Jugendlichen sind unterschiedlich orientiert und sollen verschieden Nutzungen auch im Aussenraum ermöglichen. Die am Rande platzierten einläufigen Treppen dienen nicht nur als „shortcut“ zu den Spielbereichen der Kinder sondern ergänzen auch die innere Fluchttreppe auch als zusätzlicher Fluchtweg.

Architektur
Der flache Baukörper versteht sich als Abfolge und Teil der funktionsspezifischen Bauten entlang der Friedrich Miescher-Strasse, welche durch Typologie und Ausdruck auf ihre jeweilige Funktion und Bedeutung verweisen. Dem entsprechend wird für das Wohn- und Therapiehaus eine spezifische Bautypologie und ein identitätsstiftender Ausdruck entwickelt. Die Grundrisse werden um die beiden Innenhöfe, im Spanungsfeld zwischen den Höfen und der umgebenden Landschaft, zwischen „innen“ und „aussen“, Intimität und Extrovertiert entwickelt. Vielfältige Durchblicke, dunkle und lichtdurchflutete Zonen, Räume der Besinnung und aktive Raumaufweitungen sollen die Aufenthaltsdauer abwechslungsreich und vielfältig machen.
Warme wohnliche Materialien prägen das Innere: Bodenbeläge aus massiver Eiche in Kombination mit einer hellen Farbgebung gestrichen Betondecken geben den Abteilungen eine sinnliche und robuste Stimmung.
Das Äussere umspannt eine feingliedrige regelmässige Fassadenhaut aus Holz, welche die verschieden Funktionen „unter einem Dach“ vereint. Die Diagonlallattungen sind zum Einen Absturz- und Sichtschutz, zum Anderen die Halterung für verschiedenste Fassadenbewachsungen. Die beiden Höfe dienen nicht nur der Orientierung sondern sind auch als stimmungsträger; während der Eingangshof mit dem Seerosenteich der besinnliche ruhige Bezugspunkt bildet ist der Naturhof auch Wohn- und Begegnungsort der beiden Wohnabteilungen im Erdgeschoss.

Ökologie
Die Nutzungsspezifischen Qualitäten stehen bei dieser Bauaufgabe in einem klaren Gegensatz zu den ökologischen Anforderungen nach kompakten Volumen mit möglichst geringen Oberflächenabwicklungen. Trotz allem haben wir uns für eine flächige, mit Höfen und Terrassen strukturierte Typologie entschieden und kompensieren die Wärmeverluste mit folgenden Massnamen:
- Hochisolierenden Hülle, mit einem u-Wert von 0.07 W/m2K
- Geringer Fensteranteil (gesetzliches Minimum) gegen Osten und Norden
- Wand in gedämmter Holzkonstruktion mit Recycling-Beton-Decken
- Installation in Schächten und unter abgehängten Decken geführt
- Minimaler Luftmengenaustausch durch Lüftungsgeräte unterstützt durch automatisierte Fensterlüftung
- Nutzung der natürlichen Thermik mit Kaltluftseen in den Höfen gegen Überhitzung im Sommer
- Natürliche Belichtung aller Raumzonen durch transparente Raumschichten
Dadurch kann nicht nur der Minergie-P-eco Standard trotz ungünstiger Volumetrie erreicht, sondern auch die Problematik der Überhitzung gelöst werden.
Die Höfe werden neben der thermischen Nutzung auch für die Renention und als Regenwasserspeicher für Spülung bzw. Aussenwasseranschlüsse gebraucht.


Schulhaus:

Erschliessung/Nutzung
Das Schulhaus steht in mitten des parkartigen Grünraums umgeben von mächtigen Bäumen. Die Schule baut somit nicht nur eine physische Distanz zum Wohn- und Therapiegebäude auf sondern auch ein Stimmungswechsle innerhalb der Umgebung.
Eine einfache und übersichtliche Organisation prägt die Organisation des Schulhauses. Im Erdgeschoss befindet sich das Lehrerzimmer sowie die Schulleitung, in den beiden Obergeschossen die 6 Klassenzimmer und im Untergeschoss der 2-geschossige Werkraum und die Nebenräume.
Eine grosszügige Treppe verbindet die Geschosse und schafft durch die Ausweitung zum Aufzug einen attraktiven Pausenraum mit Ausblick auf die Umgebung.

Architektur
Eine einfache und funktionale Materialisierung prägen das Innere: geschliffene Anhydritböden werden für die Erschliessung vorgesehen, Linoleumbeläge mit weiss gestrichenen Betondecken für die Klassenzimmern.
Die äussere Erscheinung lehnt sich aufgrund der Materialität und Dachform stärker an den historischen Bestand der UPK an. Verputzte Wände mit Kunststein-Fensterbänken und grossformatigen „Schulhausfenstern“ verleihen dem kompakten Baukörper eine gewisse Neutralität und Zurückhaltung.

Ökologie
Die Nutzungsspezifischen Qualitäten stehen bei dieser Bauaufgabe im Einklang zu den ökologischen Anforderungen. Ein kompaktes Volumen bildet zusammen mit einer gut isolierenden Gebäudehülle ideale Voraussetzungen für die Erreichung des Minergie-P-eco-Labels.

Umgebung
Die Umgebung auf dem Areal ist durch zwei unterschiedliche Landschaftsräume geprägt: zum Einen durch die historische, klassizistische Parklandschaft welche bis zur neu entstehenden Bebauung entlang der Friedrich Miescher-Strasse mit dem typisch gemischten Baumbestand erweitert wird, zum Anderen durch einen viel stärker funktional geprägten Parkway entlang der Strasse.
Letzterer besteht aus einem gefugten Betonband mit frei gesetzten Lindenbäumen (Pilla Cordate greenspire) und bildet zusammen mit dem chaussierten Streifen entlang der Strasse das vereinende und raumbildende Werkzeug der Friedrich Miescher-Strasse und dienen einer angemessene Öffentlichkeit.

Beurteilung durch das Preisgericht

BEURTEILUNG
Architektur
Ein zweigeschossiges Gebäude mit kleinem Attika wird an die Westecke des Projektperimeters gesetzt. Zwei Höfe strukturieren den Baukörper, der durch Terrassen sowie Vor- und Rücksprünge in ein dierenziertes Volumen ge- gliedert ist. Damit entsteht ein reichhaltiges Angebot an hochwertigen Aussenräumen. Das neue Gebäude fügt sich in die Massstäblichkeit der bestehenden Bauten ein. Die Schule ist als Solitär an den Ostrand über den Projektperi- meter hinausgeschoben und wirkt in ihrer Ausgestaltung fremd. Der freie Bereich zum bestehenden Ökonomiege- bäude der Universitären Psychiatrischen Klinik (UPK) ist für eine weitere Bauetappe ausreichend und sinnvoll.
Der Hauptzugang ist klar an der Friedrich Miescher- Strasse positioniert und als eingeschossiger Einschnitt ak- zentuiert. Der attraktiv gestaltete Eingangsbereich mit Café und Versammlungsraum stellt einen Blickbezug zum Hof mit Seerosenteich her. Eine grosszügige Treppenanla- ge mit Luftraum verbindet Erd- und Obergeschoss.
Im Erdgeschoss sind die Tagesklinik und die Abteilung für Kinder L-förmig um die beiden Höfe angeordnet. Sie sind zur Zugangsebene hin leicht angehoben. Der zweite begrünte Hof önet sich im Erdgeschoss nach aussen und bietet damit einen gedeckten Aussenbereich für die Stati- onen an. Die Ausweitungen und Nischen der Korridore stel- len ein willkommenes Angebot von Rückzugsmöglichkeiten dar, wirken aber stellenweise etwas unruhig. Zweigeschos- sige Tagesräume tragen zur räumlichen Vielfalt der Abtei- lungen bei.
Im Obergeschoss sind die Abteilung für Jugendliche und die Poliklinik untergebracht. Durch die Anordnung zwischen den beiden Höfen und dem Angebot der beiden Terrassen mit direkter Verbindung zu den Spielbereichen im Park, er- geben sich sehr attraktive Aussenräume für die Jugendli- chen. Im Attikageschoss be$nden sich die Verwaltung und der Pausenraum für das Personal.
Die Grundrisse sind übersichtlich angelegt. Verschiede- ne Sichtbezüge über die Höfe oder die doppelgeschossigen Räume schaen eine vielfältige Erlebniswelt für Kinder und Jugendliche. Gleichzeitig bietet der Entwurf innen und aus- sen ein reiches Angebot von intimen Aufenthaltsbereichen und geschützten Rückzugsmöglichkeiten.
Die Fassadengestaltung mit der feingliedrigen Diago- nallattung wirkt trotz klarer und strenger Anordnung ver- spielt und lässt ein reichhaltiges Licht- und Schattenspiel im Inneren erwarten. Das Gitter soll gleichzeitig als Spalier zur Bewachsung mit P#anzen dienen.
Landschaftsarchitektur
Das Projekt besticht durch die beiden eingestanzten Höfe, welche zur Orientierung und als Stimmungsträger dienen. Die Höfe, welche zum Teil gedeckt und mit dem Aussen- raum verbunden sind, weisen eine hohe Qualität auf und sind für die Patienten gut nutzbar. Auallend ist, dass der Freiraum im Westen gegen die Familiengärten hin vielfältig
strukturiert ist, für die Nutzer eine interessante Ausgestal- tung aufweist und in Verbindung mit den Höfen steht. Das Schulhaus mit dem Spielfeld ist gut platziert, so dass die räumliche Qualität der Umgebung gesteigert wird. Die vor- geschlagenen neuen Baumgruppen erweitern den beste- henden Park bis zur Friedrich Miescher-Strasse. Fraglich ist, ob im sogenannten «Naturhof» der vorgeschlagene Belag von der Friedrich Miescher-Strasse zur Verwendung kommen soll. Die geplanten Baumgruppen im südlichen Be- reich der Anlage vermögen die geforderte visuelle Begren- zung der KJPK nicht ganz zu gewährleisten. Insgesamt wird das vielfältige Freiraumangebot der Anlage positiv ge- wertet.
Wirtschaftlichkeit
Im Quervergleich zu den anderen rangierten Projekten ist das Projekt sehr wirtschaftlich. Dazu trägt das kompakte Konzept mit einem kleinen Gebäudevolumen wesentlich bei.
Energieezienz und Nachhaltigkeit
Das fehlende Energiekonzept erschwert die Beurteilung der Energieezienz und der Nachhaltigkeit des Beitrags. Der solare Gewinn wird durch die Verschattung mit Terras- sen und die vorgeschlagenen Fassadenelemente gemin- dert. Die Flexibilität im Innern ist eingeschränkt und die Zugänglichkeit der Installationszonen sollte verbessert wer- den. Trotzdem ist aufgrund des vorgeschlagenen Projekts ein tragfähiges Energiekonzept möglich, das die gestellten Anforderungen erfüllt.
Statik
Das Tragwerk in Betonbauweise ist nur in groben Zügen bearbeitet. Für das Aussteifungskonzept, welches nicht beschrieben wird, stehen mehrere Optionen zur Verfügung. Das Tragwerk sollte grundsätzlich bereinigt und in Bezug auf die Lastübertragung zwischen den Geschossen präzi- siert werden, um Abfangkonstruktionen zu vermeiden.
Gesamtwürdigung
Der Beitrag überzeugt mit einer grossen Vielfalt von attrak- tiven Aussen- und Innenräumen. Die städtebauliche Dispo- sition setzt auf die Vorzüge des unverbaubaren Aussen- raums im Südwesten und ermöglicht so eine zusätzliche Bebauung im Nordosten, ohne dass die Qualitäten der An- lage dadurch gemindert werden. Mit einfachen Mitteln ge- lingt es den Verfassern, einen architektonischen Ausdruck zu $nden, der ein wohnliches Ambiente mit der notwendi- gen Intimität verspricht und gleichzeitig einen grossen Reichtum von visuellen Bezügen anbietet.