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Einladungswettbewerb | 06/2012

Schinkelplatz

1. Preis / WohngebÀude

Preisgeld: 6.000 EUR

Bruno Fioretti Marquez

Architektur

ifb frohloff staffa kĂŒhl ecker

Tragwerksplanung

ErlÀuterungstext

EinfĂŒhrung

Im dem von der Auslobung formulierten engen Korsett haben wir die Möglichkeit gesehen ĂŒber das bĂŒrgerliche Wohnhaus der GrĂŒnderzeit zu reflektieren, das erkennbar die Referenz fĂŒr den vorgelegten architektonischen Rahmenplan bildet.

Das Zauberwort Altbau gehört nicht nur dem Immobilienmarktvokabular sondern berĂŒhrt diffuse SehnsĂŒchte, die offensichtlich nicht ohne weiteres von dem rationalen, energieeffizienten, schlicht eleganten Neubau gestillt werden können. SehnsĂŒchte nach Wohnungen, in welche „der Mensch mit all seinem Zubehör wie in ein Futteral so tief eingebettet wird, dass man ans Innere eines Zirkelkastens denken könnte, in welchem das Instrument mit allen Ersatzteilen in tiefen, meist violetten Sommethöhlen gebettet, daliegt.“
W. Benjamin, Das Passagen-Werk, Frankfurt, 1982

Das Projekt befasst sich mit diesem Thema sowohl auf der Grundriss- wie auch auf der Fassadenebene.


Raumorganisation

Raumkontinuum/Steine
Die Grundrisse der Wohnungen entstehen aus einer Unterteilung der RĂ€ume in HauptrĂ€ume und dienende NebenrĂ€ume. Letztere werden wie Steine auf einem von den AußenwĂ€nden begrenzten Spielfeld platziert und definieren durch ihre Anordnung ein gewundenes Raumkontinuum, in welchem das Wohnen in vielfĂ€ltigen rĂ€umlichen Konstellationen stattfinden kann.

Auf dieser Grundlage sind sowohl traditionelle Grundrissdispositionen als auch freie Raumanordnungen möglich. Von seiner Rohform ausgehend als offener, fließender Allraum lassen sich einzelne Teile des Raumkontinuums abtrennen und mit leichten TrennwĂ€nden zu Zimmern ausformen. Durch bewegliche Trennelemente wird die Zuschaltbarkeit einzelner Teilbereiche möglich. Werden alle Teile abgetrennt entsteht eine klassische Wohnungseinteilung mit einer Diele als Mittelachse und daran angrenzende Zimmer.

Die reprĂ€sentativen RĂ€ume der EinspĂ€nner können sowohl als Enfilade entlang der Fassade zum Schinkelplatz als auch zu beiden Seiten angeordnet werden, wodurch ein Durchwohnen von der Stadt- zur Hofseite und eine Verbindung des Wohnraums mit den großzĂŒgigen TerrassenflĂ€chen zum Hof ermöglicht wird. Die verschiedenen Grundrissdispositionen sind Ă€ußerst bestimmt und spezifisch, gleichzeitig aber offen und flexibel.

Die Loge
Der Begriff Altbau schlĂ€gt eine BrĂŒcke zu einer Zeit, in der RĂ€ume wunderbare Bezeichnungen nachweisen konnten: Boudoir, Fumoir, Salle de Billard etc., die anders als „Schlafen“ oder „Wohnen“ sehr spezifische Situationen und AtmosphĂ€ren evozieren. Die Besonderheit dieser RĂ€ume lag in dem hohen Grad ihrer funktionalen und gestalterischen Ausformulierung, worin sich ihre ExklusivitĂ€t widerspiegelte.

Die Wohnungen zum Schinkelplatz folgen einer rationalen Anordnung der RÀume und ermöglichen deren Flexibilisierung; dem polyvalenten Charakter der RÀume wird jedoch in jeder Wohnung an einer Stelle bewusst entgegengewirkt.

Ein Fragment des großbĂŒrgerlichen VerstĂ€ndnisses des Wohnens wird als Anomalie einfĂŒgt, ein Raum der sich durch eine prĂ€gnante gestalterische Artikulierung der all zu klinischen RationalitĂ€t des modernen Wohnens entzieht. Dieser Raum bildet eine besondere Beziehung zum Außenraum. Aufgrund der speziellen Ausbildung der Öffnung oszilliert der Raum zwischen zwei ZustĂ€nden: in den Sommermonaten kann er als sonnige Loggia oder grĂŒnes Zimmer genutzt werden, im Winter als gemĂŒtlicher RĂŒckzugsort. Diese ambivalente Lesung schafft eine starke IdentitĂ€t.


Fassade

Hierarchie
Die drei Fassaden zu Schinkelplatz, Niederlagstraße und Prinzengasse reagieren auf ihren unterschiedlichen stĂ€dtischen Kontext in der Detaillierung ihrer Ausformung. Die sanfte Kalibrierung des Gestaltungsprinzips je nach Prominenz der Lage folgt einer feinen Hierarchie der Fassaden und stĂ€rkt den Bezug des GebĂ€udeensembles zum Ort.

Komposition und Gestaltung
Die GebĂ€udefassaden werden durch den souverĂ€nen, ruhigen Rhythmus der großzĂŒgigen Fensteröffnungen gegliedert. Die klassischen, ornamentalen Elemente der GrĂŒnderzeitfassaden werden auf ein reines Schattenspiel reduziert, welches die GesetzmĂ€ĂŸigkeit des Materials Putz widerspiegelt. AbhĂ€ngig von Sonnenstand und Blickwinkel wird die Fassade entweder als abstrakte oder als unscharfe Abzeichnung vertrauter Gebilde wahrgenommen. Die Verfremdung des herkömmlichen Bildes schafft eine „besondere Wahrnehmung“ der Berliner Fassade. Sie soll „gesehen und nicht einfach nur wiedererkannt werden“.
Viktor Sklovskij „Kunst als Verfahren“ 1916

Der Hohlraum
Die Loge zeichnet sich in der Fassade zum Schinkelplatz als leichte Abweichung von den restlichen Öffnungen ab. Durch das besondere Format entsteht im Inneren ein sturzloser Raum mit breiter Öffnung. In der Wand verschwindende Schiebefenster lassen die Loge in der Fassadenansicht wie einen Hohlraum erscheinen, welcher der Fassade eine sanfte PlastizitĂ€t verleiht ohne in den Straßenraum eindringen zu mĂŒssen. In der Tiefe der Leibung eingesetzte FaltenlĂ€den fungieren als externer Sonnenschutz.


Konstruktion

Tragwerk
Die tragende Konstruktion der GebÀude besteht aus einem Massivbau mit Stahlbetondeckenplatten in 24cm StÀrke und tragenden WÀnden. Die tragenden InnenwÀnde sowie die BrandwÀnde werden soweit möglich in 20cm StÀrke aus Stahlbeton geplant, im Erd- und Untergeschoss betrÀgt die WandstÀrke 25cm.

AußenwĂ€nde
Die FassadenwĂ€nde sollen aus Porenziegeln in 42,5cm Dicke erstellt werden. Die Aussteifung erfolgt bei den ZweispĂ€nnern ĂŒber den mittigen Treppenhauskern sowie die BrandwĂ€nde, bei den EinspĂ€nnern ĂŒber die an den BrandwĂ€nden liegenden Kerne sowie die BrandwĂ€nde. Die AußenwĂ€nde der Staffelgeschosse an den Terrassen werden geschoßweise ĂŒber die Decken abgefangen. Die Aufkantungen am Übergang Terrasse zum Innenraum dienen zur Versteifung der Decke.

Untergeschoss
In den Untergeschossen befindet sich die Tiefgarage. Hier werden die tragenden InnenwĂ€nde teilweise in StĂŒtzen mit Querschnitten von 30 / 80cm aufgelöst. Die AußenwĂ€nde sind 30cm stark. Das GebĂ€ude wird vorbehaltlich eines Bodengutachtens auf einer tragenden Sohlplatte mit einer StĂ€rke von 60cm aus C 35/45 gegrĂŒndet. Die Sohlplatte wird mit den KelleraußenwĂ€nden zur weißen Wanne ausgebildet.